Im Zuge eines Email-Austausches habe ich kurz den Sinn von Kata skizziert, in Bezug zu der Thematik Shuhari (守破離).
(1) Wir lernen Kata, als vorgeschriebenen Ablauf, den wir nicht eigenmächtig verändern dürfen. Das ist Kata als Form (型). Die Entsprechung dazu ist Shu (守). Die sonst übliche Deutung der Stufe "Shu", man müsse den Meister sklavisch kopieren und dürfe nicht denken (Zen), ist vor diesem Hintergrund schlicht sinnfrei und damit falsch.
Man lernt die Kata vom Ablauf her. Der Ablauf ist deswegen so wichtig, weil er die Grundlagen vermittelt, die die Charakteristika der eigenen Schule ausmachen. Kata ist damit das eigentliche Kihon im Karate. Kata bzw. das immerwährende Üben ist das, was Ki und Natürlichkeit erzeugt.
Ich weiß, es ist gewagt im DKV-Zeitalter von Natürlichkeit im Karate zu sprechen. Aber ein Teil dieser Prinzipien ist die Umsetzung von Inyô (Yinyang). Dies ist z.B. bei Funakoshi nachzulesen. Da Bücher allerdings eher besessen als gelesen werden, entzieht sich diese Tatsache der Kenntniss der meisten Karateka.
(2) Als nächstes werden Teile der Kata im Partnerkumite geübt (Bunkai-Kumite). Dabei findet der Wechsel von Kihon- über Henka- zu Ôyô-Kumite statt. Aus der Kata werden flexible Formen (形). Das ist Ha (破). Die wenigsten erreichen diese Stufe überhaupt, sie bleiben bei der Kata als Tanzeinlage mit überhohem Muskeltonus ohne jeden Sinn.
(3) Die dritte Stufe enthält die Anwendung dessen, was man im Henka- und Ôyô-Kumite erlernt und selbst angepasst hat. Und zwar im freien Kampf. Aus der Kata (型) und den Formen (形) ist dann Jutsu (術) geworden, der Ablauf der Kata oder ihr äußerer Ablauf ist nicht mehr wichtig. Das ist die schwerste Stufe und dauert Jahre. Dies entspricht Ri (離). Die Kata sind dabei die Referenz zu der man immer wieder zurückkehren kann.
Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, daß diese und jene Ausführung einer Kata (SKI, DKV, JKA...) irrelevant sind. Es müssen die Prinzipien gelehrt werden, die in den Kata enthalten sind. Und da hapert es bei den meisten. Für die ist Kata nur eine Koordinationsübung (eine Aussage, die mich dann jedesmal gepflegt erbrechen lässt). Die Techniken in der Kata sind im Endeffekt nur eine austauschbare Illustration dessen was da eigentlich passiert. Dies ist die Bedeutung von "Kata ist Kampf".
Was bedeutet das jetzt für die Übung? Es bedeutet zumindest, daß wir nicht in ehrfürchtige Starre verfallen müssen, um der nächsten Stufe würdig zu sein. Vielmehr sollten wir uns klar werden, daß es unsere Pflicht ist, zur nächsten Stufe weiterzugehen, weg von der bloßen Form (Kata) zur eigenen, anwendbaren und funktionierenden Technik (Jutsu).
Wir können natürlich auch in falscher Bescheidenheit verharren und somit in unserer Entwicklung zum Stillstand kommen.