Hey, ich hoffe auch dass meine Antwort in Ordnung geht und nicht gelöscht wird. Bezüglich Staatsangehörigkeit vorab. Es bestand die Möglichkeit die Adoption in Japan so durchzuführen dass ich die Staatsangehörigkeit annehme. Da Japan aber keine doppelte Staatsbürgerschaft duldet, hätte ich bei dieser Option die deutsche Staatsbürgerschaft ablegen müssen. Etwas was ich nicht wollte, da ich sonst für Deutschland und die EU ein Visum benötigen würde. Einen EU Pass abzugeben ist meines Erachtens generell sehr dämlich wenn man vorhat viel in Europa geschäftlich tätig zu sein.
Daher die erwachsenen Adoption nach deutschem Recht. In meinem Fall eine weiche Adoption. Das bedeutet, dass das Eltern-Kind Verhältnis zu den Geburtseltern nicht erlischt. Ich habe durch die Adoption einfach zwei Eltern. In meinem Fall nur einen Vater mehr, da mein Adoptivvater nicht verheiratet ist und keine Kinder hat. Allerdings ist es so, dass das Gesetz vorschreibt dass ich den Familiennamen Ōtsuka annehmen muss. Meinen alten Familiennamen kann ich nicht behalten. Für meine leiblichen Eltern (besonders meine Mutter) war das anfangs etwas schwierig. Aber mittlerweile finden sie es gut dass ich unter meinem neuen Namen lebe und firmiere. Besonders da mein Adoptivvater für meine leiblichen Eltern mittlerweile mit zur Familie gehört. Als er 2021 einen heftigen Schlaganfall erlit, halfen mir meine leiblichen Eltern, besonders meine leibliche Mutter (Ärztin) mit der Pflege von ihm.
Mein eigener Sohn Ryūichirō hat allerdings meinen alten Familiennamen behalten (Wunsch meiner Ex-Frau) da er im japanischen Pass ihren Familiennamen hat. Er kann sich später allerdings aussuchen ob er meinen neuen Familiennamen (Ōtsuka) annimmt oder weiterhin den alten deutschen Namen behält. Mit 18 muss er sich dann offiziell zwischen den Staatsbürgerschaften entscheiden. Allerdings ist es so, dass es niemand nachprüft ob Halbjapaner ihre Pässe abgeben und alle die ich kenne verlängern fleißig beide weiterhin. Nur bei Staatsangehörigkeitswechsel werden die Behörden informiert. Und wenn Japan in den nächsten Jahren seine Gesetze ändert ist doppelte Staatsbürgerschaft eh kein Problem mehr.
Bezüglich einer altjapanischen Buke (Samurai Familie) in deutscher Hand. Das habe ich aus diesem Blickwinkel tatsächlich noch nie so betrachtet. Tatsächlich ist es so, dass meine jetzige Verlobte gebürtige Deutsche ist. Sie will mit der Hochzeit, welche 2025 geplant ist, den Namen Ōtsuka annehmen. Mein Adoptivvater hat da auch schon sein Einverständnis gegeben, unter der Voraussetzung, dass sie einen japanischen Vornamen ebenfalls annimmt. Für das japanische Familienregister (Koseki) in welchem wir bis 1947 als Shizoku (Kriegerfamilie) gelistet waren. Das wurde durch die neue Verfassung und amerikanischen Einfluss nach dem 2. Weltkrieg bei allen Familien rausgelöscht und die Kazoku, Shizoku und Heimin, welche in den 1870er Jahren das Shinokosho ausgetauscht haben, aufgelöst.
Aber ja, dann besteht die Ōtsuka Familie aus ethnisch Deutschen. Nicht dass es eine Rolle spielen würde. Wie gesagt, ich führe und wahre weiterhin die Traditionen und das kulturelle Erbe meiner Familie. Wichtig ist auch dass eben fließend japanisch gesprochen wird. Kultur kann man erlernen wie es jedes Kind tut. Kultur hat nichts mit ethnischer Herkunft zu tun. Besonders in Deutschland sollte man meinen dass das heutzutage jedem klar ist. Besonders in Japan, ein Land bei welchem Erwachsenen Adoption alltäglich ist und welches historisch gesehen diese schon immer genutzt hat um Familien über Generationen hinweg erfolgreich und stark zu halten, ist das definitiv kein Problem.
Beispielsweise habe ich so gut wie nie Probleme durch den neuen Namen gehabt. Weder privat noch geschäftlich. Weder in Japan noch in Europa. Und wenn sind es lustiger weise größtenteils nicht-Japaner die damit ein Problem haben dass ein deutscher einen japanischen Namen hat, einer altjapanischen Ryūha als sōke vorsteht, oder größtenteils japanische Kleidung trägt. So gut wie nie Japaner.
