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Vollständige Version anzeigen : Diplomarbeit Yiquan/ZhanZhuang



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Gast
08-07-2020, 18:08
Mein Frage knüpfte an beniwitt an:

Zitat Zitat von beniwitt:
Die arbeiten wie gesagt mit dem Konzept der trad. chin. Medizin. Die klassische Neidan Tradition hat das ein wenig anders strukturiert. ...
Danach würde mich halt interessieren, wie das neidan der Longmen Schule im Verhältnis zu dem, was er die klassische Neidan Tradition nennt, einzuordnen ist.

Da wäre dann die Frage, was ist trad. chin. Medizin, welcher Bereich, welche Epoche, u.s.w.
Soweit ich weiß gibt es ja DIE traditionelle chinesische Medizin gar nicht, die ist genauso verschiedenen Einflüssen und Philosphien ausgesetzt gewesen, wie alles andere in China.

oxcart
08-07-2020, 18:10
Ich verstehe was ihr meint und denke, dass das Verfolgen einer etablieren Methodik im Schnitt bessere Resultate ergibt als ziellos im Dunkeln zu stochern, aber auf mich als Laien wirkt der Daoismus so als wäre er an sich irgendwie antiauthoritär. Oder halt nicht so formal wie meinetwegen der Konfuzianismus. Laozi scheint auch kein Teil einer nachvollziehbaren Linie gewesen zu sein, wenn er eine historische Person war.

carstenm
08-07-2020, 18:24
Wenn man irgendwann den großen See von Ruhe und Inspiration erlebt, wird es wohl relativ richtig gewesen sein.Danke für deine ausführlichen und intensiven Antworten zu meiner Frage.
Ich weiß sie sehr zu schätzen!
Gleichzeitig fnde ich keinen Zugang zu dem, was du schreibst. Das ist mir manchmal schon so gegangen bei deinen Texten.

Ich vermute, das liegt zum einen daran, daß mein Leben in mir seit jeher weniger "wild" und weniger "unsortiert" ist, als ich es aus deinen Texten lese.
Ich gehe im Grunde Zeit meines Lebens einen spirituellen Weg. Und das hat mich auch in den Katastrophensituationen oder existentiellen Umbrüchen immer hindurch getragen. Auch wenn meine Leben wahrhaftigt allerlei Wendungen und Wellen hatte. Ich treibe in diesem See von Ruhe und Inspiration. Und wenn manchmal ein Welle drüberschwappt, oder ich kurz untergehe, ist doch auch das immer ein Aspekt dieses Treibens in Ruhe. Was auch immer geschen ist, habe ich immer als sinnhaft erleben können. Selbst auch die Erfahrung von Sinnlosigkeit ... und ich habe auch Unglück als Glück erleben können.
Das daoisisch Üben ist in meiner Entwicklung die Fortführung einer Spiritualität, die im Geistigen beheimatet ist, hin zu einer Spiritualität, die konkret im Körper zu Hause ist. Die man üben kann, erleben, fühlen, anfassen. Sehr konkret.

Der zweite Aspekt der mich daran hindert, einen Zugang zu finden, ist deine Einordnung des theoretischen Studierens. Das ist für mich, seit ich ein Kind war, ein konstitutiver Aspekt meiner Persönlichkeit gewesen. Ich studiere, ich lese, ich schreibe. Ich bin von Beruf Geisteswissenschaftler. Und ich mache die Erfahrung, daß es mein Üben weiter bringt. Ganz konkret: Ohne meine theoretische Arbeit wäre mein praktisches Üben von aikidô irgendwann "verendet". So hat es mich schließlich und endlich bis hin zum Üben des nei gong einer daoistischen Schule geführt. Einer Schule interessanerweise, in der auf das theoretische Studium sehr viel Wert gelegt wird. Udn das nun wieder schlägt zurück auf mein Verständnis christlicher Spiritualität, mit dem ich einmal aufgebrochen bin vor vierzig Jahren oder

Darum noch einmal:
Vielen Dank für deine Antwort!
Daß ich sie nicht für mich wirklich "hören" und umsetzen kann, nimmt nichts weg von diesem Dank.

Klaus
08-07-2020, 19:03
Ich denke, da müsste man sich mal konkrekt körperlich treffen, um das tatsächliche Üben und Ergebnis fühlbar zu machen. Und damit meine ich nicht Hauen. :D

Pansapiens
08-07-2020, 21:15
Mach dich doch nicht lächerlich.


das ist schon eine lustige Aufforderung, wenn hinterher so was kommt:



Schreib einfach, welche praktische Ausbildung du in Sachen Körper- oder Biomechanik hast, in welcher Lehrlinie du stehst, und dann kann man sich ein Bild davon machen ob du was davon verstehst und ob du die Kompetenz hast zu Beurteilen, wer nach wieviel Jahren Aikido wieviel Wissen darüber erlangt hat.
Ansonsten bleibst du einfach ein anonymer Troll, der sich wichtig machen will.

Das was ich sage, wird nicht falsch, nur weil mich Leute wie Du oder kanken als "Troll" bezeichnen und es wird nicht richtig, weil ich in irgendeiner Lehrlinie stehe.
Bist Du nicht anonym?
Muss/kann ich Dich kennen?
Oder Deinen Lehrer,, der nach zehn Jahren nicht verstanden hat, was Ueshiba eigentlich machte?


