AcKERFEST:
Gewaltbereit und gefährlich -
Deutsche Hooligans vor der WM
Autorin : Uli Hesse
So versuchen Fußball-Hooligans vor der WM 2006 der Polizei aus dem Weg zu gehen: Sie treffen sich am Wochenende, völlig unabhängig von Fußballspielen. Manchmal filmen sie sich dabei - ein exklusives Privatvideo wurde report München aus der Szene zugespielt. Hooligan Alex ist seit drei, vier Jahren dabei. Er arbeitet als Altenpfleger in Cottbus und trainiert Kraftsport und Kickboxen für diese Schlägereien. Er erzählt:
"Es ist Wahnsinn. Dann bekommt man so einen Adrenalin-Kick, also die Knie werden weich, die Hände werden weich, bis kurz vor dem Moment, dann ist alles ruhig ringsrum um einen, und wenn man dann ... da steht man sich gegenüber, lass es 20, 30 Meter sein, alle bleiben stehen, und dann kommt irgendein Ruf, und dann rennt man aufeinander zu, und irgendwann ist alles wie weggepustet. Dann gibt’s nur noch gucken nach den Farben und dann rauf."
Georg prügelt sich seit 15 Jahren im Mob. Er hat zwar inzwischen Familie und ist daher nicht mehr so aktiv wie früher. Doch er befürchtet, dass er Besuch von der Polizei bekommt, falls er erkannt wird. report München hat seine Aussagen deshalb nachsprechen lassen. Der Hooligan sagt:
"Wir fahren da 300, 400, 500, 1000 km. Es ist egal, wenn man weiß, da knallt’s, dann fährt man da hin. Es ist eigentlich immer dasselbe, man ist immer auf der Suche nach dem Kick, nach dem Gefühl im Bauch, da sind Sie, stehen bleiben, und dann ist der Verlauf der Dinge. Es ist eigentlich immer dasselbe. Das ist wahrscheinlich wie beim Junkie. Es ist hammerhart."
Die Treffen – wie auf einem bisher unveröffentlichten Szene-Video - werden professionell und neuerdings sehr konspirativ organisiert: Ort und Zeit wissen nur die Chefs. Die Zahl der Gegner ist abgesprochen. Wichtig sind vor allem gute Fluchtwege, falls die Polizei auftaucht. Unbeteiligte – wie ein Auto - werden aus den Auseinandersetzungen herausgehalten. Entgegen landläufigen Vorstellungen sind Hooligans keine asozialen Chaoten, sondern kommen aus allen Schichten: Studenten, Arbeitslose, Rechtsanwälte, Arztsöhne. Es gibt einen Ehrenkodex, an den sich manche Gruppen halten – auch die Hooligans aus Cottbus: Alex sagt:
"Die Regeln sind eigentlich klar – Also wer am dem Boden liegt, wird nicht malträtiert oder so oder mit Füßen, Waffen fallen aus, gibt's nicht. Das Einzige, was erlaubt ist, sind halt der Mundschutz für die eigene Sicherheit und Bandagen oder Handschuhe, aber wenn möglich auch ohne Bleihandschuhe, obwohl's da auch Ausnahmen gibt, die sich darüber hinwegsetzen, und halt Turnschuhe, das bedeutet ohne Stahlkappen."
Verletzungen gehören dazu, doch der Adrenalinstoß ist so groß, dass die Hooligans darauf keine Rücksicht nehmen.
Denn natürlich geht es ums Gewinnen - Georg ist stolz darauf, dass sein Mob in der Szene einen entsprechenden Ruf hat:
"Wenn du deine Jungs um dich rumhast, dann gibt's kein Weglaufen, das spürt man einfach nicht momentan. Nachher sagt man: Au, mir tut die Backe weg, oder schau, das Auge wird dick, oder hast du gesehen, der hat ein Loch im Kopf gehabt. Logisch kriegt man mal eine Platzwunde, oder einen Cut hat jeder mal gehabt. Das gehört dazu und ist auch der Sinn der Sache."
Danach schütteln sich die Schläger die Hände, gehen manchmal ein Bier trinken und schicken sich sogar Erinnerungsfotos. Einige Gruppen sind miteinander befreundet und verbrüdern sich dann bei Krawallen in den Städten gegen andere Hooligans. Michael Endler, Leiter der Zentralen Informationsstelle Sport beim Landeskriminalamt NRW, erklärt:
"Wenn wir im Vorfeld etwas darüber erfahren, dann wer-den wir dieses strafbare, dieses kriminelle Verhalten genauso zu unterbinden versuchen, wie bei einem bevorstehenden Bankraub, bei einem bevorstehenden Massendiebstahl oder ähnlichen Delikten."
