Liebe Forenbewohner,
ich habe mir vor ner Weile einen Schild gebastelt, bin aber bei der Suche nach Quellen, wie man denn tatsächlich einen benutzte, bislang nicht fündig geworden. Das Einzige, was mir bekannt wäre, sind ein paar Bucklersachen und halt dieses Talhoffer-Duellschild-Ungetüm. Sogar über die Benutzung eines Umhangs gibt es mehr als über Schilde. Eigentlich doch erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Schild als die Defensivwaffe die Menschheit nun ungebrochen und weltweit seit buchstäblich Jahrtausenden, von den alten Ägyptern bis zur modernen Polizei, von Afrika bis Skandinavien, begleitet.
Kennt jemand Quellen? Zunächst mal wärs egal, ob nun in der Mitte gegriffene oder an den Arm geschnallte Schilde. Buckler sind halt klein, und das verändert sicher das Deckungs- und Angriffsverhalten erheblich im Vergleich zu einem größeren.
Und wenns tatsächlich keine Quellen gibt, woran liegt das? Und woher nehmt Ihr dann Eure Frosch-DNS? Polizei? Die dürfte ja tatsächlich praktische Erfahrung im "Schildwall" haben? Oder sind da bspw. persische Quellen ertragreich?
Für Schilde musst du nach Italien rüberschauen.
Such mal mit den Stichworten Rotella und Imbracciatura.
Bei den Bolognesern findest du noch die hieblastigere Anwendungen (oder auch mit Partisane) wärend du z.B. bei Capo Ferro auch noch Stücke mit einem langen Duellrapier findest.
Leider ist mir auch nur sekundärliteratur zum Thema bekannt - die alten Meister waren wohl der Ansicht, dass es zu einfach wäre, als dass man sich groß damit beschäftigen müsste...
Für die frühen Rundschilde gibt es ein Buch in englisch, dass sich mit den Kämpfen in den isländischen Sagas beschäftigt Titel müsste ich suchen. Und Collin Richards hat eine Serie über Vikingshield veröffentlicht. - Kann Dir aber nicht sagen, ob das auf tatsächlichen Quellen beruht oder eher experimentell entwickelt wurde.
Roland von Dimicator hat schon vor einiger Zeit ein YT-Video hochgeladen - da überträgt er allgemeine Kampfprintipien auf den großen Rundschild.
Viel gibt es da nicht und das meiste wurde schon gesagt.
In diesem Zusammenhang wäre noch interessant, wie sich ein Kriegsmann des 17. Jahrhunderts (Johann Jacobi Wallhausen) das römische Training mit einem eher zeitgenössischen Schild vorstellt. Frosch-DNS dürfte wohl irgendeine Form von Rapier- oder Smallswordfechten sein.
zu Schwert- und Buckler gibt es recht viele Quellen. Zu anderen Schildtypen leider nur sehr wenige (wurde ja schon gesagt).
Was für ein Schild hast Du den gebastelt? Die Art des Griffes ist nämlich nicht ganz egal.
Roland ist auf alle Fälle eine gute Kontaktadresse, Collins Sachen sind auch gut. Wie nahe beide bei "großen Schilden" an den (kaum vorhandenen) Quellen sind, kann ich leider nicht sagen. Zumindest beim Buckler hat sich Roland sehr intensiv mit dem I33 beschäftigt.
Gruß Thomas
PS: Die Quellen die vorliegen, sind vor allem zeitgenössische Sekundärquellen (Sagen etc...).
Wie schon erwähnt wurde, kann dir das Material der Bologneser zur Rotella etc. viel bringen, ebenso die experimentellen Rekonstruktionen von Roland Warzecha und Collin Richards. Ich kann dir zudem noch das Buch der Hurstwic-Gruppe empfehlen: https://www.amazon.de/Viking-Weapons...=viking+combat
Haben auch einige Einblicke auf ihrer Homepage (auch DVDs): Hurstwic Viking Combat
Was noch gar nicht genannt wurde als historische Quelle, sind Highland Broadsword und Targe. Hier kannst du bei Thomas Page (1746) nachlesen und auch bisschen bei McBane (1728). Ein bisschen Hintergrund wie sich das zusammensetzt, findest du in diesem Artikel: http://www.academyofhistoricalarts.c...nd%20Targe.pdf
Oh, ist ja doch einiges zusammengekommen. Danke erstmal an alle!
Was für ein Schild hast Du den gebastelt? Die Art des Griffes ist nämlich nicht ganz egal.
Natürlich so`n Wikingerteil. Basierend auf den Hurstwic-Infos. Gewicht und Größe kommen also ganz gut hin (die meisten gekauften sind ja doch deutlich zu klein für diesen Schildtyp).
