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Thema: Fallschule

  1. #1
    cdobe Gast

    Question Fallschule

    Hallo,
    mit erstaunen habe ich kürzlich festgestellt, daß die Sambo-Leute anders fallen, als z.B. die BJJ-Leute. Ebenso gibt es im San Shou Kuai Jiao und im Hapkido recht unkonventionelle Sturztechniken. Im Aikido wird meines Wissens, den Prinzipien entsprechend, kein Vorwärts- oder Rückwärtssturz, sondern nur das Rollen und der Seitwärtssturz gelehrt.

    Daher meine Frage an Euch: Welche Elemente oder Variationen der Fallschule lernt/lehrt ihr ? Wie führt Ihr die Techniken aus ? Welche Prinzipien und Konzepte stecken hinter Euren Techniken (Physik, Körpermechanik etc.) ?

    Freue mich auf eine hochkarätige Diskussion.

    msg
    cdobe

  2. #2
    Andreas Weitzel Gast

    Standard

    Hallo, cdobe,

    interessantes Thema. Bei uns gehört die Fallschule zu den wichtigsten Trainingsbereichen überhaupt, und zwar primär aus folgenden drei Gründen:
    1) Man macht etwas für die eigene Sicherheit;
    2) man erweitert seine Körperbeherrschung;
    3) man hat viel größere Bewegungsfreiheit im Training, d.h. man kann viel interessantere Sachen üben.

    Zu Prinzipien und Körpermechanik... Hier sind die wichtigsten Prinzipien des Fallens/Rollens:
    1) Man rollt/fällt möglichst geräuschlos;
    2) man fällt "vom untersten Stock";
    3) man fällt, indem man "wie der Honig" herunterfließt;
    4) man rollt/fällt nie mit Schwung;
    5) in jedem Augenblick der Rolle/des Falls ist man in der Lage, die Bewegungsrichtung zu ändern oder die Bewegung gar zu stoppen;
    6) man fällt/rollt auf den Muskeln, nicht auf den Knochen;
    7) beim Rollen/Fallen sind die Arme und Hände frei;
    8) der gesamte Körper passt sich dem Boden an.

    Gruß
    Andreas

  3. #3
    cdobe Gast

    Standard

    Hallo Andreas,
    danke für Deine Antwort ! Du nennst ein paar interessante Aspekte, die mir bislang noch nicht begegnet sind. So zum Beispiel die Aussage, daß man einen Fall bzw. eine Rolle zu jedem Zeitpunkt stoppen können sollte. Bei der Rolle könnte ich mir dies als ein Ideal noch vorstellen. Aber bei einem Sturz ?
    Und was hat es mit der Geräuschlosigkeit auf sich? Ihr seid doch keine Ninjas .

    In Deiner Akademie unterrichtest Du doch auch Sambo, sofern ich das richtig in Erinnerung habe. Worin liegt Deiner Auffassung nach der Vorteil z.B. eines Sambo-Seitwärtsfalles im Vergleich zu der Variante, die in den japanischen Budosportarten gelehrt wird ?

    Vielleicht kannst du mir ja auch noch etwas über die Herkunft der Fallschule im Systema erzählen. Wurde sie aus dem Sambo entlehnt ? Beruht sie auf dem Judo oder den traditionellen Ringerkünsten der GUS-Staaten ? Einer Kombination ?

    Danke.

    msg
    cdobe

    ps: Niemand außer Andreas und mir übt Fallschule Schade!

