@Willi von der Heide
Danke für den Einblick.
@Willi von der Heide
Danke für den Einblick.
Für dich und mich? Vermutlich. Aber außer uns gibt es ja noch jede Menge anderer Menschen.
Die Frage ist was man für sich will/braucht.
So etwas kann aus meiner Sicht, ohne dass ich näher darauf eingehen werde, auch einen terapeutischen Effekt haben (ptbs. z.B.).
Liebe Grüße
DatOlli
Nun ja ich habe mit ehemaligen Kindersoldaten gearbeitet, ich habe Ex-Legionäre fixiert, ich habe auslaufende Hirnmasse gesehen weil jemand einen anderen ehemaligen Kindersoldaten mit dem Messer angegriffen hat.
Ich habe einen Bodycount von über 200, auch wenn das ja „nur“ durch das An- oder Abstellen von Maschinen war, bei Leuten die sterben „durften“ (im Rahmen der passiven Sterbehilfe). Interessanter Weise fangen Kindersoldaten in ihrer „Ausbildung“ auch an Sterbende zu töten um so gegenüber dem Sterben desensibilisiert zu werden. Das wurde mir in der Therapie sehr eindrücklich von dem Kindersoldaten erläutert. Klar, eine Patrone ist jetzt nicht das Gleiche wie ein Perfusor, aber letztlich führt dein Handeln zum Tod.
Ich würde mal beuhaupten dass ich derjenige in diesem Forum bin der mit Abstand die meisten Folgen von stumpfer und scharfer Gewalt live gesehen hat. Wie viele frische Herzen hattest du denn schon in der Hand? Wie viele abgetrennte Köpfe hast du schon eingesammelt? Wie viele Kopfschüsse hast du schon gesehen? Wie viele verweste Leichen? Wie viele spritzende arterielle Wunden hast du schon versorgt? Hast du schon einmal gesehen wie ein unterarmdicker Strahl Blut aus dem Mund eines Menschen an die Wand 2m gegenüber schießt und er instant weiß und blau wird?
Mit wie vielen Serienmördern hast du denn schon gesprochen? Bist du schon mal bei einem Lagealarm in einer forensischen Psychiatrie angesprungen?
Ich denke schon dass ich das, über das ich schreibe, mit hinreichenden eigenen Erfahrungen untermauern kann. Wenn du mir jetzt erzählen willst dass man das Beenden eines Lebens mittels Medikamenten nicht mit dem Beenden eines Lebens durch eine Kugel vergleichen kann, dann würde mich interessieren auf welcher Basis du diese Behauptung aufstellst? Weist du wie es sich anfühlt einen Perfusor zu starten bei einem 41-jährigen Familienvater in dem Wissen dass ihn diese Dosis auf Dauer umbringen wird, er aber ohne diese Dosis weiter vor Schmerzen schreien wird? Hast du schon einmal jemals dabei in die Augen seiner Frau und seiner Kinder sehen müssen, die voller Entsetzen und Verzweiflung sind? Nein? Ich schon. Das war nämlich mein erster Patient bei dem ich die palliative Sedierung anstellen musste. Den Ersten vergisst du nicht.
Geändert von kanken (08-09-2020 um 14:33 Uhr)
@kanken
Hast du jemals Kindersoldaten ausgebildet oder jemanden aktiv mit deiner Kunst getötet?
Ich selber noch nie zumindest nicht von Menschen bin nur auf einem Bauernhof groß geworden und Jan Aktion geworden und hab aktiv geschlachtet wie das alles nicht nicht so streng war. Aber ich die ganzen Ärzte und Chirurgen mit denen ich trainiere, oder Leute aus der Psychiatrie. Die scheinen aber alle falsch zu machen denn trotz deren Erfahrungen ist davon keiner so ein Obermacker wie du.
Nicht mal die Jungs die als Söldner und Personenschützer in Kriesengebieten waren haben jemals den Mund so voll genommen wie du.