An sich bietet sich ein sehr bewegliches Fechten mit dieser Art Griff ja an. Allerdings ist das doch erheblich kräftezehrend. Naja, für Leute, die täglich rudern, wohl eher nicht.
Gegen Geschosse fühlt man sich dagegen hinter dem Riesenteil schon sehr, sehr sicher.
Das Problem scheint wohl in erster Linie zu sein, dass in den Zeiten/Kulturen, in denen was andres als Buckler, Rotella & co. verwendet wurde, Fechtbücher grad nicht en vogue waren.
Was mir beim Experimentieren aufgefallen ist: Die Rückschneide eines Schwertes ist mit Schild doch um einiges wichtiger als ohne Schild. Der Schild behindert ja das Wenden der Klinge (und damit des Armes und Ellenbogens), bzw. man muss sich etwas öffnen, um wenden zu können. Mit der Rückschneide kann man quasi drumrumschlagen. Hab mich immer gefragt, wozu zweischneidig. Mit Schild ist mir das klargeworden.
Dann guck in das Buch von den Hurstwic-Typen, schau dir Roland Warzechas und Collin Richards Arbeiten an, damit bist du super bedient
Hm... William Shorts (Hurstwic) Buch ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Die direkte Ableitung von Kampftechniken aus der Sagaliteratur, wie er sie vornimmt, ist naiv und lässt sich so nicht halten. Er schreibt zwar auch kurz, dass es nötig sei, die Quellen kritisch zu hinterfragen - tut es dann aber kein bisschen. Und die technischen Umsetzung sind für trainierte Kampfkünstler zum großen Teil, äh, naja, "gewöhnungsbedürftig"...
Rolands Ansätze sind griffig, aber auch Geschmackssache. Manche wichtigen Aspekte kommen m.M.n. deutlich zu kurz, manches finde ich zu konteranfällig. Jedenfalls steht Collin Richards ja wohl in recht scharfem Gegensatz zu ihm:
Richards' Sachen hingegen überzeugen mich gar nicht...
Und dann gibt es ja auch noch das Buch von Antony Cummins, das ist aber wirklich unterirdisch schlecht.
Ich hab ein paar Mal Workshops unterrichtet für Schwert und Rundschild, für Reenactment-Gruppen und innerhalb unseres Systems; meine Frosch-DNA kommt, logo, aus dem PTK. Damit kann und will ich nicht behaupten, dass meine Methode "historisch authentisch" sei, aber doch praktikabel. Aber klar, andere werden das anders sehen.
Die mangelnden Quellen zum Thema sind einerseits schade, anderseits befreiend - Terao, mach doch mit dem Ding einfach, was Du willst.
Bei dem ganzen Thema muss man auch die Belastbarkeit der historischen Orginale berücksichtigen.
Zu den Saga's, die wurden auch erste eine "recht lange" Zeit später aufgeschrieben (schriftliche Fixierung, mündlich wiedergebener Erzählungen). Sie sind also vermutlich eher ein Zeugnis darüber, wie sich die Autoren einen solchen Kampf, vorgestellt haben. Allerdings basierend auf den Erfahrungen in ihrer Zeit, einer Zeit in der man noch mit Schwert und Schild kämpfte.
Die mangelnden Quellen zum Thema sind einerseits schade, anderseits befreiend
Thomas, hast Du zwei Schilde (oder evtl. Dein Bekannter aus dem anderen Faden)?
Wenn ja können wir ja mal ein wenig damit spielen (oder es für Deinen Bekannten als Aufhänger nehmen).
Die Techniken und Konzepte haben wir ja, nur (noch) keine Schilde zum realistischen üben.
ein Schild und einen Buckler habe ich noch. Kann ich das nächste Mal mitbringen. Ein zweites kann ich aber auch noch bauen, so grob erinnere ich mich noch wie das ging
Von meinem alten HF Kumpel (ich denke den meinst Du) kann ich auch noch eine zweiten Buckler ausleihen.
Bei dem ganzen Thema muss man auch die Belastbarkeit der historischen Orginale berücksichtigen.
Zu den Saga's, die wurden auch erste eine "recht lange" Zeit später aufgeschrieben (schriftliche Fixierung, mündlich wiedergebener Erzählungen). Sie sind also vermutlich eher ein Zeugnis darüber, wie sich die Autoren einen solchen Kampf, vorgestellt haben. Allerdings basierend auf den Erfahrungen in ihrer Zeit, einer Zeit in der man noch mit Schwert und Schild kämpfte.
Die Frage nach dem Zusammenspiel von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, von Erzähltradition und Imagination des einzelnen Autors ist seit Generationen ein Zankapfel der Forschung. Ansonten: Bingo.
Meine Doktorarbeit "Combat in Saga Literature" geht demnächst online.