Heute steht der folgende Artikel im Bonner General-Anzeiger:
Weltmeister im Kickboxen droht das Aus als Polizist

Brühler Beamter schlug Partygäste krankenhausreif


Von Rita Klein

Bonn. Der Mann auf der Anklagebank ist nicht nur als Bereitschaftspolizist in Brühl aufgerufen, seine Gefühle zu kontrollieren. Als dreifacher amtierender Weltmeister im Kickboxen sollte ihm der kontrollierte Körpereinsatz in Fleisch und Blut übergegangen sein. Doch am 7. April 2002 verlor der 33-Jährige auf einer privaten Party in Waldbröl jede Kontrolle - und muss nun um seinen Job als Polizist bangen.

Im Verlauf eines Streit, in den seine Freundin verwickelt war und in dem er provoziert worden sein will, setzte er seine Kampfkunst rücksichtlos ein: Er brach einem 16-Jährigen zweifach den Kiefer, durchschlug dessen Schwester die Unterlippe und verletzte einen 29-Jährigen über dem Auge. Der 16-Jährige konnte monatelang nicht essen und verlor 15 Kilo Gewicht, seine Schwester muss mit einer sichtbaren Narbe leben. Obwohl der Polizist im Herbst vor dem Amtsgericht Waldbröl versicherte, in Notwehr gehandelt zu haben, wurde er wegen Körperverletzung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, was automatisch die Entlassung aus dem Polizeidienst nach sich zieht.

Nun kämpft er in der Berufung vor dem Bonner Landgericht um seinen Job, gibt erstmals die Vorwürfe zu, äußert erstmals Bedauern, bietet den Opfern erstmals Schmerzensgeld an und hofft auf eine mildere Strafe. Zwar ist das Gericht gewillt, über eine andere Form der Strafe, nämlich eine hohe Geldstrafe nachzudenken, die dem bisher unauffälligen Polizeimeister nicht die Existenz ruinieren würde. Doch dabei stößt die Kammer auf erbitterten Widerstand bei Staatsanwalt Patrick Wilhelm, der dem Angeklagten nicht nur den Gewaltausbruch ankreidet, obwohl er gerade als Polizist deeskalierend wirken sollte.

Er wirft ihm auch vor, sich nie bei den Opfern entschuldigt, sondern sie statt dessen seinerseits wegen Körperverletzung angezeigt zu haben. Und die plötzliche Reue nimmt ihm der Ankläger nicht ab: "Das ist nur Taktik, um möglichst günstig rauszukommen."

Auch die beiden Schöffen sind nicht sicher, was von einem solchen Polizisten zu halten ist, und Kammervorsitzender Hinrich de Vries bringt das Problem nach einer Beratungspause auf den Punkt: "Wir stellen uns die Frage: Ist jemand, der einmal derartig über das Ziel hinausschießt, für den Polizeidienst geeignet?" Eine Frage, die weiterer Aufklärung bedarf. Der Prozess wird vertagt, weil nun doch alle Zeugen gehört werden sollen.

Nach der Verhandlung stellt sich in der Tat die Frage, was es mit der Reue des Angeklagten auf sich hat: Als der Opfer-Anwalt den Verteidiger auf das Schmerzensgeld anspricht, muss er hören: Das ist nun nicht mehr selbstverständlich.
Das ist ja wieder mal was für unser Kampfsportler-Image.