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Thema: Woher kommt das alles?

  1. #1
    ryuma Gast

    Question Woher kommt das alles?

    Hallo KKB...

    Aus den letzten Beitraegen zur Karate-Technik, Karate in Japan und anderem ist deutlich geworden, dass wir aus Erfahrung, aus der Literatur, durch unsere Lehrer und letztendlich aus historischen Fakten heraus sehr unterschiedliche Herangehensweisen an Karate und Budo haben. Das ist sicherlich richtig und muss so sein, aber trotz allem kann ich viele Dinge nicht gutheissen, die da passieren.

    Ein Dorn im Auge ist mir die "zwanghafte" Verbindung von TCM und Karate. Aus meiner eigenen Erfahrung mit Akupunktur und Shiatsu - auf beiden Seiten(!) - weiss ich, dass die TCM viel zu komplex ist in der Technik der Behandlung von Punkten und Meridianen. Wenn dann einem Beitrag eines Forums steht, "die fuenfte Bewegung in der und der Kata, da drueckt das Hikite den und den Punkt und das wirkt auf das und das Organ", dann frage ich mich, ob diese Person weiss, was sie da schreibt. Als ob man mit dem Hikite einen Punkt in der richtigen Weise stimulierte, in dem man kurz die Faust ueber diese Stelle gleiten laesst.

    Aber es sind auch Saetze wie "die TCM kann Karate bereichern". Wie soll Karate denn bereichert werden? Wird dadurch die Technik besser? Wird man dadurch im Kumite schneller? Wohl nicht. Es ist meiner Meinung nach der Mystifizismus, den wir reimportieren wollen, weil Karate keinen Zauber mehr bietet. Funakoshi wird oft zitiert, und ich schliesse mich dem an:

    "There is nothing mysterious about Karate; no Karate practitioner can exceed the natural bounds of human power."

    Quelle: Stevens, John (1995): "Three Budo Masters", Kodansha.

    Nakayama schreibt aehnliches im Vorwort zu "Dynamic Karate".

    Ich will keine Diskussion darueber starten, ob es nun TCM im Karate gibt oder nicht. Meine erste Frage ist:

    Woher wollen die Verfechter der TCM wissen, dass es so etwas in ihrem Karate gibt? Wo haben Sie diese Gewissheit her? Ganz sicher nicht aus dem Training in ihrem Verein, also woher, wenn nicht aus den Filmen, die viele von uns zum Kampfsporttraining motiviert haben?

    Gruss

  2. #2
    Xiaoshi Gast

    Standard

    Ich mach zwar kein Karate (war nur ganz kurz dabei), aber vielleicht kommt es aus dem Bubishi? Ich meine, der starke chinesische Einfluss ist wohl nicht zu verleugnen, und dass TCM und Kungfu sich gegenseitig beeinflusst haben, ist ebenfalls nicht zu leugnen...

  3. #3
    weudl Gast

    Standard

    Ob es tatsächlich einen historischen Zusammenhang zwischen TCM und Karate gegeben hat, kann ich nicht sagen. Jedenfalls beinhaltet das von Xiaoshi erwähnte Bubishi ein doch recht umfangreiches Kapitel über Heilkunst. Ich will natürlich niemandem empfehlen, sich im Krankheitsfall mit den dort angeführten Methoden zu behandeln (dafür haben wir Gott sei Dank unsere Ärzte...). Zu der Zeit als das Bubishi verfasst wurde, hat derartiges dieses Wissen aber unter Umständen zwischen Leben und Tod entscheiden können. Meine Meinung dazu ist daher die, dass diese Dinge zwar einmal im Karate enthalten gewesen sein dürften, aber für unsere heutige Zeit keine Bedeutung mehr haben.

    Bezüglich der Vitalpunktstimulation bei Karatebewegungen halte ich es wie Jens S. Man könnte dies dann ja in jede Bewegung hineinreklamieren. So zB dass man im Sumie den Pinsel so oder so hält, damit man Vitalpunkte in den Fingerspitzen animiert... Ich denke, dass man hier ganz einfach viel Hokuspokus hineindichtet. Wenn man schreibt, dass beim Hikite ein Vitalpunkt stimuliert wird, dann soll man auch erwähnen, warum man dies tun soll und was dadurch bewirkt werden soll (bzw bei welchem Krankheitsbild man dies tun soll). Dass es einzelne "Zauberpunkte" geben soll, durch deren oftmalige Stimulation man gesünder werden soll, halte ich für ein Märchen...