Ich kann die Anfrage von Inryoku nachvollziehen:
Dort, wo ich mich aufgrund meiner eigenen Fachkompetenz und/oder meiner eigenen Erfahrung in der Lage sehe, das zu beurteilen, habe ich dich wiederholt als nicht kompetent erlebt.

Jüngstes Beispiel ist die exegetische Diskussion um Lk 10. Dort wird aus deinen Aussagen klar, daß du kein exegetisches Fachwissen - weder methodisch, noch inhaltlich - besitzt.


Behaupten kann man viel, wenn der Tag lang ist...
Schaun wir mal:
Ich führte die Geschichte vom heiligen Samariter als Beispiel dafür an, dass ein Vorbild für Handeln gemäß einer Lehre, nicht selbst diese Lehre verinnerlicht haben muss:



Der barmherzige Sameriter war auch kein Jude oder Christ.
Dennoch hatte er insofern mit dem Christentum zu tun, dass er in der Geschichte so handelte, wie Jesus meinte, dass man handeln solle.


Dann kamst Du, und um praktisch zu demonstrieren, dass Du kein Interesse mehr am Erbsenzählen und dem "Trennenden" hast, war es Dir wichtig, darauf hin zu weisen, dass Samariter Juden wären.
Ich hab dann, nach einer Weile eingeräumt, dass die mir bekannte Interpretation für Laien sei und zwar für relativ junge Kinder:




Da ist mir vermittelte katholische Auslegung (wohl für Laien) doch lieber.
Da ist der Samariter ein Beispiel dafür, dass es auf die Einstellung und Handlungen ankommt und nicht auf Titel, Autorität, Zugehörigkeit...
Gut, ich war neun oder so...

Und was passiert:
Überraschung: Mir wird erklärt, dass Du in Deinen Ausführungen genau das gleiche behauptet hättest:




Naja, genau das habe ich ja auch als Ergebnis des Lehrgesrpäches formuliert? Schulterzuck.


Und daraus leitest Du nun ab, dass ich, der ich zum gleichen Ergebnis komme wie Du, kein exegetisches Fachwissen besitze.
Da hat aber einer dem Trennenden abgeschworen.... :ironie:

Aber Glückwunsch, Du kommst zwar zu keinen anderen Ergebnis als ein Neunjähriger aber immerhin wissen nun die Leser, dass Du die Bibel im "Original" gelesen hast und einiges mehr.:cool:



Ein älteres Beispiel ist die Diskussion, die mir als "Rollbrett"-Diskussion erinnerlich geblieben ist. Dort war deutlich, daß dir die Fragestellung - die du immerhin selbst aufgeworfen hattest - in der Praxis gar nicht klar war. Daß darüber hinaus, oder vielleicht auch deswegen, deine Argumentation immer wieder klare Gedankenfehler enthalten hat. Und daß schließlich deine Argumentationsstrukturen insofern oberflächlich waren, als sie die eigentlichen biomechanischen Aspekte, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, nicht erfaßt haben.


Ja, behaupten kann man viel, wenn der Tag lang ist....
Komischerweise konnte mir nach meiner Erinnerung nach keiner, auch Du nicht, die angeblichen klaren Gedankenfehler aufzeigen.
Das kannst Du nun gerne im anderen Thread nachholen. :)



Ein drittes Beispiel ist die Nennung von Rokas jetzt im Sinne einer Bezugsgröße für aikidô. Das spricht dafür, daß dir der Unterschied zwischen einem youtube-Phänomen und dem was tatsächlich - und da vor allem in dôjô mit Anbindung an die historische Tradition - gebüt wird, nicht deutlich ist.


Ach, der Rokas ist ein YT-Phänomen und hat nix mit dem zu tun, was tatsächlich geübt wird....

Er behauptet, dass er seit 2004 Aikido trainiert .
Er sei dann 2008 für drei Jahre Uchi-Deshi geworden,
2012 habe er dann seine eigene Schule eröffnet.

https://youtu.be/lAWHpRjeQDE?t=82

Ist das nun ein Lügner, oder ab wann ist man eine "Bezugsgröße für Aikido"?

Gast
08-07-2020, 22:10
Das was ich sage, wird nicht falsch, nur weil mich Leute wie Du oder kanken als "Troll" bezeichnen und es wird nicht richtig, weil ich in irgendeiner Lehrlinie stehe.


Was sagst du denn? Eigentlich doch gar nichts, jedenfalls nichts, was irgendwie einen Inhalt hätte. Ich sehe in deinen Beiträgen vorwiegend das Stochern danach, ob du in einem Beitrag etwas findet, worüber du dann klugsch... kannst, auch wenn du selber keine Ahnung davon hast.
Es gibt kein richtig oder falsch, sondern einfach Haarspalterei und Besserwisserei. Sorry, leider mein Eindruck.

Pansapiens
09-07-2020, 04:57
Was sagst du denn? Eigentlich doch gar nichts, jedenfalls nichts, was irgendwie einen Inhalt hätte. Ich sehe in deinen Beiträgen vorwiegend das Stochern danach, ob du in einem Beitrag etwas findet, worüber du dann klugsch... kannst, auch wenn du selber keine Ahnung davon hast.
Es gibt kein richtig oder falsch, sondern einfach Haarspalterei und Besserwisserei. Sorry, leider mein Eindruck.