  4. #4
    martin.schloeter Gast

    Standard EB-WT "Fallschule"

    Original geschrieben von cdobe
    ps: Niemand außer Andreas und mir übt Fallschule Schade!
    Hi,
    damit vielleicht doch noch ein bißchen Resonanz in diesen Thread kurze Beschreibung unser Standard EB-WT-"Fallschule".
    Die Anführungsstriche bewußt, da es letztlich nur Notprogramme für den Worst-Case ist, dass man zu Boden muss. Das Wort "Fallschule" ist da etwas zu hoch gegriffen.
    Wir trainieren in der Regel das Rückwärtsfallen. Das Fallen ist dabei eine Mischung aus halber Rückwärts-Rolle und kontrolliertem Ablegen.
    Dabei wird nicht "durchgerollt", sondern die Bewegung endet in Rückenlage, Beine zum Gegner um dessen Nachrücken durch Kicks unterbinden zu können.
    Kein Durchrollen deswegen, weil man da geraume Zeit nicht sieht was der Gegner macht, z.B. für einen Tritt gegen den Kopf "empfänglich" wird.
    Aufstehen in Umkehrung der "halben Rolle" _ohne_ Schwung und ohne Arme, die werden ggf. gebraucht.

    Wenn man so mal im Lat-Sao gefegt/geworfen wird kommen auch andere Abläufe zustande, aber das ist erstmal nicht "Programmbestandteil".

    Gruss
    Martin

  5. #5
    Andreas Weitzel Gast

    Standard

    Hallo, cdobe,

    zu deinen Fragen:
    Bei einer rolle muß man tatsächlich jederzeit imstande sein, die Bewegungsrichtung zu ändern bzw. die Bewegung zu unterbrechen; bei einem Sturz sieht die Sache etwas anders aus, deswegen habe ich ursprünglich geschriben "... die Bewegungsrichtung zu ändern oder die Bewegung gar zu stoppen." Betonung auf "oder". Man kann bei einem Sturz eher die Bewegungsrichtung ändern.

    Was es mit der Geräuschlosigkeit an sich hat? Na ja. Wir sind tatsächlich keine Ninjas und wollen es auch nicht werden (hier könnte man das Argument bringen, daß der Ursprung des "modernen" Systema in Spetsnaz-Einheiten liege, und die mußten sich geräuschlos bewegen :-)) Der Grund dafür ist in Wirklichkeit ganz einfach: Je leiser, desto sicherer und ungefährlicher. Die Geräuschlosigkeit ist damit nur (!) ein schöner Nebeneffekt.

    Vorteil eines Sambo-Seitwärtsfalles gegenüber einer japanischen Budo-Variante? Ich weiß es nicht, weil ich die japanische Variante nicht kenne.

    Die Wurzeln der Systema-Fallschule liegen bestimmt nicht im Sambo oder Judo. Wenn Du sie siehst, dann merkst Du den Unterschied. Die Wurzeln liegen meiner Meinung nach eher in der Notwendigkeit, die Kontrolle über seinen Körper in jeder Lage haben zu müssen: Aud dem Eis, auf der Treppe, im Wald, auf den Steinen usw.

    Und hier sind noch zwei Prinzipien, die aber nicht nur für die Fallschule gelten:
    - ununterbrochene Bewegung;
    - ununterbrochene Atmung.

    @ Martin:
    "Kein Durchrollen deswegen, weil man da geraume Zeit nicht sieht was der Gegner macht, z.B. für einen Tritt gegen den Kopf "empfänglich" wird."

    Es ist ein Argument, das man berücksichtigen muß und akzeptieren kann. Man kann sich auch so auf dem Boden bewegen, daß man unterschiedlichste Bewegungen inkl. Rollen macht, ohne den Blickkontakt mit dem Gegner zu unterbrechen. Man muß es aber nicht.

    Gruß
    Andreas

  6. #6
    cdobe Gast

    Standard

    Hallo Andreas,
    vielen Dank für Deine Ausführungen
    Und hier sind noch zwei Prinzipien, die aber nicht nur für die Fallschule gelten:
    - ununterbrochene Bewegung;
    - ununterbrochene Atmung.
    Letzteres Prinzip scheint ein weiterer Unterschied zu der japanischen Fallschule zu sein. Ich habe gelernt, bei Rolle oder Sturz auszuatmen.

    Danke auch an Martin

    msg
    cdobe

  7. #7
    Mars Gast

    Standard

    @cdobe

    Was meinst Du mit "japanischer Fallschule"?
    Wenn Du Judo meinst, stimme ich Dir zu.
    Wie es bei Aikido und den anderen Schulen aussieht weiß ich nicht.

