Ein interessantes Thema, kommt ja implizit immer wieder mal… falls ich ungefragt meine stilfremde ringerische Perspektive einwerfen darf: bei uns gibt es ja «Formen» an sich nicht, was es gibt, ist freies «Schattenringen» (shadow wrestling), nicht unähnlich dem bekannten «shadow boxing». Also unchoreografiert, frei zusammengestellt und praktisch ein Kampf gegen einen imaginären Gegner. Die Meinungen dazu sind geteilt, es gibt aber einige bekannte Verfechter, z.B. John Smith (ja, DER John Smith
Wer ihn nicht kennen sollte – zweifacher Olympiasieger und vierfacher Weltmeister im Freistilringen und als Trainer der Hauptgrund, warum die Ringerwelt weiss, wo die Oklahoma State University liegt). Laut Smith sollte man an den Punkt kommen, wo man einen Gegner nach dessen Soloübungen einschätzen kann. Implizit sagt er damit, dass man sich diesen Punkt erst erarbeiten muss, indem man selbst massenhaft sowas gemacht hat. Beurteilt wird dabei nicht nur die Bewegungsqualität und Biomechanik an sich, sondern auch die Zusammenstellung der Übungen in Hinblick auf Vorbereitung, Durchführung und Weiterführung einer Technik. Dazu muss man wissen, dass Ringen entgegen der landläufigen Meinung sehr viel auf Taktik und Täuschung (Finten) beruht. Mit anderen Worten, man schätzt ein, ob die Person mit dem gezeigten eine Chance hätte, gegen einen selbst damit durchzukommen («hätte ich ihm das abgekauft» und «hätte ich das kontern können, falls er an den Punkt kommt»). Ich war selbst lange Zeit dem Trainingsmittel gegenüber sehr skeptisch, weil ich mich vergeblich daran versucht habe (und mir Gene LeBell’s «Kata is bullshit» - paraphrasiert - nachhaltig im Hinterkopf geblieben ist). Ich hatte dann aber ein «AHA!»-Erlebnis, nachdem ich im Training mehrere Monate lang dazu angehalten worden war, ein und die selbe Technik ein paar hundertmal pro Training am Partner zu üben. So stand ich dann eines Abends alleine auf der Matte und habe aus Langeweile zwischen zwei Sets Ringerpuppenwürfen mit dem Schattenringen angefangen. Und siehe da, plötzlich konnte ich den imaginären Gegner nicht nur «sehen» - was mir bis dato immer ziemlich unmöglich war – sondern auch «fühlen». Man könnte sagen, mir ist plötzlich der «intent» bei dem Trainingsmittel gekommen. Und genau danach halte ich Ausschau. Das bestärkt aus meiner Sicht Smith’s implizite Aussage noch mehr – ich muss die Techniken selbst in- und auswendig kennen, um zwischen «Vortanzen» und einem «realen» Kampfdrill unterscheiden zu können. Klingt etwas philosophisch, aber besser kann ichs grad nicht ausdrücken.
Beste Grüsse
Period.