Natürlich gibt es ein richtig oder falsch.
Ich sage, zu Eistee:



Entsprechende Diskussionen mit langjährigen Aikidoka über einfache (Bio)Mechanik und prominente Beispiele wie Rokas Leonavicius lassen mich daran zweifeln, dass jahrelanges Aikidotraining hinreichend ist, Wissen über Körpermechanik zu erlangen.

Das ist nun mein Eindruck.
Anstatt mich nun zu fragen, was an der Diskussion mit Dir oder an dem Auftritt des Herrn Leonavicius meine Zweifel erweckt, fragst Du mich, woher ich die Qualifikation hätte, die mich zum Zweifeln befähigt.

Ich war mal bei einem Taijilehrer in einer Probestunde. Dafür musste ich sogar Geld bezahlen.
Der hat sich unter anderem auf ein Bein gestellt, den Arm nach oben in die Luft gestreckt und behauptet, niemand könnte ihn (durch Einwirkung auf den Arm) umwerfen.
Da hab ich es doch gewagt, zu zweifeln.
Also drückte ich senkrecht gegen seinen Arm, so wie IMO ein geistig gesunder Mensch einen anderen Menschen versuchen würde, an einem nach oben gestreckten Arm um zu werfen.
Er hat dann mit dem Arm nachgegeben und gesagt, ich solle doch nach unten drücken, also die Kraft längs des Armes wirken lassen.
Also so, wie IMO kein geistig gesunder Mensch versuchen würde, einen anderen um zu werfen.
Damals hab ich mir nur gedacht "WTF?"
Als nächstes hat er erzählt, dass irgendein bekannter starker Mann es nicht geschafft hätte sein Handgelenk festzuhalten und er würde die Handgelenksbefreiung nun auf dreierlei Art demonstrieren.
Erstens "mit Kraft" => er hat dann sein Handgelenk mit Ruck aus dem Griff gezogen.
Zweitens "mit Technik" => er hat dann über den Daumen raugehebelt.
So weit so gut.
Dann kam die dritte Methode:
"mit Qi" :cool:
Er hat dann sein Handgelenk so bewegt, dass meines in eine Beugestellung kam.
Da bin ich einfach mitgegangen und hab mein Handgelenk wieder in eine zum Greifen vorteilhaftere Position gebracht und plötzlich hat sein "Qi" irgendwie nicht mehr gewirkt.
Naja, ich bin in RL ein höflicher Mensch, aber angesichts dieser und anderer Demonstrationen "tieferen Wissens" hab ich dann doch gefragt, woran man im Bereich des Taijiquan erkennen könne, ob man einen Scharlatan vor sich habe.
Ich weiß jetzt nicht, wie ich reagiert hätte, wenn er mich darauf hin gefragt hätte, woher meine Qualifikation käme, die mich des Zweifelns befähigt...

Pansapiens
09-07-2020, 05:46
Ich meine damit nicht die Abwesenheit höherer Gedanken, eher die Nichtidentifikation damit bzw. die Kultivierung einer davon unabhängigen Perspektive. Angenommen das ist so überhaupt möglich.



Da können IMO praktische "Erfahrungen" mehr helfen, als bloßes darüber Nachdenken oder das Lesen von irgendwelchen Geschichten.
Mit Erfahrungen meine ich durchaus Erfahrungen durch Übungen, die die gleiche Welt in einem anderen Licht erscheinen lassen.



Wahrscheinlich braucht es den Mangel als Kontrast, um manche Dinge richtig wertzuschätzen, was dann so mancher Idealvorstellung widerstrebt


War das nicht der Ansatz von Epikur?
Ja, ich habe für mich festgestellt, dass Einkaufen wieder langweiliger geworden ist, nachdem es fast alles wieder leicht verfügbar gibt.




So ungefähr, ich meine das nicht im soziopathischen Sinn.

Ich auch nicht, sondern eher im Sinne von "Sekundärleiden".
Ich meine, das war im Rahmen von Psychotherapie der Begriff für das Leiden an der Vorstellung, dass der eigene Zustand nicht normal sei oder doch anders sein solle.
Der Psychiater hat den Bierduscher zwar nicht zu einer Handlungsänderung bewegt, aber ihn von seiner kognitiven Dissonanz befreit.
Es gibt da den Spruch: "Schmerzen sind unvermeidlich, Leiden ist optional".
Ein spiritueller Materialist wird nun eventuell versuchen, durch Üben irgendwelche Superkräfte zu erlangen, die ihn von den Schmerzen befreien, unsterblich machen oder ihm das zu verschaffen, was er meint, was zu seinem Glück fehlt.
Ich glaube, Watzlawick nennt so was "mehr desselben" und Einstein wird das Zitat zugeschrieben:
"Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."
Dazu passt dann Dein Zitat von weiter vorne:




Alan Watts ist nur Pop-Philosophie, aber ich fand eine seiner Interpretationen bezüglich Zen interessant, wo wer meinte an sich wäre der Weg nur der Versuch Narren unter die Arme zu greifen und deren Torheit bis ins Absurde zu treiben, bis diese schliesslich weise werden würden. Das eigentliche Aha-Erlebnis ist dann wohl eher die Erkenntnis der eigenen Eselei und weniger das Erlangen dessen was man ursprünglich meinte zu suchen.

