...Jelle van Buuren:
Es ist eine sehr heterogene Gruppe. Traditionell kategorisieren wir Proteste in links oder rechts, das funktioniert dieses Mal nicht. Da sind
Impfgegner dabei, Hippies, rechtsradikale Gruppen, Fußballhooligans, wütende Bürger, Verschwörungsmystiker und Jugendliche. Das ist ein Cocktail aus Meinungen, Frust, Wut und Angst. Es gibt linke und rechte Tendenzen, angereichert mit Verschwörungsmythen. ...
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Gemeinsam ist ihnen allen die starke Ablehnung der Regierung, generell aller sozialen Institutionen, der Medien, der Forschung. Aber sie haben kein klares politisches Programm oder eine Liste mit Forderungen. Sie sind vereint in dem, was sie ablehnen. Das macht es auch für die Behörden schwer, eine angemessene Antwort auf die Proteste zu finden. ...
Die Proteste haben sich verselbstständigt. Viele der Organisatoren der ursprünglichen Proteste äußern sich jetzt kritisch über die Gewalt. Diese Leute sehen natürlich auch, dass ihnen die Gewalt schadet. Denn jetzt wird alles, was mit Corona-Protest zu tun hat, mit Gewalt assoziiert.
Gleichzeitig führen die Bilder brennender Autos und geplünderter Läden zu vielen Nachahmern.
Die Jugendlichen sehen die Bilder in den Medien und auf Social Media. Da sie ohnehin gelangweilt zu Hause rumhängen, gehen sie eben am Abend auch in die Innenstadt, um zu sehen, was los ist, und beteiligen sich dann. Randale ist eben auch Spaß und Aufregung. ...
Es gab schon im Sommer in Den Haag gewaltsame Proteste. Aus irgendeinem Grund ist es am vergangenen Wochenende eskaliert. ...Klar, es gab hier noch nie Ausgangsbeschränkungen und ich kann die Sorgen der Leute verstehen in diesen verrückten Zeiten, die Angst vor der Zukunft haben. Aber ich halte die Maßnahmen für angemessen.
ZEIT ONLINE:
Wie reagieren Polizei und Regierung auf die Proteste?
van Buuren: Sie handeln meiner Meinung nach relativ angemessen. Eine Herausforderung ist, dass die Proteste an so vielen Orten gleichzeitig stattfinden. Das macht es für die Sicherheitskräfte schwer, überall in angemessener Personalstärke vor Ort zu sein. ...
Die Erfahrung zeigt, dass auch die Randalierenden irgendwann aufhören. Es ist aufregend, zu randalieren, aber eben auch anstrengend. Dazu kommen die vielen Festnahmen und es wird auch weitere geben, wenn alle Videoaufnahmen ausgewertet sind. Die Polizei wird sich auch anpassen und unterbinden, dass sich Gruppen junger Leute zusammenfinden, auch wenn das ein Katz-und-Maus-Spiel ist.
Ab einem bestimmten Punkt ist die Party einfach vorbei.