Zitat von
Ferdinand Mack
Anfang der siebziger Jahre kam durch den amerikanischen Erfinder des "Fullcontact" Mike Anderson eine neue Kampfsportart auf die Welt. Der Berliner Karate Meister und Erfinder der Schutzausrüstung Top Ten, Georg F. Brückner, lebte diesen Sport bis zu seinem frühzeitigen Tod 1992 und entwickelte in kürzerster Zeit das "Kick-Boxen" für alle Stile.
Deshalb auch zu seiner Zeit der passende Name: World Allstyle Karate Organiziation, später, World Allstyle Kick-Boxing Organization.
Es wurde mit leichtem (das heutige Semicontact) und vollem Kontakt gekämpft. Alle Stilrichtungen konnten bei diesem System ihre Kräfte messen.
Die Heutigen K1 Turniere, die schlauerweise im Amateur Modus durchgeführt werden, erinnern sehr an Brückners Idee. Nur mit dem Unterschied, dass hohe, für das Puplikum spektakuläre, Kicks, durch den s.g. Low Kick (Tieftritt) leider erstickt werden. Von den 16 Grundtritten des Kick-Boxens werden meistens nur zwei oder drei gezeigt. Was für das K1 spricht ist allerdings, dass jeder gegen jeden antreten muss um den begehrten Titel zu gewinnen und so keiner dem anderen ausweichen kann wie dies oft beim Profi Boxen zu beobachten ist. Schlau ist auch, dass die Athleten "nur" drei Runden kämpfen. So mancher "schwergewichtige" K1 Kämpfer könnte kaum über 10 oder 12 Runden gehen wie z.B. die amtierenden WAKO Pro Weltmeister Sven Kirsten oder Fatma Akyüz.
Vor Jahren traf ich die holländische Trainer Legende Tom Harink, der mir mitteilte, dass er mit seinen Kick-Boxern oftmals ins Ausland gehen muss, da in seiner Heimat fast nur noch Thai Box Kämpfe stattfinden. Auf meine Frage hin, wie das möglich sei, dass so viele Thai Box Kämpfer heranwachsen und immer weniger Kick-Boxer ausgebildet werden, antwortete er mir: "Thai Box Kämpfer verschleißen sehr schnell aber es kommt sehr schnell Nachwuchs, da die Ausbildung für einen Thai Kämpfer sehr schnell gehen kann. Wenn du robuste Kämpfer findest, können diese nach einem halben Jahr schon Titel Kämpfe bestreiten. Wenn du aber einen Weltklasse Kick-Boxer ausbilden willst benötigt der 10 Jahre."
Sicherlich sind die Anhänger des Muay Thai da anderer Meinung, aber ich spreche nicht von erstklassigen Muay Thai Kämpfern, sondern eben von s.g. Thai Boxern. Viele Trainer müssen mir und Tom Harink da recht geben, hinsichtlich auf Disziplin und das Durchhaltevermögen heutiger Kämpfer.
Zurück zum Kick-Boxen der heutigen Zeit
Weltklasse Trainer wie Peter Zaar (siehe sein Buch) haben die Trainingslehre des Kick-Boxens erweitert. Gut ausgebildete Amateur Kick-Boxer sind in der Lage unter Profi Bedingungen hervorragende Kämpfe zu absolvieren. Viele Kämpfer der WAKO Pro sind die wahren Helden des heutigen Kick-Boxens. Leider werden diese Kämpfe weder durch die Medien noch durch finanzielle Mittel belohnt.
Was einem Mike Anderson in den 70ger Jahren gelang, war mit einem amerikanischen Fernsehsender einen Vertrag zu machen, dass die Kämpfe der PKA live im Fernsehen über sieben Jahre ausgestrahlt wurden. Helden wie Bill Wallace, Jeff Smith, Joe Louis, Benny Urquidez usw. konnten geboren werden.
Das amerikanische Fullkontakt ist heute leider fast Tod. Ohne Medien keine Stars, keine Fans, keine Produkte die wiederum Stars durch Sponsoring unterstützen usw.
Ich möchte mit diesen, meinen Gedanken, niemanden angreifen oder kritisieren. Wir, und ich sage bewusst "WIR" haben das Kick-Boxen zersplittert. Nicht unbedingt durch viele Verbände von denen es im Profi Boxen sicherlich mehr gibt als im Kickboxen.
Trotz vieler Box Verbände kann der Laie immer noch erklären was Boxen ist und worum es geht. Beim Kick-Boxen ist das leider kaum noch möglich. Um mehr Mitglieder für unseren geliebten Sport zu gewinnen führten "WIR" das Semi-, Leicht-, Voll-, Thai-, Thai-Kick-Boxen, K1, Formen, Kick-Box-Aerobic und und und ... ein. Vergleichen wir das mit anderen erfolgreichen Sportarten, machen diese immer noch Fußball, Handball, Judo oder Boxen. Wobei auch hier, meiner Meinung nach, schon Fehler begangen werden indem auch diese Sportarten zersplittert werden. Beach Volleyball, Hallenfußball, Body Building Figuren Klasse, Fitness usw.
Wäre weniger nicht mehr?
Haben wir durch diese vielen Disziplinen und Gewichtsklassen wirklich mehr Kick-Boxer gewonnen oder uns und die Zuschauer nur "zerstreut" (verwirrt)?
Was den Pionieren gelungen ist, nämlich viele Kampfsportarten zu vereinen, ist uns Heute leider wieder verloren gegangen indem wir aus einer neuen Disziplin (Kontakt-Karate = Kick-Boxen) wieder viele Kleine gemacht haben.
Zu den Pionieren gehört sicherlich auch Professor Kano, der aus vielen asiatischen und nicht asiatischen Kampfkünsten das Olympische Judo geschaffen hat. Viele gefährliche Griffe wurden weggenommen und die Wettkampfregeln vereinfacht. Ähnlich dem heutigen K1.
Trotz des Judo werden die ursprünglichen Kampfkünste wie Jiu Jitsu, Aikido, Sambo, Sumo usw. weiter gepflegt. Aber für die Welt wurde ein System geschaffen an dem alle artverwandten Kampfkünstler teilnehmen konnten udn das jeder versteht.
Sollten wir nicht aus Altem lernen können?
Nach dem Motto, dass neue lernen und das allte pflegen.
Mit diesem Bericht möchte ich, wie schon erwähnt, niemanden kritisieren, zu nahe treten oder kränken. Viel mehr liegt mir daran viele Funktionäre, Trainer und Sportler anzuregen über die Zukunft unserer Sportart Kick-Boxen nachzudenken. Vielleicht gelingt es uns, die Visionen eines Brückners, Anderson oder Kano neu aufleben zu laßen.
In diesem Sinne
Euer Ferdinand Mack