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Vollständige Version anzeigen : Das europäische Schwert - Fakten und Mythen.



Vlfrith
26-03-2011, 13:55
Hallo an alle!!!

Ich bin sozusagen ein Liechtenauer-Fechten-Anfänger, hab zur Zeit keinen Verein aber es wird sich (hoffentlich) bald ändern. Ich lese in diesem Forum ziemlich oft, hab mich jetzt endlich angemeldet. :)

Mein Debüt - ein Thema welches im Internet zur Tode diskutiert wird aber zu welchem erstaunlich wenig Konkretes gesagt wird, nämlich die europäischen Schwertwaffen. Über japanische Schwerter existiert viel Literatur - derjenige der sich über europäische Schwertwaffen informieren will wird erstmals mit einem riesigen Haufen Mythen und Vorurteile konfrontiert, er hat dann nichts anderes übrig als diesen Haufen nach perlen abzusuchen, sprich fundierter Information. Ich habe dieses Suchen halbwegs durch und würde gern meinen Informationsstand hier verewigen.

Die am meisten verbreiteten Vorurtiele und Mythen, die schon lange den Status der "urbanen Folklore" haben...

1). Die europäischen Schwerter waren klobig, unhandlich, grobschlächtig und wogen bis 18kg

What Did Historical Swords Weigh? (http://www.thearma.org/essays/weights.htm)
Journal of Western Martial Art (http://ejmas.com/jwma/articles/2005/jwmaart_dawson_0205.htm)
Ewart Oakeshott: Sword In Hand © 2001

Entsprechend der o.g. Untersuchungen und wissenschaftlicher Forschung wogen die Gebrauchsschwerter des europäischen Mittelalters zwischen 650 und 1400 Gramm. Die schwersten Exemplare können 2kg erreichen, wobei immer eine gebrauchstüchtige Balance und Gewichtsverteilung vorhanden ist. Bidenhänder – eine spezielle Schwertart, nicht mit dem Langschwert verwechseln. Könnten maximal 6kg erreichen. (Quelle: The Two-Handed Great Sword (http://www.thearma.org/essays/2HGS.html))
Video-Beispiel:
YouTube - The Hanwei Scottish Lowlander (http://www.youtube.com/watch?v=0_A1UxQDwFA)
Prunk- und Paradeschwerter – keine Gebrauchsgegenstände, quasi dekorative Fakes, konnten bis 11 kg wiegen. (Quelle: ebd.)

Ursprung des Mythos: Das Langschwert verlor seine militärische Bedeutung in der ersten Hälfte des 16 Jh., ab der zweiten Hälfte denselben Jahrhunderts verkümmerte Langschwertfechten zu einem Sport, der Rapier war nun die vorherrschende Duellwaffe. (Quelle: das Fechtbuch von Joachim Meyer, 1570). Langschwert wurde als altmodisch und unhandlich betrachtet. Ab dem 19 Jh. im Zuge der Romantik kam das Interesse an Rittern und ihren Waffen – in Museen und Kollektionen haben sich jedoch hauptsächlich schwere Renaissance-Turnierrüstungen und gebrauchsuntüchtige Prunkschwerter erhalten, die dann automatisch als „echte Ritterwaffen“ angenommen wurden (Hans-Peter Hils: Meister Johann Liechtenauers Kunst des langen Schwertes, © 1985 S.269-286). Im Kontrast mit dem sportlichen Fechten des 19 Jh. entstand so die Vorstellung des „eisenbarrenschwingenden“ Ritters, wobei diese Meinung vorwiegend von Degenfechtern vertreten wurde.
Walter Scott (1771-1832) hat die klassische romantische Literatur begründet. Dabei erschuf er auch Schwertmythen die bis heute als „historisch“ gelten.
- „Talisman, oder Richard Löwenherz in Palästina“. Die Begegnung Richards mit Saladin, das Hacken einer Eisenkeule mit einem riesigen Zweihänder sowie lockere Zerschneiden eines Kissens mit einem „damaszener Säbel“ durch Saladin sind Scotts Fantasieprodukte!
- „Ivanhoe“. Einkloppen auf die Rüstung mit dem Schwert in einem Ritterkampf ist ebenfalls Scotts freigeistige Erfindung.
Ab den 1970er Jahren kam der sog. "Asien-Hype" auf, asiatische Kampfkünste erfreuten sich breiter Beleibtheit, dabei kam auch das Interesse an eigenen europäischen Kampfkünsten. Da es an seriöser Forschung damals extrem mangelte hat besonders die Filmindustrie alte Vorstellungen von "schweren klobigen Schwertern" aufgegriffen und diese in Filmen umgesetzt. Beispiel:
YouTube - Robin Hood vs. Sheriff of Nottingham - Final Duel (Robin and Marian) (http://www.youtube.com/watch?v=7ubpQE2IrG0)

FAZIT: Der Mythos vom riesigen Gewicht der Schwerter entstand im 19 Jh. durch die Voreingenommenheit der Degenfechter dieser Epoche, sowie romantische Fantasy von Scott und anderer Autoren die in Sammlungen riesige Prunkschwerter sahen und aus irgendeinem Grund dachten es seien „Gebrauchsstücke“. Ab den 80ern und 90ern erfreuten sich Ninja, Anime und chinesische Wuxia-Verfilmungen breiter Bekanntheit wo ständig "asiatische Superschwerter" vorkamen. Mittelalter wurde jedoch zunehmend als eine "barbarische Epoche" dargestellt, siehe: Ritter ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Ritter#Literarische_und_kinematografische_Umsetzun g)
Der Kontrast zwischen der populären Vorstellungen beider Kulturkreise war nun dermaßen stark dass europäische Waffen automatisch in den Ruf gerieten "klobig, schwer und nicht ausbalanciert" zu sein. Einsicht in die Parameter der historischen Originale lässt diese Annahme aber sehr schnell widerlegen:
http://zornhau.de/source/schwertexkursion/index.htm
Zornhau - historische Fechtkunst e.V.- (http://zornhau.de/source/schwertexkursion/dinkelsbuehl2.htm)

2). Europäische Schwerter waren nicht scharf

The Towton Mass Grave Project (http://www.brad.ac.uk/acad/archsci/depart/resgrp/towton/)
Veronica Fiorato, Anthea Boylston, Christopher Knüsel: Blood red roses: the archaeology of a mass grave from the Battle of Towton AD 1461. 2000
Abbildungen der Fechtbücher von Hans Talhoffer, Maciejowski-Bibel, Codex Manesse, Beschreibungen der Schnittverletzungen aus historischen Quellen
Andre Schulze: Mittelalterliche Kampfesweisen – Buchreihe

Überreste Gefallener aus der Schlacht von Wisby sowie dem Massengrab von Towton belegen tödliche Schnittverletzungen, wobei abgetrennte Gliedmaßen und zerschnittene Schädel forensisch untersucht wurden. Das Ergebnis – bei manchen Schädeln wurden sogar Zähne säuberlich zerschnitten (nicht gebrochen!). Das ist ein eindeutiger archäologischer Beleg für die Schärfe der damaligen Waffen, selbst zur Zeit der gotischen Plattenrüstung. In den Fechtbüchern finden sich zahlreiche Hinweise und Techniken die eine sehr scharfe Waffe erfordern.
Die Schärfe einer Klinge wird maßgeblich durch ihre Geometrie bestimmt. Europäische Originalschwerter haben einen Schneiden-Winkel von 25-30°, welcher auf sehr gute Schärfe schließen lässt. Querschnitte moderner Repliken:
http://www.templ.net/pics-making/blades/cross_section01v.jpg
Es gibt auch wiederholt Berichte von professionellen Schwertschmieden die Originale untersuchen und an gut erhaltenen Schwertern hohe Schärfe feststellen: myArmoury.com: Sword of St. Maurice of Turin (http://www.myarmoury.com/review_alb_sosmt.html)

It is quite as useable today as it was in the 13th century I think you could use the edge to sharpen a pencil: it is still that sharp.

Ursprung des Mythos: Im 20 Jh. wurde durch die Kinematografie ein neuer Sport begründet, der Schau- und Bühnenkampf. Dabei wurden sicherheitshalber stumpfe leichte schwertähnliche Klingen benutzt. Ziel war ein spektakulärer aber sicherer Kampf. Diese Art Darstellungskampf ist die einzige Vorstellung der modernen Zuschauer über den echten Schwertkampf, so wurde automatisch angenommen dass die stumpfen Schaukampfschwerter „echt“ sind. Dazu kam noch die Meinung der Fechter des 19 Jh. und der Kontrast zu scheinbar überscharfen asiatischen Waffen.

FAZIT: Es gibt viele sehr gut erhaltenen Originale die noch Originalschärfe aufweisen. Somit ist der Mythos eines modernen Ursprungs (1970-80er Jahre), bedingt durch Hollywood-Bühnenkampf, und ist somit völlig aus dem Finger gesogen.

3). Europäische Schwerter waren aus schlechtem Stahl

Salter, C and Ehrenreich, R M 1984. Iron Age metallurgy in central southern Britain, in Cunliffe and Miles 1984.
Alan Williams: The Knight and the Blast Furnace. Brill Verlag © 2003
(The knight and the blast furnace: a ... - Google Bücher (http://books.google.de/books?id=GpVbnsqAzxIC&printsec=frontcover&dq=the+knight+and+the+blast+furnace&source=bl&ots=EGRd7T_k7B&sig=NP1cAh2fqHID7YNridfT0nICsqg&hl=de&ei=KJ1fTc-THI6W4AaTr4HsCQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CDgQ6AEwAw#v=onepage&q&f=true))
Alfred Pothmann (Hrsg.): Das Zeremonialschwert der Essener Domschatzkammer. Aschendorff, Münster © 1995
Stefan Mäder: Stähle, Steine und Schlangen. Zur Kultur- und Technikgeschichte von Schwertklingen des frühen Mittelalters. © 2001
Janet Lang: Study of the Metallography of some Roman Swords © 1988
Radomir Pleiner: The Celtic Sword © 1993
Ian Peirce: Swords of the Viking Age. Boydell Press © 2007
Swords of the Viking age - Google Bücher (http://books.google.de/books?id=4hVxR3BRwwoC&pg=PA145&lpg=PA145&dq=swords+piled+construction+carburised&source=bl&ots=I-O6UOd22a&sig=BJIUVEU2_kgaBC3MVORB3g3cqYE&hl=de&ei=CqxfTdi8EcT_lgeiy8S1DA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CBgQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false)

Moderne metallografische Untersuchungen haben ergeben dass selbst einige keltische Schwerter aus dem 5 Jh. v. Chr. aus mehreren gezielt verschweißten Stahlsorten bestehen. Mustergeschweißter Stahl findet sich im auch im Römischen Imperium, wobei an römischen Schwertern sogar selektive Härtungen festgestellt wurden. Schwerter aus dem Nydam-Fund bestätigen diese Ergebnisse, und die Befunde an Saxen und einem Schwert aus dem 6-8 Jh. (Mäder) belegen einen fachmännisch raffinierten Stahl, Kompositklingen und selektive Härtung derselben. Poliert und überprüft wurden die Saxe & Schwert übrigens von ranghöchsten japanischen Spezialisten. Das Essener Zeremonialschwert (siehe Pothmann) besteht aus nachgewiesenermaßen einheimischen Gärbstahl mit einem Spitzenwert von 1,1% Kohlenstoff und einer Reinheit die locker mit modernem Werkzeugstahl C105W1 mithält. Ein so hoher Chalt und die Reinheit des Stahls sind bisher einzigartig, m.W. gibt es bis heute keine vergleichbare Stahlanalyse von z.B. japanischen Klingen.

Eine Auswahl metallografischer Forschungsergebnisse:
http://gladius.revistas.csic.es/index.php/gladius/article/viewFile/218/222
http://gladius.revistas.csic.es/index.php/gladius/article/download/50/51
http://gladius.revistas.csic.es/index.php/gladius/article/download/141/141
Metallurgy and Production of European Armor (http://www.oakeshott.org/metal.html)
myArmoury.com: Sword Blade Hardness: the current research (http://www.myarmoury.com/feature_bladehardness.html)

Typisches „Ritterschwert“ des 12 Jh., sowohl Schmiedetechnologie als auch der Kohlenstoffgehalt kann unter Berücksichtigung o.g. Quellen als repräsentativ gelten:
http://www.jstage.jst.go.jp/article/isijinternational/47/7/1050/_pdf
Die am meisten in Europa verwendete Schmiedetechnik für Klingen ist das "Schichtlaminat" - verschiedenen vorher durch Falten und Ausschmieden vorgefertigte Stahlbarren (siehe Mäder) mit unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt werden wie ein Sandwich zusammengelegt so dass im inneren des "Sandwich" der C-ärmster Stahl wiederfindet. Je weiter außen dest mehr Kohlenstoff haben die Schichten, hiermit wird sozusagen eine selektive C-Verteilung erreicht. "Ein Stück schlechten Stahls grob gehämmert" - das überlässt man lieber der Fantasie jener die von angeblichen "dummen Barbaren aus dem Norden" mehr fasziniert sind als der tatsächlichen Geschichte.

Ursprung des Mythos: Fehlende metallografische Forschung bis weit ins 20 Jh. hinein. Heute ist es vor allem die Verherrlichung der japanischen Schmiedekunst durch die Medien, die als „einmalig“ bezeichnet sowie das Klischee des „finsteren Mittelalters“ welches die damaligen Menschen gern als „ungebildete und primitive Barbaren“ hinstellt. Dies ist jedoch weder historisch belegt noch in irgendeiner Art und Weise geschichtswissenschaftlich ernsthaft vertretbar.

FAZIT: Die archäometallurgische Forschung belegt eindeutig dass europäische Schwerter schon seit der Antike diesselbe Qualitäten besaßen als entsprechende Klingenwaffen aus anderen Teilen der Welt. Eisenherstellung mittels Rennofen, Gewinnung von qualitativem Stahl, ausgeklügelte Raffination durch Gärben (falten & ausschmieden) und komplexe Schmiedetechniken sowie ausgereifte Wärmebehandlung/selektive Härtung – das alles ist in Europa archäologisch und historisch nachweisbar. De Vorstellung von "groben Eisenklötzen der Ritter" und "Stahlkeule mit stumpfer Schneide" ist hiermit moderner unhistorischer Unsinn.

Es gibt außerdem auch historische Zeugnisse aus arabischem(!) Kulturkreis welche fränkische Schwerter sehr positiv beurteilen - im Gegensatz zu der verbreiteten romantischen Vorstellung (Walter Scott!) dass "arabische Damaszenerwaffen" europäischen Schwertern angeblich überlegen sind.
Ibn Miskawaih (11Jh.) schreibt z.B. dass von Muslimen Wikingergräber geplündert wurden damit man an europäische Schwerter herankommt welche wegen ihrer Qualität und Schärfe hoch gehandelt wurden. Nasireddin al-Tusi (13 Jh.) schreibt dass europ. Schwerter sogar Eisen hacken konnten aber so flexibel waren dass sie ohne Schaden verbogen werden konnten. Und Al-Kindi (9 Jh.) schreibt in seinem "Buch der Schwerter" dass diese aus kombinierten Eisen und Stahl bestanden und von excellenter Qualität waren.... Passt absolut nicht in die modernen Vorstellungen von "schlechten europäischen Stahl". ;)

4). Es gab keine europäischen Kampfkünste und Schwertkampfsysteme

Royal Armouries Manuskript I.33 © ca. 1300
Nürnberger Handschrift GNM 3227a © 1389
Fiore dei Liberi: Flos Duellatorum © 1410
Sigmund Ringeck: MS Dresd. C 487 © 1440er
Peter von Danzig: Cod. 44 A 8 / MS 1449 © 1452
Hans Talhoffer: 6 Fechtbücher von 1443 bis 1467
Paulus Kal: Cgm 1507, 95 folia © 1460
Filippo Vadi: De Arte Gladiatoria Dimicandi © zw. 1482-1487
Achille Marozzo: Opera Nova dell'Arte delle Armi. © 1536
Joachim Meyer: Gründtliche Beschreibung der Kunst des Fechtens. © 1570
Salvator Fabris: De lo schermo overo scienza d’arme. © 1606
Nicolaes Petter: Klare Onderrichtinge der Voortreffelijke Worstel-Konst. © 1674

Dies ist eine bei weitem unvollständige Liste der bedeutenden Fecht- und Ringmeister von 1300 bis 1700, die deutlich machen soll über die Quantität und die Qualität der historischen Kampfkünste in Europa.

Das Bild einer „überschweren ritterlichen Konservendose“ der mit bloßer Gewalt mit einem Stahlbarren auf seine Gegner eingedroschen hat ist in der zweiten Hälfte des 20 Jh. entstanden, vor allem in der 70-er Jahren parallel zur Entwicklung des Schaukampfes. Man hat hier einfach alte romantische Klischees bedient und die Filme taten ihr Übriges, indem sie alte romantische Vorstellungen in Szene setzten - das geschah oft unfreiwillig, denn die Filmemacher der 1920-50er hatten keine Ahnung wie sie echte Schwertkämpfe arrangieren sollten und haben ihre Fantasie deshalb spielen lassen. Persönliche Meinungen der Degenfechter wie Luigi Barbasetti welche die o.g. Quellen als „Unsinn“ bezeichnen entbehren jeglicher Begründung und sind mehr ein Nachklang der Arroganz der viktorianischen Epoche als seriöse Forschung.

Ursprung des Mythos: Zweite Hälfte des 20 Jh., Popularität der asiatischen Kampfkünste. Diese werden in den Medien verherrlicht, wobei die Historischen Europäischen Kampfkünste aus der romantischen Sicht des 19 Jh. wahrgenommen werden, wo antiken und mittelalterlichen Europäern gern Systematisierung und jegliches Können abgesprochen wurde. Von daher stammt auch das (veraltete und zum größten Teil frei erfundene) Bild eines Europäers der nur prügeln und beten konnte.

FAZIT: Eine unbedingte Trennung zwischen „romantischer Fantasy“ und historisch belegten Fakten ist nötig, denn das romantische Bild vom „eisenschwingenden dumpfen Barbaren“, im Gegensatz zu angeblich „hochzivilisierten Ländern des Ostens“, lässt sich durch keine historische Quelle belegen. Eher umgekehrt; Fechtbücher, historische Originale und ihre akkurate Repliken lassen ein sehr hohes Maß an Potential dieser Waffen erkennen:
YouTube - Cutting Presentation Highlights October 23 2010 (http://www.youtube.com/watch?v=Hmw3qec3ATo)
YouTube - Test Cutting (http://www.youtube.com/watch?v=vOJgPEnmnxk)

5). Europäische Schwerter waren nicht poliert.

Es gibt das allseits bekannte Vorurteil dass europäische Schwerter nur grob geschliffene Stahlstücke waren ohne Oberflächenveredelung wie z.B. bei japanischen Schwertern. Das wird ganz kräftig durch zahllose Fime "begründet" wo die Schwerter allesamt rostig und grobschlächtig aussehen und wo zum Schärfen einfach irgendein Stück Felsen gegeriffen und damit entlang der Schneide gekratzt wird. Das findet sich in "Conan", "Highlander", und vielen anderen Filmen.

Es gibt jedoch eine reihe historischer Belege die dem klar widersprechen, z.B. der Brief von Theoderich der zu Beginn des Frühmittelalters entstand. Dort wird von spiegelfein polierten Schwertern gesprochen und das Schattenspiel der Damaszierung: Magische Schwerter (http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/advanced/t4_1_3.html#_8)
Mäder hat in seiner Doktorarbeit einen ganzen Kapitel zu historischen Belegen der europäischen Polituren gewidmet (Stefan Mäder: Stähle, Steine und Schlangen (http://www.schwertbruecken.de/pdf/staehle.pdf), siehe oben).
Es gibt auch zahlreiche Abbildungen welche hochfeine Polituren bestätigen: http://www.manesse.de/manesse/img/kfb/ausschnitte/Aus-kfb056-EisenhutS127-80-348-422.jpg
...und natürlich auch erhaltenen Originale mit Originalpolitur drauf: myArmoury.com (http://www.myarmoury.com/view.html?features/pic_spotxii20.jpg) Bei diesem Schwert ist bis heute seine Spiegelpolitur erhalten geblieben und die Schneide ist ähnich asiatischen Schwertern weißlich hervorgehoben.

FAZIT: Spiegelpolituren und das Handwerk des Schwertfegers lässt sich in Europa schon sehr früh belegen wie auch verschiedene Verfahren, Polierpasten, Poliersteine und verschiedene Methoden der Oberflächenveredelung (siehe S. Mäder). Das Vorurteil der "rostigen groben Klinge des Ritters" kommt aus modernen Filmen, was wiederum wohl durch rostige Museumstücke "inspiriert" wurde.

6). Europäische Schwerter waren vor allem Knüppelwaffen.

Hier lässt man am besten die Originalmaße sprechen...

12 Jh. "Normannenschwert":
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/ZEF-5.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/ZEF-5.pdf

10 Jh. Spatha:
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/Zornhau-ZEF-11-gross.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/DatenblattZEF11.pdf

15 Jh. Hiebschwert:
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/Zornhau-ZEF-12-gross.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/DatenblattZEF12.pdf

Militärischer Anderthalbhänder um 1400:
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-7-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/uploads/downloads/2011/05/DatenblattZEF07.pdf

Wenn man die flachen Klingen anschaut, dann merkt man dass diese nicht über 1200 Gramm hinausgehen und um 2/3 der Klinge NUR 3mm Dicke aufweisen! Die Klingengeometrie von ~30° dazu, und wir haben hier eine äußerst schlechte "Knüppelwaffe", zu flexibel und zu scharf um einen Effekt wie z.B. der Streitkolben zu bewirken, von der guten alten Axt ganz zu schweigen. Das letzte Schwert mit rhombischen Querschnitt ist zwar um 2-3mm dicker, dafür schmaler und wiegt auch nicht über 1300 Gramm.

Nichts davon taugt als Knüppelwaffe zum Spalten und Deformieren der Rüstung!! Mal abgesehen davon dass in Fechtbüchern (http://de.wikipedia.org/wiki/Fechtbuch) so etwas überhaupt nicht gelehrt wird.

Und zum Spalten der Rüstung - hier ist eine Untersuchung eines deutschen gotischen Plattenpanzers: http://gladius.revistas.csic.es/index.php/gladius/article/download/88/89
Hier erfahren wir dass ein gotischer Brustpanzer um 1,2mm dick ist und die Härte von etwa 230HV hat bei einem Kohlenstoffgehalt von 0,2-0,4%. Laut Materialkunde-Tabellen hat so ein Material die Druck-bzw. Zugfestigkeit von 500-600 N/mm². Der mächtigste Hieb der deutschen Schule mit dem Langschwert, der "Zornhau", hat um 10.000 Newton Schlagkraft - http://www.thearma.org/essays/Quality&Build.pdf

Heißt also, wenn wir das Material des Brustpanzers hochkant als Blech nehmen, und mit einem Schwert mit 0,5mm Schlagkante den "Zornhau" ausführen, ergibt das bei 550 N/mm² Druckfestigkeit grob gerechnet einen Einschnitt von rund 3cm! [550*(1,2*0,5)=330; 10000/330=30,3mm]. Ziemlich wenig. Damit wir einen Einschnitt von 40cm haben, quer über die Brust, brauchen wir in etwa eine Kraft von 130.000 Newton, das Dutzendfache einer menschlichen Extremleistung! Bei derselben Beschleunigung wie mit einem 1,5kg Schwert brauchen wir einen rund 20 kg Prügel damit 130.000 N aufgebracht werden können, und dieser Prügel müsste entweder an die 10-20 Meter lang sein oder aus Platin und Uran bestehen (The Two-Handed Great Sword (http://thearma.org/essays/2HGS.html) - roter Kasten rechts). :rolleyes: :p

FAZIT: Ich persönlich finde diese "Schwert-Knüppel-Geschichte" von allen Mythen am Absurdesten. Wer auch immer sich das ausgedacht hat, der war ganz fern der kampfsportlichen Realität...

7). Katana ist das „beste Schwert der Welt“

Katana ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Katana#Das_Katana_in_den_Medien)

a). Katana ist „an sich“ schneller, schärfer und hat ne größere Tötungskraft
Typische Sichtweise die unter dem Einfluss von Computerspielen, vor allem RPG’s entstand. Schwerter haben keine Eigenschaften „an sich“, und geringeres Gewicht macht es nicht automatisch schneller. Es ist ein Zusammenspiel von Balance, Gewichtsverteilung und Griff bzw. Klingengeometrie die über die Eigenschaften des Schwertes bestimmen, der Gedanke "leicht=schnell" ist ziemlich simplizistisch. "Tötungskraft" ist schon mal an sich eine typische Game-Erfindung, bloße Fantasien von Programmierern und Spielern die niemals eine echte Klinge in der Hand hielten.

b). Katana schneidet alles und ist unzerstörbar
Quelle: Anime!!!! Historisch sind umgekehrt Verbiegungen, Ausbrüche und gar Zerstörung des Nihonto überliefert wenn sie gegen Metall, Stein oder zu dicke Knochen eingesetzt wurden. (Beispiel: Kabutowari – Helmet-Splitting (http://www.shinkendo.com/kabuto.html)). Europäische Quellen berichten ähnliches. Japanische oder andere ‚Superschwerter‘ tauchen erstmals im Bewusstsein der westlichen Welt in den 80er Jahren, siehe „Conan der Barbar“, „Highlander“, zahlreiche Ninja-Filme. Diese Filme und Anime der 90er sind praktisch die HAUPTQUELLE des Glaubens Katana seien ‚Superschwerter‘. Es gibt keine andere belegbare historische oder wissenschaftliche Quelle die beweist dass Nihonto etwas könnten was andere Schwerter der Welt nicht schafften.
PS: Zerteilen einer Bleikugel aus einer Feuerwaffe, Schneiden von Papier, Tomaten, Tatami-Matten, Abwehren eines Pfeils oder Durchhauen von 0,4mm Weichblech sind nichts weiter als spektakuläre Taschenspielertricks die man auch mit einem stinknormalen Messer oder Machete machen kann. Es gibt bei YouTube entsprechende Videos die das gut zeigen:
Bleikugel YouTube - Kingdom Armory - Knife abuse test - bullet split (http://www.youtube.com/watch?v=FiIxUUu6Ojk)
Papierschneiden YouTube - How sharp can European Medieval swords be? (http://www.youtube.com/watch?v=1FNMDaTV0NU)
Tatami YouTube - Global Gear Viking Sword (http://www.youtube.com/watch?v=NzPxPAsuZN8)
Blech YouTube - Viking Challenge! Long Sword cutting Steel Plate Thrand , Reply to Samurai Challenge (http://www.youtube.com/watch?v=reec-2QBGw4)
Pfeil abwehren YouTube - Sword Vs Arrow (http://www.youtube.com/watch?v=nOjL_C1A5NQ)

c). Sehr komplexer Herstellungsprozess, Tamahagane = legierter Superstahl
Empfehlenswert sind Bücher: Yoshindo Yoshihara „The Craft oft he Japanese Sword“ und metallografische Analysen von Tanimura (Hiromi Tanimura: Development oft the Japanese Sword © 1980). Der Herstellungsprozess eines Schwertes ist am meisten mit Mythen überwuchert, welche aber meist weder Quellen noch Urheber haben, sind also eher urbane Märchen. Wenn man die oben erwähnten Aufbau und Härtung europäischer Klingen betrachtet dann erübrigt sich das mit "super komplexen Aufbau" der japanischen Schwerter von selbst. Im übrigen hat keine der wiss. Untersuchungen bis heute etwas feststellen können was eine "Überlegenheit" des Tamahagane begründen könnte. Es ist also eher so dass die "Überlegenheit" der jap. Klingen von der "Schlechtheit" der europ. Waffen quasi lebt und gespeist wird...

Konkrete metallografische Untersuchung eines japanischen Schwertes:
http://www.yamakawadojo.com/Japanese%20Sword%20Microstructures%20Technical%20P aper%202009.pdf

Die Maße einschließlich Gewicht und Balance der japanischen Orignale lassen ebenfalls keine allzu großen Unterschiede zu europ. Schwertern erkennen:
Japanese Sword and Katana shop Aoi-Art (http://www.aoi-art.com/sword/katana/main.html)

FAZIT: Der größte Teil der Eigenschaften, welche von den landläufigen urbanen Mythen dem Katana zugeschrieben werden, sind mit Physik und Materialkunde unvereinbar. Die Vorstellung eines ‚Superschwertes‘ ist im Grunde eskapistisches Wunschdenken welches mit der Realität nichts zu tun hat.

8). Aber die Experten sagen doch europäische Schwerter sind den asiatischen total unterlegen?!

