Hi,

warum lehnst Du im JJ die Messerabwehr ab?

Ich finde die echt gut. Das Ganze ist stukturiert aufgebaut, beginnt mit der Kontrolle des waffenführenden Arms, geht weiter zur Störtechnik, dann zu den Entwaffnungen und endet mit Folgetechniken. Der ehemalige Technische Direktor des DJJV, Bernd Hillebrand trainiert außer JJ(6. Dan) auch Kali (Phase 6 der IKAEF unter Jeff Espinous). Bernd hat hier seine Erkenntnisse bei der Schaffung des neues Programms einfließen lassen und er hat es meines Erachtens sehr gut gemacht. Ich selbst bin auch Schüler von Jeff und habe den 5. Dan im Ju-Jutsu. Joe Thumart der aktuelle Technische Direktor trainiert ebenfalls unter anderem Kali und lernt auch von Jeff. Joe schnuppert in viele Kampfsportarten rein und bringt seine Kenntnisse im Ju-Jutsu mit ein. Ich kenne wenig Sportler die ein so umfangreiches Wissen haben und trotzdem so natürlich geblieben sind.

Auch ich habe die Kombinationen aus dem Kali(Arnis, Eskrima) für meine Abwehrtechniken im Ju-Jutsu übertragen und schule diese auch auf Lehrgängen. Es wäre für mich unehrlich diese Tatsachen nicht bekannt zu machen. Viele Waffenexperten im Ju-Jutsu haben ihre Kenntnisse aus den Philippischen Sportarten und da sollte man auch dazu stehen. In der Vergangenheit kam das Wissen aus dem Aikido, Karate und Judo. Heute fließen die Kenntnisse aus dem Kali(Arnis, Eskrima), dem Sambo, Luta-Livre, Thai-Boxen,... mit ein und die Urspungssportarten werden ein wenig in den Hintergrurnd gerückt.

Wenn man weiß, dass auf den Philippinen mit die größte Katana-Sammlung ist und man mitbekommen hat, dass die Menschen dort diese den Angreifern nur mit Rattanstöcken und Messern abgenommen haben, dann könnte es interessant sein sich mit diesen Konzepten mal zu befassen. Auch wurden dort die Spanier, die mit Rüstungen und Schwerter bewaffnet waren erfolgreich geschlagen und eine völlige Eroberung der Inseln verhindert.

Wenn wir ehrlich sind, ist es nicht möglich, sich ohne zu verletzen waffenlos gegen einen Messerangriff zu verteidigen, egal welche Ausbildung man hat. Es ist quasi nur gegen Laien möglich. Die einfache Schnitte/Stiche durchführen.

Du sprichst von einer Trainingsform (Waffenkampf) die ich gut finde und auch selbst so praktiziere. Auch ich hatte damals solche Übungen für das neue Prüfungsprogramm vorgeschlagen. Leider sind sie nicht mit aufgenommen worden. Den genauen Grund kenne ich nicht und es macht nach meiner Meinung auch keinen Sinn mehr darüber zu diskutieren. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass im Bereich der Freien Anwendungsformen solche Übungen(auch Stock gegen Stock) mit eingeführt werden.

Fazit ist aber das man auch bei diesen Übungen ständig Treffer bekommt. Was nicht schlimm ist, trotzdem kann man es nicht verhindern. Mit der Zeit wird man besser, das ist klar aber Treffer wird man weiterhin bekommen. Paul Vunak zeigt in einem Video was passiert, wenn man mit einem scharfen Messer einen Schnitt gegen ein Stück Fleisch durchführt. Ich fand es ganz interessant dies mal zu sehen.

Das Prüfungsprogramm im JJ ist nur ein Teil von dem was ich persönlich im Training oder auf Lehrgängen schule. Das aktuelle Programm ist so vielschichtig, dass man wirklich nicht alles reinpacken konnte. Außerdem mußten auch hier Kompromisse getroffen werden.

Mir persönlich sind zum Beispiel die Trapping-Techniken(Weiterführung nach abgewehrter Atemi-Technik) viel zu gering berücksichtigt.

JJ ist Ausbildungsbestandteil der Polizei. Fakt ist, dass Sportarten wie WT(und andere Schreibweisen) hier langsam Fuß fassen. Immer wieder findet man Berichte über Lehrgänge von Spezialeinheiten. Wenn man sich diese Sportarten ansieht. So muß man feststellen, dass die Trapping-Techniken hier einen sehr großen Anteil haben. Es werden einzelne Techniken spezifiziert (Pak Sao, Lap Sao, ...) und genau klar gemacht wann man diese anwendet. Er werden spezielle Übungen gemacht, welche die Reflexe schulen.

Im JJ-Prüfungsprogramm fehlt die genaue Bezeichnung dieser Techniken. In der Regel kennen die Ju-Jutsukas die japanischen Namen für Würfe und Atemi-Techniken. Die Fachbegriffe auf den Philippischen Systemen sind noch nicht so bekannt. Nach meiner persönlichen Meinung sollte schon im 5. Kyu(Gelbgurt) angefangen werden die Trapping-Techniken zu schulen und beim Namen zu nennen. Ich selbst halte diese Sportarten für sehr effektiv. Seit ca. 1990 beschäftige ich mich mit dieser Thematik und konnte in dieser Zeit gute Kenntnisse(vergleichbar mit Sportlern in diesen Sportarten) aufbauen. Unter anderem habe ich auch einige Zeit PFS(Jeet Kune Do Concepts) trainiert und hier meinen App. Instructor gemacht. Wenn jemand mal mit diesen Sportlern "gerauft" hat, wird er wahrscheinlich festgestellt haben, das die in dieser Distanz(Trapping) verdammt gut sind und dass man sich - sofern man keine vergleichbaren Kenntnisse hat - nicht darauf einlassen sollte. Da wir aber viele Ju-Jutsukas mit Kenntnissen in diesem Bereich haben und diese Dinge immer mehr auf Lehrgängen geschult werden (unter anderem durch mich z.B. am ersten Wochenende im Juli im Saarland auf einem Bundeslehrgang), ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir die meisten von uns auch in dieser Distanz richtig fit sind. Auch hier lege ich persönlich Wert darauf mitzuteilen woher diese Dinge stammen und wie sie heißen.

Das Ju-Jutsu ist eine monderne Selbstverteidigung, die von Änderungen lebt. Somit bin ich mir sicher, dass es weitere Anpassungen/Weiterentwicklungen geben wird. Bis dahin haben wir Trainer die Möglichkeit unser AUSBILDUNGSPROGRAMM nach unseren Überzeugungen aufzubauen. Das nicht alles geprüft wird
ist zwar schade aber nicht schlimm. "MEIN" Ju-Jutsu ist nicht das gleiche wie das eines anderen Ju-Jutsu Trainers und das ist auch gut so. Im Endeffekt müssen die Techniken funktionieren und "viele Wege führen nach Rom". Tolleranz ist hier gefragt.

Ich hoffe, dass ich mit meiner Meinung niemanden beleidigt oder diskriminiert habe, denn das wäre keinesfalls meine Absicht. Wie Du aus dem Text lesen konntest praktiziere ich viele Sportarten und lasse meine Kenntnisse überall mit einfließen und bin für alles offen.

Im Endeffekt habe ich in vielen Kampfsportarten bemerkenswerte Sportler kennengelernt, die sich mit ihrem System gegen andere gut durchsetzen können. Also sollten wir offen sein, keinen ablehen und versuchen von einander zu lernen.

Viele Grüße

Christian

www.optimale-selbstverteidigung.de