Gast
09-07-2020, 06:15
.

Ich war mal bei einem Taijilehrer in einer Probestunde


Interessant wie du deine Schlussfolgerungen aufbaust, da erübrigt sich doch alles weitere.
Wie du deine Qualifikationen erlangst, verstehe ich jetzt auch besser, vielen Dank.

carstenm
09-07-2020, 07:52
... gelöscht ...

Pansapiens
09-07-2020, 20:35
Interessant wie du deine Schlussfolgerungen aufbaust, da erübrigt sich doch alles weitere.


Ach?
Wie baue ich denn meine Schlussfolgerungen Deiner Meinung nach auf?


I
Wie du deine Qualifikationen erlangst, verstehe ich jetzt auch besser, vielen Dank.

Was meinst Du denn nun schon wieder zu verstehen?
Wie erlange ich denn - Deiner Meinung nach - meine Qualifikationen?

Klaus
09-07-2020, 20:38
Irgendwie verstehe ich den Sinn dieses Kleinkriegs nicht.

Macabre
09-07-2020, 20:49
Endlosschleife.... :)

DatOlli
10-07-2020, 07:11
Irgendwie verstehe ich den Sinn dieses Kleinkriegs nicht.

Sinn ?
Schade um den bisher eigentlich interessanten Faden.

Liebe Grüße
DatOlli

oxcart
10-07-2020, 08:30
Gibt es im Daoismus eigentlich so etwas wie ein Leben nach dem Tod?

kanken
10-07-2020, 08:38
Jupp, Geister.

oxcart
10-07-2020, 09:49
Ah, ok. Kann man das in den Bezug zu dem setzen was ihr vorher über Beschwörungen gesagt habt?

Klaus
10-07-2020, 10:04
Klar, du kannst die Geister von Ahnen beschwören, indem du eine Fuhre Salz über die linke Schulter wirfst, und an einer Wegkreuzung ein totes Schaf vergräbst. Wenn du daran glaubst, passiert das auch wirklich.

Andere Frage, was ist ein Xian, und, wieso nicht.

carstenm
10-07-2020, 10:16
Gibt es im Daoismus eigentlich so etwas wie ein Leben nach dem Tod?In der Linie, in der ich übe gibt es eine ausdifferenzierte Seelenlehre (Lehre mit h!).
Dort ist dann auch die Rede von Aspekten der Seele, die nach dem Tod weiterhin existieren.

Es gibt, soweit ich weiß, auch daoistische Traditionen, in denen das "Herstellen" solcher nach dem Tod unabhängig vom Körper weiterlebender Aspekte eines der Ziele von neidan ist.

carstenm
10-07-2020, 10:22
Andere Frage, was ist ein Xian ...Das kommt erschwerend hinzu.
Erschwerend insofern, als es mit der buddhistischen Lehre nicht einfach so zu verbinden ist.

oxcart
10-07-2020, 10:58
In der Linie, in der ich übe gibt es eine ausdifferenzierte Seelenlehre (Lehre mit h!).
Dort ist dann auch die Rede von Aspekten der Seele, die nach dem Tod weiterhin existieren.

Es gibt, soweit ich weiß, auch daoistische Traditionen, in denen das "Herstellen" solcher nach dem Tod unabhängig vom Körper weiterlebender Aspekte eines der Ziele von neidan ist.

Das erinnert mich so ein bisschen an so ein Buch, das sich mal gelesen habe. Oberflächlich ging es da erstmal nur um die Kampfkunst-Geschichte, aber der Autor machte dann den Bogen in Richtung chinesischer Mysterienkulte, wo die Kampfkunst vorgeblich nur Lehrmittel zur schrittweisen Einweihung durch einen Meister gedacht war. Später dann ging er auf das Seelenleben ein und meinte wir würden uns unsere Eltern bzw. Leben im Bezug auf zu lernende Lektionen aussuchen und ich meine dabei war auch die Rede von mehreren Teilseelen. Angeblich sind dann immer noch Meister unterwegs die Leute mehr oder weniger im Geheimen aufwecken. Das ist jedenfalls das was bei mir hängen geblieben ist.

Übrigens sagt *********** was ähnliches, im Bezug auf Seelenfragmente. Meine im Bezug darauf, dass die "Ahnen" oder was auch immer sich Menschen teilweise bemächtigen und dann ihre Laster ausleben. Naja, *********** halt.

Klaus
10-07-2020, 11:01
Ich habe mich zu einer längeren Erörterung hinreissen lassen, möchte die aber verkürzen.

Punkt eins: es gibt KEIN "Ding" das man "bauen" kann, das vorher nicht da war, und einem geheime Kräfte und Unsterblichkeit gibt. Das was es gibt ist schon da, man aktiviert es, lernt sich mehr darauf einzulassen, darauf zu hören, sich leiten zu lassen. Wie Carsten schon sagte, man tut etwas, und dann passiert etwas, ohne "Erklärung" oder formale Bestätigung. Es passiert, und man selbst merkt es. Man wird auch keine 800, sondern vielleicht 100. Oder ein bisschen mehr, oder weniger, in einem weniger maladen Zustand. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die geheimen Kräfte gibt es auch, die waren aber auch schon da, jeder hat sie, man braucht keine Zahlen-, Wort- oder Zeichenmagie dafür, nur die Bereitschaft sich darauf einzulassen, und die Grenzen zu akzeptieren. "Das" macht nicht alles mit was es könnte, sondern schaltet einfach wieder ab wenn man es nicht hinnimmt kein Supermagier zu sein der alles darf was er will. Sad. Man kann sich natürlich zuballern mit Phrasen die einem das Gegenteil einhämmern, davon wird man aber leider nur krank. Been there, done that. Der Rückweg ist LANG, den sollte man eher vermeiden.