    Im Ninjutsu rollt man - so habe ich es jedenfalls gelernt- ohne Atemstopp (klingt schon ungesund) und hartes Abklatschen. Es war ja dazu gedacht, auf allen möglichen Böden zu Rollen und zu Fallen.
    Die von Andreas aufgezählten Prinzipien sind erstaunlich nahe an denen des Ninjutsu, was mir Systema nur umso sympatischer macht. Also bleibt mir nicht mehr viel zu schreiben.

    Gruß
    Mars

  8. #8
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    Standard

    Glaub' bloß nicht, das Abklatschen beim Sturz rückwärts oder zur Seite sei zur Show da, damit wird die Fallenergie vom Rücken oder der Seite genommen und die Auftreffende Oberfläche ist größer, damit sich die Energie besser veteilen kann. Deswegen wird in jedem System, dass ich kennen gelernt habe beim Sturz seitwärts und rückwärts abgeklatscht, auch im Ninjutsu!

    mfg,
    LuggageP.S.: Ich habe auch überall gelernt, beim Sturz auszuatmen, kann mir eigendlich nicht vorstellen, wie das mit konstanter Atmung von Statten gehen soll... aber wenn's schee macht...

  9. #9
    Andreas Weitzel Gast

    Standard

    Hallo, Luggage,

    ich denke nicht, daß irgend jemand hier glaubt, das Abklatschen beim Fallen wäre bloß eine Show. Es hat bestimmt seinen Sinn und Zweck.

    Meiner Meinung nach ist es aber eine Notlösung, die eigentlich nicht ratsam ist, aber doch besser, als nichts. Diese Art vom Fallen kann sehr schnell zu ernsthaften Verletzungen führen. Und zwar am Arm direkt beim Abklatschen und dann am ganzen Körper, weil sämtliche Muskeln sich im Fallaugenblick anspannen. Die Folge der angespannten Muskulatur beim Fallen ist meistens eine Verletzung.

    Diese Art des Fallens scheint mir, eher für ein Training auf der Matte oder auf dem weichen Rasen geeignet zu sein.

    Zur ununterbrochenen Atmung... Die falsche Atmung (in unserem Fall das Anhalten des Atems, was die meisten machen, oder das Brechen des Atemrhythmuses) ist meistens der Grund für falsche Muskelanspannungen, die ihrerseits zu Verletzungen, Unterbrechung der Bewegung oder Verkrampfung der Psyche führt. Der letzte Vorgang löst oft falsche Emotionen und Gefühle aus, wie Angst, Panik, Zorn etc.

    Wieso kannst Du Dir nicht vorstellen, daß man konstant atmen kann?

    Gruß
    Andreas

  10. #10
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    Standard

    @ luggage:

    also ich kann mich nicht erinnern, beim ninjutsu je grossartig abgeklatscht zu haben - ganz im gegenteil.
    ich hab vorher lange judo gemacht, wo ich mir das klatschen leider angewöhnt hatte - beim ninjutsu wars dann so, dass ichs sein lassen sollte, da das einzige resultat ein (wenigstens( schmerzemder arm sei ... fand ich ziemlich logisch, denn die energie des aufpralls dämpfste besser mit dem ganzen körper durch rollen als mit 1 körperteil...

    @andreas :

    abklatschen is - soweit ichs vom judo kenne - ein ganzes stück show, da quasi "je lauter das klatschen desto besser die technik" galt . daher mussten wir gerade bei gürtelprüfungen auf einen "satten" sound achten- dolle logik, oder

    fister
    "If one of you can punch a hole through a shoji with just your ejaculation, then you'll be a real martial artist!" Morihei Ueshiba

  11. #11
    cdobe Gast

    Standard

    Das Argument für das Luftausstoßen vor dem Aufkommen auf dem Boden ist, daß damit sogenannten Luftpressungen vorbeugt werden soll, welche sehr schmerzhaft sind. Das gleiche Prinzip ist mir auch beim Boxen begegnet. Es ist immer besser, wenn man ausgeatmet hat, wenn man einen Schlag kassiert. Dies kann man mit der berühmten "Medizinball auf Bauch fallen lassen"- Übung mal für sich selbst ausprobieren

