Hallo,
anbei meine Rezension für das Buch „Selbstverteidigung für jeden Kerl – Kampftechniken und Training“ von Christoph Delp. Die Rezension wurde mir durch die Zusendung eines kostenlosen Probeexemplar durch Christoph ermöglicht. Einen Einfluss auf meine Bewertung hat dies jedoch nicht. Zur besseren Übersicht meiner Rezension folge ich dem Aufbau des Buches.
Vor der eigentlichen Rezension möchte ich einige Begriffe, die ich im Folgenden verwende, klären, da sie im deutschen Sprachgebrauch nicht eindeutig festgelegt sind.
Selbstschutz: Dies ist ein Oberbegriff für die verschiedenen Arten von Möglichkeiten, um
sich und andere vor Gefahren und Bedrohungen zu schützen. Die Gefahr, bzw. Bedrohungslage geht dabei von einem oder mehreren menschlichen Angreifern aus. Hierzu zählen auch die Phasen vor und nach einer Auseinandersetzung.
Selbstverteidigung: Hierunter wird der körperliche Aspekt der Verteidigung verstanden. Eine
Auseinandersetzung ist bereits im Gange oder steht kurz bevor und die einzige Lösung liegt in körperlicher Gewalt.
Selbstbehauptung: Die Selbstbehauptung deckt den gewaltlosen, meist verbalen, Teil einer
Auseinandersetzung ab. Der Angreifer soll also durch Worte, Gesten oder Mimik von seiner Tat abgehalten werden.
Layout, Darstellung:
Zuerst einmal möchte ich die Aufmachung des Buches loben. Der Einband und die Seiten sind qualitativ hochwertig gestaltet, das Textlayout und die eingefügten Bilder sind sehr übersichtlich. Die abgebildeten Darsteller überzeugen, man merkt ihnen die Erfahrung im Filmgeschäft an. Einige Posen wirken übertrieben, dadurch werden jedoch die wichtigen Merkmale im Bild hervorgehoben.
Teil 1: Über Selbstschutz
Hier stellt Christoph Delp Grundlagen im Bereich des Selbstschutzes dar. Das ist sehr sinnvoll, da so die Ängste und Bedürfnisse der Zielgruppe veranschaulicht werden und erste Fragen geklärt werden. Hier zeigt sich schon, dass der Autor ein schlüssiges Konzept besitzt, da er die Anforderungen an sein Buch klar einzuschätzen weiß. Er betreibt keine Polemik und umreist den juristischen Rahmen zu Beginn sachlich.
Teil 2: Selbstschutz-Konzept
Der Inhalt dieses Kapitels ist äußerst wichtig, da er nicht nur die Kampfphase, sondern auch die zugehörige Vorkampf- und Nachkampfphase zu einem schlüssigen Konzept verbindet. Meiner Meinung nach ist das Voranstellen dieses Kapitels gut gewählt, da es den Selbstschutz zusammenhängend erklärt. Viel zu häufig wird bei der Selbstverteidigung nur die Hauptkampfphase berücksichtigt und es werden nur Kampftechniken abgehandelt. Die geschilderten Gefahren und das jeweilige Vorgehen sind strukturiert und an die Realität angepasst.
Teil 3: Grundfähigkeiten
Dieses Kapitel legt die technischen und körperlichen Grundlagen dar um die Fähigkeit zur Selbstverteidigung zu erhalten. Die Gliederung erfolgt einem nachvollziehbaren Prinzip, um den Leser nicht zu überfordern und seine körperliche Koordinationsfähigkeit zu steigern. Die Schutzhaltungen sind leicht von Anfängern anzuwenden und ideal für die dargestellten Fälle geeignet. Die zu attackierenden Ziele sind selbstverständlich, die Übersicht für einen Laien zur Visualisierung gut und notwendig. Die Kampftechniken sind durch den Hintergrund des Autors auf den ersten Blick im Muay Thai zu verorten, sie eignen sich für das Ziel der Selbstverteidigung jedoch bestens. Natürlich gibt es eine Vielzahl an weiteren Selbstverteidigungssystemen, die ebenso gut geeignet sind.
Teil 4: Der Ernstfall
Das Kapitel mit der Überschrift „Der Ernstfall“ ist grundlegend in zwei Teile gegliedert. Zuerst einige theoretische Informationen mit den Titeln „Gameplan“, „Siegeswille als Mindset“ und „Infos zu Angst und Schockstarre“, danach Taktiken oder Vorgehensweisen für verschiedene Setups.