Aber ich verstehe langsam woher dein Verlangen kommt das ganze sehr theatralisch und romantisch zu beschreiben.
Geändert von Gast (08-09-2020 um 14:34 Uhr)
Ärzte machen einfach ihren Job und bis zur Therapie dieses jungen Mannes habe ich mir über meinen “Bodycount” auch absolut keine Gedanken gemacht. Erst als er mir erzählte wie man gegenüber dem Töten desensibilisiert habe ich gewisse Dinge mit andern Augen gesehen.
Davor ist eine palliative Sedierung eben eine palliative Sedierung und jeder Arzt muss damit selber zurecht kommen, so war es zumindest in meiner Ausbildung und in der meiner Kollegen. Klar, man trifft (außer auf dem NEF) die Entscheidung im Team, aber trotzdem stellt einer die Maschinen an, bzw. ab.
Ich schreibe es hier halt nur etwas pointierter auf, da viele Menschen sich das eben nicht vergegenwärtigen was manche Dinge bedeuten. Es kommt immer darauf an mit welcher Einstellung man bestimmte Dinge tut. Das ist beim Jagen genau das Gleiche wie im Krankenhaus.
Die Kontextualisierung ist halt das Entscheidende um eine “Ausbildung” durchzuführen.
Es ist nicht gesund immer alles überinterpretieren manchmal muss man Dinge einfach gelassener zu sehen.
Ich könnte ihr natürlich auch im kleinsten Detail wiedergeben wie Schlachten ist, oder wie sich ein Jahre langes Schulmatyirum anfühlt mit einem knapp abgewendeten Ableben meinerseits am Ende.
Nix davon macht mich zu einem Kindersoldaten noch zu einem Spezialisten für diese oder generell mich oder meine Kunst automatisch besser als andere.
Ich hab schlicht ne andere Sozialisierung als die breite, mitteleuropäische Wohlstandbevölkerung, aber das ist nicht schwer.
Und meiner Erfahrung hängt das kaum jemand so an die große Glocke wie du, eher das Gegenteil.
Allein das Wort Bodycount als wäre das ein Wettbewerb.
Geändert von Gast (08-09-2020 um 14:52 Uhr)
Das Wort stammt von dem ehemaligen Kindersoldaten, der mich nach meinem Bodycount fragte. Bei Ihnen war es eine Art Wettbewerb...
Ich hänge es nicht an die große Glocke ich rede einfach offen über meine Erfahrungen und wie ich damit die Aneignung von Gewaltkompetenz sehe.
Es ist doch recht simpel: Ich hatte auch eine, sagen wir mal, “raue” Kindheit, dann habe ich angefangen im Studium, im Rahmen meiner Doktorarbeit, recht viele Schafe zu töten. Im Laufe meiner Berufsjahre kam dann die passive Sterbehilfe dazu, die mir am Anfang doch recht zugesetzt hat. Mittlerweile stelle ich palliative Sedierungen an ohne mit der Wimper zu zucken. Das ist schlicht und ergreifend Gewöhnung. Wenn Chirurgen Patienten auf dem OP Tisch verlieren, dann haben sie evtl. am Anfang noch ein Problem damit, irgendwann ist es halt einfach Routine und noch ein wenig später räumt man sie im Rahmen der Organspende einfach aus, ohne darin noch einen lebendigen Menschen zu sehen. Das ist ganz normal und da ist auch nichts verwerfliches dabei.
Sicher, man hat immer noch Respekt vor dem Menschen und dem Leben, aber gegenüber dem rein funktionale Akt ist man abgestumpft.
Ich habe im Rahmen der Coronaplanung ja so einiges an Plänen erarbeitet und bei allen palliativen Konzepten waren die Entscheidungsträger am Ende immer die mit jahrelanger Erfahrung im Umgang mit dem Tod und dem Sterben. Nicht ohne Grund.