Es gibt heute zahlreiche TV-Shows wo man sich den Ritter und die Samurai + ihre Waffen behandelt. Die allermeisten sind streng genommen "Infotainment", also ne Art "unterhaltende Wissensvermittlung", wo leider sehr viel Blödsinn verzapft wird. Das sind so die bekanntesten:


National Geographic - Samurai Sword (http://www.youtube.com/watch?v=JV4yU8i6gCo)
Ian Bottomley, Victor Harris, James Chambers und Stephen Turnbull sind die Experten die dort durch das Programm begleiten. Wenn man einfach schnell googelt dann sieht man dass es Japan-Experten sind, die weder von Europa noch von Mongolen oder Nahost ne Ahnung haben. Bottomley tut sich gleich unangenehm hervor indem er behauptet Katanas schneiden Eisenplatten und andere Schwerter ohne Schaden zu nehmen. Etwas wovon bis heute kein einziger Video-Beweis existiert, das Schneiden von Bleikugeln, 0,4mm Aluminiumblech, Tomaten, Eisblöcken, LARP-Rüstungen und kleinen Röhrchen zählt nun mal nicht. :rolleyes:
Ansonsten wird in der Show ständig die "übelste Überlegenheit" beschwört ohne je eine Quelle zu nennen. Selektive Härtung, laminierte Klingen und Raffinierstahl werden hier als etwas "exklusiv Japanisches" dargestellt, als ob so etwas immer nur in Japan gab. :vogel: Da wird der duktile Eisenkern als "zäh" bezeichnet, was materialtechnisch schlicht falsch ist. Und zu guter Letzt testen die auch noch Breitschwert gegen Katana (http://www.youtube.com/watch?v=fxYvwEnKRjA) - als "Ritter" tritt ein kostümierter Schauspieler der von Schwertern nicht die geringste Ahnung hat und auf das Tatami wie mit ner Keule einschlägt.

Viele vollmundige Behauptungen und Null Quellen. Hätten die doch eine Eisenstange schneiden sollen, dann könnte Bottomley seine Behauptung doch richtig belegen. Der "Schwert-Test" war ganz klar vorher so bestimmt worden, damit die Klischees nicht angetastet werden. Stephen Turnbull ist ebenfalls in seinen Büchern mit Behauptungen aufgefallen dass europäische Schwerter im Vergleich zu japanischen "stumpf und klobig" gewesen sein sollen, dafür hat er in der HEMA-Szene viel Kritik geerntet.

Fazit: Diese Leute sind höchstens Japan-Experten. Sie haben keine Ahnung von anderen Schwertern außer "Katanas". Damit sind jegliche Vergleiche und Beurteilungen ihrerseits pure persönliche Fantasien.

History Channel - Lock 'N Load (http://www.youtube.com/watch?v=EDkoj932YFo)
Hier ist es ganz einfach. Lee Ermey ist ein ehemaliger Militärangehöriger, Goodwin ist ein Hollywood-Schaukämpfer, ihre Testschwerter sind grob geschliffene Imitate (wie Nahaufnahmen zeigen) und die Beiden haben 0,0% Ahnung wie man mit echten Klingen umgeht. 100% Bullshit, wenn man so will. Hier die richtige Expertenmeinung dazu: YouTube - ‪How to Mount a Horse in Armor and Other Chivalric Problems‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=NqC_squo6X4#t=10m03s)

Galileo Mystery - Samurai (http://www.prosieben.de/tv/galileo-mystery/videos/samurai-galileo-mystery-video-31-juli-2009-1.132208/)
Die Show ist inzwischen der Inbegriff der fehlenden Bildung. Man testet dort scharfen China-Tachi gegen stumpfes Schaukampfschwert, verwechselt Kaliberangaben und hat einen Schaukämpfer als "Ritter" eingeladen. Selbst der eingeladene Sensei ist ein Iai-Do Meister, wohl etwas anderes als klassische Koryu. Und natürlich keinerlei Quellen, nur großzügige Behauptungen. Der Parkur-test... oje... :(

Discovery Channel - Samurai Sword (http://www.youtube.com/watch?v=5erZqSyiT38)
Es orientiert sich an National Geographic, es sind also diesselben "Experten" die dort zu sehe sind. Besonders tut sich James Chambers hervor, der erschütternden Blödsinn über europäische und mongolische Waffen verzapft. (HIER (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/medieval-fight-book-talhoffer-nation-geogr-128828/#post2510346)). Und natürlich gibt es Pseudogeschichte satt, a la "Mongolen haben wegen Superkatanas gegen Japan verloren".

History Channel - Conquest (http://www.youtube.com/watch?v=5TTx-39gYqE)
Der Schlimmste von allen. Peter Woodward behauptet ein "Schwertkampfexperte" zu sein, ist aber nur ein Theaterfechter der weder HEMA noch irgendeine japanische Schwertkampfschule von innen gesehen hat. Das was er macht ist Schaukampf, gewürzt mit allen erdenklichen Klischees. Ein Haufen Dilettanten mit Schaukampfschwertern, die dann "Expertenmeinungen" abgeben. Immer wenn er statt "arming sword" oder "longsword" dieses unsägliche BROADSWORD sagt schauderts einen. Bei ihm wiegen Schwerter und Falchions auch mal 5 Kilo, Wikingerschwerter sind primitive Knüppelwaffen, und natürlich sind es Rüstungs-Imitate statt echtem Stahl.

Soviel zum Expertentum von Woodward... :mad:

Ursache: Im 18-19 Jh. war man der ehrlichen Überzeugung aufgeklärt zu sein, die Menschen des Mittelalters wurden gern als primitiv, abergläubisch und dämlich hingestellt. Im 19 Jh. gab es dann die Epoche der Romantik, wo das märchenhaft-verklärte Bild des Ritters entstand. Und ab 1970 kam noch der Asia-Hype dazu, Kung-Fu, Samuraifilme und Ninjas. In 1990-ern kam die erste große Anime-Flut in den Westen.

Der Geschmack des Publikums ging in zwei Richtungen - zum Einen hat man durch die ganze Romantik das Klischee des "edlen Barbaren" und "superstarken Kriegers" einfach gern (kommt noch aus dem 19 Jh.), und zum anderen superstarke Mönche und superschnelle edle Samurai mit blitzeblanken scharfen Schwertern. Das ist halt das was der heutige Mensch gern sieht.

Das Problem dabei ist dass die Massenmedien diese Ideen bis zum geht nicht mehr ausgequetscht und verbogen haben - aus dem "edlen Barbaren" sind haarige stinkende ungewaschene Tölpel geworden die mit stumpfen schwertähnlichen Keulen aufeinander eindreschen, im Dreck leben und nicht einmal ein richtiges Haus bauen können (man sehe sich nur den Schrott den Hollywood gern als "mittelalterliche Häuser" ausgibt). Der Samurai und die Shaolin mutierten zu Superkriegern dessen Schwerter allles schneiden können und überhaupt "das beste" sind in jeglicher Hinsicht...

FAZIT: Diese massenmedialen Klischees sind voll und ganz auf Filmen und Fantasy-Literatur begründet! Jeder kann selber recherchieren, und merken, dass fast nichts davon historisch nur annähernd beweisbar ist. Und da Sensationalismus halt Geld bringt gibt es halt außer Hollywood zahlreiche "Populärexperten" die diese Klischees noch weiter ausschlachten und einfach so den Blödsinn als "historisch" erklären.

die Massenmedien verkaufen alles Europäische als "barbarisch und primitiv" und Asien als "Superkultur" weil sie es von vornherein absichtlich so wollen! Es bringt Geld, Einschaltquoten, kommt gut an. Um korrekte Geschichte schert sich keiner. Pure Sensationsgeilheit, nichts weiter.

9). Die europäischen Schwerter wurden massengefertigt und waren keine Handwerklich wertvollen Gegenstände.
Diese trifft auf das 19 Jh. zu, nachdem duch die Industrialisierung qualitativ hochwertiger und billiger Stahl (z.B. durch das "Bessemerverfahren" erzeugt) in großen Mengen verfügbar wurde. Der europäische Stahl wurde schnell zu einem weltweiten Exportschlager und die Blankwaffenherstellung wurde grundlegend verändert

Für zahlreiche Kriege die Frankreich, England und Deutschland damals geführt hat, auch in Kolonien, wurden für Soldaten und offiziere massenweise billige Säbel und Pallasche produziert, denn die Feuerwaffen waren damals noch nicht halbautomatisch und eher teuer, gemessen an Einkünften der Soldaten. Besonders in Kolonien wo der Munitions-Nachschub nicht der schnellste war waren billige Säbel ein Segen. Industriell produzierte Klingen waren auch der Verkaufsschlager anderswo auf der Welt wo Feuerwaffen noch selten waren.

Der Nachteil dieser Klingen: Es waren keine handwerklich wertvollen Gegenstände. Auch die Stahl-Wahl und Wärmebehandlung war eher auf Zuverlässigkeit und Stabilität ausgelegt, nicht außerordentliche Schnittleistung oder Balance der Gesamtwaffe. So kam es dass die Nah- und
fernöstliche Klingen als "benutzerfreundlicher" und "besser" erachtet wurden
wegen der Vorteile einer individueller Verarbeitung (Balance, Härte, Schärfe, usw.). Zwar waren sie rein technisch dem industriellen Stahl unterlegen gewannen aber an Beliebtheit, insbesondere dann wenn östliche Schmiede europäischen industriellen Stahl sorgfälig verarbeiteten und so sehr gute Waffen erschufen. Bsp.: Die kaukasisch-kosakische Schaschka mit der deutschen Schmiedemarke "Passauer Wolf" hatte einen legendären Ruf - deutscher und italienischer Stahl war im 19 Jh. im Nahen Osten begehrt wegen der Qualität, wobei die örtlichen Schmiede mit ihrem Know-How dazu ebenfalls viel beitrugen.

FAZIT: Die Vorstellung der massengefertigten Schwerter kommt aus dem 19 Jh., und hat mit früheren Zeiten gar nichts zu tun. Dass Mittelalterschwerter Massenware gewesen sein sollen ist bestenfalls eine Übertragung der neuzeitlichen Entwicklungen aufs Mittelalter. Im historischen Mittelalter, Renaissance und Barock waren Blankwaffen genauso wie anderswo auf der Welt durch Handarbeit hergestellte Einzelanferigungen oder Manufakturprodukte, wo für jeden Arbeitsgang ein Spezialist vorhanden war. Von "industriellen Massenfertigung" kann hier keine Rede sein. Die Popularität der Klingen aus dem Osten wurde durch das schon tausendmal erwähnte „Talisman“ von Walter Scott (ein von ihm frei erfundenes Treffen des Richard Löwenherz mit Saladin und die Tests ihrer Schwerter an Eisen und Textilien) auch aufs europäische Mittelalter übertragen. Damit ist die Romantik des 19 Jh. an dem Mythos mit schuldig.

10). Die europäischen Schwerter hatte nie eine sakrale oder spirituelle Rolle und waren bloße Waffen ohne Seele.
Knüpft sich an die Vorstellung des massengefertigten Schwertes an. In den Quellen, und besonders in den Sagen des Frühmittelalters wimmelt es nur von magischen Schwertern wie Tyrfing, Mimung, Gram, Skofnung, Durendal, Joyeuse, Hrunting, uvm. Die damaszierten Schwerter des FrühMi mit ihrer spiegelblanken Politur und verzierten Gefäßen dürften nicht nur sehr viel gekostet haben, sie waren auch oft „Persönlichkeiten“ die ihren eigenen Willen hatten. Im Schwert Skofnung waren gar die Seelen von 12 Berserkern „eingeschmiedet“. ;) Die in der Maciejowski-Bibel überlieferten Darstellungen zeigen mitunter komplexe Polituren an Klingen.

FAZIT: Bis zum 14 Jh. waren Schwerter eine wirklich teure Angelegenheit, weit entfernt von „ritterlichen Knüppeln“ die heute so gern in historischen Filmen (= historische Fantasy) gezeigt werden. Bereits im Hochmittelalter gab es sog. „Paradeschwerter“, reich dekorierte Statussymbole für weltliche Herrscher, und welche die Bedeutung des Schwertes als Machtsymbol nur unterstreichen. Fast alle Sagenhelden des „ritterlichen Epos“ im 13-14 Jh. (Karl der Große, Artus, Roland, Dietrich von Bern) haben ihre magischen unbesiegbaren Schwerter. Die Behauptung es gab keine „Schwertverehrung“ in Europa scheitert also schon mal an historischen und literarischen Quellen.


****

Empfohlene Autoren:
Ewart Oakeshott, Alan Williams, Yoshindo Yoshihara, Hiromi Tanimura, Manfred Sachse, J.D. Verhoeven, Alfred Geibig, Herbert Westphal, John Clements, R. Pleiner, Graig Johnson, Peter Johnsson, Stefan Mäder, Anne Stalsberg, Ian Peirce.


Ich hoffe was war halbwegs gut formuliert und ihr es bis hierher geschafft habt... :p

Grüße

Vlf

itto_ryu
26-03-2011, 14:36
Freut mich, dass dir die Sache soviel Freude bereitet und mein respekt für die Arbeit, die du dir gemacht hast. Wobei in vieler Hinsicht vieles davon schon detaillierter bekannt ist und diese Mythen, auch wenn sie noch im Kopf manch unbedarfter Leute rumgeistern, längst ausgemerzt und widerlegt sind. Ist aber ein guter Artikel für all jene, die mit dem hist. Fechten gar nichts zu tun haben und denen diese Mythen noch in den Köpfen rumgeistern. Vielleicht kann Moderator JörgB. den Text nochmal überprüfen auf seine Korrektheit und ihn fest als Infotext im europ. Forum verankern, so kann jeder sich die Sache durchlesen, bevor er hier ganz unwissend mitdiskutiert? Nur so ne Idee...

T. Stoeppler
26-03-2011, 14:45
Hallo an alle!!! ...


Herzlich willkommen. Du hast Dir echt viel Mühe gemacht! Wenn Du eine Trainingsgruppe suchst, kannst Du vielleicht noch sagen, aus welcher Gegend du herkommst.

Ansonsten ist das soweit alles richtig, was ich gelesen habe - die Diskussion hatten wir ja schon oft, aber so langsam sind die unsinnigen Mythen erledigt.

Gruss, Thomas

Vlfrith
26-03-2011, 16:37
Vielen Dank für den Zuspruch! :) Ich hab mich in letzter Zeit sehr viel mit Schwert-Metallurgie auseinander gesetzt.


Wenn Du eine Trainingsgruppe suchst, kannst Du vielleicht noch sagen, aus welcher Gegend du herkommst.
Also zur Zeit wohne ich in Sachsen, im Westen. Bald aber werde ich wohl umziehen und zur Auswahl stehen dann entweder Bayreuth und Dresden, es ist noch unklar wie es kommt. Hab da so ne HEMA-Karte bei Google gesehen, leider sind die meisten vereine zur zeit viel zu weit weg. Aber wie gesagt, bis zum Herbst ändert sich das...

quirl
26-03-2011, 17:46
Wenn du das ganze etwas eleganter Formulierst wäre das ein wirklich Guter und belegter Wikipedia-Artikel :D Danke für die Zusammenfassung :D

ryoma
26-03-2011, 21:00
...Über japanische Schwerter existiert viel Literatur - derjenige der sich über europäische Schwertwaffen informieren will wird erstmals mit einem riesigen Haufen Mythen und Vorurteile konfrontiert, er hat dann nichts anderes übrig als diesen Haufen nach perlen abzusuchen, sprich fundierter Information. Ich habe dieses Suchen halbwegs durch und würde gern meinen Informationsstand hier verewigen....

Ich bin hier zwar im "falschen" Forum... :D aber was solls.

Gibt es wirklich mehr Literatur zu japanische Klingen als zu europäischen?
Wenn man die japanische Literatur einschliesst, mag das natürlich stimmen. Aber in europäischen Sprachen gibt es eigentlich auch nur eine Handvoll wirklich guter Bücher (+ die übersetzten NBTHK-Hefte).

Und daher ist man eben auch im Feld der japanischen Schwerter zuerst mit einem gewaltigen Berg Mythen konfrontiert (welche du ja in deinem Beitrag auch aufführst).

itto_ryu
26-03-2011, 21:41
Und daher ist man eben auch im Feld der japanischen Schwerter zuerst mit einem gewaltigen Berg Mythen konfrontiert (welche du ja in deinem Beitrag auch aufführst).
Das stimmt, wobei viele der Mythen zu jap. Klingen ja eher in Sachen positiver Übertreibung gelagert sind, während die zu europ. Klingen meist ins negativ übertriebene tendieren.

mrx085
26-03-2011, 21:55
Respekt für das Sammeln der überaus interssanten Informationen. ein Teil davon war mir zwar schon bekannt, nachdem ich auf eigene Faust über die europäischen Schwerter nachgeforscht habe, aber ich konnte auch viel neues lernen. Das europäische Fechten ist schon ein interssantes Themengebiet dem ich mich vielleicht mal wiedmen möchte. Habe ja vor neben dem Boxen auch noch mit dem Kendo zu beginnen (siehe eigenen Thread), aber ich werde mir neben dem Kendo auch noch das historische Fechten von der Indes Akademie anschauen. Und sollt es mir besser als beim ebenfalls geplanten Kendo Probe Training gefällen, findet man mich vielleicht ebenfalls im kreis der europäischen Waffenkunst.

stagediver
26-03-2011, 23:04
Ja, auch ich glaubte früher an die unglaubliche Überlegenheit des Katanas, das europäische Schwerter zerschneiden kann...

Ich hoffe, ich finde nach meinem Umzug auch etwas Zeit, in meiner Umgebung etwas Schwertfechten zu lernen.

Vlfrith
27-03-2011, 13:25
Aber in europäischen Sprachen gibt es eigentlich auch nur eine Handvoll wirklich guter Bücher (+ die übersetzten NBTHK-Hefte).
Ja, ich habe die Gesamtliteratur gemeint, sowohl japanisch als auch westlich.

Hier möchte ich etwas beifügen; scheinbar ist der Westen an sich nicht so recht geneigt eine lebendige Vergangenheit zu bewahren. Es gab schon ab den 1920-er jahren seriöse Forschung an alten Klingen, alte Kampfkünste waren schon Ende 19 Jh. populär. Mitte 20er hat Zschokke Original-Damaszenerklingen metallografisch untersucht, Ewart Oakeshott hat in den 60ern super Arbeit geleistet, Analysen von Schwertklingen (Röntgen, Mikroschliff, Spektralanalyse) sind zwischen 70ern und 2000ern in genügender zahl verfügbar.

Aber die Öffentlichkeit nimmt irgendwie keine Notiz davon! Degenfechter, Kuratoren und Historiker erzählen bis heute die überholten Vorstellungen vom vorvorigen Jahrhundert und nehmen weder Oakeshott noch Williams oder Zschokke wahr. Meiner bescheidenen Meinung nach - keiner sollte das Wort "europäisches Schwert" oder "Ritterschwert" in den Mund nehmen der Ewart Oakeshott nicht gelesen hat! Es kommt einem so vor dass unsere westliche Gesellschaft die schönen romantischen Mythen mehr liebt als historische Wahrheit und sich an jedem versuch Fakten zu ermitteln stört.

Aber ihr habt alle recht, die Mehrheit der HEMA Fechter und sogar professioneller Kenjutsuka scheinen heute mehr vom europäischen Schwert zu wissen als manch Kurator oder Historiker.

Kraken
27-03-2011, 13:31
Hallo und Wilkommen im Forum :)

Du hast dir viel Mühe gegeben, aber aber hättest davon ausgehen können, das den hier anwesenden hauenden und stechenden diese Infos durchaus bekannt sind :D

KAJIHEI
27-03-2011, 15:25
Bis auf den Umstand das der Mythos des "Wunder-Nihonto" und der europäischen "Kampfkeulen-Schwerter" bedeutend älter ist : Klasse Zusammenfassung, gute Quellenangaben.
Einfach nur : Respektable Arbeit, die viel Unsinn aus der Welt schaft.

Gruß

Stefan

P.S. Ich als Schleifer japansiche Klingen geh jetzt in die Ecke mich für den Verrat an den Superschwertern schämen.

Vlfrith
27-03-2011, 15:46
*rotwerd* :o

Apropos Japan; hab noch mal japanische Klingenkonstruktionen angeschaut, es gibt da "Soshu Kitae" angeblich vom legendären Masamune perfektioniert und als "die beste Schwertkonstruktion" oft gepriesen. Eisenkern umgeben von C-armen Stahlschichten und außen mit C-reichen Schichten belegt, die Schneide "implementiert" in das Ganze. Es ist doch vom Prinzip her dasselbe wie europäische "Schichtbauweise", würd ich mal frech behaupten, zuerst Eisen, dann C-arme Schichten und an der Oberfläche richtig C-reich.

Am anderen Ende der Welt und praktisch das Gleiche... Das spricht nur dafür dass weder Europäer noch japaner "besser" waren, einen "Verrat" an Jap. Schwertern sehe ich da nicht... :p

KAJIHEI
27-03-2011, 16:19
Och der Wahnwitz geht noch weiter. Es geht ja nicht nur um die Kompositon verschiedener Stahlsorten, es geht ja auch um die fabelhafte selektive Härtung der Schneide. Die gab´s nur in Japan.
Pustekuchen, von wegen. Inzwischen hat man sowas auch bei europäischen Arbeiten nachgewiesen. ( Oder ich hab Tomaten auf den Augen und kann eine Yakiba nicht mehr von einer Zitrone unterscheiden. )
Auf der anderen Seite : Musterschmieden ala Damazenernachbauten gab´s in Japan nicht.
Von wegen, natürlich haben die Brüder mit voller Absicht Muster geschmiedet.
Angefangen von den klassischen Gassanarbeiten mit ihrem Ayasugi-hada (Technisch eigentlich völlig überflüssig ) bis hin zu solch putzigen Dingen wie der Yakumo-Kitae (Sehr Frei "Wolkenfaltung"" des Schmiedes Mito Rekko der probierte das naturalistische Farbspiel des Etchu Norishige im 19. Jhdt nachzuempfinden.

Übrigens was die Soshu-kitae angeht :Ganz so einfach wie im Hawley z.B: dargestellt funzt das eben nicht. Die Dinger sind nicht nur Lagenweise sondern auch ineinander verschachtelt. D.H. man erhält beim Polieren ( Feinschleifen ) der Oberfläche ein Bild wie ein quietsche bunter Marmorkuchen dadurch das die einzelen Lagen ab und auftauchen.

Aber schön, das würde jetzt echt zu weit führen wenn wir hier im europäischen Teil anfangen ernsthaft über nihonto zu plaudern.:D

Aber was sowohl für europäische Klingen als auch japansiche gilt : Es muß ein erkennbares Schmiedekonzept vorhanden sein. Ohne das wird es immer Murks.
Es reicht eben nicht irgendwie was zusammenzuwurschteln und abzuhärten.
Ein Hochtemperaturhärtung auf einer überfalteten sehr harten Klinge wird z.B: genauso Murks wie eine nioi (Niedrigtemperatur ) Klinge auf einem super fluffigen Stahl ala Soshu.

Aber schön eh ich jetzt richtig loslege würg ich mich mal lieber ab.

Gruß

Kaji

Richard22
27-03-2011, 16:28
Die Desinformation über europäische Klingenwaffen halte ich für ein Kind des Historismus des 19. Jhds, aber auch für eine Ausgeburt der Degen- und Säbelfechter dieser Zeit. Man lese dazu G. Hergesells Darstellung zur europäischen Fechtkunst vor der Degen- und Säbelzeit im Talhoffer "München" 1467 in der Ausgabe von Vs-Books.

Da geht es vor allem um die Validation der eigenen, also französichen und italineischen Fechtschule. Die eigene Tradition wird überhöht und auf einen Sockel gestellt . . . was nunmal menschlich ist.

Im solinger Klingenmuseum kann man ja auch "Heldenschwerter"-Nachbauten des Historismus sehen, die über 5kg wiegen werden.

Der Japan-Wahnsinn liegt, meiner Meinung nach, an der Eroberung und Ausplünderung Japans im WK2 durch die USA. Wenn ein verhältnismässig kulurloses Volk auf eine Kultur stößt, die gut 1000 Jahre alt ist, die selber außer Seitengewehren und Messern keine Blankwaffen kennt (außer Parade-Säbeln), dann ist der Hunger nach Mythen groß. Das kann man auch am Zen-Wahn sehen.

Unverständnis, gepaart mit Elitenverehrung, führte dann zum Kult um die japanischen langen Messer. So etwas wie die Rezeption der "Edlen Wilden", die sich eben mit mystisch-phantastischen, aber eben wehrtechnisch unterlegenen Waffen balgen.

Damit wird, im Umkehrschluß. psychologisch die eigene Überlegenheit validiert (wie bei Hergesell).

In Deutschland ist die Rezeption der japanischen Kuktur durch die traurige Geschichte des 20. Jhds dann in noch krasserer Weise ausgefallen (Deutsche sind zuweilen japanischer als die Japaner).

Fechtergruß

Trinculo
27-03-2011, 16:40
Die Desinformation über europäische Klingenwaffen halte ich für ein Kind des Historismus des 19. Jhds, aber auch für eine Ausgeburt der Degen- und Säbelfechter dieser Zeit.

Würde mich nicht wundern. In der Zeit wurde ja einiges verbrochen, finsteres Mittelalter und scheibenförmige Erde inklusive.

Vlfrith
27-03-2011, 17:10
Auf der anderen Seite : Musterschmieden ala Damazenernachbauten gab´s in Japan nicht.
Von wegen, natürlich haben die Brüder mit voller Absicht Muster geschmiedet.
Angefangen von den klassischen Gassanarbeiten mit ihrem Ayasugi-hada (Technisch eigentlich völlig überflüssig ) bis hin zu solch putzigen Dingen wie der Yakumo-Kitae (Sehr Frei "Wolkenfaltung"" des Schmiedes Mito Rekko der probierte das naturalistische Farbspiel des Etchu Norishige im 19. Jhdt nachzuempfinden.
Jetzt hab ich auch was gelernt. :) Hab nämlich wiederholt Wikinger-Fanboys in Netz gelesen die behauptet haben japanische Klingen sind "blanker Kindergarten" im vergleich zu "frankish pattern welding". Jetzt weiß ich es besser.

Vlfrith
13-06-2011, 16:38
Verehrte User, hier kommt ne kleine Fortsetzung.

5). Europäische Schwerter waren nicht poliert.

Es gibt das allseits bekannte Vorurteil dass europäische Schwerter nur grob geschliffene Stahlstücke waren ohne Oberflächenveredelung wie z.B. bei japanischen Schwertern. Das wird ganz kräftig durch zahllose Fime "begründet" wo die Schwerter allesamt rostig und grobschlächtig aussehen und wo zum Schärfen einfach irgendein Stück Felsen gegeriffen und damit entlang der Schneide gekratzt wird. Das findet sich in "Conan", "Highlander", und vielen anderen Filmen.

Es gibt jedoch eine reihe historischer Belege die dem klar widersprechen, z.B. der Brief von Theoderich der zu Beginn des Frühmittelalters entstand. Dort wird von spiegelfein polierten Schwertern gesprochen und das Schattenspiel der Damaszierung: Magische Schwerter (http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/advanced/t4_1_3.html#_8)
Mäder hat in seiner Doktorarbeit einen ganzen Kapitel zu historischen Belegen der europäischen Polituren gewidmet (Stefan Mäder: Stähle, Steine und Schlangen (http://www.schwertbruecken.de/pdf/staehle.pdf), siehe oben).
Es gibt auch zahlreiche Abbildungen welche hochfeine Polituren bestätigen: http://www.manesse.de/manesse/img/kfb/ausschnitte/Aus-kfb056-EisenhutS127-80-348-422.jpg
...und natürlich auch erhaltenen Originale mit Originalpolitur drauf: myArmoury.com (http://www.myarmoury.com/view.html?features/pic_spotxii20.jpg) Bei diesem Schwert ist bis heute seine Spiegelpolitur erhalten geblieben und die Schneide ist ähnich asiatischen Schwertrn weißlich hervorgehoben.

FAZIT: Spiegelpolituren und das Handwerk des Schwertfegers lässt sich in Europa schon sehr früh belegen wie auch verschiedene Verfahren, Polierpasten, Poliersteine und verschiedene Methoden der Oberflächenveredelung (siehe S. Mäder). Das Vorurteil der "rostigen groben Klinge des Ritters" kommt aus modernen Filmen, was wiederum wohl durch rostige Museumstücke "inspiriert" wurde.

6). Europäische Schwerter waren vor allem Knüppelwaffen.

