Ich kann es akzeptieren, wenn es manchen Leuten gefällt, dass die Nutzung von fremdsprachlichen Wörtern einen Flair ausmacht, und ihnen dieser Flair wichtig ist.
Dennoch bleibt das Problem, dass Wörter aus anderen Sprachen nicht automatisch Fremdwörter sind, sondern die Benutzung beliebiger Wörter als (Schein) Fremdwörter eine starke Verzerrung bedeutet. Der Preis für das "Flair" ist auf jeden Fall eine falsche (das meine ich ausdrücklich!) Übersetzung; im Sinne dass das englische Wort "Church" eben nicht durch ein deutsches Fremdwort "Church" übersetzt werden darf, sondern die korrekte Übersetzung eben "Kirche" lautet, und es das Fremdwort "Church" zudem nicht gibt.
Natürlich kann es z.B. passieren, dass es bei irgendeinem neuen kultigen Brettspiel zum Flair dazugehört, dass das Brett besser "Board" genannt wird, aber das ist sprachkulturell was anderes als z.B. ein echter Fachbegriff beim Schach wie "Rochade".
Die Probleme, auf die ich hinweisen möchte, sind die folgenden:
1. "guan" IST kein Fremdwort, und schon gar keins in der Art wie "Rochade" beim Schach, sondern ein simples Wort der chinesischen Sprache.
2. Durch die Nutzung von "guan" im Deutschen entsteht der falsche Eindruck, es wäre ein Fremdwort, und würde etwas Spezielles bezeichnen, obwohl es lediglich allgemein auf etwas Gewöhnliches hinweist.
3. Es gibt die chinesische Kultur nicht wieder, sondern bedeutet die Schaffung einer neuen Kultur, die es nur hier gibt, aber nicht in China, und gleichzeitig wird der Anschein (z.B. bei neuen Schülern) erweckt, es wäre die chinesische Kultur.
Man kann sich dafür entscheiden, das in seinem Rahmen so zu machen; ich sehe aber keinen Grund, warum man nicht mal die Wahrheit sagen sollte, was da wirklich passiert.
Wen das nicht stört, der kann ja mit diesem Flair weiter machen, was solls?
Geändert von nagual (21-08-2009 um 11:28 Uhr)
Noch ein paar Anmerkungen: Ich möchte mich hier nicht prinzipiell gegen Fremdwortnutzung, Erzeugung von Flair durch Fremdwörter sowie die gegen Akzeptanz von Fremdwörtern, die es bereits gibt, einsetzen.
Es geht mir auch nicht um einen Kampf gegen Anglizismen oder gegen dies sog. "Denglisch" zum Zweck der Pflege der deutschen Sprache, oder ein ähnliches Prinzip beim Chinesischen.
Man muss wohl akzeptieren, dass es schon etablierte Begriffe wie z.B. Dojo oder Zuki aus dem Japanischen gibt, und die Nutzung hier auch eine gewisse Verzerrung der jap. Kultur bedeutet.
Ich sehe nur keinen Sinn darin, bei dieser Sache völlig inflationär ständig neue "Fremdwörter" zu erzeugen, und überhaupt keine Rücksicht darauf zu nehmen, wie der Sprachgebrauch bei den Chinesen tatsächlich aussieht.
Wenn für einen Japaner ein "Dojo" etwas Spezielles ist, und es diese spezielle Sache in der westlichen Kultur nicht gibt, dann liegt ein Grund für die Schaffung eines Fremdwortes vor, weil es im Grunde keine treffende Übersetzung gibt.
Wenn die Chinesen ihre Hallen als "Halle" bezeichnen, dann liegt kein Grund vor, das chinesische Wort für Halle zum deutschen Fremdwort zu machen, sondern das ist IMO inflationäre Erzeugung von (Pseudo)Fremdwörtern, mit dem genannten Problem der Verfälschung und Irreführung, dass eine Spezialbezeichnung vorliegen würde, obwohl dies nicht der Fall ist.
Ist so ein Flair wirklich diese Sache wert?