    Im übrigen halte ich das kontrollierte auspressen von Luft nicht für unnatürlich. Es ist eben eine besondere Atemtechnik, die ihre Vorteile hat. Man wechselt doch ohnehin ständig zwischen Inspiration und Expiration. In diesem Falle eben akzentuiert. Bis auf die zusätzliche bewußte Kontraktion der expiratorischen Muskulatur wüßte ich nicht warum deswegen gleich der ganze Körper gleich verkrampfen sollte. Die japanische Fallschule (@ Mars: So gesehen in Judo, J(i)u-J(i/u)tsu und Aikido) ist sicherlich nicht schlecht oder 'falsch'.

    msg
    cdobe

  12. #12
    Andreas Weitzel Gast

    Standard

    Hallo,

    @ cdobe:

    Du liegst auf jeden Fall richtig, wenn Du sagst, daß man bei einem harten "Treffer", sei es ein Schlag oder ein Sturz, ausatmen soll. Es ist auf keine Fall unnatürlich. Man muß hier aber einige Sachen unterscheiden.

    Ich habe von einer ununterbrochenen Atmung im Bezug auf die Fallschule gesprochen, die ich weiter oben beschrieben habe. Wenn man aber hart fällt, dann ist es sicherlich besser, auszuatmen. Wenn es bei uns doch zu einem harten Sturz kommt, wird die Aufprallenergie an der gesamten Körperoberfläche verteilt und "weggeatmet". Am Anfang lernt man das im Stehen, wenn der Partner einen gegen die Wand schubst.

    Die Verkrampfung, von der ich gesprochen habe, hat nichts mit dem Ausatmen zu tun, sondern mit dem Krafteinsatz und Körperspannung beim Abklatschen. Das ist mitunter ein Grund für die Verspannung.

    @ Fister:

    Kaum zu glauben, daß es sowas gibt. Hätte ich nie gedacht.

    Gruß
    Andreas

  13. #13
    Mars Gast

    Standard

    @luggage

    Unser Trainer hat uns wiederholt auf den Hof hinter dem Dojo rollen lassen. Einige Ex-Judo- Leute haben sich da das Abklatschen schnell abgewöhnt.
    Abklatschen nach einer Roll hat im Judo den Zweck, fähig zu seinen, die Wucht eines Sturzes - wenn man geworfen wird- abzufangen. Eine Art Worst-Case- Vorbereitung. Also per se nicht schlecht.

    Und im Ninjutsu habe noch keinen "Klatschen" gesehen, der nicht irgendwie "vorbelastet" war.

    Den Rest haben Andreas und Fister schon gesagt.


    Gruß
    Mars

  14. #14
    olee Gast

    Standard san shou resp. sanda

    die falltechniken beim san shou sind denen im judo sehr ähnlich abgesehen vom rückwärtsfallen und und dem gesprungen vorwärtsfallen... die rollen und und seitwärtsfalltechniken sind sehr verwandt...

    wobei ich sagen muss das die techniken echt gut sind, und ich beim kämpfen schon etliche male froh war darum...

  15. #15
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    Standard

    @Andreas:
    Wieso kannst Du Dir nicht vorstellen, daß man konstant atmen kann
    Da hast du mich wohl missverstanden, denn...
    Ich habe von einer ununterbrochenen Atmung im Bezug auf die Fallschule gesprochen, die ich weiter oben beschrieben habe. Wenn man aber hart fällt, dann ist es sicherlich besser, auszuatmen
    ...genau das habe ich gemeint. Das stellt ja dann eine Unterbrechung des Atemrythmusses dar, oder?

    @rest:
    Wie macht ihr denn den Sturz seitlich und nach hinten, wenn nicht mit klatschen?? Ich habe wohlgemerkt noch nie vom klatschen bei einer Rolle gesprochen, wie es einige hier wohl verstanden haben...

    mfg,
    Luggage

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