Hier lässt man am besten die Originalmaße sprechen...

12 Jh. "Normannenschwert":
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/ZEF-5.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/ZEF-5.pdf

10 Jh. Spatha:
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/Zornhau-ZEF-11-gross.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/DatenblattZEF11.pdf

15 Jh. Hiebschwert:
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/Zornhau-ZEF-12-gross.jpg
http://www.zornhau.de/source/schwertexkursion/DatenblattZEF12.pdf

Militärischer Anderthalbhänder um 1400:
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-7-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/uploads/downloads/2011/05/DatenblattZEF07.pdf

Wenn man die flachen Klingen anschaut, dann merkt man dass diese nicht über 1200 Gramm hinausgehen und um 2/3 der Klinge NUR 3mm Dicke aufweisen! Die Klingengeometrie von ~30° dazu, und wir haben hier eine äußerst schlechte "Knüppelwaffe", zu flexibel und zu scharf um einen Effekt wie z.B. der Streitkolben zu bewirken, von der guten alten Axt ganz zu schweigen. Das letzte Schwert mit rhombischen Querschnitt ist zwar um 2-3mm dicker, dafür schmaler und wiegt auch nicht über 1300 Gramm.

Nichts davon taugt als Knüppelwaffe zum Spalten und Deformieren der Rüstung!! Mal abgesehen davon dass in Fechtbüchern (http://de.wikipedia.org/wiki/Fechtbuch) so etwas überhaupt nicht gelehrt wird.

Und zum Spalten der Rüstung - hier ist eine Untersuchung eines deutschen gotischen Plattenpanzers: http://gladius.revistas.csic.es/index.php/gladius/article/download/88/89
Hier erfahren wir dass ein gotischer Brustpanzer um 1,2mm dick ist und die Härte von etwa 230HV hat bei einem Kohlenstoffgehalt von 0,2-0,4%. Laut Materialkunde-Tabellen hat so ein Material die Druck-bzw. Zugfestigkeit von 500-600 N/mm². Der mächtigste Hieb der deutschen Schule mit dem Langschwert, der "Zornhau", hat um 10.000 Newton Schlagkraft - http://www.thearma.org/essays/Quality&Build.pdf

Heißt also, wenn wir das Material des Brustpanzers hochkant als Blech nehmen, und mit einem Schwert mit 0,5mm Schlagkante den "Zornhau" ausführen, ergibt das bei 550 N/mm² Druckfestigkeit grob gerechnet einen Einschnitt von rund 3cm! [550*(1,2*0,5)=330; 10000/330=30,3mm]. Ziemlich wenig. Damit wir einen Einschnitt von 40cm haben, quer über die Brust, brauchen wir in etwa eine Kraft von 130.000 Newton, das Dutzendfache einer menschlichen Extremleistung! Bei derselben Beschleunigung wie mit einem 1,5kg Schwert brauchen wir einen rund 20 kg Prügel damit 130.000 N aufgebracht werden können, und dieser Prügel müsste entweder an die 10-20 Meter lang sein oder aus Platin und Uran bestehen (The Two-Handed Great Sword (http://thearma.org/essays/2HGS.html) - roter Kasten rechts). :rolleyes: :p Dabei werden weder Reibungsverluste noch Klingendicke des Schwertes und dadurch ihr Widerstand berücksichtigt.

FAZIT: Ich persönlich finde diese "Schwert-Knüppel-Geschichte" von allen Mythen am Absurdesten. Wer auch immer sich das ausgedacht hat, der war ganz fern der kampfsportlichen Realität...

Vlfrith
13-06-2011, 17:00
Und hier würde ich gern ein Paar populäre Meinungen auflisten, die EINDEUTIG aus einem bestimmten Film stammen, also nicht einmal aus dem 19 Jh. oder Theaterfechten.

"Wikingerschwerter sind sehr schwer"
Bevor der Film Der 13-te Krieger mit Antonio Banderas 1999 herauskam waren es vor allem Ritter in Vollplatte denen man schwere Schwerter unterstellt hat, sie brauchten die zum "Knacken" der Rüstung. In keinem der Wikinger-Filme wurden bis dahin riesige superbreite zweihändige (!! :ups:) Wikingerschwerter gezeigt. Aber nach diesem Film wurde die Idee vom "Barbarenknüppel" so schnell populär so dass heute diese völlig aus dem Finger gesogene Fantasy überall als "historisch" verstanden wird... :mad:

"Der 'gefaltete Stahl' war in Europa unbekannt und wurde vor 1000 Jahren von Japanern erfunden".
Kommt ganz klar aus "Highlander" (1986) wo Brenda Wyatt behauptet ein Schwert um 600 v.u.Z. sei 200 mal "gefaltet" was nur im Mittelalter erfunden wurde, was also nicht sein kann. Dort wird auch Masamune wie ganz Japan um knapp 2000 Jahre zurückdatiert. :rolleyes: Pleiner, Lang, Williams, Mäder sind Autoren die hier angebracht sind... Wenn man das Ganze ernst nimmt, dann müsste Ramirez eher von Kelten erzählen, denn um 500 v.u.Z. sind tatsächlich Schweißverbundstoffe aus Eisen und Stahl nachgewiesen, zur zeit wo in Japan quasi noch die Steinzeit herrschte. Über "200 mal falten" brauche ich eigentlich nichts zu sagen.

"Europäische Schwerter wurden in Formen gegossen."
Eindeutig "Conan der Barbar"!!! :D Ganz am Anfang kommt eine Szene wo ein Schwert gegossen wird. Wie man diese Fantasy auf mittelalterliche Schwerter übertragen kann ist zwar rätselhaft, aber dennoch gibt es den Mythos von massengefertigten europäischen Klingen die aus flüssigem Stahl gegossen wurden. Das mag vllt. für das 19-20 Jh. und die industrielle Klingenproduktion mit modernster Technologie zutreffen (Flüssigstahl aus den Konvertern) aber im Mittelalter... :rolleyes:

Ist schon ganz krass, wie Fantasy und Filme einfach so als "historisch" durchkommen und überall selbst von manchen klassischen Fechtern und Historikern kritiklos geglaubt werden.

Bekah
13-06-2011, 22:42
Ich finde man müsste in diesem Zusammenhang noch erwähnen dass...

1. Die japanische Schmiede-Leistung eher darin besteht aus schlechtem Grassodenerz formidable Schwerter herzustellen.

2. Das die Qualität der hergestellten Klingen stark schwankte, in Nürnberg und Rothenburg haben die Orginale zwischen 1,3 und bis zu 2,1 Kilo ( ohne materialschwund einzuberechnen).

Vlfrith
14-06-2011, 09:31
2. Das die Qualität der hergestellten Klingen stark schwankte, in Nürnberg und Rothenburg haben die Orginale zwischen 1,3 und bis zu 2,1 Kilo ( ohne materialschwund einzuberechnen).
Es fragt sich aber: Welche Epoche? Welcher Schwertyp? Schlechte Qualität muss ja nicht unbedingt im Gewicht niederschlagen.

Amun-Ra
14-06-2011, 10:14
U
"Europäische Schwerter wurden in Formen gegossen."


Jo wurden sie sogar. Schwerter in der Bronzezeit wurden allesamt in Form gegossen.

:D

big X
14-06-2011, 11:48
super text. gefällt mir sehr gut, weil hier viel info gebündelt wurde (und mir bequem zur verfügung steht). für mich als laien sehr erhellend gewesen :).

ich habe noch 3 anmerkungen:
1. wenn die schwerter so scharf waren, dass sie zähne zerschneiden konnten, wie passen dann abbildungen von techniken in denen die klinge gegriffen wird, ins bild ?
2. textkritik: "Wie man das damals im 13 Jh. gemacht hat - man frage die Spezis!" finde ich ein wenig zu ironisch. sticht etwas aus dem gesamttext hervor.
3.
"Tötungskraft" ist schon mal an sich eine typische Game-Erfindung, bloße Fantasien von Programmierern und Spielern die niemals eine echte Klinge in der Hand hielten.evtl wollten ein paar mythenbeladene spieleentwickler "schwertqualität" für den compi übersetzen.

Amun-Ra
14-06-2011, 11:57
3. evtl wollten ein paar mythenbeladene spieleentwickler "schwertqualität" für den compi übersetzen.

Richtig. Man muss für ein Videospiel eine bestimmte Systematik einführen damit das Spiel spielbar ist.
Das sagt doch nix über das historische Wissen der Spielentwickler aus.

Ganz im Gegenteil. Das zum Beispiel historisch sehr akkurate und korrekte Medieval 2 muss auch mit solchen Werten arbeiten, (Ritter machen mehr "Schaden" als Bauern) sonst könnte man es überhaupt nicht darstellen.

Keff
14-06-2011, 17:16
1. wenn die schwerter so scharf waren, dass sie zähne zerschneiden konnten, wie passen dann abbildungen von techniken in denen die klinge gegriffen wird, ins bild ?


Der ganze Witz ist im Grunde genommen, dass man auf die Flächen greift und mit der Hand nicht hin- und herrutschen darf, dann schneidet man sich auch nicht. Wenn man auch nur leichte Lederhandschuhe trägt, hat man nochmal einen zusätzlichen Schutz, es gibt aber auch viele Bilder, bei denen die Kämpfer einen vollen Harnisch, aber keinerlei Handschuhe tragen.

big X
14-06-2011, 17:48
@amun ra:

Das sagt doch nix über das historische Wissen der Spielentwickler aus.genau - deshalb sprach ich von:
3. evtl wollten ein paar mythenbeladene spieleentwickler "schwertqualität" für den compi übersetzen.;).

@keff:
hm - ich kann es mir nicht vorstellen meine machete an der schneide zu fassen um damit auf einen kontrahenten einzuschlagen. ohne dass ich es am gerät probiert habe, würde ich behaupten, dass beim treffer die schneide in die hand gedrückt wird. ich bin zwar physikalisch unbeschlagen, aber ich stelle es mir wie eine wippe vor.

Vlfrith
14-06-2011, 18:14
1. wenn die schwerter so scharf waren, dass sie zähne zerschneiden konnten, wie passen dann abbildungen von techniken in denen die klinge gegriffen wird, ins bild ?
Zornhau - historische Fechtkunst e.V.- (http://zornhau.de/source/schwertexkursion/dinkelsbuehl2.htm)

Das steife Klingenprofil und der schlanke Ort lassen an eine Waffe für das Halbschwertfechten denken, und in der Tat gab es genau in der Klingenmitte eine leichte, eher fühl- als sichtbare Fehlschärfe.
Die Schwerter waren wohl nicht überall gleich scharf. Wenn man nur die vordere Hälfte der Klinge rasiermesserscharf macht kann man immer noch in der Mitte entweder mäßige Schärfe oder ne Fehlschärfe haben. Hinten nahe am Kreuz braucht man eh keine richitg scharfe Schneide.


2. textkritik: "Wie man das damals im 13 Jh. gemacht hat - man frage die Spezis!" finde ich ein wenig zu ironisch. sticht etwas aus dem gesamttext hervor.
Ups, etwas unglücklich formuliert. War auf keinen Fall ironisch gemeint sondern eher die Aufforderung meine verlinkte Literatur anzuschauen. Stefan Mäder ist ein Spezialist und hat bei weitem als einziger soviel Aufmerksamkeit der europäischen Schwertpolitur in Deutschland gewidmet. Seine Arbeit ist auch online verfügbar, was sehr selten ist.


3. evtl wollten ein paar mythenbeladene spieleentwickler "schwertqualität" für den compi übersetzen.
Das ist ja alles in Ordnung, sind ja nur Spiele. :) Aber leider gibt es etliche die Spiele als "historische Wahrheit" verstehen, und sich sogar trauen als "Schwertexperten" im Netz aufzutreten - nur weil sie fast alle RPG's hinter sich haben. Ist halt ähnlich wenn Leute Hollywood-Filme zitieren wenns um Mittelalter geht :(

Bekah
14-06-2011, 18:21
Es fragt sich aber: Welche Epoche? Welcher Schwertyp? Schlechte Qualität muss ja nicht unbedingt im Gewicht niederschlagen.

Ich hab mich da auf Langschwerter im Bereich von 14 bis 15 Jahrhundert bezogen also SMA ( XVa ,XVIa, XVIIIb, XXa ) nach Oakshot.




1. wenn die schwerter so scharf waren, dass sie zähne zerschneiden konnten, wie passen dann abbildungen von techniken in denen die klinge gegriffen wird, ins bild ?

@big X

Hmm wenn du willst kannst du es mal ausprobieren nimm ein echt scharfes messer am besten mit stabilen Griff. Nimm es fest in die Hand wirklich fest und Hämmer einen Nagel ein ( es geht wenn man bissi nach greifen muss dann gibts so kleine schnitte so wie Papierschnitte die brennen etwas ) Solange die Klinge nicht rutscht schneidest du dich nicht, Druck is vollkommen egal.
Dennoch beim Schwertkampf selber ^^ riskant, wenn der Gegner an deiner Waffe zieht darf man nicht gegenhalten, wenn er plötzlich reißt dann gibts Schnitte. Also es geht schon empfehlens wert is es nicht unbedingt. Wenn man aber schon dünne Handschuhe an hat dann muss man nicht mehr ganz so vorsichtig sein. Also genauso wie es Keff gesagt hat.

big X
16-06-2011, 13:30
@vlfrith


Die Schwerter waren wohl nicht überall gleich scharf. Wenn man nur die vordere Hälfte der Klinge rasiermesserscharf macht kann man immer noch in der Mitte entweder mäßige Schärfe oder ne Fehlschärfe haben. Hinten nahe am Kreuz braucht man eh keine richitg scharfe Schneide.
ok - das ist eine verständliche möglichkeit. nahe am handschutz macht das auch sinn. waren die bidenhänder auch so scharf ?


Ups, etwas unglücklich formuliert. War auf keinen Fall ironisch gemeint sondern eher die Aufforderung meine verlinkte Literatur anzuschauen. Stefan Mäder ist ein Spezialist und hat bei weitem als einziger soviel Aufmerksamkeit der europäischen Schwertpolitur in Deutschland gewidmet. Seine Arbeit ist auch online verfügbar, was sehr selten ist.
siehste mal. ich hatte es als ironische anspielung auf hollywood & konsorten verstanden. hab´s nicht auf den mäder bezogen.
gut das wir das geklärt haben :).

zum letzten punkt:
macht macht wahrheit ;).
hollywood ist halt auch eine macht :(.

@bekah:

habe eben mein küchenmesser mal an der klinge in die hand genommen. konnte mich aber nicht überwinden dann mit dem knauf mal auf die anrichte zu klopfen.
deshalb schliesse ich mich deiner aussage (
Dennoch beim Schwertkampf selber ^^ riskant, wenn der Gegner an deiner Waffe zieht darf man nicht gegenhalten, wenn er plötzlich reißt dann gibts Schnitte. Also es geht schon empfehlens wert is es nicht unbedingt.) an ;).

gast
16-06-2011, 14:41
Die Schwerter waren wohl nicht überall gleich scharf. Wenn man nur die vordere Hälfte der Klinge rasiermesserscharf macht...

Immer diese Rasiermesser. So scharf muss das alles garnicht sein und man kann trotzdem alles durchhaun was so daher kommt.

Zongeda
16-06-2011, 15:36
Die Dinger waren aber so scharf. Schärfe ist nun einmal ein Vorteil wenn man dadurch keinen Nachteil in kauf nehmen muss.

Irgendwo schwirren im Forum Links herum, in denen diese Schwertgrifftechnik demonstriert wird. Und soviel ich verstanden habe, wurde in den scharfen Teil der Waffe gegriffen. Wenn die Klinge gerade ist, ist die Schnittwirkung bei Druck meines Wissens nach nicht so hoch wie bei gebogenen (auch wenn es nur eine leichte Krümmung wie bei einem Küchenmesser) ist.

imion
16-06-2011, 15:48
Die Dinger waren aber so scharf. Schärfe ist nun einmal ein Vorteil wenn man dadurch keinen Nachteil in kauf nehmen muss.

Irgendwo schwirren im Forum Links herum, in denen diese Schwertgrifftechnik demonstriert wird. Und soviel ich verstanden habe, wurde in den scharfen Teil der Waffe gegriffen. Wenn die Klinge gerade ist, ist die Schnittwirkung bei Druck meines Wissens nach nicht so hoch wie bei gebogenen (auch wenn es nur eine leichte Krümmung wie bei einem Küchenmesser) ist.

Diese extreme Schärfe hätte aber keine Vorteile gehabt. Zum einen, weil die Gefahr der Selbstverletzung besteht, der Gegner kann die Waffe ja auch greifen und einem entwenden, und zum zweiten sind Schnittwaffen gegen Kettenhemden wirkungslos. Und diese gab es schon zur Zeit der Kelten.

Lars´n Roll
16-06-2011, 16:41
Wenn wir schon über Klingenschärfe reden - warum waren die Japaner eher zum Schnitt statt zum Stoß hin orientiert? Hatten die so schlechte Rüstungen?
Die Tendenz zu Schwerten mit ner sehr stabilen, zum Stich optimierten Klinge in Europa wurde ja mit der Qualität und Verbreitung der Plattenrüstung stärker, wenn ich mich nicht irre...?

big X
16-06-2011, 16:54
... genau - und die japaner hatten hauptsächlich rüstungen aus holz, leder und lack. da soll schneiden besser als hauen gewesen sein.

stimmt das so ?

Lars´n Roll
16-06-2011, 17:02
Nein, die waren nicht aus Holz. Das ist Maraskan. ;) Sollte man nicht verwechseln, auch wenn ein Tuzakmesser wie ein Katana aussieht. :D

gast
16-06-2011, 17:14
Die Dinger waren aber so scharf. Schärfe ist nun einmal ein Vorteil wenn man dadurch keinen Nachteil in kauf nehmen muss.


Quelle?

Rasiermesserscharf lese ich immer nur von Reenactern und Co, nie von Historikern. Eine "Schärfe" von 1 mm reicht völlig.

Zongeda
16-06-2011, 17:35
Quelle?

Rasiermesserscharf lese ich immer nur von Reenactern und Co, nie von Historikern. Eine "Schärfe" von 1 mm reicht völlig.

Leider habe ich keine Quelle zur Hand. Bin damit wohl argumentativ ausgehebelt. :(

Vlfrith
16-06-2011, 18:54
Immer diese Rasiermesser. So scharf muss das alles garnicht sein und man kann trotzdem alles durchhaun was so daher kommt.
Oje, stimmt, das kann man sehr leicht missverstehen. Also für mich ist es "rasiermesserscharf" wenn ich damit die Unterarmhaare rasieren kann. ;) Bei 30-32° Schneidenwinkel (siehe Eingangspost und den Link wo ein Querschnitt aus der Klinge eines Schwertes ausm 12 Jh.) funktioniert es sehr gut, einen feinen Schliff vorausgesetzt. Aber exakt so scharf und fein wie ein echtes Rasiermesser oder Skalpell ist kein militärisch gebrauchstüchtiges Schwert der Welt gewesen, weil diese Schneide aufm Schlachtfeld keine 10 Sekunden Einsatz überlebt.

Keff
16-06-2011, 19:45
Der Punkt ist auch, dass man "Schärfe" nicht einfach als Zahlenwert angeben kann - da sind der Schneidenwinkel, die Klingendicke, die tatsächliche "Dicke" der Schneide am äußeren Rand sowie die Form des Klingenquerschnitts wichtige Faktoren. Wenn ein europäisches Schwert nun einen Schneidenwinkel von 30° hat, kann das schon sehr scharf sein, ohne gleich zu empfindlich zu werden. (Eine Rasierklinge hat vielleicht geschätzte 5° und ist dadurch sehr brüchig)
Fakt ist, man konnte mit einem Schwert einen Mann halbieren und es gibt historische Klingen, die heute noch scharf genug dafür sind. Die Schneidendicke dürfte also weit unter 1mm gelegen haben (damit schneidet man nichts), ich tippe mal so auf irgendwo zwischen einem scharfen Fleischmesser und einem guten Holzmeißel, je nachdem, wo man gerade schaut.

Vlfrith
16-06-2011, 20:38
Ein schönes Bild: http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-6-gross.jpg
Und die Daten dazu: http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/uploads/downloads/2011/05/DatenblattZEF06.pdf

Auf dem Bild kann man oben links richtig schön die Klingenwurzel sehen und die Schneide. Die Klinge hat einen sauberen glatten rhombischen Querschnitt. Man sieht hier auf Anhieb eine scharf zulaufende Schneide ohne jegliche "Schlagkanten", was europäischen Schwertern gern unterstellt wird.

Oder hier, ein 16 Jh. Kriegsmesser:http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-9-gross.jpg
Unten sieht man die Gegenschärfe und ganz hervorragend die Schneide. Das Ding ist schlicht scharf, keine Schlagkanten, keine balligen Schliffe.

Die ganze Debatte um die Schärfe finde ich voll und ganz merkwürdig. Wenn jemand meint europäische Schwerter waren nicht scharf wie z.B. asiatische oder arabische - der kann doch in Kollektionen und Museen mal die Originale begutachten! Steht jedem frei. Eine 30° Schneide haben z.B: moderne Macheten, und was diese Dinger anrichten können ist wohlbekannt. Aber diesselbe Schneidengeometrie bei europäischen Schwertern soll irgendwie was völlig anderes sein und weniger scharf?

Und noch ein schöbner Link: http://lessonsontheenglishlongsword.blogspot.com/2009/04/cutting-power-of-medieval-swords.html
Hier wird eine literarische Quelle aus dem 13 Jh. zitiert wo ein Bein mit einem Schwert abgetrennt wird und ein Schädel bis zu den Zähnen gespalten wird. Wenn wir mal davon ausgehen es handelt sich um ein Typ XII Einhand-Schwert (sehr verbreitet und im 13 Jh.) dann ist die Hieb-Wirkung selbsterklärend.

gast
16-06-2011, 23:38
Oje, stimmt, das kann man sehr leicht missverstehen. Also für mich ist es "rasiermesserscharf" wenn ich damit die Unterarmhaare rasieren kann. ;) Bei 30-32° Schneidenwinkel (siehe Eingangspost und den Link wo ein Querschnitt aus der Klinge eines Schwertes ausm 12 Jh.) funktioniert es sehr gut, einen feinen Schliff vorausgesetzt. Aber exakt so scharf und fein wie ein echtes Rasiermesser oder Skalpell ist kein militärisch gebrauchstüchtiges Schwert der Welt gewesen, weil diese Schneide aufm Schlachtfeld keine 10 Sekunden Einsatz überlebt.

Ok, das glaube ich sofort und passt für mich auch! :)

Kraken
16-06-2011, 23:46
Quelle?

Rasiermesserscharf lese ich immer nur von Reenactern und Co, nie von Historikern. Eine "Schärfe" von 1 mm reicht völlig.

Kommt auf den Einsatzzweck an.

Gegen einen gerüsteten Gegner, insbesondere mit Plattenrüstung, mag das stimmen.

Bei Lederrüstung oder noch leichteren Rüstungen ist ein scharfer Schliff von Vorteil.

Und Duellschwerter dürften tatsächlich extrem scharf gewesen sein.

Vlfrith
17-06-2011, 10:10
OK, hier kommt noch ein ganz wichtiger Punkt.

8). Aber die Experten sagen doch europäische Schwerter sind den asiatischen total unterlegen?!

Es gibt heute zahlreiche TV-Shows wo man sich den Ritter und die Samurai + ihre Waffen behandelt. Die allermeisten sind streng genommen "Infotainment", also ne Art "unterhaltende Wissensvermittlung", wo leider sehr viel Blödsinn verzapft wird. Das sind so die bekanntesten:


National Geographic - Samurai Sword (http://www.youtube.com/watch?v=JV4yU8i6gCo)
Ian Bottomley, Victor Harris, James Chambers und Stephen Turnbull sind die Experten die dort durch das Programm begleiten. Wenn man einfach schnell googelt dann sieht man dass es Japan-Experten sind, die weder von Europa noch von Mongolen oder Nahost ne Ahnung haben. Bottomley tut sich gleich unangenehm hervor indem er behauptet Katanas schneiden Eisenplatten und andere Schwerter ohne Schaden zu nehmen. Etwas wovon bis heute kein einziger Video-Beweis existiert, das Schneiden von Bleikugeln, 0,4mm Aluminiumblech, Tomaten, Eisblöcken, LARP-Rüstungen und kleinen Röhrchen zählt nun mal nicht. :rolleyes:
Ansonsten wird in der Show ständig die "übelste Überlegenheit" beschwört ohne je eine Quelle zu nennen. Selektive Härtung, laminierte Klingen und Raffinierstahl werden hier als etwas "exklusiv Japanisches" dargestellt, als ob so etwas immer nur in Japan gab. :vogel: Da wird der duktile Eisenkern als "zäh" bezeichnet, was materialtechnisch schlicht falsch ist. Und zu guter Letzt testen die auch noch Breitschwert gegen Katana (http://www.youtube.com/watch?v=fxYvwEnKRjA) - als "Ritter" tritt ein kostümierter Schauspieler der von Schwertern nicht die geringste Ahnung hat und auf das Tatami wie mit ner Keule einschlägt.

Viele vollmündige Behauptungen und Null Quellen. Hätten die doch eine Eisenstange schneiden sollen, dann könnte Bottomley seine Behauptung doch richtig belegen. Der "Schwert-Test" war ganz klar vorher so bestimmt worden, damit die Klischees nicht angetastet werden. Stephen Turnbull ist ebenfalls in seinen Büchern mit Behauptungen aufgefallen dass europäische Schwerter im Vergleich zu japanischen "stumpf und klobig" gewesen sein sollen, dafür hat er in der HEMA-Szene viel Kritik geerntet.

Fazit: Diese Leute sind höchstens Japan-Experten. Sie haben keine Ahnung von anderen Schwertern außer "Katanas". Damit sind jegliche Vergleiche und Beurteilungen ihrerseits pure persönliche Fantasien.

History Channel - Lock 'N Load (http://www.youtube.com/watch?v=EDkoj932YFo)
Hier ist es ganz einfach. Lee Ermey ist ein ehemaliger Militärangehöriger, Goodwin ist ein Hollywood-Schaukämpfer, ihre Testschwerter sind grob geschliffene Imitate (wie Nahaufnahmen zeigen) und die Beiden haben 0,0% Ahnung wie man mit echten Klingen umgeht. 100% Bullshit, wenn man so will. Hier die richtige Expertenmeinung dazu: YouTube - ‪How to Mount a Horse in Armor and Other Chivalric Problems‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=NqC_squo6X4#t=10m03s)

Galileo Mystery - Samurai (http://www.prosieben.de/tv/galileo-mystery/videos/samurai-galileo-mystery-video-31-juli-2009-1.132208/)
Die Show ist inzwischen der Inbegriff der fehlenden Bildung. Man testet dort scharfen China-Tachi gegen stumpfes Schaukampfschwert, verwechselt Kaliberangaben und hat einen Schaukämpfer als "Ritter" eingeladen. Selbst der eingeladene Sensei ist ein Iai-Do Meister, wohl etwas anderes als klassische Koryu. Und natürlich keinerlei Quellen, nur großzügige Behauptungen. Der Parkur-test... oje... :(

Discovery Channel - Samurai Sword (http://www.youtube.com/watch?v=5erZqSyiT38)
Es orientiert sich an National Geographic, es sind also diesselben "Experten" die dort zu sehe sind. Besonders tut sich James Chambers hervor, der erschütternden Blödsinn über europäische und mongolische Waffen verzapft. (HIER (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/medieval-fight-book-talhoffer-nation-geogr-128828/#post2510346)). Und natürlich gibt es Pseudogeschichte satt, a la "Mongolen haben wegen Superkatanas gegen Japan verloren".

History Channel - Conquest (http://www.youtube.com/watch?v=5TTx-39gYqE)
Der Schlimmste von allen. Peter Woodward behauptet ein "Schwertkampfexperte" zu sein, ist aber nur ein Theaterfechter der weder HEMA noch irgendeine japanische Schwertkampfschule von innen gesehen hat. Das was er macht ist Schaukampf, gewürzt mit allen erdenklichen Klischees. Ein Haufen Dilettanten mit Schaukampfschwertern, die dann "Expertenmeinungen" abgeben. Immer wenn er statt "arming sword" oder "longsword" dieses unsägliche BROADSWORD sagt schauderts einen. Bei ihm wiegen Schwerter und Falchions auch mal 5 Kilo, Wikingerschwerter sind primitive Knüppelwaffen, und natürlich sind es Rüstungs-Imitate statt echtem Stahl.

