Der traditionelle Karateweg = ineffektive SV ?
Wir kennen die Debatte nicht, Karate, speziell der Shotokan-ryu leidet unter dem Ruf veraltet bzw. steif und ineffektiv zu sein. Die Argumentation derer die gegen das Karate wettern entbehrt nicht einer gewissen Logik und ist aus ihrer Sichtweise auch als richtig anzusehen.
Leider, und das ist immer so, fehlt auch diesen Kampfkunst- oder Kampfsportausübenden der Gesamteindruck der Materie wodurch stehts Mißverständnisse und schlechte Atmosphäre erzeugt wird. Das möchte ich nun beilegen um dies zu einem Ende zu bringen.
Fangen wir nunmehr mit den Gegnern des Karate an. Die Behauptung der allgemeine Shotokan Schüler könne sich nicht selbst verteidigen ist richtig. Aber bevor jetzt ein Aufschrei unter den Shotokan Karateka stattfindet hierzu einige Erläuterungen.
Karate, die Kunstform für jedermann
Vor 2 Jahren habe ich selbst eine unnötige und hitzige Diskussion im DJKB Forum gestartet in der ich strickt gegen die nicht vorhandene Effektivität des Shotokan gewettert habe. Zu jener Zeit habe ich wie viele in meinem Alter den Drang zum Kampftraining stark verspürt und fühlte mich nicht richtig ausgebildet.
Ich fragte warum der Aspekt Kampf soweit zurück getreten sei. Als Antwort bekam ich, dass das moderne Shotokan nunmal unter dem Massenbetrieb "leidet". Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass Karate ein gesundheitsförderndes Programm für jeden darstellen sollte. Es ist dies bezgl. ein Gedanke eine große Gemeinschaft zu schaffen und zu erhalten, die sich sportlich betätigt und Freude daran hat, was auch gelungen ist. Dies sehe ich heutzutage auch als verständlich und legitim an.
Damals stellte mich das kaum zufrieden. Ich hetzte von Stil zu Stil begann mir Ausrüstung zu kaufen und unter Freunden zu sparren was das Zeug hält.
Ich habe die langen Bewegungen und die Kampfdistanz verkürzt sowie meines erachtens ineffektive Techniken rausgenommen und neue eingebaut. Sicherlich hat mir das geholfen. Ich hatte nun eine Vorstellung dessen, was Effektivität sein kann.
Die ganzen alten typischen Grundschulübungen empfand ich als zu steif, zu weit, zu offen. Und das sind sie auch. Aber heute übe ich sie immernoch. Wieso ? Sie sind doch nicht effektiv oder ? Dabei unteschlägt man bei diesem anlegen des Maßstabes schlichtweg, dass es der falsche Maßstab ist. Denn wie das Wort Grundschulübung zeigt ist es eine Übung. Nicht mehr, nicht weniger.
Ebenso wie einige dem Karate unterstellen, dass dies Kampftechniken wären so würde es klingen wenn ich einem erfahrenen Wing Chun Ausübenden einreden wollen würde, dass Chi Sao seine Art zu kämpfen ist. Chi Sao ist auch nur eine Übung und darf auch nur als Solche angesehen werden.
Aus diesen Übungen ergibt sich im Laufe der Trainingsjahre eine verkürzte sehr energetische Form, die man auch sehr gut im Sparring trainieren kann.
Was unterscheidet nun die moderne SV vom Karate ?
Hauptsächlich der Zeitfaktor. Moderne Stile wie das Wing Tsun machen es sich zum Ziel möglichst viel Effektivität in kurzer Zeit zu lehren. In den alten Künsten wie Karate oder Kung Fu bemüht sich der Ausübende über Jahre hinweg der Effektivität zu nähern.
Hier kommt zumeist die Frage auf warum man das nicht gleich "richtig" lernt also wie in den modernen SV Stilen die Techniken verkürzt. Hierzu möchte ich mal ein Beispiel bringen. Als ich mit einigen Freunden aus dem Karate in einer Wing Tsun Schule aufkreuzte und uns trotz hitziger Debatten gut verstanden zeigte der Sihing einem Freund von mir einen Wing Tsun typischen Fauststoss der dann auch sogleich an der Pratze geübt wurde.