Ich finde, wer solche Fremdwörter etablieren will, sollte sich zumindest bei jedem Wort konkrete Gedanken machen, warum er dies in jedem Fall für angemessen hält und ob der Hinweis auf das Spezielle (z.B. Mabu usw.) das Problem der Verzerrung wirklich überwiegt.
Geändert von nagual (21-08-2009 um 11:40 Uhr)
Nun wo liegt das Problem einige benutzen diese Woerter andere nicht.
Irgend wie verstehe ich deine Aufregung nicht?
Ich sage nur, dass es keinen chin. Ausdruck für Dojo geben kann, weil ein Dojo etwas speziell Japanisches ist, und das chinesische Wort für Trainingsraum deswegen keine Entsprechung für Dojo ist.
Die Annahme, dass das chinesische Wort für Trainingsraum so eine Entsprechung wäre, ist unangemessen, wie ich begründet habe; wenn es Leute gibt, die das trotzdem so kultivieren wollen, so ist das deren Entscheidung.
Ich kann nicht jedem zubilligen, durch eine willkürliche private Kultivierung solcher Worte würden dann genau solche Tatsachen geschaffen; im dem Sinne, nur weil es ein paar Leute gibt, die irrtümlich glauben, wenn man im Deutschen "guan" sagt, wäre das dann ein chinesisches Dojo. Die chinesische Realität sieht anders aus, und die chinesischen Worte "guan", "wuguan" und "wushuguan" sind falsche Kandidaten für einen Fachbegriff, der einen irgendwie tempelartigen oder spirituell eingeweihten Trainingsraum bezeichnen soll.
Dazu müsste man dann die genaue chinesische Bezeichnung für so einen speziellen Raum finden, und dann müsste man schauen, wie so ein Raum auch wirklich eingerichtet sein muss, falls es in der chinesischen Kultur so etwas überhaupt gibt, oder so etwas eine nennenswerte Rolle spielt.
Dann wird man vermutlich feststellen, dass die üblichen Trainingsräume im bekannten China-Style mit Fähnchen, Waffenständer usw. (egal ob hier oder drüben) nicht dazu passen, sondern dies einfach nur "Trainingsräume" sind und keine "Tempel zur Erreichung des Weges" oder wie immer das dann konkret übersetzt auch heißt.
Was isn das für ne Einstellung, ein paar Leute machen das angeblich, und wegen des allgemeinen Respekts und der geschmacklichen Freiheit dann so eine oberflächliche Sprachkultur sofort als selbstverständliches kulturelles Fakt akzeptieren? Finde ich nicht angemessen.
Also erst einmal beruhigen. Nagual's Hauptpunkt scheint zu sein, dass Dojo eine tiefere Bedeutung hat als die meisten chinesischen KK Schulen. Dennoch muss ich dir zumindest in einem Punkt widersprechen, da ich auch ein paar Japaner oder Koreaner mit Karate bzw. Judo respektive TKD Schulen hier in China kenne und die sprechen von ihren Schulen auch als Wuguan, gerade auch weil die meisten Chinesen bei dem Wort einfach wissen "Ah, das hier ist ne Schule in der ich KS lernen kann".
Abgesehen davon, finde ich, steht das Wort Dojo mitlerweile im Westen zumindest nicht mehr für "tempelartigen oder spirituell eingeweihten Trainingsraum" (wie auch immer es traditionell sein sollte), sondern einfach für KK/KS Schule. Den tieferen Sinn behalten nur ein paar wenige Fachleute noch an. Deshalb wäre, wenn du schon so hart durchgreifen willst, auch Dojo schon ein sinnentfremdetes Wort, dass wenn wir mal bei Deutschland bleiben zumindest für egal was für eine KS/KK Schule missbraucht wird. (Wie oft hat bestimmt so einer von diesem Board von Freunden schon gehört "Und wo ist denn euer Dojo?"...).
Wenn du schon dem entgegenwirken willst, solltest du also etwas früher ansetzen und die große Mehrheit der "Westler" davon überzeugen, dass Dojo nicht gleich KS/KK Schule ist.
Abschließend wollt ich noch mal anmerken, wie sinnlos es ist über solche Banalitäten wie sowas Seitenweise zu diskutieren, muss jedoch anmerken, dass auch ich mich wieder um 2:30 nachts, dazu verleiten lassen hab.