Soviel zum Expertentum von Woodward... :mad:

Ursache: Im 18-19 Jh. war man der ehrlichen Überzeugung aufgeklärt zu sein, die Menschen des Mittelalters wurden gern als primitiv, abergläubisch und dämlich hingestellt. Im 19 Jh. gab es dann die Epoche der Romantik, wo das märchenhaft-verklärte Bild des Ritters entstand. Und ab 1970 kam noch der Asia-Hype dazu, Kung-Fu, Samuraifilme und Ninjas. In 1990-ern kam die erste große Anime-Flut in den Westen.

Der Geschmack des Publikums ging in zwei Richtungen - zum Einen hat man durch die ganze Romantik das Klischee des "edlen Barbaren" und "superstarken Kriegers" einfach gern (kommt noch aus dem 19 Jh.), und zum anderen superstarke Mönche und superschnelle edle Samurai mit blitzeblanken scharfen Schwertern. Das ist halt das was der heutige Mensch gern sieht.

Das Problem dabei ist dass die Massenmedien diese Ideen bis zum geht nicht mehr ausgequetscht und verbogen haben - aus dem "edlen Barbaren" sind haarige stinkende ungewaschene Tölpel geworden die mit stumpfen schwertähnlichen Keulen aufeinander eindreschen, im Dreck leben und nicht einmal ein richtiges Haus bauen können (man sehe sich nur den Schrott den Hollywood gern als "mittelalterliche Häuser" ausgibt). Der Samurai und die Shaolin mutierten zu Superkriegern dessen Schwerter allles schneiden können und überhaupt "das beste" sind in jeglicher Hinsicht...

FAZIT: Diese massenmedialen Klischees sind voll und ganz auf Filmen und Fantasy-Literatur begründet! Jeder kann selber recherchieren, und merken, dass fast nichts davon historisch nur annähernd beweisbar ist. Und da Sensationalismus halt Geld bringt gibt es halt außer Hollywood zahlreiche "Populärexperten" die diese Klischees noch weiter ausschlachten und einfach so den Blödsinn als "historisch" erklären.

die Massenmedien verkaufen alles Europäische als "barbarisch und primitiv" und Asien als "Superkultur" weil sie es von vornherein absichtlich so wollen! Es bringt Geld, Einschaltquoten, kommt gut an. Um korrekte Geschichte schert sich keiner. Pure Sensationsgeilheit, nichts weiter.

PS:
Hab irgendwo im Netz gelesen dass der durchschnittliche Amerikaner so gut wie nichts weiß von europäischer Geschichte, und seine Kenntnisse diesbezüglich voll und ganz auf Filmen fußen. Na dann Prost Mahlzeit, bester Nähboden für Pseudogeschichte und Desinformation...

Amun-Ra
17-06-2011, 10:22
Ein bekannter von mir, wollte mir auch weißmachen dass die Japaner um Christi Geburt schon Katanas herstellten indem sie ihn 1000ende male falteten und die Europäer wärend dessen mit besseren Keulen herumfuchtelten. :D

Das schlimme er ist Student und dennoch scheint sich dieser Blödsinn auch bei den gebildeten Schichten zu halten.

rukola
17-06-2011, 10:38
Ich glaube was Krieg und Waffentechnik angeht, macht niemand den Europäern was vor, hier war ja eigentlich immer Krieg in den letzten 2000 Jahren. Nur logisch, dass die Waffen entsprechend entwickelt wurden.
Dieser Japan-Katana-Hype geht mir auch aufn Sack. Optisch find ich die Dinger allerdings top.

Klaus
17-06-2011, 15:45
In Asien war auch permanent Krieg (die Kleinstaaten hiessen nicht umsonst "Streitende Reiche"), und man hatte dementsprechende Waffentechnologie. Durch Handel und kriegerischen Kontakt wurden Technologien auch permanent ausgetauscht.

Bis in die moderne Zeit wurden Kriege aber eher durch Strategie, Ausbildungsgrad und Überzahl entschieden, nicht durch die Schärfe von Schwertern. Japanische Waffen für entsprechende Kreise waren durchaus Kunststücke, die findet man aber eben auch im europäischen Raum, wenn man die gleiche Preisklasse nimmt. Es gibt auch supergeniale chinesische Waffen, und welche vom Dorfschmied wo ich die Hände über dem Kopf zusammenschlage. Und letztere sind dann auch "Ming-Dynastie".

Was ich lustig finde ist, wie oft Einzelstücke präsentiert werden und davon irgendeine generelle Klassifizierung abgeleitet wird. Gewisse Leute die zu schwere chinesische Waffen vertreiben haben erst selbst geschrieben dass das Gros bestimmter gerader Einhand-Schwerter bei 780g lag, und ein paar Jahre später kamen die dann damit um die Ecke "mein historisches aus dem Museum wiegt 1100g, echte Waffen waren viel schwerer als allgemein angenommen!". Man kann bei ein und derselben Armee Säbel für verschiedene Zwecke von 500g bis 1500g finden, wenn da einer damit ankommt ein "richtiger" muss leicht oder schwer sein, kann man nur den Kopf schütteln. Die einen trugen Bogenschützen als Backup, die anderen schwere Kavallerie auf dem Pferd, die können nicht gleich sein. Auch bei den europäischen Waffen die ich inzwischen gesehen habe ist die Bandbreite enorm, in Länge, Breite, Klingenstärke, Gewicht, und so weiter.

Vlfrith
17-06-2011, 19:38
Es gibt auch supergeniale chinesische Waffen, und welche vom Dorfschmied wo ich die Hände über dem Kopf zusammenschlage. Und letztere sind dann auch "Ming-Dynastie".
Komischerweise werden chinesische Schwerter fast genauso stiefmütterlich in den Medien behandelt. In den meisten Filmen werden sie unpoliert und grobschlächtig gezeigt, oft als so ne Art "Qi-Zauberstab" womit überall reingehackt und gestochert wird. Scheint mir irgendwie ein Vorurteil zu sein dass gerade zweischneidige Klingen alle wie ne Axt sind wo keine Schärfe sondern nur Gewicht gebraucht wird. Richtig merkwürdig...

Lars´n Roll
17-06-2011, 19:51
Am häufigsten sehe ich in Filmen Jian und Dao - keine davon würde ich als unpoliert und grobschlächtig bezeichnen und deren Verwendung in Kampfszenen sieht immer oberfancy aus. Und schwer wirken sie dabei schon gar nicht.

Sehe da keine Parallele zu gängigen Klischees über europäische Waffen. Eine Parallele seh ich eher hier:


Was ich lustig finde ist, wie oft Einzelstücke präsentiert werden und davon irgendeine generelle Klassifizierung abgeleitet wird.

Da passt dann auch die Arbeit hier gut: http://www.schwertkampf-ochs.de/Essays/aufsatz_langesschwert_v1.pdf

Seit ich mich mal ein wenig in das Thema HEMA eingelesen habe, nachdem das KKB und eine Unterhaltung mit Stefan Dieke mein Interesse geweckt hatten musste ich haufenweise vermeintliches "Wissen" über Bord werfen. Allein die Begriffsverwirrung, weil es ja gar keine verbindliche Nomenklatur gab...

Vlfrith
17-06-2011, 20:35
Am häufigsten sehe ich in Filmen Jian und Dao - keine davon würde ich als unpoliert und grobschlächtig bezeichnen und deren Verwendung in Kampfszenen sieht immer oberfancy aus. Und schwer wirken sie dabei schon gar nicht.
Hier ein Paar Beispiele...
YouTube - ‪Kill Bill Volume 2: Deleted Scene!!‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=ouFLD3lMTVU)
Das Ding ist hier offenbar gut genug es in Holzpfosten zu rammen. Katana ist scheinbar überscharf.
Oder der chinesischen Film "Seven Swords"; wo die am Ende kämpfen sind ihre Schwerter alles andere als blitzeblank.
Außerdem wird mit Jian in Filmen und bei Kung-Fu-Shows vorwiegend gestochen und geschnitten, Hiebe oder gar Schnitttests sind nicht üblich, was zum Eindruck führen kann die Dinger sind nicht scharf sondern nur spitz. Und der unbedarfte Zuschauer hat ja meist keine Wahl als solche Eindrücke für bare Münze zu nehmen.

Lars´n Roll
17-06-2011, 20:48
Außerdem wird mit Jian in Filmen und bei Kung-Fu-Shows vorwiegend gestochen und geschnitten, Hiebe oder gar Schnitttests sind nicht üblich, was zum Eindruck führen kann die Dinger sind nicht scharf sondern nur spitz. Und der unbedarfte Zuschauer hat ja meist keine Wahl als solche Eindrücke für bare Münze zu nehmen.

Nagel mich nicht drauf fest, chinesische Waffen sind nicht mein Steckenpferd, aber ich meine schon oft gelesen zu haben, dass Jians tatsächlich nur zum Ort hin scharf geschliffen waren...

Und auch wenn man Szenen rauspicken kann (der Kill Bill Ausschnitt veralbert wenn überhaupt wohl eher chinesische Kampfkunst) wo der Chinakracher nicht zündet, so findet man wohl sehr viel mehr Kung Fu Schinken, in denen chinesische Waffen und Kampfkunst in die höchsten Sphären gehoben werden. Jedenfalls habe ich nicht den Eindruck, dass die als Primitiv charakterisiert werden, im Gegenteil.

Vlfrith
18-06-2011, 10:53
Nagel mich nicht drauf fest, chinesische Waffen sind nicht mein Steckenpferd, aber ich meine schon oft gelesen zu haben, dass Jians tatsächlich nur zum Ort hin scharf geschliffen waren...

Und auch wenn man Szenen rauspicken kann (der Kill Bill Ausschnitt veralbert wenn überhaupt wohl eher chinesische Kampfkunst) wo der Chinakracher nicht zündet, so findet man wohl sehr viel mehr Kung Fu Schinken, in denen chinesische Waffen und Kampfkunst in die höchsten Sphären gehoben werden. Jedenfalls habe ich nicht den Eindruck, dass die als Primitiv charakterisiert werden, im Gegenteil.
Hier habe ich ein besseres Beispiel:
YouTube - ‪Moon Warriors: Final Fight‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=2rPLfQdYqKo)
YouTube - ‪Moon Warriors - Fishing Village Fight‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=LiLN6kV4G3k)
Hier noch ne westliche Produktion:
YouTube - ‪[Steven Seagal - [Into The Sun] (2005) {2/2}‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=rQyo-ovkX7Q#t=24m05s)

Nicht unbedingt schwer, oder verrostet da gebe ich dir recht. Doch: die schlagen mit ihren Schwertern auf alles und gekillt wird fast immer durch den Stich oder Schitte mit Spitze, was zum Eindruck führen kann dass diese Schwerter schlicht stumpf sind. Ob Filme nun ernst gemeint sind oder nicht die werden kritiklos geglaubt, wie z.B. das rostige Ding bei "Seven Swords" was Wände zerkratzt und "QI" ausstrahlt.

Es gibt an vielen historischen Jian eine 10-15 cm Fehlschärfe ab Griff, mit der Partie wird halt viel "pariert" (im chinesischen Sinne). Dabei ist das Fechten mit Jian halt stichlastig, soweit ich weiß. Und das führte zum Entstehen des Behauptung dass Jian nur an der Spitze scharf sind und der Rest ist eine Fehlschärfe! Hab davon viel im Netz gelesen aber nie irgendwelche Originale oder andere historische Belege! Und wenn westliche Filmemacher dabei sind, übernehmen sie halt fix die Klischees die mit einer geraden zweischneidigen Klinge so assoziiert werden, dann wird sie auch mal schwer.

Dem Jian wird hier eindeutig ein Klischee aufgedrückt was nicht der Realität entspricht. Das beste Demo was ich im Netz fand war eins von Scott M. Rodell:
YouTube - ‪5 Elements of Chinese Swordsmanship‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=R9VTu63NX5E)
Es sind halt das ganze "Shaolin-Gefuchtel" in Eastern wo mit dem Jian nicht vernünftig gestochen und geschnitten sondern "gehauen" wird.

Vlfrith
22-06-2011, 10:38
Alle gute Dinge sind zehn! :D

9). Die europäischen Schwerter wurden massengefertigt und waren keine Handwerklich wertvollen Gegenstände.
Diese trifft auf das 19 Jh. zu, nachdem duch die Industrialisierung qualitativ hochwertiger und billiger Stahl (z.B. durch das "Bessemerverfahren" erzeugt) in großen Mengen verfügbar wurde. Der europäische Stahl wurde schnell zu einem weltweiten Exportschlager und die Blankwaffenherstellung wurde grundlegend verändert

Für zahlreiche Kriege die Frankreich, England und Deutschland damals geführt hat, auch in Kolonien, wurden für Soldaten und offiziere massenweise billige Säbel und Pallasche produziert, denn die Feuerwaffen waren damals noch nicht halbautomatisch und eher teuer, gemessen an Einkünften der Soldaten. Besonders in Kolonien wo der Munitions-Nachschub nicht der schnellste war waren billige Säbel ein Segen. Industriell produzierte Klingen waren auch der Verkaufsschlager anderswo auf der Welt wo Feuerwaffen noch selten waren.

Der Nachteil dieser Klingen: Es waren keine handwerklich wertvollen Gegenstände. Auch die Stahl-Wahl und Wärmebehandlung war eher auf Zuverlässigkeit und Stabilität ausgelegt, nicht außerordentliche Schnittleistung oder Balance der Gesamtwaffe. So kam es dass die Nah- und
fernöstliche Klingen als "benutzerfreundlicher" und "besser" erachtet wurden
wegen der Vorteile einer individueller Verarbeitung (Balance, Härte, Schärfe, usw.). Zwar waren sie rein technisch dem industriellen Stahl unterlegen gewannen aber an Beliebtheit, insbesondere dann wenn östliche Schmiede europäischen industriellen Stahl sorgfälig verarbeiteten und so sehr gute Waffen erschufen. Bsp.: Die kaukasisch-kosakische Schaschka mit der deutschen Schmiedemarke "Passauer Wolf" hatte einen legendären Ruf - deutscher und italienischer Stahl war im 19 Jh. im Nahen Osten begehrt wegen der Qualität, wobei die örtlichen Schmiede mit ihrem Know-How dazu ebenfalls viel beitrugen.

FAZIT: Die Vorstellung der massengefertigten Schwerter kommt aus dem 19 Jh., und hat mit früheren Zeiten gar nichts zu tun. Dass Mittelalterschwerter Massenware gewesen sein sollen ist bestenfalls eine Übertragung der neuzeitlichen Entwicklungen aufs Mittelalter. Im historischen Mittelalter, Renaissance und Barock waren Blankwaffen genauso wie anderswo auf der Welt durch Handarbeit hergestellte Einzelanferigungen oder Manufakturprodukte, wo für jeden Arbeitsgang ein Spezialist vorhanden war. Von "industriellen Massenfertigung" kann hier keine Rede sein. Die Popularität der Klingen aus dem Osten wurde durch das schon tausendmal erwähnte „Talisman“ von Walter Scott (ein von ihm frei erfundenes Treffen des Richard Löwenherz mit Saladin und die Tests ihrer Schwerter an Eisen und Textilien) auch aufs europäische Mittelalter übertragen. Damit ist die Romantik des 19 Jh. an dem Mythos mit schuldig.

10). Die europäischen Schwerter hatte nie eine sakrale oder spirituelle Rolle und waren bloße Waffen ohne Seele.
Knüpft sich an die Vorstellung des massengefertigten Schwertes an. In den Quellen, und besonders in den Sagen des Frühmittelalters wimmelt es nur von magischen Schwertern wie Tyrfing, Mimung, Gram, Skofnung, Durendal, Joyeuse, Hrunting, uvm. Die damaszierten Schwerter des FrühMi mit ihrer spiegelblanken Politur und verzierten Gefäßen dürften nicht nur sehr viel gekostet haben, sie waren auch oft „Persönlichkeiten“ die ihren eigenen Willen hatten. Im Schwert Skofnung waren gar die Seelen von 12 Berserkern „eingeschmiedet“. ;) Die in der Maciejowski-Bibel überlieferten Darstellungen zeigen mitunter komplexe Polituren an Klingen.

FAZIT: Bis zum 14 Jh. waren Schwerter eine wirklich teure Angelegenheit, weit entfernt von „ritterlichen Knüppeln“ die heute so gern in historischen Filmen (= historische Fantasy) gezeigt werden. Bereits im Hochmittelalter gab es sog. „Paradeschwerter“, reich dekorierte Statussymbole für weltliche Herrscher, und welche die Bedeutung des Schwertes als Machtsymbol nur unterstreichen. Fast alle Sagenhelden des „ritterlichen Epos“ im 13-14 Jh. (Karl der Große, Artus, Roland, Dietrich von Bern) haben ihre magischen unbesiegbaren Schwerter. Die Behauptung es gab keine „Schwertverehrung“ in Europa scheitert also schon mal an historischen und literarischen Quellen.

PS: Wir hatten in den vergangenen 2 Jahren drei(!) neue „historische Filme“, produziert von Hollywood. „Robin Hood“ 2010, „Der letzte Tempelritter“ 2011 und kürzlich „Ironclad“. Und in allen findet man immer dieselben Klischees wie riesige Zweihänder (im 12-13 Jh. ), Barbaren mit Doppeläxten („Ironclad“) und natürlich Fantasy-Rüstungen en masse. Das Schlechte dabei ist, dass diese Streifen oft als „historisch authentisch“ hingestellt werden – z.B. meinte der Produzent des „Ironclad“ sie wollten die Belagerung und die Waffen „so authentisch wie möglich darstellen“. Dasselbe haben wir in „Der 13te Krieger“ wo angeblich auf Texte des Ibn Fadlan zurückgegriffen wurde – dabei sehen wir in dem Film laute Anachronismen und freie Interpretationen. Die Schwertwaffen kommen am kürzesten, scheinbar meinen alle möglichen Produzenten und Skript-Autoren die mega-schweren riesigen Fantasy-Prügel seien längst „authentisch“. Und so wird das Ganze dann dargeboten.

Und eben dagegen sollte man vorgehen, denn in meinen Augen ist es nicht mehr „filmtechnische Freiheiten“ sondern Geschichtsverfälschung, wenn man allen ernstes behauptet Fantasy sei „historisch“.

PPS: Nunja… Damit hab ich alles. Mir fällt kein Schwertmythos mehr ein.

Beste Wünsche

Vlf

DeepPurple
22-06-2011, 11:53
Danke.
10.) kannte ich nicht als Mythos, ich bin aber mit den Heldensagen aufgewachsen und damit mit Balmung, Eckesachs, Nagelring und Mimung.

Für den 13. Krieger muss ich eine kleine Lanze brechen. Der Film basiert auf einem Roman von Michael Crichton, dort kommt das Manuskript vor.
Ich denke nicht, dass die Macher des Films viel Wert auf historische Genauigkeit legten und diese vorgeben wollten.

Amun-Ra
22-06-2011, 13:24
Manufakturen sind doch vorindustrielle "Massenproduktionen".

Auch die Tatsache dass im Späten Mittelalter fast jeder Hans mit nem langen Messer oder Schwert rumlaufen konnte, legt doch nahe, dass Schwerter für eine breite Masse erschwinglich wurden.

KAJIHEI
22-06-2011, 17:14
So, nach dem ganzen Theorie Gequasel jetzt hier mal was von der Praktikerfront.
Ich bild mir ein etwas von Schwertern zu verstehn, schließlich leb ich von den Dingern, genauer gesagt von Nihonto. ALlerdings hab ich auch schon diverse alte europäische ORiginlae befingert.
1. )
Sind sie schärfer oder stumpfer als europäische ?
Weder noch. Es kommt wie üblich auf die Querschnittsgeo an, und die hat sich sowohl in Japan als auch Europa mehrfach geändert, je nach Anwendungsbereich.
Genausowenig wie man mit einem Degen eine Plattenpanzer durchstechen kann, kann man mit einer Kamkura II Tachi mit extremen Niku ( Hamaguriba = Muschelschneide ) eine mongolische Lederrüstung tranchieren ).
D.h. wir habe imer eine Wechselwirkung.
2. )
Welche sind besser von der Schmiedetechnik her : Blödsinnige Frage, denn beide sind sich ähnlicher als manch einer denkt. Das wir in Europa dank des Zurückdränges der Bedeutung der Hiebwaffen viel vergessen haben, steht dabei auf einem anderen Blatt.
Fakt ist einfach das sowohl Kompositkonstrukte als auch selektive Härtung auch in Europa vorgekommen sind. Also wieder kein großes Für oder Wider.
3. )
Massenfabrikation : Gab es ebenfalls in beiden Regionen seid an Beginn der Schwertkunst. Den europäischen Ausdruck weis ich jetzt nicht aus dem Ärmel, in Japan sind es Kazuchimono oder Tabagatana.
Miese Prügel die nur zum Dreschen taugen, keine Kunst..

Man könnte das sehr lange weiterführen.

Das Einzige was die Europäer so nie gemacht haben : Malerein mit der Härtung. Technisch eigentlich Mumpitz, aber sieht hübsch aus.

So das war´s dann
Gruß

Kaji

Übrigens da warn wir schon mal.........

Vlfrith
22-06-2011, 19:35
Für den 13. Krieger muss ich eine kleine Lanze brechen. Der Film basiert auf einem Roman von Michael Crichton, dort kommt das Manuskript vor.
Ich denke nicht, dass die Macher des Films viel Wert auf historische Genauigkeit legten und diese vorgeben wollten.
Das Problem ist aber dass viele Menschen ihn als "historisch 100% authentisch" missverstehen, und die Medien tun ihr Übriges. Die schaurige Mär von den riesigen überschweren Wikingerschwertern hat eben seit dem "13ten Krieger" Einzug in Medien erhalten, und das kriegst du nicht mehr raus aus den Köpfen, wie nen Rotweinfleck ausm weißen Hemd. Und so viele Leute werden dir völlig ernsthaft den Film als "historische Quelle" nennen, weil er angeblich 100% auf dem Ibn Fadlans Schriftstück basiert.

Avber das hatten wir schon, dass die Medien dies mit Absicht tun. Bleibt nur noch Aufklärung... oder einfaches Ignorieren.

Vlfrith
22-06-2011, 19:35
Auch die Tatsache dass im Späten Mittelalter fast jeder Hans mit nem langen Messer oder Schwert rumlaufen konnte, legt doch nahe, dass Schwerter für eine breite Masse erschwinglich wurden.
Ist auch richtig. Es gab mit dem Voranschreiten der Rennofentechnologie und Schmiedetechnologie bessere Klingen, und viel mehr davon. Der Mythos den ich meine besagt aber - die europäischen Massen-Klingen wurden weder "gefaltet" noch poliert, sondern "in Formen gegossen" oder "grob gehämmert und geschliffen".

Bis ins 18 Jh. hat man Schwerter, ob Manufaktur oder nicht, auf die "alte Art" machen müssen. Renneisen raffinieren durch Falten und Ausschmieden, dann ne Klinge aus evtl. mehreren Stahlsorten zusammensetzen (im Eingangspost ist ein Link zu Untersuchungen an Schwertern bis ins 18 Jh., dort sind auch Kompositklingen zu finden) und dann wärmebehandeln. Ob jetzt mehrere Spezis für jeden Arbeitsgang, ob Einzelanferigung oder serienmodell - das alles ist in dem Sinne immer noch "handwerklich" und "traditionell".

Der Mythos Nr. 9 geht aber klar davon aus dass eben diese Fertigungsprozesse in Europa nicht gab, aus einem Lumpen Renneisen oder gegossenem Rohling wurde angeblich direkt ein Schwert "hervorgedengelt". Wie heute Schaukampfschwerter hergestellt werden - aus flüssigem Stahl ein Rohling gemacht, der dann vom Schmied gekauft, in Schwertform gedengelt/geschliffen (oder mit CNC gefräst), und fertich isses! Das gabs im mittelalterlichen Europa ganz sicher nicht.

Klaus
22-06-2011, 22:56
Das macht auch heute kein Mensch. Man kauft Bleche von der gewünschten Stärke, eventuell sogar schon gehärtete, lasert die Rohform aus, und schleift die Kanten zurecht oder fräst - fertig.

Und das Schlimme ist, dass Leute dann hingehen und wegen dieser Vorerwartung anhand von gewalzten oder gefrästen Klingen an handgeschmiedete und -geschliffene Schwerter total überzogene Erwartungen stellen. Die müssen dann auch auf Zehntel genau sein, weil die gelaserten und gefrästen so aussehen, dürfen aber nicht mehr kosten als eine aus dem Automaten für 70 Euro, wenn's keine Firma mit tollem Namen ist.

KAJIHEI
23-06-2011, 05:29
@Klaus
Halt das übliche "Geiz ist geil" Syndrom : Die Arbeit soll spitze sein, aber darf nichts kosten.
Neulich ist mir mal der Kragen geplatzt und ich hab so einer Flitzpiepe mal vorgerechnet was sie für ihr Geld kriegt : Danach war himlische Ruhe, denn dann hat er erstmal gesehen was da wirklich an Material und Zeitaufwand dahintersteht, hinter dem "Sie müssen ja blos mal kurz mit dem Schleifstein über die Klinge huschen" Gequatsche.

rudongshe
23-06-2011, 07:00
flitzpiepe

:d

Amun-Ra
23-06-2011, 08:52
Ist auch richtig. Es gab mit dem Voranschreiten der Rennofentechnologie und Schmiedetechnologie bessere Klingen, und viel mehr davon. Der Mythos den ich meine besagt aber - die europäischen Massen-Klingen wurden weder "gefaltet" noch poliert, sondern "in Formen gegossen" oder "grob gehämmert und geschliffen".

Bis ins 18 Jh. hat man Schwerter, ob Manufaktur oder nicht, auf die "alte Art" machen müssen. Renneisen raffinieren durch Falten und Ausschmieden, dann ne Klinge aus evtl. mehreren Stahlsorten zusammensetzen (im Eingangspost ist ein Link zu Untersuchungen an Schwertern bis ins 18 Jh., dort sind auch Kompositklingen zu finden) und dann wärmebehandeln. Ob jetzt mehrere Spezis für jeden Arbeitsgang, ob Einzelanferigung oder serienmodell - das alles ist in dem Sinne immer noch "handwerklich" und "traditionell".

Der Mythos Nr. 9 geht aber klar davon aus dass eben diese Fertigungsprozesse in Europa nicht gab, aus einem Lumpen Renneisen oder gegossenem Rohling wurde angeblich direkt ein Schwert "hervorgedengelt". Wie heute Schaukampfschwerter hergestellt werden - aus flüssigem Stahl ein Rohling gemacht, der dann vom Schmied gekauft, in Schwertform gedengelt/geschliffen (oder mit CNC gefräst), und fertich isses! Das gabs im mittelalterlichen Europa ganz sicher nicht.

Also hier im bergischen Land ging man im Spätmittelalter auf Floß und Stücköfen über.
Zwar war hier ein Eisenverhüttungshotspot, aber ich denke zumindest die Stücköfen werden wohl Europaweit genutzt worden sein.

Vlfrith
30-06-2011, 11:50
Es ist kein Schwert-Mythos in dem Sinne, aber trotzdem, durch diese Frage werden die Mythen überhaupt erst diskutiert. Der Ursprung, sozu sagen...

Ritterschwert oder Samuraischwert, welches ist "besser"?
Quasi der Ursprung aller "theoretischen Überlgungen" bezüglich der Ritter und Samurai, bedingt durch die ganzen Filme, RPG's und Anime. Besonders in den RPG's müssen alle möglichen Krieger und Waffen gegeneinander antreten, und man fragt sich irgendwann mal was oder wer halt "besser" ist.

Hier ist mein Wissensnstand. Achtung - mein Wissen um Nihonto ist sehr begrenzt, bitte berichtigen wenn ich Quatsch schreibe.

a). Samuraischwert.
Es gibt ja eine ganze Fülle von verschiedenen Nihonto; Wakizashi, Tachi, Tanto, Naginata, Tsurugi, und wie sie sonst alle heißen. Die Primärwaffe eines berittenen Samurai war das Tachi, der am Wehrgehänge wie ein Säbel befestigt wurde. Soweit ich es auf Abbildungen erkennen kann (hier ein Beispiel (http://nihonto.ca/reisen-sadamori/)) hatten die Schwerter der Kamakura-Zeit eine andere Krümmung und Griffgeometrie als die Schwerter der Edo-Zeit. Das Katana entstand meines Wissens nach aus dem Tachi heraus im 15 Jh. und erst ab 16 Jh wurde die so genannt (bis dahin sollen sie Uchigatana gehießen). Und mit Erlass des Tokugawa um 1603(?) war das Katana die Seele des Samurai. Frühere Tachi wurden oft gekürzt damit man sie als "Katana" tragen konnte, was zumindest nahe legt dass die alten Schwerter eher längere Kavallerie-Zweihandsäbel waren als Duellwaffen der Samurai im zivilen Leben.