Der Theorieteil kommt bei den meisten Büchern über Selbstverteidigung zu kurz. Es ist schön zu sehen, dass hier Wert auf das Verstehen der mentalen Komponente durch den Leser gelegt wird. Ohne die Berücksichtigung von Stress oder Angst im Training, ist die Handlungsfähigkeit im Ernstfall reduziert. Die Bedeutung des Siegeswillens wird auch klar herausgestellt und Wege zum Erlangen einer solchen Denkweise aufgezeigt. Ein absoluter Pluspunkt!
Es folgen die Beschreibungen zu Vorgehensweisen bei verschiedenen Szenarien. Dabei wird von einer möglichen Bedrohungslage ausgegangen und Lösungswege gezeigt. Die Bedrohungslagen sind realistisch und in der Schwere der Bedrohung und der Schwierigkeit der Lösung gesteigert. Es werden simple und erfolgsversprechende Lösungen aufgezeigt. Dabei beschränkt sich der Autor auf jeweils einige wenige Lösungsoptionen. Eine intelligente Vorgehensweise, da er so die Leser nicht überfordert und unter Stress keine Entscheidungsfindung zwischen einer Unmenge von Techniken stattfinden muss. Die jeweiligen Vorgehensweisen sind meiner Meinung nach gut gewählt. Es gibt natürlich wie so oft immer mehrere Möglichkeiten, aber die hier gezeigten sind einfach umzusetzen, gut trainierbar und unter Stress abrufbar. Eine Erfolgsgarantie ist dies natürlich nicht, es hebt die Chancen siegreich (nicht unbeschadet) aus einem Konflikt herauszugehen aber merklich. Einige Szenarien, wie z.B. die Verteidigung gegen mehrere Gegner, besitzen einen hohen Schwierigkeitsgrad, die Vorgehensweisen zu erlernen und erfolgreich anzuwenden benötigt Zeit und Einsatz. Die Erwähnung in diesem Buch ist dennoch lobenswert, da diese Szenarien durchaus in der Realität vorkommen und dem Leser so eine Chancensteigerung vermittelt wird.
Teil 5: Befreiungstechniken
Dieser Teil des Buches stellt das übliche Repartoire eines Einstiegkurses zur Selbstverteidigung dar. Es werden Techniken gezeigt, um sich aus Griffen und aus der Bodenlage zu befreien. Die Darstellung erfolgt mittels eines kleinen Textes, in dem die Technik beschrieben wird, und in einem oder mehreren Bildern, die die Ausführung der Technik demonstrieren. Auch hier wieder eine gelungene Auswahl an Techniken, bzw. Möglichkeiten, um sich dem Zugriff eines Angreifers zu entziehen. Die Beschreibung ist nachvollziehbar und ermöglicht dem Leser auch ohne Trainer die Technik zu erlernen. Der Besuch eines Selbstschutzkurses ist natürlich trotzdem ratsam. Die abgebildeten Techniken eignen sich hervorragend, um auch gegen den Widerstand eines unkooperativen Gegners angewandt zu werden. Auch der Abschluss wird immer wieder vermittelt. Eine gelungene Sammlung für das schnelle Erlernen von grundlegenden Fähigkeiten zur Selbstverteidigung.
Teil 6: Selbstschutz mit Waffen und Gegenständen
Über dieses Kapitel kann ich persönlich relativ wenig sagen, da Waffentraining in meiner Kampfsportart nicht praktiziert wird. Was mir sehr gut gefallen hat sind die Hintergründe und die rechtliche Grundlage zu Beginn, auch mit dem Verweis auf den kleinen Waffenschein. Die im Weiteren dargestellten Gegenstände sind meiner Meinung nach im Alltag gut zu tragen und einfach einsetzbar. Dies sind die für mich wichtigsten Kriterien zur Auswahl einer Waffe. Eine Waffe, die zu kompliziert zum Verwenden ist oder die Zuhause liegt, da sie zu schwer ist, erfüllt keinen Sinn. Ein weiterer lobenswerter Punkt ist die Auswahl. Die hier vorgestellten Gegenstände eigenen sich gut zur Verteidigung, aber eher schlecht zum Angriff, es wird also ein deeskalierender Ansatz gewählt. Das dient der Rechtssicherheit und verhindert die Gefahr einer ungewollten Verletzung des Lesers oder Dritter.