Du widersprichst ihm in deinem Punkt überhaupt nicht, da das ja Leute in China sind und das Wort nicht in eine andere Sprache übertragen und somit kulturelle Missverständnisse provozieren.Außerdem hat sich Dojo ja schon etabliert, dem kann man nunmal nicht mehr entgegenwirken, allerdings kann man, um weitere Missverständnisse zu vermeiden, von vornherein eine Trainingshalle als solche bezeichnen.
Sinnlos ist das nicht ganz, auch wenn es vllt nicht on topic ist.
But if they tell you that I've lost my mind
Baby it's not gone just a little hard to find
Hi nagual
Ja du hast recht ein japanisches Dojo oder koreanisches Dojang usw. sind nicht mit einem chinesischen guan zu vergleichen.
Die Chinesen sehen die Sache oft nicht so eng und sagen z.B. zu japanischen Kampfkuensten Riben Wushu und nicht Budo .
Ja eigentlich muss man japanische Begriffe die einen bestimmten Sinn haben und nicht zu uebersetzen sind beibehalten.
Geändert von Huangshan (22-08-2009 um 05:22 Uhr)
Ich hoffe nur, dass niemand von euch über Asiaten in Lederhosen lacht...
Ich finde naguals Standpunkt einleuchtend. Wobei die häufige Verwendung des Wortes "Flair" selbst Flair erzeugt hat. Das war wohl auch der Sinn der Sache.
Also erstmal Danke für die positiven Kommentare, die zeigen, dass die meisten inzwischen verstehen, was ich meine.
Der eigentliche Hauptpunkt ist für mich die generelle Verzerrung, die entsteht, wenn man in seiner eigenen Sprache einen Begriff einer fremden Sprache verwendet, z.B. weil man glaubt, die wörtliche Übertragung des Begriffes wäre besser/unverfälschter als die Übersetzung.Also erst einmal beruhigen. Nagual's Hauptpunkt scheint zu sein, dass Dojo eine tiefere Bedeutung hat als die meisten chinesischen KK Schulen. Dennoch muss ich dir zumindest in einem Punkt widersprechen, da ich auch ein paar Japaner oder Koreaner mit Karate bzw. Judo respektive TKD Schulen hier in China kenne und die sprechen von ihren Schulen auch als Wuguan, gerade auch weil die meisten Chinesen bei dem Wort einfach wissen "Ah, das hier ist ne Schule in der ich KS lernen kann".
Das Gegenteil ist der Fall. Weil man sich um die korrekte Übersetzung drückt und diese vermeidet, wissen Sprecher und Zuhörer nicht wirklich, was das Originalwort (z.B. guan oder Dojo) genau bedeutet, und zweitens suggeriert die Verwendung so eines fremdsprachlichen Wortes immer einen Hinweis auf etwas sehr Spezielles; also man glaubt implizit, das (Schein) Fremdwort würde deswegen genutzt, weil man das Originalwort gar nicht übersetzen könne.
Die Bedeutung von guan ist einfach nur (Trainings)halle, aber die implizite Assoziation ist oft, dass 'ein(e???)' guan ja niemals eine gewöhnliche Trainingshalle sein könne, weil dann hätte man es ja sicherlich so übersetzt.
Und dann geht es weiter, in einem/r "guan" müssen soundso viele Fähnchen hängen, sonst ist es kein guan usw.
Der Effekt ist genau das Gegenteil, was jemand zuerst wohl beabsichtigt hatte, nämlich die chinesische Kultur möglichst unverändert zu kopieren; aber die Erzeugung so eines Scheinfremdwortes ist eben eine größere Verfälschung als die simple Übersetzung.
Diese Sachverhalte, die ich hier darlege, sind wiederum relativ kompliziert, und viele Leute in der MA-Kultur haben keine Lust, soweit darüber nachzudenken.
Also schwimmen sie weiter im Strom, und übernehmen völlig blind jedes Scheinfremdwort, das sie irgendwo aufschnappen, und das Ergebnis wird so ähnlich sein wie z.B. deutsches Kulturgut auf einem Oktoberfest-Abklatsch in Texas.
