Danke für die Antworten! Ich hoffe, ich schreibe hier trotz der späten Stunde noch verständlich.
Ein gutes Argument für Prüfungen. Eine Prüfungssituation erzeugt Stress. Sie erfordert ausführliche Vorbereitung, was den unmittelbaren Prüfungsstress aber nicht verringert. Während der Vorbereitung muss das Gelernte reflektiert werden. Dazu gibt es bei der Prüfung ein Handicap durch den zusätzlichen Stress. Demnach ist eine Prüfung für den Prüfling eine persönlich wertvolle Erfahrung.
Allerdings ist die Prüfung nur eine Momentaufnahme und birgt die Gefahr einer falschen Interpretation. Das geschieht in dem Moment, wo die Prüfung mehr ist als diese persönlich wertvolle Erfahrung. Eine Prüfung sagt nur etwas über den Moment der Prüfung aus. Wenn jemand nach der Prüfung 2 Monate nicht trainiert, ist er nicht mehr so gut wie bei der Prüfung - er ist schlechter. Wenn jemand nach der Prüfung 2 Monate intensiv trainiert, ist er nicht mehr so gut wie bei der Prüfung - er ist besser. Das Problem dabei ist die Bindung von Prüfungen an Graduierungen.
Das Können ist stetig im Wandel, Prüfungen bilden davon nur Momentaufnahmen und, sind aber die Grundlage für Graduierungen. Graduierungen sortieren Menschen. In Verbindung mit dem stetigen Wandel des Könnens führt dies dazu, dass automatisch falsche Informationen vermittelt werden. Jemand mit geringerer Graduierung muss annehmen, dass jemand mit höherer Graduierung mehr weiß oder kann. Das ist aber falsch, da das Können sich stetig wandelt. Ein weiteres Problem dabei ist, dass es zu einer falschen Selbsteinschätzung kommen kann: wenn jemand eine hohe Graduierung hat, diese aber nicht die tatsächliche Kampfstärke wiederspiegelt, ist das fatal. Falsches Selbstbewusstsein mag zwar 9 von 10 Typen verscheuchen, aber der 10. wird einen dafür ordentlich bestrafen. Daher ist vielleicht die Frage sinnvoll, wie man Prüfungen als persönlich wertvolle Erfahrung etablieren kann, ohne ein Graduierungssystem (Level, Dan oder sonstiges) einzuführen. Das Argument könnte lauten: Prüfung gut, Graduierung schlecht.
Ironisch gesagt: bei der Jagd auf Trophäen sind die Europäer schon ganz dicht hinter den Amerikanern. Kann eine gute Motivation sein, aber hat dann nichts mit der Sache an sich zu tun. Ich wüsste auch nicht, welcher Schüler aus purer Begeisterung für 10 Schulfächer stark am lernen ist. Auch sagen gute oder schlechte Prüfungsergebnisse wenig über die tatsächliche Intelligenz des Schülers aus. Die Motivation zum Lernen für Prüfungen geht eher vom indirekten Benefit der guten Leistungen aus: mit guten Noten kommt man weiter, verdient viel Geld und hat später vielleicht ein eigenes Unternehmen. Verglichen mit Kampfsport würde das bedeuten, dass man Prüfungen macht, um daraus einen indirekten Benefit zu erzielen, anstatt direkt besser zu werden. Ist das so? Die wenigsten machen Prüfungen, wenn die Prüfungen nur freiwillig sind. Wollen jene, die Prüfungen machen, ihre eigenen Leistungen verbessern oder wollen sie auf etwas anderes hinaus, zum Beispiel eine Tätigkeit als Lehrer/Instruktor einer eigenen Schule (verglichen mit dem eigenen Unternehmen)? Welche Rolle spielen Prüfungen vor diesem Hintergrund? Sind Prüfungen für eine Verbandslandschaft auf Schulleiterebene tatsächlich effektiv und effizient?
Prüfungen sind in der Schule ebenfalls nur zu einem gut: zum Graduieren, zum sortieren von Menschen. Je nach Sortierung kommt man in andere Jobbereiche rein und es ist einfacher, gesellschaftlich aufzusteigen.Wenn Du so gegen Prüfungen bist, bist Du dann auch der Meinung das alles Schulprüfungen abgeschafft werden sollten und auch alle Berufsprüfungen usw..?
Dann kanns aber noch weitergehen: welchen Sinn machen Prüfungen, wenn 1 Lehrer nur 4 Schüler hat? Warum braucht man Prüfungen, wenn 1 Lehrer 20, 30 oder 50 Schüler hat? Wer hat am Ende mehr gelernt? Welcher Unterricht bringt mehr Qualität? Warum meckern in diesem Zusammenhang alle über das Zentralabitur?
Ob dein Fleiß und deine harte Arbeit bestehen bleiben, bestimmst nur du selbst. Dafür ist keine Prüfung zuständig. Folgendes ist nach einer Prüfung alles möglich und schon vorgekommen:
- Bestandene Prüfungen können motivieren, mehr zu erreichen.
- Bestandene Prüfungen können träge machen, man ruht sich auf dem Erreichten aus.
- Nicht bestandene Prüfungen können einen motivieren, es beim nächsten Versuch zu schaffen und bis dahin mehr zu geben und härter zu trainieren.
- Nicht bestandene Prüfungen können einen demotivieren und noch weniger trainieren lassen.
Die Verantwortung für das eigene Training und den eigenen Trainingsfortschritt liegt alleine beim Trainierenden, nicht beim Lehrer oder der Prüfung.
Wenn dir die besondere Situation einer Prüfung hilft, von 100% auf 150% zu kommen und nach der Prüfung die 150% deine neuen 100% bedeuten, dann ist das eine feine Sache. Dann hast du dich aber nur auf 150% gesteigert, weil du die Prüfung als Motivation hattest. Das führt irgendwo zu der Frage, welche zusätzlichen Motivationen neben der reinen Verbesserung der eigenen Fähigkeit es gibt und welche man davon nutzen sollte. Bis die Rolle der Motivation und ihren Einflussfaktoren und deren Stellenwerte geklärt ist, bleibe ich aber bei meiner Meinung, dass Prüfungen zur Erzeugung von Motivation nur Hilfskonstrukte sind, da die Motivation nicht aus dem reinen Bestreben nach Verbesserung der eigenen Fähigkeiten kommt.
Als Pro-Argumentation ergeben sich demnach Prüfungen als persönlich wertvolle Erfahrung sowie (eingeschränkt) Prüfungen als Motivationsfaktor, da der Mensch vermutlich besondere Situationen braucht, um sein Limit zu überschreiten.
Die Contra-Argumentation möge jemand zusammenfassen, der auf der Pro-Seite ist, sofern Bedarf besteht.