Zu dem, was kkke geschrieben hat, kommt noch etwas hinzu: In Korea bin ich auf viel mehr "Glauben" getroffen als hierzulande. Z.B. sagten die Studenten an meiner Uni, dass dieser Ort "Eum-Ki" (also Yin-Chi) sei. Frauen würden stärker, während Männer schwächer würden. Keine Ahnung, warum dennoch viele männliche Studenten dahin gehen
Man ist in Korea tatsächlich m.E. leichtgläubiger und weniger rational. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass wir in Europa die Aufklärung hatten, in der die Ratio so betont wurde. Infolgedessen war es uns vielleicht auch eher möglich, naturwissenschaftlich und technisch voran zu schreiten.
Ein anderes Beispiel zu dieser Leichtgläubigkeit: Als ich mal mit eine in Deutschland lebenden Koreanerin über das "Dongyi Taekkyon" (einem weiteren Fake-Stil) sprach, fragte ich sie, wie denn die Sachen, die der angebliche Überlieferer dieses Stils so sagt, belegt werden. Sie antwortete "das ist halt die Geschichte!" (Geschichte im Sinne von Historie). Das kam mit einer Inbrunst, dass ich gar nicht mehr weiter fragen wollte. Siehe Diskussionskultur in Korea. Die wäre mir wegen der kritischen Frage beinahe an die Gurgel gegangen.
Auch die Tatsache, dass die WTF (olympischer Taekwondo Verband) bis heute steif und fest behauptet, TKD sei aus dem Taekkyon hervorgegangen und habe nicht das Geringste mit Karate zu tun, ist so ein Phänomen des koreanischen Glaubens. Hierzulande wäre es unmöglich, solch eine Legende über Jahrzehnte aufrecht zu erhalten. Die WTF hält ja quasi die eigenen Landsleute zum Narren.
Natürlich sind nicht alle Koreaner so. Es gibt an Unis aufgeklärte Historiker, auch Sporthistoriker, die sich mit TKD befassen. Und kkke hat ja auch geschrieben, dass Kim Gwang-suk im Land selbst kritisiert wird. Aber er scheint eben auch eine Menge Anhänger zu haben.
Nun, es gab ja in der Vormodernen Zeit lediglich das Muyedobotongji (MDT) bzw. die Vorgängerversionen Muye Sinbo und Muye Jebo*. Die darin beschriebenen Kampftechniken stammen alle aus China und Japan. Wobei aus Japan nur "Wae Geom" (manchmal Wae Gum geschrieben, wie in Haedong Gumdo. Die Aussprache von Gum ist aber wie "Gomm", also offenes o) kommt, was "ausländisches Schwert" heißt.
Das kor. Militär hat seit etwa der Ming-Dynastie praktisch ausschließlich chinesische Kriegstechniken kopiert, später kam dann eben noch ein bisschen japanisches Schwert dazu.
Da es in Korea aber keine "Ritterkultur" wie in Japan gab oder "Kampfmönche" wie in China, war es das auch schon. Bis auf die Volkskampfsportarten Taekkyon und Ssireum sowie das kor. Bogenschießen natürlich. Wobei letzteres am Ende der Joseon-Dynastie auch hauptsächlich Volkssport war, es gab ja schon Feuerwaffen.
Wenn du also schreibst "viele kor. KK", heißt das, dass in der Vormodernen Zeit praktisch nichts anderes als die KK aus dem MDT existierten. Und nach 1945 wurde wiederum fast alles aus China und Japan kopiert, v.a. aus Japan Karate (Taekwondo), Daito Ryu (Hapkido) und Kendo (Geomdo). Von "Beeinflussung" würde ich also nicht sprechen. Es war eher so, dass die Koreaner chin. und jap. KK genommen und dann verändert haben. Wobei die Veränderungen in vormoderner Zeit wahrscheinlich marginal waren, denn die wollten ja absichtlich nach den ausländischen Vorbildern handeln. Besonders nach dem chinesischen, da China immer Verbündeter und Japan immer (jedenfalls in den letzten Jahrhunderten immer) Aggressor war.
*Diese wiederum basierten auf dem Jì Xiào Xīn Shū, dem Hauptwerk des allseits bekannten chinesischen Generals Qī Jì-guāng (1528 – 1588).
Sowohl das Muye Jebo, das Muye Sinbo als auch das Jì Xiào Xīn Shū fungierten schließlich als Vorlage des 1790 verfassten Muye Dobo Tongj.