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Thema: America - The Culture of Fear

  1. #1
    arnisador Gast

    Standard America - The Culture of Fear

    Lief gerade auf 3Sat:

    Angst essen Amerikaner auf
    Hysterie und Furcht sind der Kitt der US-Gesellschaft

    "Ich sage es Ihnen so einfach wie möglich: Jeder auf der Erde ist in einem Jahr tot." In dem neuen Blockbuster "The Core" steht die Welt kurz vor dem Untergang. Wieder einmal. Denn Katastrophe und Katharsis made in Hollywood zeigen, dass Angst der Kitt ist, der die amerikanische Gesellschaft zusammenhält.


    Das Kino zeigt immer wieder Inszenierungen der Angst aus amerikanischer Sicht. Phobien sind die häufigsten psychischen Erkrankungen in den USA. Hinzu kommt der Terror im Kopf nach dem 11. September. Die Folgen sind seit langem sichtbar: In den Großstädten entstehen immer häufiger Biotope der Angst: Gated Communities, hermetisch abgeriegelte Wohngebiete der Reichen. Die Abschottung der Privilegierten vor Kriminalität und Armut.

    Das Geschäft mit der Angst

    Ängste haben ihre großen Stunden und verschwinden dann wieder - so wie Hollywood-Stars, sagt der amerikanische Soziologe Barry Glassner. Und Ängste sind ein Geschäft wie das Showbusiness: "Angstmacherei ist ein Milliardengeschäft in den Staaten, angefangen von Alarmanlagen für Haus und Auto bis hin zur antibakteriellen Seife", sagt er. An der Spitze der Angstbewegung sieht er die Politiker, die mit dem Schüren von Ängsten ihre Wahlen gewinnen, besonders mit der Angst vor Verbrechen. Und die Medien: "Für die Nachrichten im amerikanischen Regionalfernsehen gilt ein weltweit wohl einmaliges Motto: Was blutet, macht Schlagzeilen."

    Kindesentführungen sind ein Dauerthema, auch für US-Präsident Bush. Reine Panikmache, hält Glassner dagegen. Denn die Zahl der Kindesentführungen ist seit den 80er Jahren um zwei Drittel zurückgegangen. Doch das ignorieren Politiker und Medien gleichermaßen. Der Blick der Öffentlichkeit soll so von den wahren sozialen Problemen des Landes abgelenkt werden: Jedes fünfte Kind in den USA lebt in Armut. Das Bildungssystem ist marode. Und die Kluft zwischen arm und reich wächst.

    Das Gespenst vom schwarzen Kriminellen

    Doch in den USA gibt es stattdessen ganz andere Schreckensvisionen. Es gebe einen unglaublichen Wirbel um die so genannte Gewalt am Arbeitsplatz, sagt Glassner, der hier die Häufigkeit überprüft hat. Sein Ergebnis: Kriminalität am Arbeitsplatz kommt ausgesprochen selten vor, Mord so gut wie nie. "Die meisten Menschen sind an ihrem Arbeitsplatz sehr sicher", so Glassner. Die enorme Aufmerksamkeit, die das Thema dennoch erhält, hält er schlicht für Irreführung, für eine Ablenkung von den wirklich "beängstigenden Entwicklungen im Arbeitsbereich, wie die wachsende Arbeitslosigkeit und die hohe Anzahl von qualifizierten Leuten, die ihre Jobs verlieren".

    In San Fernando Valley, Region Los Angeles etwa hat sich die Zahl der Armen im letzten Jahrzehnt verdoppelt. Seit dem Zusammenbruch der Luftfahrtindustrie fehlen hier viele qualifizierte Jobs. Aber vor allem ungelernte Kräfte trifft der wirtschaftliche Abschwung, allen voran die Afroamerikaner. Doch durch die Medien geistert das Gespenst vom schwarzen Kriminellen. Und dabei, so Glassner, belegten die Statistiken vor allem eines: Gerade Schwarze sind besonders häufig Opfer - von Wirtschaftskrisen oder auch Verbrechen.