Die Katana die alle aus den Medien kennen ist also eher jung, produziert ab erste Hälfte 17 Jh. Und da gibt es die erste Hürde - wie bitte schön sollte man europäische Schwerter des Mittelalters mit der neuzeitlichen Katana vergleichen? Macht irgendwie null Sinn. Mal abgesehen davon dass es so etwas wie "Samuraischwert nach Norm" nie gegeben hat, sondern eine Fülle an verschiedenen Nihonto. Welches der Nihonto soll nun mit "Ritterschwert" verglichen werden... ;)

b). Ritterschwert, oder auch das "mittelalterliche Breitschwert"
Wie der mal ein Sammelbegriff der keinen Sinn macht. Laut der Oakeshott-Klassifikation gab es einen Haufen an verschiedenen Typen je nach Epoche, Land und Einsatzgebiet.
Der gängige Vergleich; man nehme etwas Breites, anderthalbhändiges, mit parallel verlaufenden Schneiden (oder linearen Zuspitzung) und einer breiten Hohlbahn, halt das was man aus dem Ritter-Filmen und Hollywood kennt mit der irreführenden Bezeichnung "Breitschwert" (engl. "broadsword"). Das könnte so in etwa den Typen XIIa - XIIIa entsprechen, den "grete swerdes" des Spätmittelalters. Der Punkt ist aber - so ein Kriegsschwert war eine primär einhändig geführte Kavalleriewaffe! Es gibt keine einzigen Beleg dass mit den Dingen wie auch immer gefochten wurde. Vom Schlachtross aus Hiebe verteilen, das entspricht eher dem Einsatzgebiet des jap. Tachi und keiner Katana. Das wäre als ob man einen Laster mit dem Minivan vergleichen würde. Überhaupt waren fast alle Mittelalterklingen vom Typ X bis XVIa eher Waffen eines Kavalleristen, dessen Aufgabe war kein Gentleman-Duell sondern Abschlachten der Feinde aufm Schlachtfeld, zu denken mit den Dingen wurde "gefochten" wie mit einem Degen ist ein grundlegender Fehler, den viele Fechter im 19 Jh. leider begangen haben. Selbst heute denken viele Leute über Schwerter nur als "Duellwaffen".

c). Was kann man überhaupt vergleichen?
Wenn man die Epochen außer Acht lässt: Typen X-XIIIa sind in ihrem Einsatzgebiet dem japanischen Tachi am ähnlichsten. Bidenhänder/Zweihänder der Renaissance sind ne Sonderklasse der Schwerter, eher mit dem No-Dachi gleichsetzbar. Die sog. Wikingerschwerter haben in Japan m.W. nach keine Entsprechung, da Schildkampf in Japan nicht praktiziert wurde (soweit ich weiß). Typ XIV nach Oakeshott ist eine einhändige Schwertwaffe die von der Länge her mit Katana vergelichbar ist, auch wurde damit zusammen mit Bucker gefochten (siehe Manuskript I.33 bei Wikipedia). Könnte gerade noch so durchkommen als ritterliches Pendant zur Katana.

Jetzt epochengeteu. Im 16 Jh. gab es in Europa eine Schwertart die Hieb- und Stich vereinigte, mit zwei Händen geführt wurde aber auch wie ein Rapier - das Reitschwert der Renaissance (oder seitschwert, je nach Quelle). Hier ein Paar Beispiele:
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zef-2.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-14-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-8-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-15-gross.jpg

Spätere Schwerter waren entweder Säbel oder Pallasche für puren militärischen Gebrauch oder hochgezüchtete Stoßklingen für zivile Duelle, die mit dem zeitgenössischen Katana überhaupt nicht verglichen werden können.

Wenn man also unbedingt europäische Entsprechungen finden will, dann sinds im Mittelalter Typen XII und XIV, entsprechend designt für Schwert & Buckler Fechten. Das größte problem dabei - es sind pure Einhänder! Die langen "Normannenschwerter" des 12 Jh. und die "Kriegsschwerter" des Spätmittelalters mit der Edo-zeitlichen Katana vergleichen ist mehr als nur Äpfel mit Birnen, eher wie Flugzeuge mit U-Booten.

Wenn man es epochengetreu haben will, dann ist so ein europäisches Reitschwert mit langem Griff die beste Wahl; zweihändiges Fechten standardmäßig, im Duell und zur Selbstverteidigung auch einhändige Führung inbegriffen.

FAZIT: Wenn man die Falchione und Messer weglässt gibt es schlichtweg keine Edo-Zeit-Katana-Entsprechung im mittelalterlichen Europa! Von daher ist jeder "Vergleich" zwischen "Katanas" und "Mittelalterschwertern" von vornherein Blödsinn. Der einzig logisch nachvollziehbare Kandidat, der vllt. auf portugiesischen Schiffen rein theoretisch Japan gesehen haben könnte, ist das Reitschwert (auch "gentleman's sword") um 1600, mit dem sich die damaligen Gentleman duelliert, in engen Gassen selbstverteidigt und sogar aufm Schlachtfeld vom Pferd geschwungen haben könnte.

Das "lange Schwert" (in Verbindung mit den ganzen Fechtmanuskripten) wird oft als das Gegenpart zu Katana dargestellt. Ich finde dieser Vergleich wurde so ziemlich an den Ohren herbeigezogen - das lange Schwert vom Typ XVa-XVIIIa wurde zwischen 1350 und 1650 in den meisten Fällen als Duellwaffe konzipiert, als Selbstverteidigungswaffe in engen Gassen taugt es nicht viel. Es war eher ein Allrounder der Extraklasse. Das Katana eher ein spezialisierter "Schlitzer". Wäre das Langschwert so übelst "perfekt", gäbe es keine Langen Messer oder den Dussack. :D

So ungefähr...

Grüße

Vlf

Hans M.
30-06-2011, 15:56
Wäre das Langschwert so übelst "perfekt", gäbe es keine Langen Messer oder den Dussack. :D

So ungefähr...



naja weisste... waffen sind werkzeuge. messer und dussack gibt es weil es a. nicht immer allen ständen erlaubt war zweischneidige schwerter zu tragen b. sie günstiger zu produzieren sind c. sie im fall des messers mitunter auch werkzeug für andere dinge als den kampf 1:1 sind usw. usf.
das "lange schwert" kommt wahrscheinlich direkt aus dem kriegseinsatz: bessere rüstungen machen schilder obsulet, die linke hand wird nun einfach an ein größeres schwert gelegt. für die ritter hat diese waffe höchstens 50 jahre lang in ihrem einsatz ohne rüstung relevanz, dannach ist sie in bürgerlicher hand.

deine recherchen sind mir noch zu sehr simplifizierend. ein tachi ist kein schwerttyp sondern ein begriff der sich über die jahrhunderte hinweg ständig wandelte.

KAJIHEI
30-06-2011, 17:23
Ähm , 'Wafen sind also reine Werkzeuge. Erzähl mal das der nihon bijutsu token hozen kyokai, Sie werden sich sehr darüber freuen.:D
Und ja Tachi, sie haben sich so sehr gewandelt : Es gibt nur zwei Denk Varianten : Koshirae und Toshin.
Sowohl tachi toshin als auch tachi koshirae haben sich entwickelt und verändert, aber vom Grundprinzip her sind sie halbwegs ident geblieben.
Also wenn wir schon genau sein wollen, dann aber richtig.
Ups, is ja die Euro-Ecke, dann hör ich mal auf....:o

itto_ryu
30-06-2011, 18:34
Jetzt epochengeteu. Im 16 Jh. gab es in Europa eine Schwertart die Hieb- und Stich vereinigte, mit zwei Händen geführt wurde aber auch wie ein Rapier - das Reitschwert der Renaissance (oder seitschwert, je nach Quelle). Hier ein Paar Beispiele:
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zef-2.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-14-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-8-gross.jpg
http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-15-gross.jpg


Halt, halt, da sind aber einige Exemplare dabei, die von Zornhau als Lange Schwerter klassifiziert wurden, nur das eine Schwert war besagtes "Seit-/Reiter-Schwert".




Spätere Schwerter waren entweder Säbel oder Pallasche für puren militärischen Gebrauch oder hochgezüchtete Stoßklingen für zivile Duelle, die mit dem zeitgenössischen Katana überhaupt nicht verglichen werden können.


Ja und nein. Das Scottish Broadsword war sowohl zivile, als auch militärische Waffe und wurde gegen zahlreiche verschiedene Waffen eingesetzt weltweit. Allerdings kann man da das Katana fechterisch mit vergleichen, da beide Waffen eine ähnliche Reichweite und eine ähnliche Funktionsweise (viel Hieb, aber auch einiges an Stich), wenn auch die Führungsweisen (als auch der Aspekt zweihändiger Gebrauch) anders sind. Dennoch wäre so ein Duell waffentechnisch ausgeglichen und sinnvoll. Rein theoretisch gesehen.

Vlfrith
30-06-2011, 19:00
Ups, is ja die Euro-Ecke, dann hör ich mal auf....
Nö, musst du nicht, immerhin ist es sehr wichtig zu wissen WIE Nihonto verwendet wurden damit man sie überhaupt einem Vergleich unterziehen kann. Ich zu meinem Teil hab absolut keine Ahnung ob Tachi kampftechnisch der Katana gleichwertig waren, oder nur "Schlachtprügel" gewesen sind. Ich hab mal bei YouTube n Video gesehen wo ein Japaner in voller Rüstung mit nem Tachi "Kata" ausgeführt hat, die sehr kräftig an europäische Halbschwerttechniken erinnert haben. Und der Tachi wird in Medien zu 90% entweder ignoriert oder einfach als "Katana" betitelt. Da brauchen wir Klarheit, die nur ein "Nihontosseur" bringen kann :)


Halt, halt, da sind aber einige Exemplare dabei, die von Zornhau als Lange Schwerter klassifiziert wurden, nur das eine Schwert war besagtes "Seit-/Reiter-Schwert".
Die haben aber auch geschrieben dass diese Einordnungen zwischen Langes Schwert und Rapier alle Kompromisse sind, und in keine Schublade so recht passen. Hab einfach nur die Dinger gepostet damit klar wird welche Schwerter des 16 Jh. ich meine.


Allerdings kann man da das Katana fechterisch mit vergleichen, da beide Waffen eine ähnliche Reichweite und eine ähnliche Funktionsweise (viel Hieb, aber auch einiges an Stich), wenn auch die Führungsweisen (als auch der Aspekt zweihändiger Gebrauch) anders sind. Dennoch wäre so ein Duell waffentechnisch ausgeglichen und sinnvoll. Rein theoretisch gesehen.
Wenn nach Fechtbuch von Thomas Page (Mitte 18 Jh.) geht dann iist der Gebrauch eher Richtung Messer und Einhandschwert - hier eine mögliche Interpretation (http://www.youtube.com/watch?v=kNcsVmZ_nfE). Und die Schotten hatten aber den "Targe", son Rundschild-Buckler-Zwischending, also rein technisch gesehen immer noch I.33-artig gekämpft.

itto_ryu
30-06-2011, 23:26
Wenn nach Fechtbuch von Thomas Page (Mitte 18 Jh.) geht dann iist der Gebrauch eher Richtung Messer und Einhandschwert - hier eine mögliche Interpretation (http://www.youtube.com/watch?v=kNcsVmZ_nfE). Und die Schotten hatten aber den "Targe", son Rundschild-Buckler-Zwischending, also rein technisch gesehen immer noch I.33-artig gekämpft.

Das ist korrekt, jedoch gehen die Techniken insofern auf, als dass katana und Broadsword sich in nichts nachstehen, die zwei- oder einhändige Führungsweise kann man dabei doch vernachlässigen. Beide Waffen arbeiten in ähnlichen Distanzen, bisher habe ich im Freikampf gegen das katana dahingehend keinen Unterschied gemerkt, emfpand das immer als sehr ausgeglichen von der Waffe her. Mit dem Targe habe ich natürlich einen immensen Vorteil und das wäre aber auch etwas, dass man mit nito/niten als japanischer Vertreter wieder aufwiegen kann.

itto_ryu
30-06-2011, 23:31
Aber ein interessantes Match-up für das Katana wären doch diese Jungs hier, das geht in Sachen Waffe auch in Richtung des Schwertes, welches du meinst:
YouTube - ‪Renaissance Combat From The 1595 Club (aka. Historical Fencing or European Martial Arts)‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=RSYSqdz9WKc)

YouTube - ‪Renaissance Combat in Edinburgh (Historical Fencing or European Martial Arts)‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=u84qU4QQZyo)

Würde in Sachen Epoche auch am realistischsten auf ein Katana zu treffen sein.

Hans M.
01-07-2011, 06:21
Ich zu meinem Teil hab absolut keine Ahnung ob Tachi kampftechnisch der Katana gleichwertig waren, oder nur "Schlachtprügel" gewesen sind. Ich hab mal bei YouTube n Video gesehen wo ein Japaner in voller Rüstung mit nem Tachi "Kata" ausgeführt hat, die sehr kräftig an europäische Halbschwerttechniken erinnert haben. Und der Tachi wird in Medien zu 90% entweder ignoriert oder einfach als "Katana" betitelt.

zurecht, denn katana bedeutet ja auch einfach "schwert" - auch ein Wakizashi ist ein katana. erst später wurde katana synonym mit dem kompakteren schwert für den kampf ohne rüstung von Musashi et al. weil einfach die bandbreite an verschiedenen schwertern im einsatz immer mehr abnahm - insofern finde ich den vergleich von deutschem langschwert mit "katana" absolut zulässig und sinnvoll, auch wenn sie in ihrer blüte zeitlich ~150 jahre auseinander liegen. beide waffen sind 2 händig, haben ein ähnliches größe schwert/größe kämpfer verhältniss, keine rüstungen usw.
etwas vergleichbares zum seitschwert sehe ich in japan nicht.

ich bitte um den link zum video.

itto_ryu
01-07-2011, 08:34
Vilfirth, meinst du vielleicht die Katori-Shinto-ryu oder die Yagyu-Shingan-ryu? Da wird nämlich auf gerüsteten Kampf eingegangen.


Ich finde ja so eine Variante des Langen Messers kommt dem katana am nächsten:

Zornhau – historische Fechtkunst Blog Archi Vermessungsprojekt Dinkelsbühl (http://www.zornhau.de/dinkelsbuhl-first-steel/#more-92)

Zornhau – historische Fechtkunst Blog Archi Vermessungsprojekt Dinkelsbühl (http://www.zornhau.de/dinkelsbuhl-first-steel/#more-92)

Allerdings bleibt klar, dass die einhändige Führungsweise überwiegt, wobei, wenn in der Theorie ein Vertreter mit dieser Waffe fechten würde gegen einen Katana-Mann, dann würde er sich ggf. mit mehr zweihändigen Aktionen anpassen, die ja durchaus möglich sind.

Vlfrith
01-07-2011, 09:02
ich bitte um den link zum video.
Leider habe ich ihn nur "gesehen", der Name und die Webadresse sind mir entgangen. :( War auf jeden Fall auf YouTube. Ich versuch's immer wieder zu finden, wenn ich Erfolg habe verlinke ich selbstverständlich.

Also, ich persönlich tendiere zu Typ XIV und Buckler, wenn es unbedingt der mittelalterliche Ritter sein soll. Messer, Reitschwerter und Korbgriffschwerter sind zwar alle cool aber in der Regel ziemlich lang, und sehr stichlastig. Der Typ XIV ist 1). von der Klingenlänge und Gewicht her der Katana identisch 2). primär ein Schnittschwert und 3). direkt fürs Fechten geeignet.

Die einhändige Führung des Typ XIV gleicht sich, denke ich, so ziemlich aus, denn es wird ja eigentlich "zweihändig" gefochten! Der Buckler wird zusammen mit der Klinge geführt, laut I.33, neben dem Griff. Rein räumlich gesehen sinds zweihändige Manöver, ob jetzt der Griff zweihändig gegriffen wird oder nicht, ist IMHO vernachlässigbar.

Was ich aber sehr traurig finde ist dass Schwert&Buckler in den Medien so gut wie gar keine Beachtung finden. Zwar haben wir das I.33-Manuskript welches uns direkt sagt wie der Ritter im Mittelalter mit Schwert zu Fuss gekämpft hat, das lässt aber die Medien kalt und erst recht Hollywood. Zweihändige Mega-Prügel sind denen viel lieber, wie es scheint...:(

itto_ryu
01-07-2011, 09:35
Messer, Reitschwerter und Korbgriffschwerter sind zwar alle cool aber in der Regel ziemlich lang, und sehr stichlastig.

Nicht wirklich, auch da gibt es verschiedene Varianten, ein Korbgriffschwert wie das Scottish Broadsword kann zwischen 90 und 102 cm Länge haben, manche Reiterexemplare sind länger, aber da die Schotten verstärkt Fußkämpfer waren, bilden diese die kleiner Zahl. Zudem ist das Broadsword eher Hieb-, als stichlastig. Auch beim Langen Messer gibt es zig verschiedene Varianten, die länger als auch kürzer ausfallen können. Jedoch gilt selbiges doch auch für japanische Klingen: ich hatte schon Tanto in der Hand, die als Kodachi durchgehen könnten, Kodachi, die schon nah an manch daito rangekommen sind und umgekehrt auch wuchtige lange Kriegsklingen aus der sengoku-jidai, die weit länger waren, als wiederum einige Edo-Klingen die für ziemlich kleine Leute gedacht gewesen sein müssen. Auch in Sache Technik ist das katana dem Stich weit weniger abgeneigt, als man denkt, in vielen koryu gibt es eine Menge an Stichen (natürlich nicht so viel wie beim rapier, scon klar, aber im Vergleich zum Langen Schwert nicht wirklich weniger). Besonders wenn es zum Thema Rüstungskampf kommt, setzen manche koryu sogar verstärkt Stiche ein.

Zwei Videos zum thema, vielleicht sind das die gesuchten:
YouTube - ‪Yagyu Shingan ryu tachijutsu‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=OWsqzeCtlRY)

YouTube - ‪Chaîne de TofuBoy91‬‏ (http://www.youtube.com/user/TofuBoy91#p/f/2/CEeW-CFyJVc)

KAJIHEI
01-07-2011, 14:52
Ojemine. So einfach kann man es sich natürlich auch machen.

"Wir nennen Alles Katana weil es ja nur Schwert bedeutet". abegesehn davon das das schlichtweg falsch ist weil es sich eben nur auf einscheidige Klingen bezieht und damit lustige Dinge wie morha-zukuri (Zweischneideige Klingen ) Ken u.s.w.erfolgreich ausschließt, würde es auch kein Sinn machen Tachi und Katana eben mal so gleichzusetzen.
Es ist zwar durchaus richtig das z.B: früher Tanto ebenfalls als Katana bezeichnet wurden, blos da gab es die Dinger die wir heute als Katana bezeichnen in ihrer Form eigentlich noch nicht. Damals gab es als Langschwerter eben Tachi.
Unterscheidbar vom Katana sowohl in der Signaturweise der Klinge als auch der Tragweise am Körper.
Übrigens Wakizashi wurden nie als Katana bezeichnet, das nur so nebenbei.

Blütezeit der Katana also um 1600. Nein , das kann man so nicht stehn lassen, da war die große Zeit eigentlich schon fast wieder vorbei.
Man bedenke das Katana um 1420 + / - einige Jährchen entwickelt wurden.
Entwicklt heißt hier das sowohl die Tragweise als auch damit logischer Weise verbunden die Klingenkonfiguration geändert wurde.
Die Sori wanderte. zuerst zu eim Koshi-Sori / Sakisori Mix (Zwei-zentrale Krünmmungen, Merkmal Muromachi I ) über ein reines Sakisori und später öfters mal wieder das klassiche Tori-Sori im Momoyama Jidai blos bedeutend flacher ausgelegt. ( Kunsttstück, das darauffolgende Keicho-Shinto ist eine Reminiszens an das Nambokucho )
Erst jetzt tritt unser Freund Musashi auf den Plan, zweihundert Jahre später !

Mengenverhältnisse : Die Produktion im 15. / 16 Jhdt von Katana war derartig riesig, das die Dinger selbst nach China exportiert wurden. Sie wurden von den Kriegsherren regelrecht in Bündeln bestellt.
Dagegen sind die Produktionszahlen ab 1600 relativ bescheiden.
Übrigens auch Yari un dangianta wurden Massenfabrizeirt. Auf Yari findet man deswegen häufiger mal Inschriften wie "einer von hundert".

Klingenlängen im Edo-Jidai

Das hatte weniger was mit der Körpergröße der Japaner zu tun, sondern eher was mit der Reglemntierwut des Bakufu. Lange Klingen wurden verboten, vermillon-farbende Saya wurden verboten , große Tsuba, eckige Tsuba etc.
Das ging hin bis zum großen Bartgemetzel ala Peter der große der den Bojaren ebenfalls die Bärte kastrierte.
Gleichzeitig wurden die Klingenbeschränkungen für nicht und niedere samurai verschärft. Kurz eine Regulierwut wo jede deutsche Behörde vor Neid erblassen würde.

Klingengebrauch : Hier haben wir es mit einer Wechselwirkung zu tun : Schwere Rüstungen haben schwere Klingen gefordert. Stichwort hier das beliebte kamakura II Tachi mit der ikubi-kissaki und der Hama-Guri-ba, der extrem konvexen Muschelschneide.
Kurz darau im nambokucho nach den Mongoleneifällen : Scharfe Klingen ohne viel Niku die besser zum Schneiden geeignet sind als zum Hacken.
Später haben wir es z.B: mit Kombi-Klingen zu tun, vollkommen wurscht ob Tachi oder Katana. Diese Dinger waren ein Kompromiss für Rüstungen und Seidenwäsche.
Übrigens Tachi und katana liefen seid 1420 parallel nebeneinander weiter, das nur so nebenbei.
Diese Wechselwirkung läst sich durch die ganze Geschichte des nihonto fortführen.

Klingenqualität : Tja, da macht es kein Sinn zwischen Tachi und Katana zu untrscheiden.

Ähm...ich glaub das reicht irgendwie erstmal...

Gruß

kaji

Ah, so, zum Thema Seitschwert in Japan kann ich nix sagen, weil ich keine Ahnung hab was damit in Europa gemeint ist.

itto_ryu
01-07-2011, 15:46
Das mit der Klingenlänge zu Edo-Klingen ist natürlich ein Argument, sorry, diese Info war mir entfallen.

Wie Kajihei wieder mal zu Recht anmerkt, ist die Klassifizierung japanischer Klingenwaffen ein ebenso komplexes, von Falschverständnis durchflochtenes Thema, wie die europäischen (fangt mal eine Diskussion über den Begriff "Degen" an, da kommt man auch schnell so tief in die Materie, dass man von ihr eng umschlungen erwürgt wird. Oder über die Definition von "Säbel"). Die Begrifflichkeiten hauen sich einem um die Ohren, dass einem schwindelig wird.

Im englischsprachigen Raum hat man sich ja zum Glück "Broadsword" als Oberbegriff für verstärkt auf Hieb gefochtene Schwerter durchgesetzt, als da galten Scottish Broadsword, Spadroon und Säbel dazu, theoretisch auch ältere englische Basket-Hilt Broadswords auch mit Half-Basket, das Mortuary Sword etc. Allerdings kann man recht allgemein eine überbegriffliche Fechtweise daran festhalten.

Vgl. mit Katana und kenjutsu als Oberbegriffe. Es macht in meinen Augen also keinen Sinn europ. Entsprechungen für das Katana zu suchen, denn das müsste dann ja auch ein Katana sein und das findet man eben in Europa nicht. Ergo halte ich es für sinnvoller maximal die Fechtweisen theoretisch zu vergleichen und da ist im Endeffekt fast jede Waffe Europas die Schwert-artig ist ein geeignetes Match-up, bei dem das Katana weder im Vor- noch im Nachteil wäre. Persönlich und meiner Erfahrung nach halte ich aber wenn dann Waffen wie Broadsword, Seitschwert, Rapier, Langes Messer oder andere Einhandschwerter für die geeignesten Kandidaten, ebenso wie das Lange Schwert (bei letzterem müsste man die beiden Waffen eben möglichst in ihen Exemplaren aneinander anpassen in der Auswahl). Was also am Schluss bleibt, ist eh die Frage, welcher Kämpfer siegt, die Waffe und das System sind da zweitrangig.

Vlfrith
02-07-2011, 00:24
Ergo halte ich es für sinnvoller maximal die Fechtweisen theoretisch zu vergleichen
Ich stimme prinzipiell zu.

Soweit ich weiß wurde Katana vom 15 bis 19 Jh. als Statuswaffe, Fechtwaffe und Selbstverteidigungswaffe konzipiert. Es gab/gibt Battojutsu (Iaido) zum schnellen Ziehen und Einsetzen der Klinge zur Selbstverteidigung in gewissen Situationen. Es gibt kunstvolles Fechten, es gibt auch weniger kunstvolle Techniken die aber in engen Gassen böse Buben sehr effektiv entzwei schneden konnten. Mit dem Katana ist aus praktischer Sicht viel möglich.

Nun würde ich einfach nach einer europäischen Schwertwaffe suchen die diesselben Anforderungen andecken könnte. Langschwert - fürs kustvolle Duellieren unschlagbar, aber wenn man nachts auf der Straße angegriffen wird?... Iaido-artige Sachen sind bei 90cm Klinge auch sehr schwierig (obwohl bei Hans Talhoffer auch eine Iaido-ähnliche Technik zu finden ist) und das Tragen/Ziehen einer sehr langen Waffe hat bei Selbstverteidigung, wo alles schnell gehen muss, schon seine Nachteile.
Reit/Seit/Korbgriffschwert - sieht schon besser aus, aber Klingen doch deutlich länger als 70cm, die Korbgriffe mit viel Metall waren auch nicht gerade freundlich, was Nachgreifen mit der linken Hand anging.

Einfach meine persönliche Einschätzung - der Typ XIV (http://www.myarmoury.com/images/features/pic_spotxiv03.jpg) oder Typ XVIII (http://www.myarmoury.com/images/features/pic_spotxviii03.jpg) kommen der Katana-Verwendung am nächsten. 1). beide sind sehr flink und kurz genug für "talhoffersches Iaido" (ziehen (http://flaez.ch/talhoffer/img/079r.jpg) und schneiden (http://flaez.ch/talhoffer/img/079v.jpg)) 2). der Balancepunkt erlaubt sehr schnelle und präzise Schnitte und 3). besonders bei Typ XVIII kann man mit z.B. 18cm Gehilzlänge sehr gut nachgreifen und zweihändige Hiebe landen.

Hier ein Paar Impressionen was man mit einer guten Typ XVIII Replik so anstellen kann:
YouTube - ‪Angus Trim AT1557 Sword Video‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=FZgYZmLhT7g)
YouTube - ‪AT1557CuttingFromScabbardMusic.mpg‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=FQeTwRVKq7o) (Iaido!!! :D )
Wenn ich persönlich zu einer Japan-Show ein Euroschwert nehmen müsste für Tameshigiri auf japanischem Niveau, dann wäre es der Typ XVIII! Scheinbar diesselbe Verwendungs-Nische, diesselbe Einsatzmöglichkeiten.

Hans M.
02-07-2011, 00:32
Ojemine.

dachte ich mir auch. was heisst denn wakizashi? ja genau: das ding das man peripher, neben dem hauptschwert, durch den obi gesteckt trägt. deswegen kann dein "uchigatana" dein "wakizashi" sein wenn du es neben deinem tachi trägst. alles klar? dies klassenunterscheidungen die auf dem aussehen des schwerts beruhen sind eine neumodische entwicklung (naja, aus den 1600ern), eigentlich wird nach einsatzzweck und damit einhergehend tragweise usw. klassifiziert.

und ja, die blüte des "katana" mit seiner einsatzform die dem bloßfechten mit dem zweihändig geführten langen schwert in europa (cf. Fechtweise bei itto) am ähnlichsten wäre liegt bei musashi.

KAJIHEI
02-07-2011, 03:42
Nein hans, nochmals nein.

Tachi und Katanaklingen werden nach der Signaturseite unterschieden. Das hängt nicht mit der Tragweise zusammen, jedenfalls nicht wenn es um die Klingenausformung per se geht.
Wakizashi werden ebenfalls klingentechnsich definiert und das nicht erst seid gestern.
( Vergleich hierzu Nagayama Kokan "token kantei dokuhon" und das beliebte Standardwerk von Kajihara Kotoken "nihonto-art swords of Japan, a visually glossary" sowie die ganze ander Standardliteratur quer über die Albert Yamanak newsletters bis hin zu den Schriften Honami Kosons.
Zur Info : Yamanaka war ein Schüler Honami Kosons.
Wenn dir Koson nichts sagt ; tja dann hast du von japansichen Schwertern echt nicht soviel Ahnung :D
Aber ich helf dir mal weiter : Honami waren schon Schwertpolierer und Experten da war von dem Jahr 1600 noch einige Jahrhunderte nichts zusehen.
Und jetzt kommt es, wir haben unser Terminologie nie geändert.