Punkt zwei: man "wird" nicht seelisch unsterblich, es ist jeder. Jedes Tier, jeder Wurm, jede Pflanze. Die Welt ist heute genauso wie zu Newtons Zeiten, er wusste es nur nicht. Das ist auch nicht abhängig davon welche Folklore man glaubt. Es gab Daoisten die Symbologie, Umschläge, Riten usw. benutzt haben weil die Leute um sie herum an sie geglaubt haben, weil es einfacher war als langwierige Erklärungen. Die Leute haben sich besser gefühlt, das reichte. Die "echte" Unsterblichkeit liegt darin, dass man sich erinnert wie man einen Baum fällt ohne es je gemacht zu haben. Die Gefühle der Erinnerung an eine gute Familie zu bekommen, obwohl die aktuelle nur aus kranken A***geigen besteht. So wie der Dalai Lama sich erinnert, nur weniger pompös, formal. Man könnte dazu mal den Bee Daoist fragen, der redet aber gerne in blumigen Formulierungen.

T. Stoeppler
10-07-2020, 11:11
Soo.. um dem Ganzen ein bischen Form zu geben, würde ich die Beteiligten bitten, sich mit der Ursprungsfrage bzw wenn dann mit der grundlegenden Thematik zu befassen.

Alles was sich deutlich davon entfernt werde ich dann rauswerfen.

->Back on Topic!

Gruss, Thomas

kanken
10-07-2020, 12:13
Dort ist dann auch die Rede von Aspekten der Seele, die nach dem Tod weiterhin existieren.

Es gibt, soweit ich weiß, auch daoistische Traditionen, in denen das "Herstellen" solcher nach dem Tod unabhängig vom Körper weiterlebender Aspekte eines der Ziele von neidan ist.

Diese Dinge gehören ja zum Yiquan dazu, von daher ist es absolut nicht OT, ebenso die Kombination von Daoismus und Buddhismus. WXZ hat die Lehren der TCMA halt nur in „moderne“ Worte gepackt, die zu Grunde liegenden Prinzipien bleiben erhalten.

Verschiedene Aspekte der Seele, die nach dem Tod die Lebenden begleiten (positiv wie negativ), gehörten zum absoluten religiösen Grundverständnis im damaligen China. Das Jenseits war nach dem Vorbild des Diesseits strikt „durchorganisiert“.

Das Bagua Zhang ist voll von Beschwörungsriten, Talismane etc.und all diese Dinge haben ganz konkrete Ziele und auch Effekte auf den Körper und Geist (und NEIN, keine Dämonen, Geister, etc.). Das sind intrapersonelle Vorgänge, die man am ehesten mit Psychotherapie vergleichen kann, so wie viele frühere Religionen. Aus genau diesem Grund sollte man mit diesen Dingen nicht rumspielen wenn man keine Ahnung hat was man da macht und vor allem sollte man damit nicht rumspielen wenn man keinen Lehrer hat der einem diese Dinge gescheit beibringt.
Klaus hat ja schon geschrieben dass ihm dieses Zeug psychisch nicht gutgetan hat.
Die Psyche ist nichts zum „ausprobieren“. Wenn man damit spielt, dann nur unter Anleitung von jemandem der sich damit auskennt.

Der Buddhismus wird deswegen interessant da er sich noch einmal mehr mit dem Geist und Verstand befasst. Wenn man diese Tür aufstößt dann begibt man sich in das Kaninchenloch der Wahrnehmung der Realität und der Frage nach dem Bewusstsein. An dieser Stelle ergänzen sich Buddhismus und Daoismus sehr gut, man muss jedoch wissen wo man die „Geister“ da einordnen muss.

Auf der Basisarbeit des Yiquan ist das jedoch erst einmal nicht von Interesse, da werden ja nur Grundlagen gelegt und man schärft die Verbindung von Körper und Verstand/Geist.

Chester
10-07-2020, 15:28
Om shanti...

oxcart
10-07-2020, 17:37
Naja, wenn man sich schon entscheidet einen authentischen Weg aus einer etablierten Linie zu gehen, dann kann man sich das vielleicht nicht so aussuchen. Ich glaube jetzt auch nicht, dass der Kanken Geister beschwört, aber das Wissen darum wird wohl dazu gehören. Es geht sicherlich auch darum den kulturellen Rahmen bzw. die jeweilige Weltanschauung zu verstehen, oder eben Aspekte/Mechanismen der eigenen Person. Das zeremonielle Brimborium scheint imho dazu da zu sein um das Unterbewusstsein für bestimmte Effekte zu laden. Jedenfalls interpretiere Sachen wie das I-Ging so für mich, wo der Orakelspruch umso passender wird desto ernster mir die Frage ist und umso mehr Aufwand ich um die Fragestellung treibe. Dabei haben die Texte dann genug Interpretationsspielraum um dem eigenen Unterbewusstsein zu ermöglichen sich auszudrücken.