  4. #4
    Xiaoshi Gast

    Standard

    Original geschrieben von weudl
    Dass es einzelne "Zauberpunkte" geben soll, durch deren oftmalige Stimulation man gesünder werden soll, halte ich für ein Märchen...
    Damit behauptest du aber wohl auch, dass die TCM, deren Teil ja das Tuina (und die Akupressur) sowie die Akupunktur ist, keinerlei Wirkung hat. Denn es gibt Massagemethoden, die nur darauf abzielen, durch kontinuierliche (oftmalige) Stimulation eine deutliche Verbesserung der Gesundheit hervorbringen sollen... und es auch tun, wie moderne wissenschaftliche Ergebnisse es zeigen. Die TCM als nicht mehr relevant in der heutigen Zeit zu halten, ist meines Erachtens ein großer Fehler, denn in der Schulmedizin ist mit Sicherheit nicht alles Gold was glänzt...

    Andererseits besteht kein Zweifel daran, dass man viel in irgendwelche Bewegungen hineininterpretieren kann, ohne dass es irgendwas bringt, außer sich selbst in etwas hineinzusteigern...

  5. #5
    Jens S. Gast

    Standard

    Hallo Forum,

    selbst wenn es den historischen Zusammenhang irgendwann (in China) einmal gegeben haben sollte, so ist Karatedo etwas eigenes geworden. Und zwar so eigen, daß diese Verbindung nicht nicht mehr wesensbestimmend für die Kunst ist (wenn es sie denn je war).

    Natürlich kann man versuchen, eine solche Verbindung zu etablieren. Habersetzer schreibt in seinen Büchern doch auch öfters von einem Meister Izumi, der das Karate unter ausdrücklicher Umgehung chinesischer Quellen auf (noch ältere) indische Einflüsse zurückführen und diese wiederbeleben will.
    Das ist sicher eine tolle Sache und sehr interessant; ich habe jedoch noch nie gehört, daß er (Izumi) behauptet, daß es nur so ginge und alle anderen die Doofen seien.

    Ich werde vielleicht demnächst die "Deutsche Karate-Faustkeil Association" gründen und trickse alle Revival-Leute aus, denn ich habe vor, Karate auf seine Wurzeln beim Mammut-Jagen zurückzuführen. Ich werde Lehrgänge abhalten und Bücher schreiben und alle milde belächeln, die glauben, China wäre die Wiege der Weisheit.
    Daß das dann kein Karate mehr ist, wird keiner merken, denn Hauptsache, es ist schööööön lange her und läßt sich möglichst nicht beweisen und "nur unter Anleitung eines erfahrenen Lehrers erlernen".
    ;-)))))))))))


    MfG
    Jens Streich

  6. #6
    weudl Gast

    Standard

    Mit meiner Aussage wollte ich keineswegs der TCM oder ähnlichen Methoden ihre Wirksamkeit absprechen. Ich habe mich selber einige Zeit mit Shiatsu, Chi Kung und derlei Dingen beschäftigt und betreibe sie teilweise auch heute noch.

    Üblicherweise funktionieren diese Systeme so, dass sie entweder den gesamten Energiekreislauf harmonisieren um den Körper gesund zu erhalten oder nach dem Auftreten von Krankheitssymptomen (bzw. beim Erkennen von energetischen Störungen) bestimmte Punkte oder Zonen gezielt bearbeiten um entweder Energiedefizite aufzufüllen oder Energieüberschüsse zu zerstreuen. Dass es aber einzelne Punkte geben soll, die man zur Gesunderhaltung stimulieren kann, ist mir jedenfalls bislang nirgendwo untergekommen...

  7. #7
    Dojokun Gast

    Standard

    Karate-Dô Kyohan, Autor: Gichin Funakoshi:
    Ab Seite 237: Vital Points of the Human Body.


    Dojokun

  8. #8
    Jens S. Gast

    Standard

    Hallo,

    das Vorhandensein irgendwelcher Mechanismen stellt wirklich keiner in Frage. Darum geht es hier auch nicht.
    Die Frage ist, ob sich behaupten ließe, wie es heute vielerorten geschieht, daß man diese Verbindung zu berücksichtigen habe, wenn man auf der Liste traditionsbewußter Karateka stehen wolle.