Und für alle die immer noch nicht glauben dass ich einen japanischen Namen führe: ich lebe und arbeite ausschließlich unter dem Namen Ōtsuka Ryūnosuke. Selbst meine Bankkonten und meine Kreditkarte laufen auf diesen Namen.
Aber ich weiß es sehr zu schätzen wenn unnötiges Diskutieren über Fakten welche längst belegt wurden, durch die Moderatoren und Admins unterbunden werden.
Sollten allerdings andere Fragen zu meiner Familie (siehe oben), ihrer Tradition etc. gestellt werden, bin ich gerne dazu bereit diese Fragen zu beantworten. Besonders da es ja auch Thema des Videos im ursprünglichen Beitrag ist.
Geändert von Hokutoshichisei (04-02-2024 um 23:20 Uhr)
Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort! Sehr interessant.
„Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“
Alles wieder im Lot.
Disskusionen die sich immer schneller im Kreis drehen bringen keinen weiter...
...aber so sind wir wieder in der Spur
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...Dosenbier und Kaviar...
Ich weiß, dass gerade diesen Punkt viele Japaner anders sehen.
Kulturell geprägt wird man zudem in den ersren Lebensjahren.
Ich kenn junge Japaner die in Deutschland leben aber in Japan geboren sind, Halbjapaner die in Deutschland oder Frankreich geboren wurden, etc.
Die kulturelle Herkunft lässt sich bei keinem verleugnen, egal wie gut er Japanisch, Deutsch oder Französisch spricht.
Man sieht es am Habitus, der Körpersprache, und man hört es.
Mein Lehrer ist Japaner, obwohl er seit vielen Jahrzehnten in Deutschland lebt, ist es nicht zu übersehen, dass seine kulturelle Prägung in Japan stattfand.
Ein Deutscher wird das niemals aufholen können, egal wie gut seine Kenntnisse der Sprache, Kultur oder Geschichte des Landes sind.
Aber gut, trotzdem ein mutiger Schritt, ich denke wer den gegangen ist, ist sich dieser Tatsachen bewusst.
Geändert von MGuzzi (05-02-2024 um 09:16 Uhr)
Es gibt da auch anderslautende Rechtsprechungen,
etwa Beschl. v. 16. 04. 2009 – 14 XVI 01/09 (Leverkusen).
Auch Doppelnamen sind möglich.
Für verheiratete ist es auch möglich wenn der Ehepartner den Ehenamen nicht ändern will.
Der Geburtsname ändert sich allerdings.
Ok, das geht aber wieder ins OT.
Also bist du der Auffassung dass man Kultur nicht erlernen kann? Dann haben ein Großteil der Japaner selbst ein Problem. Denn keiner der mir bisher in Japan untergekommen ist, verhält sich ohne vorherige Ausbildung auf die Art wie es in einer strikt traditionell überliefernden Koryū erwartet wird. Und die Leute aus den Gendai-Budo leider auch nicht, da feudale Etikette (leider bei vielen Koryū mittlerweile auch) gar nicht mehr auf dem Lehrplan steht. Und nein, mit ein paar Verbeugungen ist es da nicht getan. Im Shi-no-ko-sho gab es genaue Regelungen wie man sich als Mitglied der verschiedenen Stände zu verhalten, bewegen und sogar zu sprechen hatte. Alles Dinge die bei uns in der Ryūha sowie in unserer Familie noch gelehrt und weitergegeben werden. Etwas was selbst jeder Japaner der bei uns in Japan oder außerhalb ins keiko kommt, neu erlernen muss. Man lernt beim authentischem Reihō außerdem nicht nur Etikette sondern auch traditionelle Bewegungsschule. Es geht selbst älteren Japanern so, welche jahrzehntelange Erfahrung in japanischen Kampfkünsten haben, welche aber nicht feudal japanische Kultur der Shi-Kaste lehren. Ist das veraltet und nicht mehr zeitgemäß? Ja und nein. Wer feudales Reihō gemeistert hat, der hat auch in der modern japanischen Gesellschaft keine Probleme. Es ist nicht umsonst so, dass die Ogasawara-ryū das Personal des Kaiserpalasts selbst heute noch im Reihō unterweist. Kann aber sein, dass das keine Kreise sind in denen du in Japan verkehrst und es daher nicht weißt.