Uchigatana : Ach wie schön mal wieder... Das was zur Blütezeit des Tachi mit uchigatana gemeint war, waren Tanto und Sunobi-Tanto.
Jedenfalls steht es so im "Heike-monotgatari" und "Azuma-kagami". Beide Schriften datieren wohl deutlichst vor dem jahre 1600.
Die Klingen die dazu benutzt wurden, gelten noch Sunobi-Tanto 30,3 -39,4 cm nagasa ), wenn sie teilweise auch schon Ko-Wakizashi Länge haben. Also gab es von der KLINGENTERMINOLOGIE her gesehen im Heian Wakizashi, von der MONTIERUNGHSTERMINOLOGIE her eben nicht. Dito diverse spätere Epochen.

Zu diesen Klingen empfehl ich mal Bücher mit Bildchen wie die Nihonto Koza Bände z.B. resp Wakizashi Nyumon.
Empfehlenswert sind ebenfalls bei dieser Thematik bezüglich Koshirae :"Uchigatana Koshirae" aus dem Toyoter Nationalmuseum und "Tosogu no Subete" von Kokubu
Dort wird auch auf die Tragweise eingangen, und siehe da, man landet großenteils beim Koshigatana, teilweise beim Uchigatana aber irgendwie nie beim Wakizashi im betreffenden Zeitraum.
Übrigens nur so nebenbei : Koshigatana konten ebenmalso auch Katanlänge erreichen...(Siehe dazu die Montierung der ichimonji-Klinge von gongen-samaz.B. )

Übrigens zur Tragweise meint Arai Hakuseki ( 1657-1725 ) im "honcho gunkiko" : Es hat sich herausgestellt das mit der Rüstung kleinere uchigatana getragen wurden, ebenso wurden koshigatana benutzt. ( Also wieder kein Wakizashi. )
Dieser Mann beschäftigete mit der Herkunft zu seiner Zeit alter Montierungen, Rüstungen etc wie kaum ein Zweiter.

D.h. man kann eben nicht sagen :"Ich trag es additiv im Gürtel" also ist es mein Wakizashi. Übrigens Katana wurden auch im Gürtel zum Tachi getragen, siehe z.B. die hübschen Holzschnittbildchen im Honcho Gunkiko. Nach deiner Methodik wäre demnach, jawohl ! Ein Katana ist ein Wakizashi. ( Erzähl das mal jemanden der sich ernsthaft mit nihonto in dem Kontext beschäftigt, Tanobe, Ogasawara, Mishina..der lacht sich einfach tot )


Falls jetzt kommen sollte "Aber beim Daisho hat man immer "Wakizashi und Katana" glattes nein, mal wieder. Man hat Daito und Shoto. Wäre dem nicht so, müßte man das tanto was das Shoto bei einem Daisho des letzten Shoguns Keiki bildet bis zur Wakigröße aufblasen. Soll heißen, das Sho kann sogar ein großer Tanto sein.
Das einzige was stimmt : Es wird mit der Nomenklatur auch in Japan furchtbar rumgelottert.

Trotzdem bleibt übrig : Waki-Def. nur über Klingenlänge, über Koshirae geht eben nicht.

Nihonto ist ein präzises Studiengebiet.

Wenn du trotzdem der Meinung bist das diese Ausführung nicht stimmt, erklärst du gerade mal eben die ganze Nomenklatura der Nihontoszene zu Deppen. Angefangen von Dr Kanzan Sato, Dr. Honma, Honami Koson, Dr. Tokuno us.w.
Die haben nämlich diese Fachliteratur verbrochen, die NBTHK gegründet u.s.w.

Zu deinem Anwurf mit der Bloßfechterei kann ich nichts sagen, das ist nicht meine Baustelle und wenn ich kein Ahnung hab, quack ich halt auch nicht rum.
Tut mir leid.
Übrigens, falls du dich jetzt gekränkt füheln solltest, das ist nicht meine Absicht.

Gruß

Kaji

Abschließend noch mal meine Gebetsmühle : Schmeißt niemals Monteirungsterminologie mit Klingenterminologie durcheinander, das geht immer und grundsätzlich schief.

itto_ryu
02-07-2011, 08:31
Reit/Seit/Korbgriffschwert - sieht schon besser aus, aber Klingen doch deutlich länger als 70cm, die Korbgriffe mit viel Metall waren auch nicht gerade freundlich, was Nachgreifen mit der linken Hand anging.


Ich weiß, ich rütere wieder auf meinem Broadsword rum, aber ich kann darüber eben auch am meisten sagen :D Beim Scottish Broadsword oder auch den englischen Verwandten, treffen die Punkte, die du zum Katana nanntest zu: zivile Anwendung, Schlachtfeld-Anwendung, mit und ohne Zweitwaffen, auch Anwendung von Schnellziehtechniken ist, wenn auch nicht in Fechtbüchern zu finden, mit dem Broadsword (ebenso wie mit dem Dirk) in alten Erzählungen verbürgt. Was die Klingenlänge anbelangt, diese liegt bei ca. 75 - 85 cm, aber gemessen an der Gesamtlänge der Waffen von ca. 90 - 100 cm, ist dies im Vergleich zum Katana doch irrelevant. Was die Klinge länger sein mag, ist der Griff kürzer, die einhändige Führungsweise schnell und präzise. Zumal wir ja schon mehrfach festgehalten haben, dass katana nicht gleich katana ist und somit Klingen von deutlich über 70cm auch in Japan möglich waren, die die Fähigkeiten in Schnellziehtechniken und beengteren Gassen nur bedingt einschränken, wenn der Fechter weiß, was er machen muss. Auch das Lange Schwert wird dann eben im Nahkampf eingesetzt, nutzt man eben Halbschwerttechniken. Fürs Gassengefecht als auch dne Kriegseinsatz, da stimme ich dir zu, ist ein Einhandschwert oder auch Langes Messer gut einsetzbar.
Aber wie kommst du darauf, dass beim Basket-Hilt Broadsword "die Korbgriffe mit viel Metall waren auch nicht gerade freundlich, was Nachgreifen mit der linken Hand anging"? Solche Tehcniken funktionieren und sind auch in den Fechtquellen belegt, siehe Turkish Disarm und andere von verschiedenen Fechtmeistern aus England und Schottland. Allein bei George Silver von um 1600 finden sich zig Nahkampftechniken mit einem ungestörten Einsatz der freien Hand zum Nachgreifen usw. Vom netten Einsatz des Basket-Hilts als Shclagwerzeug mal ganz abgesehen :D

Hier ein paar Beispiele moderner Interpretation der besagten Techniken:
YouTube - ‪Highland Broadsword - Thomas Page‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=kNcsVmZ_nfE)
YouTube - ‪Chaîne de gilbride100‬‏ (http://www.youtube.com/user/gilbride100#p/u/62/NxcdOe1KW7c)
YouTube - ‪Chaîne de gilbride100‬‏ (http://www.youtube.com/user/gilbride100#p/u/64/l3555_bWLVQ)

Und der als Quickdraw bekannte Drill:
YouTube - ‪Chaîne de gilbride100‬‏ (http://www.youtube.com/user/gilbride100#p/u/87/4BJ_bd0Sh9A)

Und das Ganze nochmal als Szenario für dein "Gassengefecht":
YouTube - ‪Chaîne de gilbride100‬‏ (http://www.youtube.com/user/gilbride100#p/search/4/BIK8c6GoUWQ)

Und hier ein Sparring meinerseits mit vielen Techniken der freien Hand:
YouTube - ‪Chaîne de tuerkefechi‬‏ (http://www.youtube.com/user/tuerkefechi#p/u/17/Lem1OmrfE0Q)


Wenn also wir modernen Trottel sowas schon hinbekommen, dann werden die Altvorderen noch ganz anderen Sachen draufgehabt haben :)

KAJIHEI
02-07-2011, 08:32
Ich vermute mit "Bloßfechten" ist gemeint, daß man keinen Schild etc benutzt, sondern das Schwert mit beiden Händen führt.
Sollte es so sein, dann stimmt das mit Musashi schon wieder nicht.
Sieh dir einfach mal Montierungen an, weit vor musashi ; die haben alle einen Griff zum zweihändigen Gebrauch. Desweiteren, verrat mir Eins, wenn die dinger nicht normalerweise zweihändig geschwungen wurden, warum wurde dan ein spezielles Einhandschwert, ein sog. Katateuchi eingeführt ? Lange vor Musashi übrigens.
Ansonsten stelle ich es mir recht ermüdend vor die ganze Zeit mit einer über 80 cm langen Klinge in vollenm Futter ebenmal so einhändig rumzuspielen.
Mit vollem futter meine ich, das die Klinge noch nicht runtergeschliffen ist, sondern im originalen Erhaltungszustand. Dann werden die heute so grazielen Kamakura Tachi zum Beispiel wahre Monstren.
Oder Nambokucho-Klingen mit deutlich über 90 cm Nagasa , einhändig zugebrachen ? Erscheint irgendwie Sinn und zweckfrei.
Und zur geschmackliche Abrundung : Es gibt alte Schriftrolen und Malerein wo man wunderschön sieht, das die Leutchen beide Hände benutzten. ich rede hier übrigens von Bildern weit vor 1600.
Langer Reder kurzer Sinn : Deine Aussage stimmt nicht, wen ich den Terminus "bloßfechten" richtig interpretiert hab.

itto_ryu
02-07-2011, 08:41
@Kajihei und HansM.: Das Gebiet von Nihonto ist ebenso ein Besserwisserbereich wie das europäische Fechten. D.h. es ist voll von Besserwissern von denen es manche aber eben auch einfach besser wissen. Man muss nur mal den Ton freundlich halten beim klugscheißern und sich nicht in sein "ja aber" verbeißen. Sonst fliegen wieder die Fetzen und diverse User aus diversen Foren.

:engel_3:

itto_ryu
02-07-2011, 08:45
Ich vermute mit "Bloßfechten" ist gemeint, daß man keinen Schild etc benutzt, sondern das Schwert mit beiden Händen führt.
Sollte es so sein, dann stimmt das mit Musashi schon wieder nicht.
Sieh dir einfach mal Montierungen an, weit vor musashi ; die haben alle einen Griff zum zweihändigen Gebrauch. Desweiteren, verrat mir Eins, wenn die dinger nicht normalerweise zweihändig geschwungen wurden, warum wurde dan ein spezielles Einhandschwert, ein sog. Katateuchi eingeführt ? Lange vor Musashi übrigens.
Ansonsten stelle ich es mir recht ermüdend vor die ganze Zeit mit einer über 80 cm langen Klinge in vollenm Futter ebenmal so einhändig rumzuspielen.
Mit vollem futter meine ich, das die Klinge noch nicht runtergeschliffen ist, sondern im originalen Erhaltungszustand. Dann werden die heute so grazielen Kamakura Tachi zum Beispiel wahre Monstren.
Oder Nambokucho-Klingen mit deutlich über 90 cm Nagasa , einhändig zugebrachen ? Erscheint irgendwie Sinn und zweckfrei.
Und zur geschmackliche Abrundung : Es gibt alte Schriftrolen und Malerein wo man wunderschön sieht, das die Leutchen beide Hände benutzten. ich rede hier übrigens von Bildern weit vor 1600.
Langer Reder kurzer Sinn : Deine Aussage stimmt nicht, wen ich den Terminus "bloßfechten" richtig interpretiert hab.

Wenn HansM. dasselbe mit Bloßfechten meint wie du, dann meint er die eher zivile Führungsweise ohne großartigen Rüstungsschutz (gegensätzlicher Terminus wäre Harnischfechten). Diese erfolgt mit dem Langen Schwert zweihändig, so wie du selbst anführst jap. Klingen eher zweihändig geführt wurden (wobei ich finde man kann jap. Klingen recht gut einhndig führen, aber wie du sagtest kommt es auf die Klinge an und die Stärke liegt generell in der zweihöndigen Führungsweise). So gesehen würde die Aussage von HansM. doch stimmen?

KAJIHEI
02-07-2011, 08:58
Nein, eben gerade nicht. Die große Zeit des Katanametzelns war um 1600, also zur Zeit von Musashi bereits vorbei. Genau da wurden aber Katana in unglaublichen Quantitäten auch gegen ungerüstete Gegner benutzt. Die ganzen Ashigaru trugen nicht alle komplette Rüstungen teilweise gar keine, machten aber die Majorität der Streitkräfte des 16. Jhdts und auslaufenden 15. Jhdts aus.

Hätte er argumentiert z.B: Die Weiterentwicklung des shinai hatte entscheiden Einfluß auf die Entwicklung der Sugata im Edo .Klar, das unterschrieb ich sofort, die Stockform des Kanbun hängt exaktemente genau damit zusammen.
Ebenfalls vermutlich auf den vermehrten Shinaieinsatz zurückzuführen die flachsorigen Keicho-Shinto-Klingen.

itto_ryu
02-07-2011, 09:01
Nein, eben gerade nicht. Die große Zeit des Katanametzelns war um 1600, also zur Zeit von Musashi bereits vorbei. Genau da wurden aber Katana in unglaublichen Quantitäten auch gegen ungerüstete Gegner benutzt. Die ganzen Ashigaru trugen nicht alle komplette Rüstungen teilweise gar keine, machten aber die Majorität der Streitkräfte des 16. Jhdts und auslaufenden 15. Jhdts aus.


Na ja aber, verwirrt ich bin, Meister Yoda :idea: Man nehme 1600: In Europa fechtet man verstärkt ungerüstet mit dem Langen Schwert, in Japan verstärkt ungerüstet mit dem katana. Ergo Bloßfechten worldwide, oder? Steh ich so auf dem Schlauch?

KAJIHEI
02-07-2011, 09:27
Mein bester Itto, das kan ich dir nicht sagen, da ich wie gesagt von Europa keine Ahnung hab.
Mir geht es in erster Linie darum klar zu machen das der Schwerpunkt des Katana eben nicht im frühen 17. resp späten 16. Jhdt liegt wie vom Kollegen angesprochen.
Sollte man um 1600 ungerüstet in Europa gefochten haben, klar dann stimmt das schon das es Parallelen gibt.
Blos das mit dem Schwerpunkt halt nicht...leichtnörgelnder Unterton:)

@Hans M. Nimm´s mir nicht übel das ich etwas empfindlich drauf reagiere, blos bei nihonto bin ich halt ein Pingel, berufsbedingt halt.
Aber im Gegegenzug lern ich gern was über Europa dazu. Wie gesagt, da bin ich der Anfänger.
Gruß
Kaji

Vlfrith
02-07-2011, 10:44
Aber wie kommst du darauf, dass beim Basket-Hilt Broadsword "die Korbgriffe mit viel Metall waren auch nicht gerade freundlich, was Nachgreifen mit der linken Hand anging"? Solche Tehcniken funktionieren und sind auch in den Fechtquellen belegt, siehe Turkish Disarm und andere von verschiedenen Fechtmeistern aus England und Schottland.
Ich danke dir für die Links und Info, werde mich auf jeden Fall weiter bilden! Denn zugegeben ich weiß von späteren Schwertern noch viel zu wenig. :)

Aber eine Frage hätte ich dennoch - was ist mit dem "Hiebverhalten" von z.B. schottischen Korbgriffschwertern? Bei älteren Schwertern wie Typ XVIII war die Balance ausreichend vorderlastig und die Klinge breit genug damit man auch ohne eine lange "Schwingstrecke" einen guten Effekt erzielt.

Hab mal eine russischen Schaschka in den Händen gehalten, die war zwar ein sehr guter "Schlitzer" (Wasserflaschen) aber mit der musst du richtig ausholen damit Geschwindigkeit und Impuls stimmen. Ein flacher oval abgerundeter Ort ist völlig ausreichend um eine tödliche Schlitzwunde zu machen (eigener Test cutting mit Machete gegen Wasserflaschen und Zeitungsrollen, war fast zu gruselig wie effektiv das Ding sein kann) - aber wenn die Balance ziemlich nahe dem Griff ist, oder die Klinge eher leicht ist, dann muss man "ausholen", und in engen Verhältnissen und bei Zeitdruck stelle ich mir das schwierig vor.Mich würde eifach brennend interessieren - wie ist ein schottisches Breitschwert in der Hinsicht?


Mir geht es in erster Linie darum klar zu machen das der Schwerpunkt des Katana eben nicht im frühen 17. resp späten 16. Jhdt liegt wie vom Kollegen angesprochen.
i
Danke! Ich lerne gerne dazu. :o

itto_ryu
02-07-2011, 15:50
Na dazu sind wir ja hier, also um was zu lernen, Austausch zu betreiben usw. Läuft das Ganze noch etwas netter ab untereinander, kanns wfast schon gemütlich werden :)

@Kajihei: Okay, ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Glaub mir, wenn jemand Verständnis für deine Akribie haben muss, dann Leute aus dem Bereich europ. hist. Fechtkunst, denn da - und das meine ich durchaus liebevoll - gibt es soviele klugscheißernde Steinchenumdreher deren Religion das Detail ist. Und das ist auch gut so, denn sonst würde der Kenntnisstand immer oberflächlich und von Fehlverständnis gehemmt sein. Damit ein Hoch auf alle Besserwisser und Klugscheißer :beer:

@Vlfrith: Beim schottischen Breitschwert liegt der Schwerpunkt normalerweise recht weit hinten vor dem Korbgriff. Damit ist die Fechtweise, also aus dem Hand- und Ellenbogengelenk geführt, sehr gut möglich und man glaubt es kaum, aber diese Waffe ist leichter, als man denkt bzw. durch die Ausgewogenheit viel leichter führiger als gedacht. Man kann dadurch auch recht klein arbeiten, ohne dass es für die Arme zu anstrengend wird, die Fechtweise mit dem Broadsword ist dabei weit schneller, als man allgemein damit gleichsetzt. Dabei arbeitet die Ausgewogenheit und das Gewicht der Waffe mit der Bewegung des Fechters ziemlich sauber mit, so dass man die Klinge "einfach laufen lassen kann", den Rest erledigt die Klinge selbst. Auch kleine "Snap-cuts" ähnlich wie beim Säbel sind damit möglich.
Historische Broadswords habe ich leider noch keine zur Hand gehabt, nur viel darüber gelesen bzw. von Leuten gelernt die Originale schon begutachtet und geschwungen haben.
Broadswords werden generell als mit flacher, breiter Klinge ausgestattet beschrieben und durch seinen Klingenquerschnitt eignet sich diese Waffe hervorragend zum schneiden. Beim Backsword, also mit Klingenrücken und einschneidig, ist die Klinge etwas keilformig (wie manche japanische Klingen) und schneiden sehr gut, oftmals ist das obere Drittel ähnlich wie bei Säbeln auch zweischneidig, so dass man da quasi mit dem letzten Klingendrittel denselben guten Schneideeffekt hat, wie mit zweischneidigen Broadswords.
Leider kenne ich keine Schnitttest-Videos mit Highland Broadsword, nur das von Cold Steel. Dazu muss man sagen, dass dieses Stück von CS zu schwer und wenig gut ausbalanciert ist, damit zu fechten macht keinen Spaß, auch wenn es gut schneidet. Im Schnitttestvideo von CS kann man meistens sehen, wie viel zu weit ausgeholt wird, um möglichst gut durchzuschneiden, was eigentlich nicht nötig wäre. Durch eine ausgewogene Gewichtung, korrekte Fuß- und Handarbeit kann man genug Energie in die Schneide bringen, um sauber zu schneiden: YouTube - ‪Test Cutting Vid Scottish Baskethilt Broadsword‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=spA8DYqHF_4)

Vlfrith
03-07-2011, 11:59
Mal zurück zur Problematik "Welches Schnittwerkzeug ist 'besser'"

Da ich es persönlich eher genau nehme, würde ich sagen - den Vergleich zwischen Katana/Uchigatana/wasauchimmer und mittelalterlichen Schwertern kann man getrost vergessen! Als es die "Katana" und die ältesten heute noch lebenden jap. Ryu endlich gab (z.B. Katori Shinto), war in Europa schon die Renaissance "ausgebrochen", in Italien sogar noch früher. Mittelalter == Plattenrüstung == Großschwerter vom Typ XIIIa - das ist eine typische Fantasie der Medien wenns um Mittelalter geht, die vermischen furchtbar gern Mittelalter und Renaissance.

Bei den Renaissanceschwertern gab es ja das klassische Langschwert, Typen XVa bis XVIIIa. Die waren aber eindeutig stichlastig und ziemlich lang. Da der Einsatz des Katana seinen Höhepunkt wohl vor dem 17 JH. gehabt haben soll (danke an KAJIHEI!) sind eben die Renaissanceschwerter des 16 Jh. die historischen Zeitgenossen und kampftechnische Entsprechungen des jap. Katana. Hier die Hauptpunkte:

1). Fecht- und Selbstverteidigungswaffe die auch aufm Schlachtfeld nützlich sein kann. Check!
2). Zweihändige Führung. Check!
3). Primäre Hiebwaffe mit schnittoptimiertem Ort. Die Reitschwerter von zornhau.de haben alle oval abgerundete Spitzen. Check!
4). Steifes Klingendesign. DAS DA (http://www.zornhau.de/wordpress/wp-content/gallery/zef-waffen/zornhau-zef-8-gross.jpg) auf jeden Fall. Check!
5). Traditionelle Schwertkampfsysteme zur Waffe. Check!

Wenn man also das Reitschwert (== Langschwerto-Rapier :D ) aus der Fechtperspektive betrachtet; die Liechtenauer-Tradition war immer noch lebendig, Buckler-Fechten gab es im 16 Jh. noch sehr wohl, damit können mit dem Ding auch die klassischen Fechtweisen des Mttelalters "bedient" werden. Und um 1600 waren die Ritter in Europa so ähnlich wie Samurai der Edo-Periode, mehr Beamte und eine Adelsschicht ohne jegliche militärische Bedeutung.

Also, entweder
a). Tachi des 13 Jh. Samurai VS Großschwert vom Typ XIIIa
oder
b). Reit-Seit-Langschwert des (späten) 16 Jh. VS Katana/Uchigatana/...

Der Rest ergibt keinen Sinn IMHO.

Grüße

Vlf

Jörg B.
03-07-2011, 13:10
'Was ist besser' und 'dies vs. das' Debatten gehören in andere Foren; das möchte ich hier nicht haben.

itto_ryu
03-07-2011, 13:33
Man könnte ja die Ultimate Swordfighting Championship ins Leben rufen, wenn solche Vergleich Sinn machen würden ;)

KAJIHEI
03-07-2011, 16:14
Erstmal : Ich find es irgendwie immer witzig ; kaum bringt man mal Quelleangaben sprich Fachliteratur in´s Spiel bricht das große Schweigen aus im Japansektor....

Aber gut zum nichterwünschten Vergleichsthema. ( Muß ja auch mal revolutzen )
Es geht nicht zu vergleichen.:D

Ich hab mal von Bekannten europäische Schwerter in die Finger bekommen. Die Dinger sind komplett anders als japanische gebaut. Der Schwerpunkt liegt anders und vorallem die Griffgeometrie.
So ein schottisches broadsword ist wunderschön, aber irgendwie für ein "Japaner" furchtbar unbequem.
Diese Mittelalter frühen Renaisance Klingen mit den langen Griffen ( Die Terminitechniki muß ich erst noch lernen :o ) gehn ja noch, aber dies Nuckelgriffe bei späteren Klingen...ach ne.
Was aber lustig ist :Schnippeln geht mit Europäern wie mit Japanern sehr gut.

Ws mich am meisten erstaunt hat : Diese frühen Mittelalterklingen. Dürre wie ein Spargel, flexibel bis zum übelwerden und dann noch sauscharf. fazinierend.
Die Replik die ich benutzen durfte wurde nach Originalen Vorbildern geschmiedet und das massgenau, sonst würd´s ja auch nicht s bringen, oder ?
Auf jeden Fall von "europäischen Keulen : Keine Keule in Sicht, ausser man bezeichnet Twiggy als Rubensgestalt.

Wollt ich nur mal so gesagt haben.

Vlfrith
03-07-2011, 16:41
'Was ist besser' und 'dies vs. das' Debatten gehören in andere Foren; das möchte ich hier nicht haben.
Dieses Thema/populären Mythos hab ich gerade abgehackt. Werde es nicht wieder aufgreifen. :)

itto_ryu
03-07-2011, 17:59
Ich hab mal von Bekannten europäische Schwerter in die Finger bekommen. Die Dinger sind komplett anders als japanische gebaut. Der Schwerpunkt liegt anders und vorallem die Griffgeometrie.
So ein schottisches broadsword ist wunderschön, aber irgendwie für ein "Japaner" furchtbar unbequem.
Diese Mittelalter frühen Renaisance Klingen mit den langen Griffen ( Die Terminitechniki muß ich erst noch lernen :o ) gehn ja noch, aber dies Nuckelgriffe bei späteren Klingen...ach ne.
Was aber lustig ist :Schnippeln geht mit Europäern wie mit Japanern sehr gut.

Ws mich am meisten erstaunt hat : Diese frühen Mittelalterklingen. Dürre wie ein Spargel, flexibel bis zum übelwerden und dann noch sauscharf. fazinierend.
Die Replik die ich benutzen durfte wurde nach Originalen Vorbildern geschmiedet und das massgenau, sonst würd´s ja auch nicht s bringen, oder ?
Auf jeden Fall von "europäischen Keulen : Keine Keule in Sicht, ausser man bezeichnet Twiggy als Rubensgestalt.

Wollt ich nur mal so gesagt haben.
Das ist doch auch mal schön sowas von einem Experten für Japaner zu hören :)


So ein schottisches broadsword ist wunderschön, aber irgendwie für ein "Japaner" furchtbar unbequem.

Inwiefern? Wegen des Korbes?

KAJIHEI
03-07-2011, 18:08
Ja, das auch, aber auch die restliche Griffegometrie. Irgendwie genau entgegengesetzt zu Japanern. D.h. Die Japaner snd bei ordentlichen Tsuka tailiert, die Schotten eher leicht , ähm wie sagt man..., verbreitert ? in der Mitte. _( Jedenfalls bei dem Schwert was ich handeln durfte )
Es ist ein ganz anderes Griffgefühl

itto_ryu
03-07-2011, 18:21
Ja, das auch, aber auch die restliche Griffegometrie. Irgendwie genau entgegengesetzt zu Japanern. D.h. Die Japaner snd bei ordentlichen Tsuka tailiert, die Schotten eher leicht , ähm wie sagt man..., verbreitert ? in der Mitte. _( Jedenfalls bei dem Schwert was ich handeln durfte )
Es ist ein ganz anderes Griffgefühl

Verstehe, was du meinst. Die Griffe beim Broadsword sind bauchig, d.h. wie ein zur Mitte verdickter Schubladengriff. Beim tsuka gehen die Hände jeweils an die Verdickung heran, aber man hat sie nicht in der Mitte der Handfläcke, sondern eher ansteigend. Kann nachvollziehen was du meinst.

Hans M.
03-07-2011, 22:37
Erstmal : Ich find es irgendwie immer witzig ; kaum bringt man mal Quelleangaben sprich Fachliteratur in´s Spiel bricht das große Schweigen aus im Japansektor....


du hast ein paar bekanntere namen in den thread geworfen, keine literatur. was erwartest du also? du gibst zu nicht zu wissen was bloßfechten ist, willst aber in abrede stellen dass die zeit in der man das "katana" zu eben dieser europäischen bloßfechterei am vergleichbarsten einsetzte +/- bei musashi liegt.

ich bleibe bei meinen ausführungen, auch wenn sie stark simplifizierend sind. auch im ursprungsland der formalitäten war es keine zeitgenössische praktik schwerter so zu klassifizieren, das geht schon logistisch garnicht und muss zeitverzögert, im nachhinein, erfolgen.

KAJIHEI
04-07-2011, 04:46
Ähm...
Uchigatan Koshirae
Wakizashi Nyumon
Yamanaka Newsletter.
nihonto kantei dokuhon
japanese art swords a visual glossary
Das sind wohl alles Bücher wenn ich mich recht entsinne. ( Übrigens , o Graus ich hab den ganzen Kram hier nicht nur rumstehen, nein ich hab ihn auch noch gelesen ! )
Also insofern hab ich durchaus genügend Literatur vorgeschlagen wo du das was ich gesagt hab nachlesen kannst.
Gut ich hätte dir auch noch Seitenzahlen um die Ohren hauen können, das stimmt, blos wozu ?