Ansonsten glaube ich, dass der eigene Körper schon über gewisse Alarmsignale verfügt, die anspringen wenn man sich in Gefahr begibt. Nur muss man dann auch darauf hören und sagen gut ist, anstatt total blöde immer weiter zu machen. Wobei es schon Sinn macht von einer kompetenten Person begleitet zu werden, wenn man unbedingt auf solche Erfahrungen bestehen möchte (schon alleine wegen Set und Setting). Ich habe zum Beispiel früher mit außerkörperlichen Erfahrungen herum gespielt und da gibt es definitiv eine Schwelle, die man ganz bewusst übertreten muss. Audiovisuelle Halluzinationen, ein unangenehmes Zwicken, weiße Blitze wie ein Stroboskop, eine Schwere des Körpers, oder wo der Puls dann auf einmal ohne Grund auf 150 geht obwohl man sich zwei Stunden nicht bewegt hat.

Was mir persönlich geholfen hat war, dass ich eben nicht dachte es wäre irgendwas übersinnliches, sondern nur ein anderer Aspekt der Traumdynamik. Also nicht von wegen die Schwere auf meiner Brust ist jetzt ein Dämon, der gerade darauf sitzt. Trotzdem wurde mir das dann irgendwann zu viel und mein Unterbewusstsein hat gesagt, es reicht jetzt und seit dem kann ich es auch nicht mehr. Ich will eigentlich auch nur sagen, dass sich manche Menschen da sicherlich in Wahnideen verrennen können.

Gürteltier
11-07-2020, 00:03
Das heißt, da ist weder sprachkundiges noch ein praxiskundiges Personal zu erwarten.
Ähnlich wie (in der Regel) bei den Sportwissenschaftler und Psychologen.


Wie is'n das genau bei denen ?


Wurde statistisch und testtheoretisch ziemlich durchgebügelt :

Das Gürteltier

Gast
11-07-2020, 06:06
Wie is'n das genau bei denen ?


Wurde statistisch und testtheoretisch ziemlich durchgebügelt :

Das Gürteltier

Was bzw. wen meinst du jetzt?
Ich wüsste nicht, dass es für eine universitäre Laufbahn in den Bereichen Sportwissenschaften, Psychologie oder Soziologie im Allgemeinen irgendwie relevant ist, ob man Japanisch/Chinesisch sprechen/lesen kann, oder ob man sich in einer Kampfkunst ausgezeichnet hat.

Pansapiens
11-07-2020, 06:49
Irgendwie verstehe ich den Sinn dieses Kleinkriegs nicht.

Von meiner Seite aus:
Eine Ecke dieser Welt erhellen.
Alternative Fakten hinterfragen, falsche Vorstellungen richtig stellen, Unterstellungen entgegen treten.
Das ist natürlich nicht in jedermenschens Sinn und dann gibt es Konflikte.
Du neigst ja auch dazu, Leute, die Deine apodiktischen Aussagen anzweifeln, widersprechen oder sie widerlegen, als geistesgestört oder Trolle zu bezeichnen.


Gibt es im Daoismus eigentlich so etwas wie ein Leben nach dem Tod?

wenn ich mich recht erinnere, werden die unterschiedlichen diesbezüglichen Vorstellungen verschiedener Strömungen in diesem Werk angesprochen, zumindest daoistische und buddhistische gegenübergestellt:

Qi - Lebenskraftkonzepte in China: Definitionen, Theorien und Grundlagen (https://www.amazon.de/Qi-Lebenskraftkonzepte-Definitionen-Theorien-Grundlagen/dp/383047105X)

Wenn ich mich recht erinnere, eher nicht im Sinne einer körperlichen Auferstehung, einer unsterblichen Seele oder eines Bewustseinsstroms, sondern - zumindest teilweise - durchaus auch in einer zerstreuten Reinkarnation, also auf mehrere Einzelwesen verteilt.
Daoisten streben ja teilweise nach Unsterblichkeit und manche meinen das wörtlich. Im Buddhismus geht es eigentlich um das Entkommen aus dem - als leidhaft empfundenen - Kreislauf der Wiedergeburten.


Shengtai (chinesisch 聖胎 / 圣胎, Pinyin shèngtāi) bedeutet wörtlich Heiliger Embryo und bezeichnet im chinesischen Daoismus das eigentliche Ziel der inneren Alchemie (Neidan), die Heranbildung eines reinen Körpers innerhalb des physischen Körpers durch fortgesetzte Meditations- und Sublimationstechniken. Dabei wird der Körper des Adepten mit dem Kessel der äußeren Alchemisten (Waidan) verglichen. In ihm werden die drei Weltsubstanzen oder Lebenskräfte Jing (精, jīng – „Essenz, Körper“), Qi (氣 / 气, jīng – „Lebensenergie, Seele“) und Shen (神, shén – „Geist“), welche den chemischen Substanzen des Waidan entsprechen, fortwährend erzeugt, aufgefangen, umgewälzt und zurückgeführt, bis sich der Geist (Shen) zum Heiligen Embryo verdichtet hat. Dieser Embryo muss sodann ständig genährt und gefördert werden. Schließlich dehnt er sich aus und bildet eine Einheit mit dem Körper des Übenden.[1] Die umfangreich beschriebenen Meditationsübungen gleichen in vielen Teilen denen der indischen Alchemie.[2]

