Danke für den TIpp mit dem Blutrauswaschen, die eine Dogihose hab ich mir jetzt wohl versaut... aber gut zu wissen. Angry White Pyjamas kenne ich auch und das Buch is echt super unterhaltsam -und ich fühle mich in der Tat ein bisschen daran erinnert bei meiner Zeit hier, auch wenn wir nur eine Woche statt einem Jahr machen

Tag 4:

6:55 Uhr der Wecker klingelt -ich bin bei meinem absoluten Tiefpunkt in Sachen Motivation angekommen. Ich hab grausame Nackenschmerzen und die Erkältungswelle, welche sich heimlich seit den ersten Tag von Rafaul aus ausgebreitet hat (er kam schon erkältet hier an und das eiskalte Morgentraining hat sich um unser Immunsystem gekümmert) ist auch bei mir angekommen. Das bedeutet, dass sich zu den ganzen äußeren Schmerzen jetzt noch Husten Schnupfen und Kopfweh gesellen. Der Wecker wird drei mal stumm geschalten, bevor ich endlich aufgebe -schlafen kann ich eh nichtmehr. Ich gehe ins Bad und bekomme vom herzhaften schnäuzen erstmal Nasenbluten. Kurz überlege ich mir ob ich das wohl ausreizen könnte um das Früh-Aufwärmprogramm zu umgehen, allerdings könnte es auch sein, dass ich trotzdem mitmachen muss und mein Blut danach aus meinem Dogi und von den Matten putzen darf. Also auf zum Frühstück und ab in die Halle. Es ist wie immer furchtbar kalt und nach kurzem einstimmen stellen wir uns in 2 Reihen gegenüber auf, die Personen stehen jeweils um einen Meter versetzt und dann gehen die Vorwärtsrollen los. Das ganze ist sehr knapp bemessen und schon nach der 6. Rolle ist mir total schwindlig und ich werfe mich nurnoch nach vorn und hoffe dass ich die beiden die links und rechts an mir vorbei rollen nicht treffen. Irgendwie steh ich das ganze trotzdem durch und ich klopfe mir innerlich auf die Schulter, dass ich zum Frühstück heute nur ein trockenes Brötchen hatte. Wie üblich folgen danach 5 Minuten Seiza, während denen wir die eisige Morgenluft im verschwitzten Nacken genießen dürfen.

Immerhin ist dieses Training das letzte in meinen lädierten Dogi-Hosen, denn unsere Zweitdogis sind aus der Wäsche zurück. So musste jeder Dogi im Endeffekt nur 2 Tage ohne Reinigung durchhalten. Heute stehen im Morgenprogramm Yonkajo und Kotegaeshi auf dem Programm. Yonkajo ist wirklich interessant, auch wenn ich jetzt schon weiß was anderthalb Stunden verschiedener Yonkajo-Techniken mit meinen Unterarmen machen werden (Yonkajo ist eine Kontrolle über einen Schmerzpunkt am Unterarm, etwa dort wo man normalerweise den Puls nimmt) Natürlich startet das Frühtraining wieder mit ausgiebigem Suwariwaza auf zählen, damit wir unsere Knie für den letzten Tag morgen endgültig zerschinden. Ich beiße die Zähne zusammen, denn ich weiß -Morgen abend habe ichs geschafft! In der ersten Pause erfahre ich auch das Geheimnis der Ukrainer, die sich bis jetzt ganz gut gehalten haben: Dicke Gelenkschützer aus Baumwolle unter dem Dogi an Knien und Ellenbogen. Aber auch hier sind auf den Knieschonern schon dicke rote Flecken zu sehen. Nach der Pause gibt mir da Kotegaeshi endgültig den Rest -angeschlagen von der Erkältung und den vorherigen Trainingstagen sind meine Flips (freies Fallen) eher dürftig und jedesmal scheppert der Aufprall durch meinen ganzen Körper. Im Gegenzug lerne ich aber viele Details zu Ushiro-Waza und auch Kotegaeshi, die meine Technik deutlich verbessern und effektiver machen. Als ich kurz nach 12 aus dem Dojo komme, bin ich innerlich schon darauf vorbereitet schnell etwas zu trinken, kurz zu entspannen und nach 20min weiter zu machen. Dann realisiere ich erst, dass ja schon Mittagspause ist! Also duschen und Mittagessen statt weiterleiden

