... Bei uns liegt der Altersschnitt seit August bei 44. Er ist wieder etwas angestiegen, die Inzidenz ist wie erwartet von den ganzen jungen Menschen in die älteren Gruppen diffundiert. Ich hatte unterschätzt, wie viele Risikopatienten auch über 60 noch immer ungeimpft sind. Die sehen wir jetzt auch wieder mit schnellen Verschlechterungen bei uns. Aber insgesamt sind ältere Menschen häufiger geimpft, deswegen ist dieser Prozess nach oben limitiert. Es gilt weiterhin, dass unsere Patienten sehr viel jünger sind als in den vorherigen Wellen. Daraus ergibt sich ein Vorteil: Wenn es bei den jüngeren Patienten nicht zu einem ganz schweren Krankheitsverlauf kommt – also einer hyperinflammatorischen Phase, die auf die Intensivstation führen kann –, kann man sie deutlich schneller in die Isolation nach Hause entlassen, da sich jüngere Patienten schneller erholen. Deswegen war meine Hoffnung, dass man auf einer Station mit weniger Betten und Personal einen höheren Patientenumsatz bewältigen kann und den restlichen Krankenhausbetrieb nicht stört. Aber das steht und fällt damit, wie viele Patienten kommen.
Müssen wieder mehr Covid-Patienten auf die Intensivstation?
Es werden wieder mehr. Über den Sommer hatten wir weniger Kontakt mit den Kollegen der Intensivstation,
aber in den letzten Wochen müssen wir wieder regelmäßig Patienten verlegen. Zum einen weil sich die schwersten Verläufe ungefähr zwei Wochen nach der Infektion zeigen. Und weil es wieder mehr Infektionen bei Menschen über 50 gibt. Der Altersschnitt unserer Intensiv-Verlegungen liegt bei 51, alle waren nicht geimpft.
Auffällig war, dass ein großer Teil bereits am ersten Tag nach der Aufnahme auf die Intensivstation musste, da der Sauerstoffbedarf innerhalb von Stunden stark angestiegen war. Es gab zuletzt wieder gehäuft sehr dynamische Verschlechterungen. Daher haben wir unseren ärztlichen 24-Stunden-Covid-Dienst wieder aktiviert. Bei diesen schnellen Verschlechterungen muss ständig ein eingearbeiteter Arzt da sein. Das kann man dem internistischen Arzt im Hausdienst nicht noch zusätzlich aufbürden. Das sind keine Normalstationspatienten, wie sie üblicherweise im Krankenhaus betreut werden.
Ich spreche dabei aber ausdrücklich von den ungeimpften Patienten! Die Geimpften, die bei uns auf der Station liegen, geben uns einen Blick in eine Zukunft, in die wir bezüglich Covid-19 im Krankenhaus möchten. Sie brauchen keine engmaschige 24-Stunden-Betreuung, weil ihr Zustand nicht so unberechenbar ist. Die SARS-CoV-2 Infektion von Geimpften kann man behandeln wie viele andere Atemwegserkrankungen auch.
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Das erfordert nicht nur ein Gerät, sondern auch ein eingelerntes, spezialisiertes pflegerisches und ärztliches Team. Das ist nicht banal, der Patient muss 24 Stunden am Tag genau beobachtet werden, das bindet viel mehr Kräfte. Eine Pflegekraft kann nur einen ECMO-Patienten betreuen. Wir haben zwei solcher Maschinen, die sind momentan belegt. Deswegen mussten die Kollegen der Intensivstation alleine in der vergangenen Woche vier Patienten in andere Häuser ausfliegen, um diese ECMO-Therapie durchführen zu lassen.
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Wie hoch ist die Arbeitsbelastung für Sie und Ihre Kollegen?
Sehr hoch. Es sind weniger Covid-Patienten als in den vorherigen Wellen, aber es gibt auch viel weniger Personal, das sich um sie kümmert.Denn der restliche Krankenhausbetrieb läuft im Normalbetrieb. Wir verfügen für unseren Fachbereich über eine bestimmte Zahl an Ärzten, die sich aber nicht nur um den Covid-Bereich kümmern müssen. Jetzt geht es wieder in den Schichtdienst, dadurch sinken die Kapazitäten. Wer Nachtdienst hat, kann am nächsten Morgen nicht arbeiten. Es ist eine Herausforderung, das zu planen, ohne dass die Kollegen ausgebrannt werden. Das ist gerade sehr schwierig. Wir wollten mit Blick auf den Herbst nicht zu früh beginnen, sehr viel Personal einzusetzen, das dann in anderen Bereichen fehlt. Aber wir sind schon wieder im Drei-Schicht-System, viel Freizeit gibt es nicht.....