Zumindest in einem Punkt sind sich Statiker, Ingenieure und Brandsachverständige inzwischen weitgehend einig: Die beiden Türme des World Trade Center hätten dem verheerenden Feuer länger standgehalten, wenn der Einschlag der Flugzeuge nicht den Feuerschutz an den tragenden Teilen beschädigt oder komplett abgesprengt hätte. Ob sie stehengeblieben wären, ist nach wie vor umstritten.
Zur Großansicht
DER SPIEGEL
Ein Gutachten der Federal Emergency Management Agency (Fema) war im Mai 2002 zunächst zu dem Urteil gekommen, die Türme seien grundsätzlich sicher gewesen, die Erbauer für den Zusammensturz also nicht verantwortlich zu machen. Die Planer hatten die 1973 eingeweihten Türme für den Einschlag einer Boeing 707 ausgelegt. Die beiden Boeing 767, die mit 760 bzw. 950 Stundenkilometern in die Gebäude flogen, hatten jedoch die mehrfache kinetische Energie der 707.
Ein im Jahr 2005 veröffentlichter Bericht des National Institute of Standards and Technology (Nist) gibt dem abgerissenen Feuerschutz die Schuld an der Katastrophe: Die Brände hätten die Stahlträger geschwächt, auf denen die Last der Stockwerke ruhte, so dass die Fußböden immer mehr durchhingen. Ihr Gewicht habe die äußeren Stahlstützen nach innen gebogen, irgendwann seien sie unter dem enormen Druck kollabiert.
Skeptiker bezweifeln, dass die Hitze des Feuers ausreichte, um den Stahl tatsächlich zum Schmelzen zu bringen. Brennendes Kerosin, argumentieren sie, erreiche eine Temperatur von rund 800 Grad Celsius. Um Stahl zum Schmelzen zu bringen, seien jedoch 1500 Grad Celsius erforderlich - das Feuer könne also nicht die Ursache für den Kollaps sein.
Allerdings muss Stahl nicht schmelzen, um seine Festigkeit zu verlieren. Schon bei 650 Grad Celsius verliert er 50 Prozent seiner Festigkeit, bei knapp 1000 Grad Celsius hat er nach Ansicht von Experten 90 Prozent seiner Festigkeit verloren.
Da das Feuer in den Türmen zusätzlich von brennbarem Material im Innern der Türme genährt wurde - Teppichen, Vorhängen, Möbeln, Kunststoffen -, gehen Experten davon aus, dass es in der Spitze tatsächlich bis zu 1000 Grad Celsius heiß war.