Der so entstandene neue Mensch oder Heilige Embryo wird von den Daoisten auch als „Goldene Blüte“ bezeichnet, als Getreidekorn, Perle und schließlich als Perlenkind. Der Heilige Embryo gilt als die „unsterbliche Seele“, die auch den physischen Tod des Adepten übersteht und als reiner Körper die sterbliche Hülle verlassen wird. Der Übende ist dann zum Hsien (仙, xiān, hsien), zum Unsterblichen geworden

Eine sekundäre Entsprechung stellt der Goldmensch (Chrysanthropos) des Zosimus von Alexandria dar und die anderen „Menschlein“ (Homunculus) in den Retorten der abendländischen Alchemisten. Die Erscheinung des Homunculus wurde hier häufig nicht als Ziel, sondern nur als Nebenprodukt (Parergon) der Laborarbeiten verstanden. Denn jene, die nicht das „philosophische“, sondern nur das vulgäre Gold suchten, waren wie die chinesischen Anhänger des Waidan, nicht primär auf Erleuchtung und geistig-persönliche Vollendung aus, sondern auf Herstellung einer konkreten, Gewinn und Vorteil verschaffenden Medizin (Elixier), Wandlungssubstanz (Stein der Weisen) oder Droge der Unsterblichkeit (Changsheng Busiyao, 長生不死藥 / 长生不死药, chángshēng bùsǐyào – „Lebenselixier“).


Die Anhänger der äußeren Alchemie haben ja teilweise Quecksilber gesoffen.
Prominentes Beispiel: der erste chinesische Kaiser:


Die gescheiterten Attentate schürten in Qin Shihuangdi große Furcht vor dem Tod. Er vertrat die Ansicht, dass auch der Tod besiegbar sei und ihm das Anrecht zukäme, die Unsterblichkeit zu erlangen. Auf einer seiner Inspektionsreisen hörte der Kaiser im Jahre 219 v. Chr. auf der Halbinsel Shandong zum ersten Mal von den legendären „Inseln der Unsterblichkeit“ (Penglai-Inseln). Umgehend rüstete er eine gut 3.000 Mann starke Schiffsexpedition unter der Leitung des von der Zhifu-Insel stammenden Weisen Xu Fu aus, die ihm das Elixier des Lebens beschaffen sollte. Als Tauschobjekte für die Bewohner wurden Saatgut und Werkzeuge mitgeführt. Die Expedition kehrte nie wieder zurück – vermutlich auch im Wissen, bei einer Rückkehr ohne das Elixier hingerichtet zu werden. Nach einer Legende, die aber als unhistorisch gilt, soll diese Truppe in Japan gelandet sein und das japanische Kaisertum begründet haben.

Der Herrscher hörte nun immer häufiger Schamanen und Alchemisten an und gab Unsummen an Staatsgeldern aus, um ihren Ratschlägen zu folgen. Die so genannten Heiler rieten ihm, von ihnen hergestellte quecksilberhaltige Mittel einzunehmen, um den Tod zu überwinden und unsterblich zu werden.

Der Wunsch nach Unsterblichkeit ist natürlich Ausdruck einer starken Anhaftung an die eigene Person und nicht nur des Greifens nach Existenz, sondern nach einer speziellen Existenz und steht im Widerspruch zur Akzeptanz des Wandels und der grundsätzlichen Leerheit der Erscheinungen.
Auch ein Kaiser stirbt und fängt an zu verwesen, wenn man ihn nicht kühlt oder konserviert:


Es kam anders. Am nächsten Morgen fühlte sich seine Majestät malad. Jäh ergriff ihn der ewige Schlaf. Der Chef-Eunuch Zhao Gao verheimlichte den Vorfall und raste mit den Prunkgespannen heimwärts. Er wollte zu Hause die Thronfolge auskungeln. Weil der Leichnam zu stinken anfing, hängte er ein Bündel mit Fischen vor die Kutsche des Kaisers.

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-22078620.html

Chester
11-07-2020, 07:16
Meine Katze hegt sicherlich keinerlei solcher Ziele und sieht sehr zufrieden aus.

Pansapiens
11-07-2020, 07:53
Meine Katze hegt sicherlich keinerlei solcher Ziele und sieht sehr zufrieden aus.

Ich hab schon sehr unzufriedene Katzen erlebt...
Aber natürlich: Unterstellt, dass Katzen eher in der Gegenwart leben und keine Vorstellung von Zukunft oder eine Theorie des Geistes haben, leiden die nur unmittelbar (Hunger, Durst, Schmerz (Todes-)Angst) und nicht an Vorstellungen über die Möglichkeit der eigenen Nichtexistenz, narzisstischen Kränkungen, Scham, Schuld...
Das sind die Früchte höherer kognitiver Fähigkeiten, eines Ichbewusstseins, der Möglichkeit, sich in andere hinein zu versetzen....
Ich hab mir auch schon überlegt, ob mir Zufriedenheit und Glück den Verlust dieser Fähigkeiten Wert wäre....
Die Antwort war und ist: Nein!

Aus buddhistischer Sicht ist die menschliche Existenzform die wertvollste. Aber nicht im Sinne, die fest zu halten, sondern im Sinne, dass sie die Möglichkeit bietet, die Ursachen des Leids zu erkennen und auch noch genug zu leiden, um die Motivation zu entwickeln, diese zu überwinden.