Wenn du mir mit deinen Posts sagen möchtest, dass ich mich nicht verhalte wie moderne Japaner, dann gebe ich dir da vollkommen recht. Ich verhalte mich genau so wie ich durch meinen Adoptivvater erzogen wurde. Das ist was ich in all den Jahren verinnerlicht habe und was von mir als Oberhaupt der Ōtsuka Familie in Japan, sowie in meiner Position als Sōke der Hokushin Ittō-ryū Hyōhō erwartet wird.
Glaubst du allen Ernstes, dass mein Vater Ōtsuka Yōichirō mich unter all seinen ethnisch japanischen Schülern ausgesucht und adoptiert hätte, wenn ich nicht die kulturellen Vorraussetzungen dafür erfüllt hätte? Dass mir 2016 von ihm zusammen mit unserem 5. Sōke Chiba Hiroshi (dem Oberhaupt der Chiba Familie und direkter blutsverwandter Nachkomme unseres Schulgründers) die Hokushin Ittō-ryū Hyōhō als 7. Sōke in einer großen öffentlichen Zeremonie in Tōkyō übertragen worden wäre? Oder dass verschiedene Sōke und Shihan von Koryū in Japan mit mir und meiner Ryūha mehr oder weniger eng zusammenarbeiten würden? Wohl kaum.
Ist dir außerdem bewusst, dass es bis ca. 1900 etwas wie „die japanische Kultur“ in Japan nicht gab? Jede Provinz (später Präfektur) hatte ganz eigene Vorstellungen davon was ihre Kultur ist. Etwas was selbst bei modernen Japanern heute noch spürbar ist.
Dass du der Auffassung bist, dass man Kultur nicht erlernen kann, wundert mich bei deiner geistigen Einstellung die du hier in diesem Thread präsentierst mittlerweile nicht mehr.
Wie ich aus deinen Posts rauslese, kannst du mich nicht ausstehen. Das ist vollkommen in Ordnung für mich. Ich mag nämlich keine Rassisten oder Leute mit Vorurteilen die auf ihrer hasserfüllten Meinung beharren, obwohl ihnen ausreichend Gegenbeweise geliefert wurden.
Wie gesagt, wer freundlich nachfragt, ist immer herzlich willkommen und ich nehme mir gerne die Zeit ernsthafte Fragen zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen,
Ōtsuka Ryūnosuke
Man muss nur mal in Japan einen Tempel besuchen und da sieht man schon an den vielen klatschenden Japanern, dass nicht jeder Ahnung von der eigenen Kultur hat.
Also ich habe nicht gesagt dass man Kultur nicht lernen kann.
Antrainieren kann man sich einiges.
Die Frage ist ob es ein Teil der Persönlichkeit ist oder nicht.
Und was du über die Etikette schreibst ist wohl richtig, mein Lehrer beschwert sich regelmäßig dass sie jungen Leute nicht mehr wissen, wie nan sich wem gegenüber richtig verhält.
Fängt damit schon an wie tief man sich verbeugt, u.s.w.
Dass ich dich nicht ausstehen kann, ist eine Interpretation deinerseits. Warum sollt ich, ich kenne dich ja nicht, nur diese perfekt gebügelte Soke Figur, die da von von dir und deinen Schülern immer präsentiert wird.
Ich gucke halt auch gerne mal dahinter, wer steckt denn da in dieser Rolle, und stelle halt mal Fragen oder bin ein bisschen direkt.
Rassistisch bin ich garantiert nicht.
Aber irgendjemand wird doch noch schreiben, lass dich von dem nicht ärgern, ignorier den, der ist immmer so blöd, oder ähnliches.
Geändert von MGuzzi (05-02-2024 um 15:10 Uhr)
Du kannst dich gerne selbst überzeugen. Wir laden immer jeden der Interesse hat uns kennen zu lernen oder mal hinter die Kulissen zu schauen, unverbindlich zu uns ein. Egal ob in Japan oder Europa. Das muss nicht mal für ein Training sein. Gerne auch nur für ein nettes Gespräch (Nihonshu, Umeshu, Bier und andere Spirituosen gehen immer auf uns). Da kannst du dich selbst davon überzeugen wie wir sind.
Liebe Grüße
À propos: Wenn Ihr mal wieder Tag der offenen Tür habt, komme ich gerne. Mein Interesse ist eher Neugier und somit nicht ernsthaft genug, um Euch anderweitig mit meiner Anwesenheit zu quälen.
„Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“
Neugier ist alles, was man braucht. Ob nun ernsthaft oder einfach mal reinschauen, ist doch OK.
Schlimm sind nur vorgefasste Meinungen, welche man dann aber nie bereit ist, auf den Prüfstand zu stellen.
Und wie bereits oben angesprochen: Unsere Gastfreundschaft ist legendär!
Und das gilt grundsätzlich in allen Dôjô und Keikojô.
Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten
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