
Zitat von
Gibukai
Also, das „Nachdenken“ ist z. B. im Karate-Dō Shōtōkan-Ryū etwas, das ganz ausdrücklich alle frühen Lehrmeister auf die ein oder andere Weise – schriftlich nachprüfbar, also nicht von mir „hineininterpretiert“ – von Karate-Schülern forderten. Und ich meine S. Matsumura (19. Jhdt.), A. Asato (1828–1906), G. Funakoshi (1868–1957), Y. Funakoshi (1906–1945). Auch mein eigener Karate-Lehrer, der kurzzeitig von G. Funakoshi Privatunterricht erhalten hatte, forderte wiederholt zum „Nachdenken“ auf.
Stumpfsinn oder bloßes „Nachäffen“ hat (eigentlich) nichts mit Shōtōkan-Ryū zu tun …
Ok, das wäre auch mein Verständnis. Sehr beruhigend. Danke!
Hineininterpretieren bezog sich nicht darauf, dass Du etwas hineininterpretierst, sondern auf Deine obige Aussage:
nach dem in der heutigen Karate-Welt gängigen Bild sind Kata ganz offensichtlich „interpretierbar“: Sie wurden als sportliche Vorführstücke, als „Werkzeugkisten“ bzw. „Trickkisten“ für Selbstverteidigungssituationen u. Ä. „interpretiert“. Im ersten Fall wird eine bestimmte Kata als Ganzes vorgeführt, im zweiten Fall werden einzelne Bewegungen oder Bewegungsfolgen aus einer bestimmten Kata von Selbstverteidigungsexperten „interpretiert“.
Beide Fälle haben nichts mit herkömmlichen Karate, wie es von den Karate-Pionieren Anfang des letzten Jahrhunderts in Wort (japanisch) und Bild (gezeichnet oder fotografiert) vorgestellt wurde, zu tun.
Meine obige Schilderung beziehe ich ausdrücklich auf die Karate-Pioniere G. Funakoshi und C. Motobu (1870–1944), da deren Karate-Vorstellungen schriftlich festgehalten worden sind. Modernere Karate-Organisationen wie Seibukan gehören historisch betrachtet in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und sollten aus meinem Blickwinkel nicht mehr „einfach so“ mit dem Karate von Karate-Pionieren wie G. Funakoshi oder C. Motobu gleichgesetzt werden.
Danke für die Klarstellung! Ja, Seibukan wurde nach dem Krieg gegründet. Allerdings war der Gründer ein Schüler von Kyan Cotoku, auf den sie sich auch heute noch beziehen. Ob der noch unter Karate-Pioniere gezählt werden darf, weißt Du sicher besser als ich. Ich fände es merkwürdig, dass wenn sie Bunkai lehren, dieses erst nach dem Krieg eingeführt haben. Es könnte aber auch sein. Eventuell wissen das ja die heutigen Protagonisten. Da frage ich bei Gelegenheit mal nach.
Hm ja, gewisse "interne" Fähigkeiten durch Nachdenken zu erlangen, stelle ich mir schwierig vor und Lehrer, die das vermitteln können, gibt es nun nicht gerade wie Sand am Meer. Aber das wäre dann eh nochmal ein separates Thema.
Wie geschrieben ist Seibukan für mich ein eher modernes System, (...) und die ersten Lehrmaterialien stammen vom Sohn, wenn ich das richtig sehe.
Zenpo?
Daher ist es nicht wirklich möglich, ernsthafte Aussagen über frühe technische Inhalte usw. des Seibukan zu treffen.
Davon habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich gehe anhand der Übertragungslinie davon aus, dass das noch relativ authentisch auf Chutoku zurückzuführen sein dürfte. Wie es nun um den bestellt war, vermag ich nicht zu sagen. Da müsste ich mal das Buch von McCarthy zu Ende lesen, welches hier rumsteht.
„Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“