Nagual, ich verstehe deinen Punkt und du hast (leider) auch Recht. Das Bild in den Köpfen der meisten Leute ist verzerrt. Ich meine nur, dass es nicht wirklich viel bringt, sich darüber groß aufzuregen, weil die Masse, eben seine schönen romantischen Vorstellungen beibehalten will. Wenn man es missbilligt, dann macht man es halt nicht, aber ich persönlich hab schon vor langem aufgegeben die große Masse von Besserem überzeugen zu wollen.
Dazu kommt, dass einige Leute hier evtl. mit ihrer Schule Geld verdienen wollen und da hilft solch ein mystisch/exotisch angehauchtes Flair (zusammen mit ner Menge "drumherum") scheinbar sehr. Wir haben's in Köln ohne den ganzen Schnickschnack versucht und mussten leider die Schule wieder schließen. Bin aber ehrlich gesagt mit der kleinen Gruppe die wir jetzt haben und mit denen wir draußen trainieren viel Glücklicher (zumindest für die Zeit in der ich denn mal wieder zurück in Köln bin).
Abgesehen von der Verzerrung, die du ja ganz treffend beschrieben hast, kann die Verwendung von Begriffen aus dem Chinesischen aber auch positive Motive haben. Ich habe in Köln öfters zusätzlich zu den deutschen auch die chinesischen (manchmal sogar englischen) Begriffe versucht den Leuten zu vermitteln, jedoch nie ohne Übersetzung. Rein aus dem Grund heraus, dass wenn sie denn mal nach China kommen (oder sich mit englischsprachigen Praktizierenden) unterhalten, sie nicht total auf dem Schlauch stehen und zumindest ein paar Worte verstehen.
Hi,
mir ist schon klar, dass ich durch meine Postings in Foren nicht die Welt verändern kann, wenn aber in einem Thread wie hier danach gefragt wird, kann man vielleicht die Chance nutzen, einen weiteren Auswuchs im Keim zu ersticken, und einen kleinen Gegenpol zu setzen.
Die Existenz dieses Threads deutet ja darauf hin, dass bei manchen Leuten offenbar ein "Bedarf" nach so einem China-Style-Fremdwort vorhanden ist, und dass möglicherweise versucht wird, die manchmal strengeren und formelleren Sitten aus dem Japanischen auch in den chinesischen Bereich rein zu bringen, und der teilweise auch sehr lockere Umgang der Chinesen mit ihrer KK-Kultur vielleicht nicht erwünscht ist, das auch hier so zu machen.
Und wie schon gesagt, wenn ein Fremdwort wirklich etwas Spezielles bezeichnet, finde ich das auch ok; das ist für mein Empfinden z.B. bei den Stellungen (Mabu usw.) der Fall.
Die Chinesen bevorzugen aber sehr häufig Wörter, die allgemein und ausgesprochen nicht speziell sind, und eben diese Wörter widersprechen den typischen Fremdworteigenschaften radikal; das falsche Verständnis ist vorprogrammiert.
Hi puja
Bin deiner Meinung.
Viele Leute suchen gerade das exotische,esoterische... Flair.
Sie sind dann enttaeuscht wenn sie z.B. nach China zum Kampfkunsttraining kommen und hier nicht den weisen alten Man mit langen weissen Bart angezogen in traditioneller Kleidung .....als Lehrer vorfinden.
Meiner Meinung gehoeren aber chinesische Fachbegriffe zur chinesischen Kampfkunst und auch gewisse Traditionen dazu.
Mann sollte jedoch als Laowei nicht chinesischer sein als die Chinesen, dies kann man im Westen,Deutschland in einigen Schulen beobachten.
Also mann sollte eine gesunde Balance finden.
neben "kwoon" kenne ich auch die bezeichnung "tong" was soviel wie "halle" heißen soll, habe aber keinen abschluß in sinologie, daher verwendung auf eigene gefahr.
und für die tkdler: kwoon ist nicht gleich kwon oder macht ihr tae kwoon do?
oder noch besser : teak kwoon do
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