Ansonsten hab ich nie gesagt das es zu Musashi´s Zeiten deine Bloßfechterei nicht gab, ich habe lediglich klargestellt das der Schwerpunkt des Gebrauchs des Katana deutlichst vor Musashi auch gegen ungerüstete Gegner anszusetzen ist. Also unterstell mir bitte nichts was ich nicht gesagt hab. ( Übrigens die Katanaquantität kann mal locker über die Herstellungszahlen verfizieren. Siehe dazu JSSUS Newsletter. ( Nr. müßte ich erstmal raussuchen )
Auf deine Bloßfechterei bin ich maximal mittels einer Theorie eingegangen im kürzeren post, da ich eben nicht weis ob das so stimmt. ( wie gesagt wenn ich keine Ahnung hab quak ich halt nich rum, sonder stelle höchsten aus der Not eine Vermutung auf )
Aber du machst ja offensichlich lieber Stunk als es mal einem Newbie wie mir zu exemplifizieren was das sein soll das "Bloßfechten"

Was die Klassifiziererei angeht : Du weist schon wann das Heike monotonari geschrieben wurde ? Zeitnäher geht es echt ncht, das wurde zu der Zeit geschrieben als die Klingen / Mntierungen so wie von mir beschrieben klassifiziert wurden. Sonst hätte ich das Buch ( schon wieder Eins ! Von wegen keine Literaturangaben...) nicht erwähnen müssen.
Desweiteren : Die Honami erwähn ich deshalb so gerne weil ich rate mal in welcher Traditon mal gelernt hab...Bingo ! Honami.
Ich bin zwar nur ein Würstchen für japanische Verhältnisse, aber ich weis das wir eine sehr lange, sehr penible aufgezeichnete Klingenstudientraditon haben. Die reicht locker bis in die Zeit vor Hideyoshi zurück.
Also schon wieder Zeit nah bis zum abwinken die Wakiklassifizierung.

Übrigens ich hab nichts gegen Simplifizierungen, blos macht man es zu simpel wird´s halt einfach nur noch falsch.
Aber irgendwie scheint es dich nicht wirklich zu interessieren....Seufz.

Schade
Gruß
Kaji

Hans M.
04-07-2011, 08:35
Aber du machst ja offensichlich lieber Stunk als es mal einem Newbie wie mir zu exemplifizieren was das sein soll das "Bloßfechten"

Aber irgendwie scheint es dich nicht wirklich zu interessieren....Seufz.



stunk etc.? wir haben offensichtlich gänzlich unterschiedliche auffassungen von ganz fundamentalen dingen hier. ist für mich kein problem.


das mit dem bauchigen griff ist ne ganz interessante geschichte. der +/- ovale und bauchige querschnitt ermöglicht es beim Moulinetteieren das schwert nur mit dem ring aus daumen und zeigefinger zu halten und damit das handgelenk zu entlasten; kurz vor dem impakt schließt man die hand und durch diese grifform gleitet das schwert entsprechend dem weg des geringsten widerstandes automatisch mit richtiger klingenausrichtung in die hand (wird automatisch in die hand gedrückt) - ich kenne das von einigen steirischen Dusäggen hier, ganz komisch...

itto_ryu
04-07-2011, 08:46
das mit dem bauchigen griff ist ne ganz interessante geschichte. der +/- ovale und bauchige querschnitt ermöglicht es beim Moulinetteieren das schwert nur mit dem ring aus daumen und zeigefinger zu halten und damit das handgelenk zu entlasten; kurz vor dem impakt schließt man die hand und durch diese grifform gleitet das schwert entsprechend dem weg des geringsten widerstandes automatisch mit richtiger klingenausrichtung in die hand (wird automatisch in die hand gedrückt) - ich kenne das von einigen steirischen Dusäggen hier, ganz komisch...

Jupp :thx:


Thema Bloßfechten: Ohne jetzt neues Öl ins Feuer gießen zu wollen, aber Bloßfechten in japan früher als Musashi, wurde ja schon festgestellt. Aber: Bloßfechterei in Europa gab es doch auch schon for Musashi. Ergo treffen sich beide Kulturen eigentlich vom ca. 14./15. bis frühes 17. Jhd. ganz gut, oder? Warum so an +/- 1600 festbeißen?

In Taktik, Kriegsführung und Ausrüstung (grad Thema Feuerwaffen) finde ich persönlich ohnehin, dass Japan und Europa sich damit am nächsten waren im Verlaufe des späten 15. bis 16. Jhd. (vom Zusammentreffen der Kulturen mal ganz abgesehen). Zu dem Zeitpunkt haben auch beide Kulturkreise ihre Anfänge der Auslandseinsätze gehabt. Wie stark der Einfluss der Europäer auf japanische Entwicklungen in dieser Zeit war, lasse ich mal außen vor, die Portugiesen haben ja nicht nur das Christentum und Stockfisch in Bierteig (siehe Tempura) mitgebracht.
Bitte zerpflückt mich nicht in Einzelteile, aber wenn man nicht jeden Detailunterschied unter die Lupe nimmt, kommen sich die Nationen in dieser Phase in der Entwicklung in Sachen Krieg am nächsten. Wenn ich dann noch bedenke, dass mit die "wuchtigsten" Waffen, die mir präsentiert wurden, als solche erklärt wurden, die aus der Sengokujidai stammen, sehe ich da kaum relevante Einwände diese gegen entsprechende europ. Waffen antreten zu lassen.

Jörg B.
04-07-2011, 08:59
ad 1: Bloßfechten ist schlicht und einfach die Bezeichnung für den Kampf gegen einen ungerüsteten Gegner. Gab es überall. Thema damit durch.

ad 2: So spannend Diskussionen über nihonto hier sein mögen, sie sind in diesem Forum off topic.

DerUnkurze
04-07-2011, 09:18
das mit dem bauchigen griff ist ne ganz interessante geschichte. der +/- ovale und bauchige querschnitt ermöglicht es beim Moulinetteieren das schwert nur mit dem ring aus daumen und zeigefinger zu halten und damit das handgelenk zu entlasten; kurz vor dem impakt schließt man die hand und durch diese grifform gleitet das schwert entsprechend dem weg des geringsten widerstandes automatisch mit richtiger klingenausrichtung in die hand (wird automatisch in die hand gedrückt) - ich kenne das von einigen steirischen Dusäggen hier, ganz komisch...

Das klingt Interessant und ist mir neu, gibts vielleicht einen Link wo ich mir soeine Grifform zumindest einmal auf einem Foto ansehen kann?

KAJIHEI
04-07-2011, 09:28
Als ich empfinde das eher als genau gegenteilig. Irgendwie macht es unbewicglich so ein bauchiges Etwas. Da find ich japnsiche Grifformen oder extem schlanke Bäuchlinge bedeutend angenehmer, Die lassen sich einfach besser steuern. Aber schön das ist OT.


Moulinettieren ? Moulinette ? Hackfleisch aus dem Gegner machen ?

Ich bitte mal wieder um Aufklärung.

Hans M.
04-07-2011, 09:53
Das klingt Interessant und ist mir neu, gibts vielleicht einen Link wo ich mir soeine Grifform zumindest einmal auf einem Foto ansehen kann?

ich habe gesucht, leider verdeckt die terzseitige muschel die sicht auf ein möglicherweise so gestaltetes griffholz. evtl. hat itto was...



Als ich empfinde das eher als genau gegenteilig. Irgendwie macht es unbewicglich so ein bauchiges Etwas. Da find ich japnsiche Grifformen oder extem schlanke Bäuchlinge bedeutend angenehmer, Die lassen sich einfach besser steuern. Aber schön das ist OT.

besser steuern lässt sich immer das was man gewohnt ist, es ist unnötig solch absolute aussagen zu treffen.

davon abgesehen:
http://img151.imageshack.us/img151/5978/ep28v3nb9.jpg
http://www.myarmoury.com/images/features/pic_oakeshott_sw24_photo.jpg



Moulinettieren ? Moulinette ? Hackfleisch aus dem Gegner machen ?
http://www.thortrains.com/getright/vmoulinet8.gif

da machts der cruise mitm bokuto:
YouTube - ‪the last samurai, bokken test‬‏ (http://www.youtube.com/watch?v=g2lMcgvixN0&feature=player_profilepage#t=25s)

itto_ryu
04-07-2011, 09:54
@Kajihei: das kommt ganz auf die Techniken bzw. Ausführung an.

Moulinet: Journal of Non-lethal Combat: A New System of Sword Exercise for Infantry (http://ejmas.com/jnc/jncart_burtonnewsword_0200.htm#FN9)

Siehe Kapitel 2.

itto_ryu
04-07-2011, 09:55
Ei das was das Hänschen schneller :)

KAJIHEI
04-07-2011, 10:13
Hm, mit einm Bokken kann ich das auch ohne Probleme, aber jetzt will ich ja ein wenig was über Europa lernen.
O.K. Dank der Bildchen und des etwas wirren Textes ( für Anfänger ) hab ich jetzt erstmal eine Grundvorstellung was ihr meint mit Daumen und Zeigefingerpositionierung.
Übrigens was die Bildchen mit den Schwertern angeht : Na, wieso denn nicht, da sitzen beim Katana halt die Menuki, blos da greift man auch nicht drauf, die dienen zur Orientierung.
Ich meinte eher die kontinuierliche Wölbung des Griffes.

Hans M.
04-07-2011, 10:23
Das klingt Interessant und ist mir neu, gibts vielleicht einen Link wo ich mir soeine Grifform zumindest einmal auf einem Foto ansehen kann?

was gefunden: Antiques Atlas - Arms and Weapons, English Dragoon Officers Back Sword (http://www.antiquesatlas.com/antique/english_dragoon_officers_back_sword/as208a029)

DerUnkurze
04-07-2011, 10:36
Super danke :)

Damit kann ich mir durchaus vorstellen wie es funktioniert.

Kleiner Edit: Hat diese Grifform einen spezielle Bezeichnung?

itto_ryu
04-07-2011, 10:37
was gefunden: Antiques Atlas - Arms and Weapons, English Dragoon Officers Back Sword (http://www.antiquesatlas.com/antique/english_dragoon_officers_back_sword/as208a029)

Oh schönes Teil.

Hans M.
04-07-2011, 10:52
Hm, mit einm Bokken kann ich das auch ohne Probleme

ja, und mit einem guten spadroon (+ bisschen übung) könntest du es wahrscheinlich doppelt so schnell...;)



Übrigens was die Bildchen mit den Schwertern angeht : Na, wieso denn nicht, da sitzen beim Katana halt die Menuki, blos da greift man auch nicht drauf, die dienen zur Orientierung.
Ich meinte eher die kontinuierliche Wölbung des Griffes.

die tailierung fördert imo einige hiebformen (twerhau, schielhau) bei denen es hilfreich ist mehr material auf dem daumenfernen handballen zu haben.

das im bild ist übrigens ein zweihandschwert, auf den grünen bereich kommt die rechte, den türkisen die linke hand. diese Taillierung ist sehr häufig hier zu finden: Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum (http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0002/bsb00020451/images/index.html?id=00020451&seite=7)

Vlfrith
04-07-2011, 13:24
Ich dachte ich hätte alle Mythen schon aufgezählt, aber da gibt es etwas, was ich noch unbedingt erwähnen möchte. Nämlich die Meinung dass:

Europäische Schwerter sind "langsam"

Das ist ein echtes Mysterium, denn hier haben wir es mit purem Glauben zu tun, und keinem Missverständnis oder Fehlinformation. Man könnte meinen wenn man die korrekten Daten zum Gewicht der Originalschwerter vorlegt sich diese Meinung von selbst auflöst. Aber weit gefehlt!

Der bekannte Fechter Richard Cohen gibt z.B. an dass ab dem Gewicht von drei Pfund aufwärts die Schwerter von sich aus zu schwer und unausgewogen werden. Entgegnet man dem (in Foren oder im Gespräch mit Interessierten) dass es auf die Balance und Gewichtsverteilung ankommt kommt das Argument "sie sind schlecht ausbalanciert und deswegen langsam".
Legt man Daten von Originalen vor (Gewicht, Balance, usw.), wird man sofort mit der nächsten Ausrede konfrontiert; die Balance allein sagt nichts, die Gewichtsverteilung stimmt nicht weil die Klingen ja so breit und dick sind! Weist man nach dass die Originale oft sehr dünn sind und die Dicke zum Ort hin fast immer stark abnimmt, kommt das Nächste; einhändige Schwerter werden ja einhändig geführt, und da braucht man mehr Kraft und Zeit als mit zwei Händen! Widerlegt man es auch, dann kommt... :p ..."die Klingen sind gerade, im Gegensatz zu gekrümmten Säbeln, und hacken das Ziel anstatt von schneiden - zum Hacken braucht man immer mehr Kraft und Zeit als zum Schneiden!"
:narf:

Hier muss man kein Experte sein um zu merken dass hier ganz offenbar jede erdenkliche Möglichkeit genutzt wird um zu "belegen" dass europäische zweischneidige Schwerter mit mehr oder weniger breiten geraden Klingen einfach aus sich heraus "langsamer" und "benutzerunfreundlicher" sind als nah- und fernöstliche Säbel. Ich glaube gar die Mär von "Verbeulen der Rüstung" hat ihre Wurzeln hier, quasi als Legitimation der "Schwere" und "LangsamKeit", man hats ja angeblich die Schwerter so gebraucht.

Ich finde diese Beratungsresistenz der Medien und oldschool-Fechter voll bedenklich. Es gibt genug Museumsstücke, es gibt auch genug sehr gute bezahlbare Repliken (man denke an Albion), aber scheinbar interessiert's keinen von denen.

Grüße

Vlf

KAJIHEI
04-07-2011, 15:22
Irgendwie witzig, Maddin scheint der Meinung zu sein das er mit dem Europäer schneller ist als mit einem Japaner, du schreibst den mir bekannten Dummfug vom langsamen Europäer ;
Mir fällt dazu nur ein kurzer Kommenttar ein :
Jedes Schwert ist nur so gut und schnell wie der, der es schwingt.

Was ich allerdings nicht begreife wie die Leute bei den europäischen Klingen auf hacken komen. Man muß blos doch mal hingucken wenn ein Könner so ein Ding benutzt. Da wird geschnitten, nicht draufgesemmelt.
Ich hab mir das Ganze mal von einem Hammerborger zeigen lassen .Durchaus beeindruckend.

Ghaza
04-07-2011, 19:04
Jedes Schwert ist nur so gut und schnell wie der, der es schwingt.


:yeaha::thx::yeaha:

Ich denke das trifft es am besten.

Aber trotzdem, sehr schöner Thread mit vielen neuen Info´s für mich.

itto_ryu
04-07-2011, 19:06
Jupp und Doppeljupp, Kajihei. Völlig richtig. Schneiden will gelernt sein, das gilt für den Japaner wie für den Europäer. Die Werkzeuge eignen sich dazu alle, dnen dafür wurden sie erfundne (jaja, Klugscheißerfraktion natürlich AUCH zum Stechen, logo;)).

Schaut man sich Beschreibungen der Wirkungsweise von Klingen im Kampf an, z.B. wie es nach der Schlacht von Killiecrankie 1689 aussah:

On the morning after the battle - for night had thrown its curtain over the horrors of the scene, before the extent of the carnage could be ascertained - the field of battle and the ground between it and the river, extending as far as the pass, presented an appalling spectacle in the vast numbers of the dead which strewed the savage and unrelenting ferocity with which Mackay's men had been hewn down by the Highlanders. Here might be seen a skull which had been struck off above the ears by a stroke from a broad-sword - there a head lying near the trunk from which it had been severed - here an arm or a limb - there a corpse laid open from the head to the brisket; while interspersed among these lifeless trunks, dejectaque membra, were to be seen broken pikes, small swords and muskets, which had been snapped asunder by the athletic blows of the Lochaber axe and broad-sword.

Und:
Many officers and soldiers were cut down through the skull and neck, to the very breasts; others had skulls cut off above the ears. Some had both their bodies and crossbelts cut through at one blow; pikes and small swords were cut like willows.


Selbst wenn man dabei von kleinen Übertreibungen ausgehen würde, stimmt nur die Hälfte des Berichts, ist es schon heftig genug. Von den Schnitttests des britischen Militärs bei den Grand Assault at arms im 19. Jhd. mal ganz abgesehen.

Vlfrith
04-07-2011, 20:00
du schreibst den mir bekannten Dummfug vom langsamen Europäer ;
Ich gebe ja auch eine (für mich wahrscheinlichste) Erklärung dafür. Dieser Dummfug lässt sich zurückverfolgen bis in die Renaissance, wo das "alte riesige Langschwert" durch "das elegante Rapier" langsam abgelöst wurde. Die hatten schon damals ein kräftiges Bedürfnis die Antike und die eigene Epoche zu verherrlichen, das "Zeitalter dazwischen" war selbstverständlich dunkel und primitiv. :rolleyes: Im 18 Jh., wo sich das Smallsword durchsetzte und verbesserte Flintschloß-Feuerwaffen die Runde machten, schreibt eben unser Thomas Page um 1746 über "frühere Fechtkünste" folgendes: Form was rude, and their use without Method. They were the Instruments of Strength, not the Weapons or Art. The Sword was enormous length and breadth, heavy and unwieldy, design'd only for right down chopping by the Force of a strong Arm. Und das, obwohl das broadsword was er lehrte vom Gewicht und Länge her wohl kaum leichter und kürzer war als Klingen des 13 Jh.

Es gab ja diese Idee einer linearen Entwicklung vom "primitiven" zum "zivilisierten", und im 18-19 Jh. waren die Fechter auch voll auf dem Trip. Smallsword und épée waren nun das Maß aller Dinge, und was sich nicht degenartig führen ließ war halt "schlecht balanciert" oder "schwer". :)

Was ich damit sagen will - wir habens bei dem "Mythos der Langsamkeit und Unausgewogenheit" der Euroschwerter eindeutig mit frommen Glauben zu tun! Aufklären kann man die Leute, aber wenns um quasi-religiöse Vorstellungen geht, da hilft gar nix! Also, lass dich vom diesem Dummfug nicht zu sehr berühren, es ist halt ne "Religion", oder Aberglaube, das kannste nicht widerlegen. ;)


Was ich allerdings nicht begreife wie die Leute bei den europäischen Klingen auf hacken komen. Man muß blos doch mal hingucken wenn ein Könner so ein Ding benutzt. Da wird geschnitten, nicht draufgesemmelt.

Nuja, Page schreibt schon vom "down chopping by the Force of a strong Arm", also muss es die Idee des Hackens schon damals gegeben haben. Vllt. überträgt er die Verwendung des Richtschwertes (sehr breit und flach, so ziemlich das einzig Zweihändige aus alten Zeiten was es damals gab) auf die Kampfschwerter, vielleicht hatte er riesige Paradeschwerter im Kopf, da habe ich keine Ahnung. Ist aber scheinbar typisch für die Blütezeit des Smallsword als "gentleman's sword", und den damit verbundenen ästhetischen Vorstellungen.

In der Moderne ist es halt der Schaukampf, wobei ich den Verdacht habe dass hier einfach versucht wurde jap. Schwertkampf zu kopieren. Ein Maki-Uchi-Hieb aus dem Jodan no kamae ist rein visuell so ein "Hack" für Außenstehende (isser natürlich nicht, habs mal ausführen dürfen an wasserflaschen), auch das Schneiden aus dem Stand heraus mit dem Oberkörpereinsatz schaut für viele Unwissende so aus als ob das Schwert wie ein Baseballschläger benutzt wird. Und wenn man das Ganze mit geraden "Mittelalterklingen" probiert - da haben wir eben das was wir in Filmen und auf dem Mittelaltermärkten sehen, "hack" und "bash" aus dem Stand heraus.

Ganz kurz gesagt - der fromme Glaube an schwere langsame "Hackschwerter" hat in Europa eine lange und gepflegte Tradition, welches von Generation zu Generation tradiert wird, wie halt die traditionellen Schmiedekünste und Kampfkünste in Japan. Ist doch auch ein Teil unserer Tradition, und verdient Respekt, oder :D

Hans M.
04-07-2011, 20:15
also ich gebe es zu: ich hacke.

trotzdem habe ich kein problem tatami zu zerteilen, obwohl ich das höchstens 1-2 mal im jahr mache - komisch was? viel lieber schneid... äääh hacke, entschuldigung, ich aber schinken weil das dann auch tatsächlich was aussagt.

sbenji
04-07-2011, 22:05
also ich gebe es zu: ich hacke.

trotzdem habe ich kein problem tatami zu zerteilen, obwohl ich das höchstens 1-2 mal im jahr mache - komisch was? viel lieber schneid... äääh hacke, entschuldigung, ich aber schinken weil das dann auch tatsächlich was aussagt.
Inwiefern?

Ich empfinde Schnitttests an Fleischstücken meist als lächerlich.
Meistens ist über den Fleischstücken keine Haut, welche immerhin reißfester und elastischer ist als Muskel oder Fett. Dazu kommt noch, dass die haut auf dem Fettgewebe auch noch flexibel gelagert ist.
Es fehlt also meist ein Teil, der beim durchdringen sehr viel Energie raus nimmt.

KAJIHEI
05-07-2011, 02:25
Hm, ich schneide meine Frühstücksschinken immer, würd ich den hacken, wär der Tisch doch im Eimer :D

itto_ryu
05-07-2011, 08:29
Es gibt viele Arten die Klinge zu nutzen: Schneidend, hackend, peitschend, zeihend, schiebend, drückend etc. kommt auf die Situation drauf an. Manchmal reicht ein kleiner Snap-Cut. Kommt auch drauf an, was man wie verletzen will. Um das Gesicht schwer zu verletzen, muss ich kein tatami durchbekommen, aber praktisch ist es schon.

Hans M.
09-07-2011, 09:43
Inwiefern?


müssen wir das wirklich durchkauen? eine schweinshaxe/ein schweinskopf ist einfach ein besseres schnittgut als alter jap. bodenbelag. punkt.

itto_ryu
09-07-2011, 18:00
Hmmm... muss man nicht so pauschalisieren. Die Japaner haben sich schon was dabei gedacht. Wer tatami omote (gute) geschnitten hat, versteht schon warum. Aber Fleisch, Knochen usw. schnippeln, ist auch spaßig. Sowie Motorhauben durchstechen, Pappkameraden abmetzeln und Holzlatten zerhacken. Ich liebe Cold Steel´s Schnitttests :D

KAJIHEI
09-07-2011, 18:19
In Japan wurden auch Schweine ausprobiert. Allerdings ist man fix wieder zu dicken Strohbündeln zurückgekehrt. Die haben allerdings ganz andere Dimensionen als so eine lustige Strandmatte.
( Siehe z.B. die Illustrationen in Tom Kishida´s VBuch über Yasukuni-To )

Hans M.
09-07-2011, 18:20
Hmmm... muss man nicht so pauschalisieren. Die Japaner haben sich schon was dabei gedacht. Wer tatami omote (gute) geschnitten hat, versteht schon warum.

ach was. das ist das gleiche wie wenn ich anstatt das alte frittierfett ins klo zu gießen meinen diesel damit befülle. geht weitestgehend- die karre kriegt davon aber auch nicht mehr PS.

:D

itto_ryu
09-07-2011, 23:41
Sehe ich anders. Fertig.

KAJIHEI
10-07-2011, 09:36
Eine Meinung dürfen beide Seiten haben, wieso auch nicht.
Blos Hans M. erklär mir bitte eine Kleinigkeit.
Die Japaner haben ihre Schwerter so mit als Einzigste noch ernsthaft benutzt, dem entsprechend wurde getestet.
Warum werden die wohl wieder auf Strohbündel zurückgegangen sein.
Die Antwort ist nicht "Schweinemangel" denn der lag nicht vor.
Frü vernünftige Theorien bin ich offen.
Gruß
KAji

Hans M.
10-07-2011, 10:49
Warum werden die wohl wieder auf Strohbündel zurückgegangen sein.


das ist für mich heuristisch nicht von belang. ich bin mir sicher es wird eine hochdifferenzierte etikettenbedingte antwort dazu geben - nur ist sie mir egal. wenn itto meint tatami wären besser dann ok, ich frage mich nur wie er zu dieser meinung kommt weil ich nicht annehme dass er schon mal als referenz menschen geschnitten hat. somit ist das eine reine bauchentscheidung.

das die japaner ihre schwerter als letzte benutzt haben ist wohl richtig aber genutzt wurden die schwerter auch im westen bis zum WW1. und geschnitten wurden auch, von der melone bis zum salatkopf - also auch methodisch zumindest fragwürdig, nicht alles was gemacht wird ist objektiv richtig/die beste lösung. das argument die japaner wüssten schon (besser) warum sie xyz tun zieht bei mir nicht - richtig viral wurde Tameshigiri ja erst als sich zeigt dass sie eben nicht mit ihren schwertern umgehen konnten und sie reihenweise verbiegten etc.

ich habe aber keine lust auf dieses thema. erst neulich sah ich wieder videos von einem ehemaligen japancutter der zu den europäern wechselte und die hiebe so korrumpiert dass sie mit der eigentlichen technik nix mehr gemein haben nur damit sie durch das tatami gehen. völlig egal dass die hände/finger bei der ausführung ab wären, hauptsache das tatami ist hübsch durch und die anderen anwesenden japancutter klatschen beifall. falsche voraussetzung führen zu falschen ergebnissen.

sbenji
10-07-2011, 12:14
Wenn über der Haxe noch Haut ist ja.
Ein Schweineköpfe ist auch ein geeignetes ziel.
Sofern das ganze realistisch gelagert ist.
Also nicht wie in den Cold Steel Messer Videos an einem Seil hängend.
Und dann wird von schräg oben geschnitten.
Und schon sieht es sehr beeindruckend aus.

Schon ein mit Wasser gefüllter Tetra Pack ist besser. Schneidet man schlecht, fegt man es einfach nur beiseite. Den vorher noch angesprochenen Salatkopf auch. Sofern man die Sachen nur auf ein Podest stellt versteht sich.
Schneidet man sauber halbiert man diese Sachen und wenn nicht schneidet man nur rein und fegt es weg.

itto_ryu
10-07-2011, 16:05
wenn itto meint tatami wären besser dann ok, ich frage mich nur wie er zu dieser meinung kommt weil ich nicht annehme dass er schon mal als referenz menschen geschnitten hat. somit ist das eine reine bauchentscheidung.
Ich meine gar nicht, tatami seien besser, du meinst nur Fleisch sei generell besser als tatami. Als referenz haben einige Japaner Menschen geshcnitten, du und ich nicht. Ich persönlich finde ohnehin, man sollte sich an Obata halten und alles mögliche shcneiden, antürlich auch Fleisch, am besten mti haut und Knochen.


das die japaner ihre schwerter als letzte benutzt haben ist wohl richtig aber genutzt wurden die schwerter auch im westen bis zum WW1. und geschnitten wurden auch, von der melone bis zum salatkopf - also auch methodisch zumindest fragwürdig, nicht alles was gemacht wird ist objektiv richtig/die beste lösung.
Da sitmme ich dir zu, bei den Grand-Assaults-at-arms im späten 19.Jhd. haben Schnitttests an diversen Objekten dazu gehört, siehe:
http://cbd.atspace.com/articles/testcutting/test-cutting_html_m6024f1e9.png

http://ejmas.com/jmanly/articles/2001/assault/TurksHead.jpg

http://ejmas.com/jmanly/articles/2001/assault/brigadier.jpg

Und ohne allzu böse klingen zu wollen, aber was war das Toyama-ryu battojutsu anderes als ein Offiziers-Schnitttest-Verein, wie man Gefangene kunstvoll ins Jenseits befördert oder im Grabenkampf gegen ein Bajonett verreckt?
Die Japaner haben das Fechten irgendwann ebenso verlernt oder verändert, wie die Europäer auch. Allein 300 Jahre Friedenszeit haben die koryu beeinflusst, derWandel zum modernen imperium sowieso.
Hier habe ich ja einige Theorien zur Beeinflussung japanischen Fechtens durch europäisches/westliches Säbelfechten, was wiederum Thema für ein anderes Topic wäre (Thema kleine Schnitte im Kendo usw.).

Hans M.
10-07-2011, 16:50
Die Japaner haben das Fechten irgendwann ebenso verlernt oder verändert, wie die Europäer auch.

wichtigste erkenntnis des ganzen forums!