Interressant zu sehen war, dass dieser Karateschüler mit der Wing Tsun Technik mehr Kraft entwickeln konnte als jeder andere WT Schüler im Raum. Ich weiß, dass dies an der Grundschule im Karate liegt. Was nicht heißt, dass diese Methodik besser ist. Es gibt viele Formen sich dem anzunähern. Dennoch erkannte ich somit den Sinn der Grundschule. Sie gibt einem erst die Fähigkeit später kurze Techniken stark energetisch auszuführen. Ich behaupte nicht, dass das anderen nicht gelingt in Jahren der Übung. Aber es ist wichtig Schülern eine Basis zu bieten wie z.B. die Grundschule des Karate. Gleich die Endtechnik zu demonstrieren gibt dem Schüler nicht die Fähigkeit sie wirklich effektiv einzusetzten. Es ist ein langer harter Pfad bis dorthin.
Das Problem des Niveaus
Wenn wir als bisherigen Schluss festhalten muss auf die Grundschule etwas folgen. Nämlich die Überleitung von der Übung in die effektive Kampftechnik. Und das ist, was das Problem der großene Karateverbände ausmacht. Man wird dort nicht hingeführt. Der Karateka bleibt ewig an der Grundschule hängen bekommt kein Gefühl von realer Bewegung. Mein jetztiger Lehrer sagt, dass die eigentliche Kampfbewegung eine andere ist man diese aber ohne die Grundschule nicht wirklich ausführen könnte.
Und das ist sicher. Dumm ist nur, wenn man als unerfahrener Schüler, wofür man zweiffellos nichts kann, den Schritt von der Grundschule in die Kampfanwendung nicht erklärt bekommt bzw. es teilweise nicht einmal erwähnt wird, dass es eine solche gibt.
Somit entsteht allgemeindas Mißverständnis, an dem wir uns alle übrigens die Köpfe einschlagen , dass jener unerfahrener Shotokan Karateka behauptet seine Grundschultechnick wären Kampftechniken, weil er einfach nicht besser weiß. Und das sind sie natürlich nicht !
Somit ist es kein Wunder das ein Zusammentreffen zwischen Shotokan Karateka und modernen SV Ausübenden für beide Seiten ein einschneidendes Erlebnis ist. Der erste ist Disillusioniert und der zweitere beginnt plötzlich zu tönen er sei der König der Welt. Dabei haben beide nicht begriffen, was sie da tun.
Shotokan ab vom Schuß ?
Kann man jetzt Shotokan deswegen noch als KAMPFkunst bezeichnen. Ja, dass kann man. Warum denn nun das ? Nun, vorhin erwähnte ich die Tatsache, dass Shotokan ein Massensport ist. Und aufgrund dieses Massensports das Niveau, wenn man so will, im Sinne der Effektivität gesunken ist. Alles was zu einer großen Gesellschaft wird verliert nach einiger Zeit seine Wurzeln was dazu führt, dass mir sogar Danträger das Kihon ( Grundschule ) als Anwendung bescheinigten *autsch*.
Aber dennoch, gibt es nachwievor, und das betone ich mit Nachhalt, Dojos die GUTES Shotokan Karate lehren. Aber eben diese Dojos sind gerade weil sie nicht auf dem Mainstream reiten nicht so stark besucht. Aber wer suchet der findet und bekommt auch was er verdient. Will er einen schönen Sport, und das ist Wettkampfkumite, dann bekommt er seinen Sport. Will er aber die Kampfkunst als solche erfahren wird er sie finden. Somit ist Shotokan Karate bei einem Lehrer der es auch als Karate und nicht als Sport lehrt nicht weniger gut oder schlecht als jeder andere Stil auch. Nur ist der Massensport Shotokan auch als solcher zu sehen. Und hat auch seine Daseinsberechtigung. Mir mag er nicht gefallen aber anderen Menschen gefällt es. Was legitim ist. Von daher toleriere und respektiere ich diese Menschen.
Aber ebenso weiß ich, dass nicht DER Shotokan Karateka ein Abbild aller ist. Ich weiß, dass es Dojos gibt in denen Karate immer noch als Karate gelehrt wird, nicht anderes.
Einen freundlichen Gruss
Julian