    Die Befürworter der TCM schreiben es in ihren geschichtlichen Darstellungen doch eigentlich selbst.
    Paradebeispiel dafür, "wie es kommen kann", ist doch die kanku-Kata. Wenn es so war, wie geschrieben wird, daß sich bei der Übermittlung dieser Kata bereits die "Lager" bildeten, so ist "der Käs' doch eigentlich gegessen".
    Die Frage ist dann nur noch, wie man es "verkauft".
    Man kann in einem Geschichtsbuch schreiben, daß nur ein Teil der Schüler Koshokun's die innere Lehre verstanden hatte und sich somit zwei Linien, eine äußere (mechanisches Kime) und eine innere (TCM) herausbildeten und so bereits von Anfang an für einen Teil die ursprüngliche Lehre "verloren ging".
    Man kann jedoch auch schreiben, daß ein Teil der Schüler Koshokun's dessen Lehre einer kritischen Überprüfung unterwarf, um dann das ursprüngliche Konzept abzuwandeln und in Einklang mit den bereits auf Okinawa vorhandenen kampfkünsten zu bringen.
    Beide Geschichten beschreiben genau das Gleiche, der Braten riecht jedoch vollkommen anders.

    Klar scheint indes zu sein, daß die Frage "TCM - ja oder nein?" keine Erfindung der Neuzeit ist.

    MfG
    Jens Streich

    P.S.:
    @Dojokun:
    Eben! "Vital points", und nicht "meridians" oder "chinese health care".
    Geändert von Jens S. (23-03-2003 um 11:13 Uhr)

  9. #9
    Dojokun Gast

    Standard

    Nun, wie unterscheiden wir TCM und Vitalpunktlehre?
    Wo beginnt, das eine, wo hört das andere auf?

    Ich behaupte, dass die Lehre von den Vitalpunkten eine Sache ist, die das Karate bereichern kann.
    Ob man sich in dem Zusammenhang auch mit Meridianen beschäftigt oder wie tief man in die Materie eindringt ist sicherlich individuell.

    Oss

    Dojokun

  10. #10
    Xiaoshi Gast

    Standard

    Ich halte mich da an Adam Hsu über Kungfu: Das Wissen um die TCM kann einem sicherlich Einblick in einige Aspekte der Kampfkunst geben, aber es sind schlicht und einfach zwei verschieden Künste. Wenn man sein Kungfu verbessern will, gibt es nur einen Weg: Kungfu üben.

    Ich glaube das ist korrekt, es gibt aber eben ein paar Aspekte der chinesischen (und auch einiger japanischer) KKs, die eine enge Verwandschaft mit der TCM haben. Trotzdem braucht man keine komplette Ausbildung in letzterem, um das zu verstehen. Das Dianxue, also die eigentliche Vitalpunktstimulation, war ein sehr esoterisches Konzept, und es ist genau wie mit der "inneren Alchemie" der Daoisten oder den Praktiken der japanischen Yamabushi: Diejenigen, die es praktiziert haben, waren ein ziemlich verschlossener Haufen, keiner hat einfach so unterrichtet, und von den Schülern wurde gefordert, dass sie quasi alles andere aufgeben, um die Lehre zu empfangen. Wer wäre dazu schon bereit, erst recht mit einer so skeptischen Einstellung wie der westlichen?

    Ich bin weiterhin vorsichtig mit dem Begriff Vitalpunktstimulation. Dianxue oder Dimmak bezeichnen tatsächlich nur die negative Stimulation von bestimmten Akupunkturpunkten, aber es gibt zahlreiche andere, weniger esoterische und vor allem simplere Methoden, den Gegner gezielt aus dem Verkehr zu ziehen. Ich meine jetzt nicht nur Kehle, Solarplexus und Genitalbereich, sondern Nervenstränge, Muskelansätze bzw. Muskelteilung und dergleichen. Daran ist eigentlich nichts ungewöhnliches, man muss sich nur mit der Anatomie des Menschen aus der Sicht einer KK auskennen... also entweder man lernt es oder eben nicht. In irgendwelchen Vereinen wird man so was höchstwahrscheinlich nicht lernen, aber jeder, der auf höherem Niveau Kungfu oder Karate gelernt hat, kennt ein paar derartige Schlag- und/oder Greiftechniken.
    Einige chinesische Stile, Baimei oder Eight Immortal Drunken Fist z.B. beginnen sogar mit dem Unterrichten von verletzbaren Punkten am Körper, noch bevor irgendwelche Formen unterrichtet werden...