:sport146:

KAJIHEI
10-07-2011, 17:07
das ist für mich heuristisch nicht von belang. ich bin mir sicher es wird eine hochdifferenzierte etikettenbedingte antwort dazu geben - nur ist sie mir egal. wenn itto meint tatami wären besser dann ok, ich frage mich nur wie er zu dieser meinung kommt weil ich nicht annehme dass er schon mal als referenz menschen geschnitten hat. somit ist das eine reine bauchentscheidung.

das die japaner ihre schwerter als letzte benutzt haben ist wohl richtig aber genutzt wurden die schwerter auch im westen bis zum WW1. und geschnitten wurden auch, von der melone bis zum salatkopf - also auch methodisch zumindest fragwürdig, nicht alles was gemacht wird ist objektiv richtig/die beste lösung. das argument die japaner wüssten schon (besser) warum sie xyz tun zieht bei mir nicht - richtig viral wurde Tameshigiri ja erst als sich zeigt dass sie eben nicht mit ihren schwertern umgehen konnten und sie reihenweise verbiegten etc.

ich habe aber keine lust auf dieses thema. erst neulich sah ich wieder videos von einem ehemaligen japancutter der zu den europäern wechselte und die hiebe so korrumpiert dass sie mit der eigentlichen technik nix mehr gemein haben nur damit sie durch das tatami gehen. völlig egal dass die hände/finger bei der ausführung ab wären, hauptsache das tatami ist hübsch durch und die anderen anwesenden japancutter klatschen beifall. falsche voraussetzung führen zu falschen ergebnissen.


Oh mein Gott, da hat keiner Lust.
Na wie schön. Tameshigiri wurde schon ewig und drei Tage protokoliert gemacht. incl Aratameshi auf was weis ich (Helme, Stahlplatten, misslunge betonharte Semmelknödel ( man verzeihe das ich auch mal scherze ) )
Also ist da Obata kein Erfinder von etwas neuem. ( Die ältesten mir bekannten aratameshi Inschriften stammen aus dem frühen 17 Jhdt. )
Verbiegt sich ein Schwert dabei, liegt es zu 90 % daran das der Benutzer unfähig ist.
Das als Argument für Tauglichkeit eines Verfahrens zu nehmen, Versuche durch laienhafte Schwertfuchtler, sorry, aber da reichst es jetzt mir mal.

Und ja, auch in Japan hat sich viel verändert, blos japansiche Schnittests wurden eben großenteils an lebenden Personen durchgeführt . Jedenfalls bis in das späte 19 Jhfdt. (Ethik jetzt mal aussen vor ) . D.h. die Aussagen sind relevanter als der europäische Ansatz. Oder hat man hier auch lebend Verbrecher geschnetzelt ? Nicht das ich wüßte.
So und wenn jemand der weis wie ein Mensch wirklich gründlich tranchiert wird auf anderes Material umsteigt, wird es seinen Grund haben.
Und nein, im WWII waren es im Yasukunischrein keine ethischen oder religiösen Gründe. Die Typen waren pragamatischer und praxisbezogener als wir alle hier zusammen.
Gleichzeitg wurden Könner zum Testen angestellt. Die hätten Schrott in die Tonne gekickt ohne Debatte. Übrigens Schnittfolgen werden großenteils auch beim Tameshi durch praktische Erwägungen im Kampf vorgegeben. Diese Dinger wurden aber seid Jahrhunderten nie geändert.


Aber schön ich geb auf, es hat kein Sinn sich mit einem absoluten Aliteraten auf dem japnischen Sektor sinnvol auseinandersetzen zu wollen.
Literatur : Intrerssiert dich ein Dreck, historische Belege und Argumentationen ziehen nicht, Hans weis ja Alles. '( Alleine deine Wakiargumention, ein Schlag in´s Gesicht für jeden der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt )
Hans hat seine Meinung !
Weist du was ?
Auf dem Japansektor zählen Fakten, da kann jeder seine Meinung haben, aber interessieren tut sie keinen.
Gottlob bin ich auf dem europäischen Sektor lernwilliger als du auf dem japansichen.

Ach so, danke das du als dirkekt Angesprochener und Gefragter als Einziger auf keine meiner bezüglich Europa gestellten Fragen geantwortest hast.
Sowas zeugt von Kompetenz und Höfflichkeit.

Das war´s von mir zu dir.

Wenig oder gar kein Gruß

Kaji

Hans M.
10-07-2011, 17:44
D.h. die Aussagen sind relevanter als der europäische Ansatz.

glaube ich nicht. es gibt keine hinweise auf schnittests im mittelalterlichen europa wohl aber texte dazu wie man was mit dem schwert tut/tun soll. wie, oh wie nur (!), hat den der arme kleine peter damals vor seinem ersten kampf gewusst wie man schneidet ohne Tameshigiri?


Oder hat man hier auch Verbrecher geschnetzelt?

die henker schon. nen sport für adelige hat man daraus aber nicht gemacht, nein.



Ach so, danke das du als dirkekt Angesprochener und Gefragter als Einziger auf keine meiner bezüglich Europa gestellten Fragen geantwortest hast.
Sowas zeugt von Kompetenz und Höfflichkeit.


ich muss diese fragen ehrlich überlesen haben? welche waren dass doch gleich?

zum rest fällt mir nicht viel ein, du legst mir und itto recht viel in den mund...

KAJIHEI
10-07-2011, 18:06
Oh du Wissender , schon wieder...
Nein, Tameshigiri war kein Sport für Adelige. Die gaben ihre Schwerter Profis zum Testen.
Im Gegensatz zu Europa gibt es Aufzeichnungen über Testergebnisse, Methoden, Tester, Rrüfungskommission etc. Das über Jahrhunderte. Also nix da mit "könnte ja so gewesen sein" ala Europa.
Wie schon gesagt , es zählen Fakten, nur diese sind historisch relevant.

Abgesehen davon, Samurai gehörten nicht zum Adel, abr das weist du dank deiner fundamentieren Geschichtskenntnisse bereits.

Und nein, ich hab nie gesagt das man durch Tameshigiri Fechten gelernt hat, Ich habe gesagt das man es können muß um Tameshigiri zu betreiben.
Schöner Versuch mir das Wort im Munde umzudrehen.
Übrigens Ito unterstelle ich nichts, ich rede, trotz guten Vorsatzes, mit dir.

Übrigens eine der Fragen die ich stellte war Blossfechten : Klar, jetzt weis ich das ohne Wehr gemeint ist, aber als Laie das so wissen ? Beim Hadake yakiire dem nackten Härten hopst der Schmied auch nicht splitternackt in der Schmiede rum wie man vermuten könnten. Fachtermini sind eben nicht immer eindeutig. Daher frag ich halt grundsätzlich an solchen Punkten nach.

Hans M.
10-07-2011, 18:10
Schöner Versuch mir das Wort im Munde umzudrehen.


und schöner versuch von dir mir aussagen in den mund zu legen... :)

KAJIHEI
10-07-2011, 18:18
glaube ich nicht. es gibt keine hinweise auf schnittests im mittelalterlichen europa wohl aber texte dazu wie man was mit dem schwert tut/tun soll. wie, oh wie nur (!), hat den der arme kleine peter damals vor seinem ersten kampf gewusst wie man schneidet ohne Tameshigiri?



die henker schon. nen sport für adelige hat man daraus aber nicht gemacht, nein.



ich muss diese fragen ehrlich überlesen haben? welche waren dass doch gleich?

zum rest fällt mir nicht viel ein, du legst mir und itto recht viel in den mund...


Soviel zum Thema in den Mund legen...:D

itto_ryu
10-07-2011, 18:31
Ich versuche mal freundlich das "ich weiß aber alles viel besser als du"-Gehabe beiderseits etwas abzumildern und stelle mal plump fest:

1. Schnitttests gab es auf die eine oder andere Weise damals in Europa und Asien und beiderseits waren sie wichtig.
2. Schnitttests sollten auch von modernen Klingenkämpfern egal welchen Stils, Schule, Tradition durchgeführt werden, Inspiration kann man sich weltweit aus verschiedenen Traditionen dafür holen, nur das "lebendige Menschen und Hunde zerschneiden" sollte man aus ethischen Gründne besser lassen.

Basta-Pasta :)

KAJIHEI
10-07-2011, 19:06
Ito : Ich hab Quellen benannt, Fakten dargelegt. Das hat nicht´s mit Besseerwisserei zu tun. Gegenseite ? (Siehe Waki z.B: )
Niente.
Qued.
Tut mir leid , wenn hier der Versuch mal fundamentiert zu arbeiten als *******vergleich gesehen wird, dann tut es mir leid.
Das ist lächerlich.
Gruß
Kaji

itto_ryu
10-07-2011, 20:14
Es ging nur darum ein paar Aggressionen aus der Wampe zu nehmen. Ein Schaulaufen mit geschwollenem Hahnenkamm kann es nämlich auch werden, wenn man völlig im Recht ist mit seinen Fakten. Wegen mir kann die Diskussion auf sachlicher Ebene so weiterlaufen, nur der mitschwingende Ton gefällt mir beiderseits eben nicht. Wollte nur die Tendenz zur Streiterei mildern, damit das Topic nicht zum Nörgel-Thread verkommt, aber wenn es nicht gewollt ist...

Ändert aber letztendlich nichts an meiner plumpen, jedoch korrekten Feststellung. Damit habe ich recht. Definitiv. Ganz sicher. Punkt. Basta.


Gottlob bin ich auf dem europäischen Sektor lernwilliger als du auf dem japansichen.

Da kann der neutrale Beobachter dir definitiv mit einem "stimmt" beipflichten. Leider ist in den hist. europ. Kreisen eine gewisse "Asia-Phobie" zu spüren, natürlich nicht bei allen, aber bei vielen. Gott sei´s gedankt, dass es Leute wie Stefan Roth gibt.

Hans M.
10-07-2011, 20:33
Da kann der neutrale Beobachter dir definitiv mit einem "stimmt" beipflichten. Leider ist in den hist. europ. Kreisen eine gewisse "Asia-Phobie" zu spüren, natürlich nicht bei allen, aber bei vielen. Gott sei´s gedankt, dass es Leute wie Stefan Roth gibt.

ach was, was mich allerhöchstens stört is dass man sich niemals, nirgends und unter gar keinen umständen über (europ.) schwerter unterhalten kann ohne dass von irgendwoher einer "aber die samurai dies und die samurai das...." schreit. nervt.

aber etwas on topic:


es gibt keine hinweise auf schnittests im mittelalterlichen europa



Schnitttests gab es auf die eine oder andere Weise damals in Europa und Asien und beiderseits waren sie wichtig.

habe ich da eine mittelalterliche quelle übersehen? impossible!

itto_ryu
10-07-2011, 20:56
Ich kenne nur Schnittests späteren datums in europa.

KAJIHEI
11-07-2011, 08:56
Es geht mir nicht darum die Japaner hochzuloben. dazu weis ich inzwischen genug über europäische Klingentechnologie um sagen zu können das das einfach Quatsch sit.
Sie sind teilweise Vergleichbar, und da wo sie es sind sind sie klingentechnisch ebenbürtig. nicht mehr nicht weniger.
Mit Klingentechnisch meine ich jetzt Stahlverarbeitung, Härtung etc.

Was die Fechterei angeht und die Benutzung ::
Gut nach dem ich mich abgeregt hab

Wenn Hans sagt, das es immer bei Europa jemanden gibt der sagt in Japan blabla blubber.
Recht hat er.

Blos warum reit ich darauf rum ?
Eben weil es partial vergleichbar ist und wir in Japan eine lebendigeTradition haben die bis auf leichte Modifizierungen nachprüfbar bis Methusalem ist.
In Europa ja offensichtlich nicht, da haben wir pfundweise Brüche.
Warum sollte man nicht also Erkenntnisse verknüpfen ?
Auf dem japnaischen Selktor haben wir Belege bis es qualtmt :Auf dem europäischen ?
Veflixt dünne Luft.
Seid doch mal ehrlich, wäre es anders würden nicht diverse Vereine wie Zornhau, Hamaborg ( In beiden hab ich gute Freunde von denen ich fröhlichst lerne ) probieren müssen zu rekonstruieren.

Siehe z.B. Schnittests.
Gitb es in Europa Listen bekannter, Test geprüfter Schmiede ?
Nein.
Gitb es Rrüfungsprotokolle, Klingeninschriften diesbezüglich ?
Nein
In Japan gitb es das Alles Kübelweise.

Da wie obens erwähnt, die Klingentechnologie in vielen Punkten verflixt ähnlich ist, wieso sollte man dann nicht auch mal akzeptieren das japansiche Ergebnisse auch in Europa Gültigkeit haben ( natürlich auch in der anderen Richtung, das ist ja wohl klar. )

Das gilt auch für die Fechtechnik : Vieles von dem was wir in Japan machen ist dem europäischen Fechten sehr ähnlich, also wieso nicht auch da gegenseitig Nutzen ziehn ?
Übrigens das hab ich erst vor zwei Jahren rausbekommen als ich die Möglichkeit hatte mal etwas intensiver mit einigen Europäern zu Schwerteln. ( Wie gesagt, bei Europa bin ich noch am Anfang. )

Also daher mein Resümee : Ich biete mein Wissen aus Japan und will eures aus Europa. ( Begründung siehe oben )
Die beiderseitige Phobie ist albern.

Gruß
Kaji

Althalus
11-07-2011, 10:12
Ich misch mich hier mal ein wenig ein - ich hab damals an der Japanologie u.a. Seminararbeiten zur Historie der KKs geschrieben und zum Nihon-to an sich geschrieben. Heute rekonstruiere und unterrichte ich HF nach der Bologneser Tradition.


Eben weil es partial vergleichbar ist und wir in Japan eine lebendigeTradition haben die bis auf leichte Modifizierungen nachprüfbar bis Methusalem ist.
Das ist SO nicht korrekt. In den Ryû hast du zwei große Brüche drin, einmal mit Machtübernahme durch das Bakufu und andererseits mit der durch das Tokugawa-Shôgunat. Wie auch in Europa führten große militärische Konflikte zur Veränderung und dem Aussterben einiger Stile. Bei einigen wurde das Wissen in andere Ryû übernommen, dort aber klarerweise der "Hauptrichtung" untergeordnet.
Die "lebendige" Tradition ist an sich ein Gerücht. Seit der Meiji-Restoration haben die jap. KKs dasselbe Schicksal erlitten wie das klassische Fechten - sie wurden versportlicht oder zur "Brauchtumspflege". Einige wenige Leute stellen sich bis heute dagegen, ihnen steht aber eine breite Öffentlichkeit entgegen, für die Bujûtsû ein Relikt ohne Sinn ist.

Gitb es in Europa Listen bekannter, Test geprüfter Schmiede ?
Gibt es. Schau mal in die Zunftregister der bedeutendsten Städte - z.B. Passau, Nürnberg, Mailand, etc. Im Gegensatz zu Japan unterlagen Schwertklingen in Europa keinen speziellen Auflagen - sie waren Waren wie alle anderen auch. Passauer Klingen wurden z.B. nach Venedig verkauft, dort mit einem aufwändigen Gefäß versehen und weiterverkauft, manchmal nach Deutschland retour.
Ebenso wie in Japan gab es in Europa Fälschungen - minderwertige Klingen, die mit der gefälschten Schmiedemarke einer bekannten Stadt versehen waren. Der Passauer Wolf war z.B. so eine Marke. Der individuelle Schmied war zumindest mit der Massenfertigung unbedeutend geworden.
Hingegen wurde dem Gefäß große Bedeutung zugesprochen, wenn es besonders kunstfertig gemacht war.

Gitb es Rrüfungsprotokolle, Klingeninschriften diesbezüglich ?
Gibt es. Nur sind diese einfach jene, mit denen man jedes handwerkliche Erzeugnis begutachtete. Bei Panzern und Schilden war das z.B. ab dem 16. Jhdt die Beschussprobe.

Du beziehst dich hier offenbar sehr auf eine bestimmte Zeit. Während in Japan die Stahlherstellung nie wirklich weiterentwickelt wurde und der Schmied aus schlechtem Stahl gute Klingen fertigen musste, machte man es in Europa umgekehrt - immer bessere Stähle konnten mit immer weniger Aufwand zu guten Klingen verarbeitet werden. Das Ergebnis ist dann wieder recht ähnlich.

Die Handhabung wieder unterscheidet sich deutlich nach Schwerttyp. Europa besitzt eine Vielfalt an unterschiedlichsten Schwerttypen, während Japan de facto nur eine einzige hat (variiert in Länge und Gewicht). Allein dadurch ist ein Vergleich nur eingeschränkt möglich.

itto_ryu
11-07-2011, 11:45
Das ist SO nicht korrekt. In den Ryû hast du zwei große Brüche drin, einmal mit Machtübernahme durch das Bakufu und andererseits mit der durch das Tokugawa-Shôgunat. Wie auch in Europa führten große militärische Konflikte zur Veränderung und dem Aussterben einiger Stile. Bei einigen wurde das Wissen in andere Ryû übernommen, dort aber klarerweise der "Hauptrichtung" untergeordnet.
Die "lebendige" Tradition ist an sich ein Gerücht. Seit der Meiji-Restoration haben die jap. KKs dasselbe Schicksal erlitten wie das klassische Fechten - sie wurden versportlicht oder zur "Brauchtumspflege". Einige wenige Leute stellen sich bis heute dagegen, ihnen steht aber eine breite Öffentlichkeit entgegen, für die Bujûtsû ein Relikt ohne Sinn ist.


Ich glaube da bezog sich Kajihei aber nicht auf die koryu, sondern auf die Schmiede- und Klassifizierungshistorie Japans.

Althalus
11-07-2011, 12:05
Ich glaube da bezog sich Kajihei aber nicht auf die koryu, sondern auf die Schmiede- und Klassifizierungshistorie Japans.
Dann hab ich ihn falsch verstanden. Allerdings ist das mit der Klassifizierung in Japan so einfach und durchgehend auch nicht. Nicht umsonst wurde das von einer eigenen Kommission festgelegt um die Bewertung zu vereinheitlichen (mit dem Ziel, die besten Stücke im Land zu halten).

In Europa haben wir spätestens seit dem 18. Jhdt ebenfalls ein reglementiertes Wertsystem - die Militärverordnungen und Muster. Jeder Staat hat da eigene Vorschriften und Muster, nach denen die Blankwaffen hergestellt und getragen werden.

Der Vergleich zwischen Japan und Europa hinkt immer in einem einzigen Punkt: es werden Ist-Zustände anhand des Datums verglichen. Die Entwicklungen laufen aber zeitlich völlig anders ab, in Ost und West. Erst nach der Meiji-Restoration kommt es zu einer Gleichschaltung, da Japan das Armeesystem von Preußen kopiert (und u.a. jede Menge Katana als europ. Säbel neu gefasst werden).

Jörg B.
11-07-2011, 14:45
OK, erst- und letztmalige Ermahnung an ALLE:

1) Dieses ist das Forum für europäische KK.
Wer in Japan wann was warum oder warum nicht mit was auch immer angestellt hat, ist hier bestenfalls am Rande interessant.
Das heisst nicht, das ich nihonto-lastige Themen an sich für uninteressant oder keiner Diskussion würdig halte.
Nur eben nicht hier.


2) Es macht sich hier z.T. und unter einigen Teilnehmern ein Ton breit, der mir nicht gefällt.

GANZ klare Ansage meinerseits: Mind your manners, Gentlemen!

Wer nicht in der Lage ist, grad heraus, ohne mehr oder weniger subtile Sticheleien und vor allem sachlich zu diskutieren,
der ist hier fehl am Platze.

KAJIHEI
11-07-2011, 14:48
Na da sag ich auch mal danke, mit den Infos komm ich etwas weiter.:)
Übrigens auch ein danke Hans für seinen Kommentar den er mir per PM geschickt hat um die anderen mit unserem "Eiertanz" nicht zu sehr zu nerven.:):)

@Athalus

Mit Tests bezog ich mich auf Schnittests. Das es Prüfmarken auf handwerklichen Produkten gab weis ich bereits. Aber gut, das hätte ich vielleicht genauer schreiben sollen.

Was du über die Klassifizierung von Klingen schreibst : Ne, so stimmt das vorne und hinten nicht. Ich rede vom Kantei, du von der Wertigkeit im System innerhalb der NBTHK und des Kultusministeriums.
Das sind zwei unterschiedliche Baustellen.
Die System des Kantei ist bedeutend älter ( Stichwort Honami ) und das Bewertungssystem fußt partial ( sic ! partial ) darauf.
Beide haben aber nichts mit dem akebono Effekt von 1957 zu tun, den du offensichtlich meinst. Da müssen wir uns bei dem großartigen Dr. Honma Junji bedanken, der es schaffte General Mc Arthur davon abzuhalten alle Klingen vernichten zu lassen.
Die Story erzähl ich bei Bedarf mal gerne im Japansektor.
Die eigentlich Qualitätsbewertung existierte hingen schon während und vor dem WWII ( Stichworte Juyo bunkazai, Juyo Bijutshin, Kokuho etc ).
Wiederum nicth zu verwechseln mit dem Ordnungssystem des Kantei ala Honami was in der heutigen Form auch erst von Homani Koson so entwickelt wurde, oder besser gesagt "verdaulicher" gemacht wurde.
( Auch dazu bei Bedarf mehr in der Japanecke, blos hier krieg sonst Haue )
Nur noch soviel : Die letzte Änderung des Qualitätsstufungssystem war 1984..
Aber gut wir sind hier nicht in Japan.:)

Womit du recht hast : Man Japan nicht eins zu eins umsetzen. aber wieso nicht mal technische Vergleiche ziehn ?
Ich hab lange Kenjutus gemacht Kendo und iaido. Wie ich bereits erzählt hab , kamen mir einige Sachen in Europa sehr bekannt vor.
Seid nicht böse, bis ich die ganzen Fachtermini aus dem Ärmel kann, das dauert halt noch etwas...
Aber wie gesagt :Es war extrem ähnlich.
Das man natürlich nichteine Kavaliersdegen mit einem Nambokucho-O-Tachi vergleichen kann, ist klar.
Blos es ändert nichts dran das man bei ähnlichen Techniken doch auch mal komperativ arbeiten kann.
die ein haben sie halt etwas früher, die anderen etwas später benutzt.
Das ändert doch nichts an der Technik , oder ?

Übrigens zu deinen zwei Brüchen : Was meinst du mit der Machtübernahme durch das Bakufu ?
Es gab zwei große Shogunatszeiten : Ashikaga, da gab es in dem Sinne kein Bakufu, und das Tokugawa-Shogunat mit seiner Verwaltung , halt eben dem Bakufu.
Im Ashikaga.Zeitraum haben wir kein Bruch da der "prügeltechnisch" sanft in´s nicht besonders friedfertige Momoyama von Nobunaga und Hideyoshi übergeht, und innerhalb des Tokugawa Shohgunats sieht es mit direkten Brüchen auch mau aus.
Gut es gab im Kamakura bereits einmal ein Bakufu...aber das wäre doch etwas arg an den Haaren herbei gezogen, da auserhhalb des Diskussionsfokus.
Abr selbst wenn wir das mit einrechnen : Auch da kein grober Bruch.
Die ganze Klingentechnologie ist im Übergang fließend.

Übrigens in Japan von der Echtheit einer Signatur auf die Klingenqualtität schließen zu wollen ist mit der schlimste Anfängerfehler.
Leute wie nidai kawachi no kami kunisuke (nakakawachi, Osaka Shinto ) haben Klingen gebaut die waren teilweise extrem gut, teilweise aber auch perfekter Schrott, trotz echter Signatur.
Hingen mein Namensgeber Hosada Naomitsu ( Kajihei ) war ein exelenter Schmied der leider gerne mal Signaturen fälschte ( Siehe hierzu Kajihei Oshigata, Kajihei Tagane als Stichworte ). Was die Sache zuckert :Seine Arbeiten waren großenteils hochwertiger als die der Schmiede die er fälschte...:D

Aber wie gesagt, nochmals danke für die weiterführenden Ansatzpunkte, aber über Japan plaudern wir lieber in der Japanecke weiter.

Gruß

Kaji


PS : Lieber Mod erschieß mich nich...
@Jörg :Tut mir leid, es hat sich überschnitten

Althalus
11-07-2011, 15:07
Beenden wir das Nihon-to-gefasel an dieser Stelle. Einigen wir uns darauf, dass es hier wie da Bewertungssysteme gab, diese aber nicht direkt vergleichbar sind.

aber wieso nicht mal technische Vergleiche ziehn ?
Auf welcher Grundlage?

Mal ganz locker getippt: In Japan gab und gibt es jede Menge an KKlern, die aufgrund persönlicher Differenzen mit ihren Lehrern mal eben einen eigenen Stil begründet haben. Deren Lehren wurden teils weitergegeben, teils verändert und manchmal wieder rückgeführt.
In Europa wird das wohl recht ähnlich stattgefunden haben, allerdings können wir das nicht detailliert belegen. Die meisten HFler arbeiten mit relativ isolierten Quellen, die einen Teilausschnitt eines möglichen Stils darstellen. Auf dieser Grundlage rekonstruieren sie.

So und was genau willst du nun technisch Vergleichen? Dass man mit einem Schwert von oben nach unten schlagen kann? ;)

Die Problematik besteht in der "Frog-DNA". In der Vergangenheit wurden vermeintliche Lücken in den Quellen allzuoft mit Escrima, Kenjutsu, Sportfechten, etc. geschlossen, was heute extrem schwer wieder rauszubringen ist. Aus eben diesen Vergleichen entspringt der Gedanke: "Das ist ja wie XY."
Kann sein - kann aber auch nicht sein und der Wunsch ist Vater des Gedanken.

Freundschaftliches Prügeln unterschiedlicher Stile steht auf einem anderen Blatt und kann durchaus erhellend sein. Da muss man dann eben die "Anwenderfehler" rausstreichen.

KAJIHEI
11-07-2011, 15:28
Tut mir leid, diese europäische dummdreiste Arroganz kübelt mich jetzt echt zu sehr an.
Nihon-To Gefasel. Sobald man mal irgendso eine fachlich angebrüteten Menschen mit der Nase drauf stößt das er fachlich Unsinn erzählt oder etwas präziser nachfragt, schon ist es Gefasel.
Nicht wissen wovon man redet, aber sagen "Vergleiche sind Blödsinn"
Mir hier allen Ernstes freundschaftliches Prügeln als Diskussionsgrundlage zu unterstellen... Man sollte nicht von sich auf andere schließen. Ich arbeite da etas genauer, genau wie bei Klingenanalysen.
Solche Typen publizieren dann auch noch über nihotno !
Vermutlich das Niveau von Icke-Schwalbe Karpinsky "Das Schwert der Samurai", dem großen Lacherfolg !
Ich Idiot tip mir die Finger wund um euch mal einige Grundlagen zu erklären, der Dank ?
Wir wissen Alles besser ohne Quellenangabe etc.
Ich geb zu das ich in Europa am Lernen bin ; Resultat : Dämliche Anmache

Damit bin ich hier raus, freut euch drüber , ihr könnt weiter im Musstopf hocken bleiben und mich am selbigen...( Wer das Wort such, guckt bei Götz von Berlichingen nach )


Gruß
Kaji

PS ( ITTO ;Du bist ausgenommen )

@Mod :Von mir aus kannst mir jetzt ne Schreibsperre verpassen.

Trinculo
11-07-2011, 15:35
@Kajihei: Jetzt geh doch nicht gleich an die Decke :) Richtigstellungen sind natürlich erlaubt, und deine fachliche Kompetenz zweifelt ja auch niemand an.

Althalus
11-07-2011, 15:38
Ähm, also entweder du hast das jetzt völlig falsch verstanden, oder ich weiß nicht ....

Die Beendigung des "Gefasels" (das war übrigens nicht abwertend gemeint, hätte vielleicht einen Smilie setzen sollen ...) wurde vom Mod gefordert, nicht mehr, nicht weniger.


Nicht wissen wovon man redet, aber sagen "Vergleiche sind Blödsinn"
Nochmal: Auf welcher Grundlage?
Was genau willst du vergleichen? Du hast völlig verschiedene Waffen, gänzlich anderen militärischen Kontext und eine in bestimmten Bereichen immer noch lückenhafte Interpretation.
Worauf soll ein Vergleich also fußen?

Im Moment tut man sich im HF noch schwer, europäische Quellen zu vergleichen, was also versprichst du dir von einem anderen als dem praktischen Vergleich?

Jörg B.
11-07-2011, 21:37
Soooo, und nun machen wir ALLE mal eine Denkpause und meditieren über die Bedeutung des Wortes 'Diskussionskultur'.
Thread geschlossen bis morgen abend. Wenn ich nach der Wiedereröffnung noch einmal so was lesen muss, egal von wem,
gibt es ne Verwarnung.