Im Umgang mit “unschönen” Bildern ist es genau das Gleiche. Man stumpft einfach ab (oder, um es “schlauer” zu sagen, man wird desensibilisiert). Wir haben hier im Westen lediglich die Kultur nicht darüber zu reden und schon gar nicht anderen auf die Nase zu binden was diese Bilder mit einem machen. Was im RD passiert, das bleibt bei den Kollegen. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz und wird landauf/landab so gelebt. Bei der Polizei ist es das Gleiche. Egal ob bei dem Beamten um die Ecke oder in den SEK’s/MEK’s. “Man” redet nicht darüber.
Ich kann das ganz gut verstehen, es ist ein ganz normaler Schutzmechanismus und es dient der “Elitarisierung”.
Andererseits wollen die meisten Menschen auch gar nicht mit solchen Dingen “belästigt” werden. Ich hänge es nicht an die “große Glocke” ich rede schlicht und ergreifend offen darüber, weil ich einfach die Mechanismen am eigenen Leib erfahren habe und sie mittlerweile durchaus auch professionell durchschaue.
Öffentlich über den Zusammenhang zwischen Desensibilisierung von Gewalt und Kampfkunst zu reden tun nicht viele, aber trotzdem sind die Mechanismen dafür weltweit und zu jeder Zeit gleich:
Man muss schrittweise lernen Gewalt gegenüber Lebewesen auszuüben.
Am Thema “Gewalt” scheiden sich hier im Forum aber immer wieder die Geister (wie man ja auch schön im “legendären” Faden “Karate und Gewalt” gesehen hat). Ich bin jetzt aber auch raus aus diesem Faden, da ich mich ja deiner Meinung nach, nur als “Obermacker” präsentieren will.
Es ist halt so wie immer: die Leute wollen es nicht hören. Dann halte ich jetzt halt wieder meine Klappe und rede nur mit Leuten darüber die ähnliche Erfahrungen gemacht haben
Es gibt dazu unterschiedliche Herangehensweisen in den verschiedenen Kampfkünsten, aber eine authentische Linie beschäftigt sich damit durchaus und überlegt sich wie man die Übenden darauf vorbereiten kann.
Geändert von kanken (08-09-2020 um 15:35 Uhr)
@kanken
Nochmal Kanken hast du jemals Kindersoldaten ausgebildet oder mit deiner Kunst jemanden getötet? Wenn nicht dann würde ich dich bitten solche Begriffen zu lassen.
Zum Rest, stimme ich zu, allein der Leute Absatz ist das differenzierteste was ich seit langem von dir zum Thematik gelesen haben.
Edit: Aber ich finde es spannt gerade einen schönen Bogen zu dem was Cam67 schon geschrieben hat.
Wenn man sich als Predator zu selbstsicher wähnt, übersieht man vl. leicht den Predator gegenüber. Auch in Diskussionen.
Geändert von Gast (08-09-2020 um 15:46 Uhr)
Dass jagen hier im DACH Raum von den meisten nicht mehr dazu genutzt wird, um seine Hemmschwelle im Bezug aufs Töten von Menschen abzubauen, ändert ja nichts daran, dass es trotzdem die Hemmschwelle herabsetzt. Natürlich wird man nicht automatisch zum Killer, nur weil man mal ein paar Hirsch erlegt hat. Man hat aber einen kürzeren Weg als die meisten die noch nie ein Tier getötet haben.
Und man müsste nur die Rahmenbedingungen etwas ändern, um das Jagen an sich wieder zur Vorbereitung nutzen zu können.
Das Gebäude(Töten der Tiere) steht schon, die Inneneinrichtung(Kultur/Rituale/Methodik) entscheidet, ob da jetzt eine Wohnung, ein Frisör oder ein Gym reinkommt.
Und es gibt auch im westlichen Kulturkreis genug Subkulturen, in denen das Töten von Tieren zum Mann werden dazu gehört. Und davon ist es dann auch nicht mehr weit, zur Vorbereitung fürs Töten von Menschen. Damit meine ich jetzt nicht die Ausbildung von Kindersoldaten sondern erstmal nur als Schutz der Familie bzw zum Schutz des Landes ohne am Ende einen Menschen zu töten. Quasi die Vorbereitung ohne die Praxis zu erleben.
