Die Polizei in Mittelfranken hat die Aufklärungsquote im Jahr 2004 auf 67,1 Prozent steigern können. Gleichzeitig sank erstmals seit 1998 wieder die Zahl der Straftaten im Vorjahresvergleich geringfügig.
Die Statistik belegt allerdings auch eine zunehmende Brutalisierung.
Über 100 Seiten mit Zahlenkolonnen präsentierten das Präsidium für Mittelfranken sowie die Nürnberger Kriminal- und die Schutzpolizei. Hinter den Zahlen stecken Schicksale: Da ist zum Beispiel der Fall der 21-Jährigen, die im April 2004 in den Pegnitzwiesen bei Schniegling von einem 31-Jährigen erstochen und in den Fluss geworfen wurde.
Oder der 36-jährige Gebrauchtwagenhändler, der in seinem Wohnwagen von einem 41-Jährigen erschossen wurde, eine Tat im Drogenmilieu. Für Aufsehen sorgte auch der Tod einer 56-Jährigen in der Praxis eines Heilpraktikers; in einem Prozess wird nun über „Unregelmäßigkeiten“ bei der Behandlung verhandelt. Alle diese Fälle wurden 2004 geklärt, dazu auch noch ein Mord aus dem Jahr 1984: Durch neue Methoden bei der Erkennung von Handflächen-Abdrücken konnte ein heute 39-Jähriger überführt werden, einen damals 43-jährigen Geschäftsmann mit acht Messerstichen umgebracht zu haben.
Abschreckende Wirkung soll die rasche Aufklärung von Verbrechen haben. Mit enormem Einsatz von Personal stoppte die Polizei deshalb vor wenigen Tagen — ebenso wie auch bei ähnlichen Fällen 2004 — die Serie von zwei Handtaschenräubern, die ältere Frauen in Nürnberg brutal niedergeschlagen und beraubt hatten. Präsident Gerhard Hauptmannl spricht angesichts der hohen Aufklärungsquote sogar von „generalpräventiver Wirkung“: Genau 67,1 Prozent aller 107 602 angezeigten Straftaten haben die mittelfränkischen Polizisten 2004 aufklären können.
Unter den bayerischen Städten machte wieder Fürth das Rennen: Dort liegt die Aufklärungsquote bei 70,9 Prozent. Nürnberg steigerte seine Quote bei 45 754 Straftaten auf 66,4 Prozent und liegt bei der Sicherheit jetzt im bayerischen Städtevergleich im Mittelfeld. Die Aufklärungsquote in München wird mit 60,2 Prozent angegeben. Auffällig ist, dass in Nürnberg, wie auch in Fürth und Erlangen, die Zahl der Straftaten nach jahrelangem Anstieg wieder gesunken ist. Bei Diebstahlsdelikten sowie bei Vermögens- und Fälschungsdelikten registrierten die Statistiker in Nürnberg sogar ein Minus von etwa tausend Straftaten. Dennoch summiert sich laut Polizei der Schaden durch Verbrechen in Nürnberg auf insgesamt 64 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 41 Millionen Euro.
Weniger Kinder auffällig
Gerhard Schlögl, Leiter der Polizeidirektion Nürnberg, freut sich mit Wolfgang Geier, Chef der Kriminalpolizei, über einen Rückgang der Zahlen bei der Kinder- (bis 14 Jahre) und Jugendkriminalität (bis 21 Jahre). Seit 1999 waren hier enorme Zuwächse zu verzeichnen. Im Vergleich zum Jahr 2003 sank die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen nun leicht auf 13 505 in Mittelfranken und 5542 in Nürnberg ab. 15,4 Prozent oder genau 854 davon waren in Nürnberg Tatverdächtige unter 14 Jahren, das ist ein Rückgang gegenüber 2003 um immerhin 24,2 Prozent.
Besorgt ist Geier allerdings über die wachsende Brutalität, die sich in den Zahlen niederschlägt: Beim Handtaschenraub gibt es gegenüber dem Vorjahr in Mittelfranken mit 82 Fällen nahezu eine Verdopplung. Aber auch bei den Körperverletzungen schnellt die Zahl in die Höhe und hat im Regierungsbezirk mit 11 616 angezeigten Straftaten einen neuen Höchststand erreicht. Einziger Trost: Die Aufklärungsquote liegt bei 91,5 Prozent.
Geier warnte zugleich vor der kriminellen Energie osteuropäischer Banden. Allerdings sei das kein neues Phänomen durch die Ost-Erweiterung der Europäischen Union, sondern bereits seit zehn Jahren kriminalistischer Alltag. Nahezu explodiert sind die Fallzahlen bei der Drogenkriminalität: Neue Tests am Straßenrand und ständige Kontrollen haben diese Zahlen enorm in die Höhe getrieben: Von 2003 auf 2004 schnellte die Zahl der Drogendelikte in Mittelfranken von 4606 auf 5739, in Nürnberg von 1899 auf 2310. (Siehe Standpunkt Seite 10)
LORENZ BOMHARD