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Lugasch
Es wird ja noch nicht mal versucht die Idee zu durchdenken und meinetwegen auch zu widerlegen, sondern sie gleich vonvorneweg abgelehnt.
Vielleicht kommt ja die Ablehnung daher, dass die Leite versucht haben die Idee zu durchdenken und zu anderen Schlüssen kommen wie du?
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Julian Braun
Was haben den zwei bis drei Tage Arbeit für die Gemeinschaft (das als eine Art "Arbeitssteuer" zu verstehen, finde ich übrigens eine pfiffige Idee) mit Planwirtschaft und Sozialismus zu tun?
Die Gemeinschaftsarbeit an sich hat nichts damit zu tun. Aber die Umsetzung eines regelmäßigen Dienstes. Wenn jeder dazu verpflichtet wird, ein paar Tage im Monat zu arbeiten, dann muss es für diese Menschen in ihrem nahen Umfeld auch dementsprechend Aufgaben geben. Und die müssen schon im voraus geplant werden, damit erstens die Arbeiter und zweitens auch deren Firmen eine Planungssicherheit haben.
Lübeck hat zur Zeit 217k Einwohner. Die aktuellste Zahl die ich gefunden habe sind 126k Erwerbstätige in 2016. 45k davon sind im öffentlichen und privaten Dienstleistungsbereich. Die ziehe ich mal davon ab, da zumindest die öffentlichen Dienstleister ja wahrscheinlich vom freiwilligen Dienst ausgeschlossen werden und ich zu faul bin die genaue zusammensetzung der Zahlen rauszusuchen. Bleiben also 81k Menschen die eine Aufgabe brauchen. Bei einem 1 Tag langen Dienst bräuchte man also pro 30 Tage 2700 verschiedene Stellen/Aufgaben nur in Lübeck. 1 Tag im Monat halte ich wie ich im anderen Faden schon geschrieben habe für ineffizient. Da geht der halbe Tag schon für die Vor und Nachbereitung drauf. Bei einem 2 Tage Dienst wären wir dann schon bei 5400 Aufgaben. Bei drei bei 8100. So viele Leute kannst du aber nicht sinnvoll beschäftigen. Nicht ohne massiv in die freie Wirtschaft einzugreifen. Denn wenn plötzlich die Solzialdienstler anfangen Gebäude, Bänke was auch immer zustreichen, Müll sammeln, Landschaftspflege zu betreiben, usw., dann verhindern sie, dass private Unternehmer diesen Job ausführen.(Eingriff in den freien Markt/Solzialismus) Und zusätzlich würden noch Jobs im öffentlichen Dienstleistungssektor überflüssig.
Nur kann jeder Job nur eine bestimmte Anzahl an Male ausgeführt werden. Es macht keinen Sinn einen Rasen jeden Tag zu mähen. Also braucht man noch einen riesen Verwaltungsapparat der im voraus den Bedarf an Aufgaben ermittelt und gegebenenfalls schaft.(Das ist Planwirtschaft) Und es braucht Leute die die Dienstleistenden überwachen, einweisen und führen.
Und wenn du einen ständigen Durchlauf an Leute hast, dann kannst du auch keine oder nur sehr wenige spezialisierten und hochqualifizierten Aufgaben dafür nehmen. Da brauchst du erstens Kompetenz und zweitens eine Konstanz, damit die Leute wissen was sie tun und eingearbeitet sind.
Die meisten Leute bleiben dann unabhägig ihrer tatsächlichen Kompetenz, nur für niedrig qualifizierte Aufgaben über. Und damit treten sie dann in direkte Konkurrenz zu niedrigqualifizierten Arbeitnehmern. Und gerade in dem Sektor, wo sie eine Chance auf eine hohe Bezahlung haben. Nämlich im öffentlichen Dienst.
Dazu kommt dann noch, dass du Aufgaben für jeden finden musst, die er auch halbewegs gerne und gut ausführt. Ich hasse zum Beispiel streichen/malen. Die Aufgabe würde also schon mal schlechter ausgeführt werden, als bei jemandem, der Lust darauf hat. Andere mögen keine Gartenarbeit. Andere sind nicht gerne draußen. Andere arbeiten nicht gerne mit alten Menschen. Andere mögen keine Kinder. Wenn du also halbwegs gute Ergebnisse haben möchtest musst dieser Planungsapparat auch noch für jeden eine Aufgabe finden, zu die er halbwegs Lust hat.
Dazu kommt dann noch, dass der Staat eigentlich immer ineffizienter ist, als die privat Wirtschaft. Denn in letzterer gibt es, sofern der Markt frei und ohne bzw mit möglichst geringen eingriffen des Staats stattfindet, eine natürliche Auslese. Die gibt es im Staatsdienst nicht.
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Julian Braun
Weiterhin wäre dies ja quasi die Basis für die allgemeine Grundsicherung, weshalb ich auch die Argumente "das kann ich mir nicht leisten, dann fehlt mir Geld" etc. nicht verstehe.