“Das ist zwar peinlich, aber man darf ja wohl noch rumprobieren.”
- Evolution
@OliverT
Absolut, das löst unser Problem mit Mitteleuropa und 21 Jhd. nur noch nicht.
Welches Problem meinst du?
*edit*
Die Senkung der Gewalthemmschwelle für die SV?
Das findet ja durch das Töten von Tieren trotzdem statt. Nur nicht so extrem wie in einer gezielten Ausbildung und durch den fehlenden didaktischen Rahmen bei den allermeisten wohl eher unbewusst. Sie Kanken, dem erst durch den Kindersoldaten bewusst wurde, was die Sterbehilfe bei ihm eigentlich so alles angestellt hat.
Geändert von OliverT (08-09-2020 um 16:28 Uhr)
“Das ist zwar peinlich, aber man darf ja wohl noch rumprobieren.”
- Evolution
Das Problem Leute ohne so einen Backround zu enthemmen bzw. das auf die Umstände unserer Zeit um zu Münzen.
Wie gesagt, niemand ist von uns Kindersoldat. Wird's wohl auch nie sein.
Die wenigsten sind Jäger, haben schon mal Tiere geschlachtet oder kommen aus dem Milieu.
Selbst Ärzte, Polizisten ect. machst du nicht immer zum Killer, obwohl man sich halt auch Fragen sollte ob das überhaupt sinnvoll ist.
Aber das gleitet ab, mir ging's nur um diese Übertheoretisierung und dem Wunsch sich mit irgendwas auf eine Stufe zu stellen. Dieses ausschweifende was man nicht alles tun könnte. Einfach mal kleinere Brötchen backen, man ist nicht immer allein der Löwe unter Lämmern.
Geändert von Gast (08-09-2020 um 17:42 Uhr)
Das mag ja für den Beruf des Soldaten notwendig sein, wenn es darum geht tatsächlich hinzugehen und geplant Menschen zu töten.
Ansonsten ist das etwas, was man eigentlich von Natur aus kann, wenn man sein Leben verteidigen muss.
Es gibt da diesen Moment in dem es Klick macht, ab da handelt man sehr effektiv. Wenn man das bewusst steuern können möchte, muss man das natürlich methodisch lernen.
Ja, da sind wir uns einig. Ich glaube, die wenigsten sind auch bereit, sich auf ein notwendiges Maß(SV) enthemmen zu lassen. Ich habe den Eindruck dass viele die SV lernen wollen, zwar irgendwie kämpfen und sich verteidigen können wollen, aber bitte sauber ohne wirklich kämpfen können zu müssen. Es soll am besten ablaufen wie im Film. Ohne wirkliche Anstrengung wird ein Gegner besiegt. Es kann zwar auch gerne mal aggressiver aussehen, wie zum Beispiel in vielen Krav Maga Werbevideos, aber wirkliche aggressivität soll es dann doch nicht sein. Wild aufs Schlagpolster hauen ja, aber sich mal richtig mit einem Gegner messen dann doch nicht. Etwas Widerstand ist ok, aber ein Gegner der einen besiegen will dann auch wieder nicht. Schwitzen und ausgepowert werden ist ok, aber blaue Flecken und mal eine blutige Lippe/Nase blos nicht.
*edit*
Das Problem ist, dass wenn man sich auf diesen Klickmoment in der SV verlässt, man sich im Notfall in unbekanntes Gebiet begibt. Die wenigsten SV Trainings laufen so ab, dass man mental soweit an seine Grenzen gebracht wird. Es übernimmt dann also ein Autopilot, der nie richtig progammiert wurde. Das kann gut gehen, muss aber nicht.
Geändert von OliverT (08-09-2020 um 17:36 Uhr)
“Das ist zwar peinlich, aber man darf ja wohl noch rumprobieren.”
- Evolution
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