Den Wald- und Wiesenschlägern drohen Strafanzeigen und Platzverweise. Denn die Hooligan-Spezialisten der Polizei befürchten eine neue Entwicklung: Aus den kleinen, miteinander rivalisierenden Cliquen könnten professionelle effiziente Organisationsstrukturen entstehen. Michael Endler zeigt sich besorgt:
"Da wird natürlich auch ein Verhalten gelernt, und ständig weitergeführt, was vielleicht für die Allgemeinheit unbedenklich sein mag, solang es abgesetzt auf einer Waldfläche oder in einer Industriebrache stattfindet. Wenn dieses Verhalten aber wieder in die Städte hineinkommt, dann werden wir damit wahrscheinlich wesentlich größere Probleme haben als in der Vergangenheit mit den alten Hooligans."
In den Städten gilt der Ehrenkodex kaum noch, vor allem nicht bei internationalen Spielen. Dieselben Hooligans, die auf dem Acker trainieren, prügeln dann mit allem was greifbar ist, Stühlen, Flaschen, Knüppeln, Eisenstangen. Diese Schlägereien sind wesentlich brutaler als auf dem Acker. Im Stadion selbst halten sich dagegen die meisten Hooligans zurück, um kein Stadionverbot zu bekommen – denn sie sehen sich immer noch in erster Linie als Fußballfans. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagt:
"In den Stadien ist einmal dadurch, dass die Leute nur sitzen, die Problematik geringer, und zum zweiten, durch die Videoüberwachung, wo man auch alles dokumentieren kann, wo man, wenn man die Videokamera zurückspult auch die Vergangenheit sichtbar machen kann, die Aufklärungsmöglichkeiten verbessern, so dass ich sage: in den Stadien ist es sehr viel leichter das im Griff zu behalten als in den Städten."
Hooligan Georg sagt hierzu:
"Wenn ich heute ins Stadion gehe, will ich mein Fußballspiel sehen. Ich will keine Sitze rausreißen, ich will keine Zäune einreißen, ich will keinen Polizisten treten, sondern ich will mein Spiel sehen. Was vor dem Spiel und nach dem Spiel ist, das soll die Polizei mal uns überlassen, und es ist besser, sie halten sich raus, dann passiert auf jeden Fall nicht so viel."
Über 6000 Hooligans hat die Polizei in der Datei „Gewalttäter Sport“ gesammelt. Sie sollen im WM-Jahr keine Möglichkeit bekommen, Krawalle anzuzetteln. Michael Endler erklärt:
"Wenn wir eine Veranstaltung in Deutschland haben, dann haben wir auch für das einheimische Problemfan-potential eine sogenannte Heimspielsituation. Wir können also beispielsweise nicht mit Ausreiseuntersagungen arbeiten, aber mit den Meldepflichten wird gearbeitet werden, wir werden ergänzend auch Bereichsbetretungsverbote aussprechen, also längerfristige Platzverweise für ganze Städte. Letztlich muss derjenige, der sich daran nicht hält, damit auch rechnen in Gewahrsam genommen zu werden. Für längere Zeit."
Doch auch die Hooligans haben sich auf die WM 2006 eingestellt: Sie müssen sich zwar möglicherweise während der einzelnen Spiele in ihrer Heimatstadt bei der Polizei melden. Doch die Randale werden sie sich nicht entgehen lassen: Sie planen, sich einige Tage vor oder nach den Spielen in ganz anderen Städten zu treffen – und dort zu prügeln. Georg sagt:
"Die Engländer, auf die freut man sich ganz besonders. Wo die Engländer auftauchen, da wird auch ein Gewaltpotential auftauchen, von den Engländern, womit die deutsche Polizei bestimmt nicht gerechnet hat an manchen Tagen. Es redet jetzt jeder hier von den Deutschen, aber die sollen mal schauen, was die Engländer 2006 hier veranstalten. Da wünsche ich den Herrschaften noch viel Spaß. Ganz sicher."
Schlägerei in Frankfurt mit den Engländern. Um die Engländer zu treffen, ist den deutschen Hooligans kein Aufwand zu groß: Im August 2001, einen Tag vor dem Spiel Deutschland gegen England trafen sie sich bewusst im neutralen Frankfurt. Organisierte Hooligans reisten aus der ganzen Bundesrepublik an, um sich mit den Engländern zu prügeln. Ein Vorbild für 2006?
wer lust und zeit hat setzt sich mit seinem regionalen fanclub in verbindung. öfter mal ins stadion gehen ihr webschläger!!!!!