    Die Waffenindustrie boomt

    Wenn Angst und Hysterie in den Staaten Hochkonjunktur haben, boomt dort vor allem eine Branche: die Waffenindustrie. Für viele Amerikaner ist Waffenbesitz ein Symbol der Freiheit, eine Art Grundrecht zur individuellen Verteidigung. Doch nirgendwo sterben so viele Menschen durch Waffengewalt wie in den USA. "Es war für mich schon immer ein Rätsel, wie Leute wirklich davon überzeugt sein können, dass sie sich gegen Terroranschläge mit einer Knarre unter dem Bett verteidigen können", meint Glassner. Mit seiner Diagnose einer amerikanischen Kultur der Angst, die auf der Verwechslung von fiktiven und realen Ängsten beruht, hat er das theoretische Grundgerüst geliefert für Michael Moores Dokumentarfilm "Bowling for Columbine". Hier wird der Zusammenhang zwischen amerikanischer Paranoia und Waffenwahn ad absurdum geführt.

    Amerika gilt nach wie vor als das sicherste Land der Welt. Doch dieses Gefühl der ultimativen Sicherheit zerbrach mit dem 11. September - dem Tag, an dem Amerika zum ersten Mal in seiner Geschichte auf eigenen Terrain angegriffen wurde. Ein Weltbild stürzte ein. Denn Krieg im eigenen Land, das kannten die Amerikaner bisher nur aus Filmen wie "Independence Day". "Natürlich stellt sich die Frage, ob wir wirklich zu Recht unser Sicherheitsgefühl verloren haben", so Glassner, "aber diese Frage darf man in den USA nicht öffentlich äußern." Er hat Statistiken für das Jahr 2001 untersucht, um tatsächliche Gefahren in Relation mit eingebildeten Bedrohungen zu setzen. Das Ergebnis: Weltweit sind etwa 3600 Menschen Terroranschlägen zum Opfer gefallen - davon allein 3000 bei den Anschlägen vom 11. September. Im gleichen Jahr aber sind mehr als 40.000 Menschen in den USA bei Verkehrsunfällen gestorben. Die Massenhysterie nach dem 11. September ist irrational. Doch Angst regiert seither das Land.

    Die Angst vor der Angst

    "Die Vereinigten Staaten von Amerika haben das Recht, Gewalt einzusetzen zur Verteidigung ihrer nationalen Sicherheit", so George W. Bus. Und so ziehen die Amerikaner aus der Sicht von Barry Glassner unter anderem auch in den Krieg, um die Angst zu besiegen. Eine grandiose Verdrängungsleistung. Denn weder Präsident Bush noch sein Volk müssen sich im Krieg um die wirtschaftlichen Nöte daheim sorgen. "Unmittelbar nach den Angriffen vom 11. September fand ich die Reaktionen sehr ermutigend", erinnert sich Glassner. "Medien und Politiker hörten endlich auf, sich mit aufgebauschten Ängsten zu befassen. Doch nach etwa einem Jahr war wieder alles beim Alten: Politiker setzten wieder auf das Geschäft mit der Angst, das wenig mit wirksamer Terrorismusbekämpfung zu tun hat."

    Seit dem Ende des Irak-Kriegs machen Kindesentführungen wieder Schlagzeilen. Präsident Bush schnürt ein neues Sicherheitspaket zum besseren Schutz für Kinder. Nicht etwa, um deren Armut zu lindern, sondern um die Angst vor der Angst am Leben zu halten. Nirgendwo wird so schamlos mit Angst Profit gemacht wie im reichsten Land der Erde.

    The Culture of Fear
    Why Americans Are Afraid of the Wrong Things
    von Barry Glassner
    Basic Books, 2000
    ISBN 0465014909
    $15.00

    http://www.3sat.de/kulturzeit/

    Gruß
    Martin
    Geändert von arnisador (23-04-2003 um 18:47 Uhr)

  2. #2
    graf zahl Gast

    Standard

    "White Noise" von Don de Lillo, Roman.

  3. #3
    jkdRookie Gast

    Standard Man das hat aber lange gebraucht

    oder haben die das wieder vorgekramt . Hab das Buch schon 2000 gelesen, ganz nettes Werk.

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