    Letztendlich hat Jens es aber ja schon genau getroffen, es gibt halt verschieden Stile und Auffassungen... wo sollte da das Problem liegen? Ich sehe keines, muss aber hinzufügen, dass ich, wenn ich mal mit Karateka zu tun hatte, immer das seltsame Gefühl hatte, dass sie, ungeachtet all ihrer Freundlichkeit, fest davon überzeugt waren, dass ihre Karate-auffassung die einzig ware ist... auch wenn sie es nicht deutlich ausgesprochen haben. Aber es gab nie, in keinem Land der Welt, irgendwann einmal eine einheitliche Auffassung von irgendetwas, wozu auch? Wenn etwas funktioniert, wunderbar. Diese Budo-mäßige Vereinheitlichung hat, wie ich finde, dem Karate doch nur geschadet... früher hat jeder Meister seine eigene Auffassung vertreten, wieso muss es denn heute unbedingt anders sein?

  11. #11
    Jens S. Gast

    Standard

    Hallo Xiaoshi,

    wie sagt man so schön: "Das paßt wie die Faust auf's Auge." Oder "der A**** auf den Eimer". ;-)
    Klasse formuliert und mitten in's Schwarze.

    MfG
    Jens Streich

    P.S.: Ich kenn zu wenig Kungfu-Adepten, um einschätzen zu können, ob diese weniger oder genauso "kriegerisch" ihre Meinung vertreten, wie es häufig bei Karateka der Fall ist. Ich weiß auch nicht, woran dies bei den Karateka's liegt, jedenfalls stimt aber auch diese Einschätzung von Dir. Grübel ...

  12. #12
    Xiaoshi Gast

    Standard

    Sagen wir´s mal so: Ar***löcher gibt´s überall, keine Frage. Und Gott weis wieviele arrogante selbsternannte Meister der chinesischen Kampfkünste rumlaufen, die nur blöd daherschwätzen und besonders viel über die "intellektuellen" Aspekte bzw. Philosophien des Kungfu wissen... diese extreme, unsägliche Differenzierung in interne und externe KKs macht das am deutlichsten... läuft irgendwie alles auf´s Gleiche hinaus.

    Der einzige Unterschied ist wohl nur, dass es im Kungfu an und für sich keinen Zweifel gibt, dass heute wie damals unzählige verschiedene Stile existieren, die zwar alle die gleiche Basis haben, aber jeder eine eigene Herangehensweise an die Methodik des Kämpfens hat. Ursprünglich war das ja wohl im Karate (oder eben Okinawate) auch so, nur dass die Leute damals nicht den Drang hatten, allem irgendeinen Namen zu geben (find ich eigentlich gut)... es war halt einfach Karate nach diesem und jenem Meister, fertig. Und dann kam die japanische (Militär-)Regierung und wollte alles in ein System zwängen, und seither glauben wohl einige Leute, dass es tatsächlich nur eine Form des Karate gibt (bzw. geben muss oder kann).

  13. #13
    Jens S. Gast

    Standard

    Hallo Xiaoshi,

    ja, auf Okinawa war es irgendwie wohl auch das Gleiche, jedoch wurde stock und steif behauptet, es gäbe nur EIN Karate. ??? > nur ein Karate > nur eine Wahrheit. ???
    Das klingt jetzt ein bissel platt und war/ist sicher nicht in dieser Härte so, jedoch könnte dies ein Grund für die unsäglichen Streitereien sein. Vielleicht spielt ja auch 'ne Rolle, daß China ein klitzekleines bißchen größer ist als Okinawa und es in China daher vielleicht etwas weniger familiär zuging und tatsächlich vieles so nebenher existieren und sich ungestört voneinander entwickeln konnte.

    I.Ü. habe ich mich schlau gemacht und bei den Kungfu-Jungs mal ein bissel rumgelesen (hier im KKB).
    Nee, nee! Um nix besser, die Pappenheimer. ;-)

    MfG
    Jens Streich

  14. #14
    Xiaoshi Gast

    Standard

    Ja ja, wie schon gesagt, wenn ein "Neijia-extremist" auf einen "Waijia-fundamentalisten" trifft, dann fliegen die Fetzen... völlig unsinnig, meiner Meinung nach, aber das gibt´s wohl überall.

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