Das Mittagessen ist wie gewohnt mehr als reichlich und nach einem weiteren Abschnitt in meinem Lehrgangs-Tagebuch gehts auf zum Nachmittagstraining. Dieses mal habe ich wirklich Glück, das Aufwärmtraining verzögert sich etwas und geht wie im Fluge vorbei und dannach folgt wieder Technik-Training. Diesmal sind eine ganze Reihe "freie" Techniken dabei, mit denen wir schön experimentieren können. Verschiedene ungewöhnliche Kokyunage und andere Techniken die nur mit ein bisschen Körperspannung arbeiten. Muguruza demonstriert die Techniken wiedereinmal verblüffend einfach und effektiv, aber wir kommen der Wahrheit auch ein Stückchen näher ^_^ Gut gelaunt fegen wir nach dem Training noch das Dojo durch (heute sind wir an der Reihe) Und erfahren etwas mehr über den Hilfstrainer: Sein Name ist Lionel Welsch vom Dojo Saverne und eigentlich ist er ein richtig netter Kerl. Zwei der Teilnehmer sind aus seinem Dojo und berichten uns, dass ihr Training normalerweise auch eher entspannt verläuft, ohne Techniken auf schnelles Zählen und ohne so intensives Aufwärmprogramm. Lionel-Senpai ist im normalen Training anscheinend auch wesentlich nachgiebiger als hier im Intensiv-Kurs.

Heute Abend habe ich zum ersten mal wirklich Angst unter die Dusche zu gehen, ich stehe etwa 20 Sekunden neben der aufgedrehten Dusche, bevor ich mich dazu bewegen kann doch drunter zu gehen. Inzwischen hat mein Dogi die komplette Haut von Armen, Schultern und Rücken wund gerieben und ich fühle mich als ob mir eine komplette Hautschicht fehlt. Dank dem Yonkajo-Training sind meine Unterarme jetzt auch versorgt. - Bei jeder Daumenbewegung spüre ich den Schmerz an meinen Sehnen im Unterarm und werde an den Schmerzpunkt erinnert. Abends erfahre ich zwei Neuigkeiten, die mich endgültig an eine geplante Ironie des Schicksals glauben lassen. Erstens erfahre ich, dass Muguruza auch jeden Sommer ein Seminar gibt, welches Summercamp heißt. Das ganze geht auch eine Woche und ist im Prinzip das gleiche wie der Intensivkurs, nur ohne Kälte, ohne brutales 8 Uhr Aufwärmtraining und ohne Techniken auf schnelles Zählen. Statt dessen gibt es mittags Baden im Meer und abends PinaColladas am Strand... *OWNED*
Während ich mich noch frage, warum ich davon erst jetzt erfahre und warum ich überhaupt in diesem irren Intensivkurs bin kommt die zweite Neugikeit, überbracht vom Spanischen Fernsehn: Morgen soll der kälteste Tag des Monats in Girona werden. (Danke Murphy!)

Ich fülle noch schnell meine Technik-Notizen mit dem neu gelernten von heute auf und wickel mich dann in meinen Schlafsack, um die Nacht vor dem letzten Tag an zu treten. Noch einmal Frühaufwärmtraining, nurnoch einen Tag leiden, dann haben wir es endlich geschafft. Für Freitag Abend hat man uns eine kleine Party versprochen, ich glaube zwar nicht dass ich dann noch in der Lage bin groß zu feiern, aber wahrscheinlich ist es mit der Party wie mit dem Kuchen... There is no cake

gute Nacht
und hoffentlich bis Morgen!