Das ist schön und gut für den durchschnittlichen Arbeitnehmer und Geringverdiener. Besserbezahlte haben aber einen Einkommensverlust. Die würden dann wohl nicht in der Armut landen, aber bei der Motivation hilft das nicht, wenn man einen Einkommensverlust hat um an einer einer erzwungene Beschäftigungstherapie teilzunehmen.
Viel schlimmer trifft es dann Soloselbstständige. Die müssen dann ihren Betrieb für 2,3 Tage dicht machen. Kosten wie Miete etc laufen für die Tage weiter, also müssen sie schon mal die Preise erhöhen, weil sie in weniger Tagen das gleiche erwirtschaften müssen. Dazu kommt dann noch, dass mehr Leute dann beispielsweise lieber zu der großen Anwaltskanzlei gehen, statt zu dem allein arbeitenden Anwalt, denn die sind öfter erreichbar. Das gleiche gilt für Berater. Yogastudios. Massagesalons. Frisöre. Das würde nicht dazu führen, dass die keine Kunden mehr haben. Aber, dass sie es schwerer haben. Dass, es schwieriger ist sich überhaupt selbsständig zu machen. Das würde dann zu weniger Vielfalt und weniger Innovationskraft führen, da es sich für weniger Menschen lohnt und auch weniger Menschen den Schritt überhaupt gehen.
Genauso betrifft das dann kleine und vielleicht mittlere Unternehmen. In einem großen Konzern mit 20 Einkäufern ist es kein Problem einen 21sten einzustellen, um die Fehltage der anderen aufzufangen. Bei einem Betrieb mit einem Einkäufer aber schon.
Im Endeffekt würde dass dann zu einer Preissteigerung in allen Bereichen führen, während zusätzlich gerade im Niedriglohnsektor noch Jobs verloren gehen, da die ja durch die Dienstleistenden ausgeführt werden.
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Julian Braun
Die Frage ist doch auch ganz einfach die: Wie sehen die reellen Alternativen aus? Seit den letzten 20 bis 40 Jahren befinden sich eigentlich alle hochgelobten westlichen Demokratien in einer Art "Verfall". Das Prekariat wächst, die Renten sind nicht mehr gesichert, der Geldbetrag der ins Sozialsystem umgeleitet wird steigt immer weiter.
Das ist ein ziemlich komplexes Thema. Das Problem wird aber nicht dadurch gelöst, dass der Staat noch stärker in den freien Markt eingreift und noch einen riesen Verwaltungsapparat aufbaut, der Geld frisst und Aufgaben in schlechterer Qualität ausführt.
Wie schon im anderen Faden geschrieben, bin ich nicht grundsätzlich gegen diese sozialen Gesellschaftsdienste. Ich bin gegen regelmäßige Dienste. Ein oder zwei Jahre nach der Schule können effizienter organisiert werden, da weniger Planungsaufwand vorhanden ist. Das senkt dann auch die Kosten da weniger Bürokratie erforderlich ist. Die Leute sind über einen längeren Zeitraum mit der gleichen Aufgabe betraut, also kann man sie auch in komplexere Aufgaben stecken und die Qualität der Arbeitsleistung steigt. Die Aufgaben müssen nicht unbedingt lokal vor Ort sein, denn für ein oder zwei Jahre kann man zu not auch mal umziehen. Es würde den jungen Menschen Zeit geben sich zu orientieren und ihren Charakter wohl mehr prägen. Würde jeder dazu verpflichtet werden, hätte man dadurch auch keine Nachteile am Arbeitsmarkt. Und wenn man damit durch ist steht man dem Markt zu Verfügung. Kleine Betriebe haben eine längere Planungssicherheit mit ihren Beschäftigten und Soloselbstständige müssen ihren Landen nicht schließen. Und auch gerade in der Pflege/Betreuung ist es besser, wenn die gleiche(n) Person(en) über einen längeren Zeitraum für einen da sind. Kinder und alte und vor allem leicht demente Leute brauchen Bezugspersonen. Wenn alle 2 oder 3 Tage jemand neues für einen zuständig ist, ist das eher Stress als Hilfe.
*edit*
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General Bordeaux
Steuerpflicht ist für mich genauso zu betrachten wie das Bezahlen von Schutzgeld an eine kriminelle Organisation. Grundsätzlich verwerflich, jedoch mit einer Gegenleistung (Verteidigung), für die ich auch ohne Nötigung freiwillig bezahlen würde. Dementsprechend stören mich staatliche Ausgaben (welche durch Steuern, versteckte Steuern in Form von Inflation sowie Verschuldung finanziert werden) besonders, wenn sie über die Verteidigung des Privateigentums der Steuerzahler hinausgehen.
Dazu kommt dann noch, dass die meisten Posten, für die der Staat die Steuern verwendet durch private Dienstleistung effizienter und somit kostengünstiger durchgeführt werden können.
Geändert von OliverT (04-03-2022 um 12:21 Uhr)
“Das ist zwar peinlich, aber man darf ja wohl noch rumprobieren.”
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