Teil 7: Solotraining Selbstschutz
Die Strukturierung dieses Kapitels finde ich wirklich toll. Die ersten zwei Teile waren für mich persönlich nicht besonders ergiebig, einem Einsteiger geben sie jedoch die nötige Übersicht und Tipps zum Thema Solotraining und Trainingsgeräten. Danach kommen vorzügliche Inhalte über das Thema Aufmerksamkeit und Selbstschutz. Ein Muss für jedes Selbstverteidigungsbuch, leider aber oft vernachlässigt. Einige Übungen kannte ich so noch nicht und freue mich darauf sie mit meiner Gruppe zu trainieren. Hier eine klare Kaufempfehlung meinerseits. Abgerundet wird das Ganze durch verschiedene Fallbeispiele von Gewalt. Eine Auseinandersetzung hiermit verhindert, dass man beim ersten Durchleben einer entsprechenden Situation einfriert und nicht mehr handeln kann.
Teil 8: Solotraining im Verein
Das letzte und kürzeste Kapitel rundet das Buch mit Tipps zur Vereinssuche ab. Hier werden nützliche Ratschläge erteilt und auch nochmals darauf hingewiesen, dass die erläuterten Techniken am besten mit mehreren verschiedenen Partnern zu trainieren sind. Der Abschluss gibt dem Leser nun die Möglichkeit sich nach weiteren Angeboten umzusehen.
Zusammenfassung:
Meiner Meinung nach ist das Buch von Christoph Delp perfekt für den Einstieg in den Selbstschutz geeignet. Mich haben die Aufmachung und die Herangehensweise überzeugt. Die relevanten Themen werden schlüssig und strukturiert dargestellt, auf Probleme im persönlichen Sicherheitsempfinden und Ängste der Zielgruppe („jeder Kerl“) werden umfassend und sachlich eingegangen. Die angebotenen Lösungen sind nachvollziehbar, realistisch und für jeden nach dem entsprechenden Training anwendbar. Rechtliche Themen werden angerissen und es gibt keine Empfehlung für ein illegales Vorgehen.
Persönlich haben mir die Info-Kästen sehr gut gefallen, sie haben die Textstruktur im Buch etwas aufgebrochen und wirklich nützliche Zusatzinformationen an den richtigen Stellen gegeben. Die Bilder empfand ich als hilfreich und sie waren durch die etwas übertriebene Haltung gut nachvollziehbar und haben die richtigen Impulse und wichtigen Aspekte vermittelt.
Christoph Delps Buch ist für jeden Kerl, der sich einen Überblick über Selbstschutz verschaffen und mit Selbstverteidigung anfangen möchte, der perfekte Einstieg. Es überfordert nicht, lässt jedoch auch nichts Wichtiges aus und gibt einen sehr guten Überblick über den Themenbereich. Beim Lesen merkt man die Erfahrung des Autors über das Thema Kämpfen. Die Wichtigkeit von Training wird immer herausgestellt und zeigt, dass das Buch nur als Hilfe und Einstieg verwendet werden soll und kein richtiges Selbstschutztraining mit den zugehörigen Bereichen Selbstverteidigung und Selbstbehauptung ersetzten kann. Die Tipps zum Finden eines richtigen Selbstverteidigungskurses runden dies ab. Eine meiner Ansicht nach gute Sicht zu dem Thema, die gegebenen Tipps sind für Einsteiger auf jeden Fall wichtig und hilfreich.
Weiterführende Werke werden am Ende auch empfohlen, was für die weitere Entwicklung folgerichtig ist. Etwas schade ist, dass es sich bei den Empfehlungen meist um Bücher des Autors handelt, die zum Teil auch etwas am Thema Selbstschutz vorbei sind. Es finden sich durchaus weitere gute Bücher und DVDs zu dem Thema am Markt.
Zusammengefasst also ein hervorragendes Werk über Selbstverteidigung mit einigen Ausflügen zum Selbstschutz. Bestens geeignet für Leser, die sich Sorgen um ihre Sicherheit machen und leicht zu erlernende und effektive Techniken kennenlernen wollen.
Vielen Dank für das Exemplar Christoph und viel Erfolg auf deinem Weg und bei weiteren Projekten!
Viele Grüße
Andreas