Aber was wissen wir über Katzen, Fische oder Kühe?


Die Freude der Fische

Dschuang Dsï ging einst mit Hui Dsï spazieren am Ufer eines Flusses.
Dschuang Dsï sprach: »Wie lustig die Forellen aus dem Wasser herausspringen! Das ist die Freude der Fische.«
Hui Dsï sprach: »Ihr seid kein Fisch, wie wollt Ihr denn die Freude der Fische kennen?«
Dschuang Dsï sprach: »Ihr seid nicht ich, wie könnt Ihr da wissen, daß ich die Freude der Fische nicht kenne?«
Hui Dsï sprach: »Ich bin nicht Ihr, so kann ich Euch allerdings nicht erkennen. Nun seid Ihr aber sicher kein Fisch, und so ist es klar, daß Ihr nicht die Freude der Fische kennt.«
Dschuang Dsï sprach: »Bitte laßt uns zum Ausgangspunkt zurückkehren! Ihr habt gesagt: Wie könnt Ihr denn die Freude der Fische erkennen? Dabei wußtet Ihr ganz gut, daß ich sie kenne, und fragtet mich dennoch. Ich erkenne die Freude der Fische aus meiner Freude beim Wandern am Fluß.«

:idea:

https://i.pinimg.com/474x/7c/89/d8/7c89d805c86a1a7c49f5737f9c8dd47e--far-side-cartoons-funny-cartoons.jpg

Pansapiens
11-07-2020, 09:45
Eventuell interessant in Bezug auf die Wuji-Diskussion von der in der Signatur von KI-MAN verlinkten Website:


wir müssen im Grunde gar nichts tun. Im Gegenteil. Durch „Nicht-tun“ erreichen wir oft sehr viel mehr, als durch aktives Handeln. Was nicht bedeutet, dass wir nicht mehr handeln sollen! „Nicht-tun“ bedeutet nicht nichts tun. Nicht-tun bedeutet vielmehr, einem Impuls zu folgen, der sich aus dem Nichts heraus ergibt. Durch das Weglassen im „Nicht-Tun“ wird der Raum für unsere natürliche Präsenz geöffnet. Die Präsenz „handelt“ durch uns.

das scheint mir geeignet die vermeintliche Kluft zwischen der Übersetzung "Nichthandeln" und "Die Leere wirken lassen" zu überbrücken, wenn man über den Unterschied zwischen "Nichts" und "Leere" hinwegsieht.

Klaus
11-07-2020, 10:26
Die Probleme die ich mir in den 80ern gemacht habe hatten nichts mit Daoismus zu tun, im Gegenteil. Das ist entstanden als ich mich davon entfernt habe, damals gab es ja so schöne andere Sekten und esoterisches Gequassel was man alles kann wenn man nur will. Auch mit ganz vielen Büchern. Und es hatte mit Beziehungsgefühlen zu tun, und den Manipulationen die entstehen wenn man solchen Kram glaubt wie "man muss nur GENUG lieben, dann ...". Selbsthypnose funktioniert, aber leider nur in dem Sinne dass man sein eigenes Denken, Empfinden und Wissen belügen und zerlegen kann. Nach Aussen hat das genau gar keine Wirkung, ausser dass man in solchen ekstatischen Zuständen vielleicht mehr draufhaut oder furchtlos ins Feuer rennt als man das mit intakten Hemmungen tut. Mit Talisman in der Tasche baue ich vielleicht meine Hemmungen ab, der wirkt auf andere aber mechanisch überhaupt nicht. Brechen die nicht in sich zusammen beim Anblick eines völlig Enthemmten sondern nieten den sachlich um, wirkt es nicht mal indirekt. Das sind Mechanismen auf die ich weder zurückgreifen möchte, noch für besonders sinnvoll erachte. Gut, in einem Angriffskrieg macht das "Sinn", emotional eher nicht so. Ich sehe den Sinn im Umgang mit extremen Traumata um kurzfristig ein Problem zu umgehen, oder wenn man keine Zeit hat Leute langwierig mit langsamen Methoden von innen heraus zu ändern. Als tolle "daoistische Lebenspflege" für einen selbst ist das Unsinn, gefährlicher Unsinn, ein Relikt aus einer Zeit vor 3000 Jahren als die Welt eine Schildkröte war, und die Ahnengeister beim Skat gute oder böse Flüche gewebt haben. Natürlich "wirkt" das über Mechanismen auf einen selbst, aber nicht im gesunden Sinn. Die gleichen Mechanismen kann man auch für etwas Gutes einsetzen, indem man sie ihrem Sinn gemäss einsetzt. Und nicht für Machtphantasien.

Mit den Mitteln meiner Richtung daoistischer Praktiken bin ich da wieder rausgekommen, nämlich damit sich der Wahrheit so wie sie ist auszusetzen. Die Wahrheit aus dem eigenen Inneren, aus einem Sinn der weiss was man sich eingebildet hat weil man keine andere Hilfe hatte. Und was nicht. Wenn einen jemand nicht liebt, dann ist das so. Wenn man drei Tonnen in seinem Kopf an den Gedanken hängt "aber wenn ...", kann man davon nicht mehr runter, wahr wird es davon nicht. Das ist eine Methodik die etwas mehr Zeit erfordert. Ich überlasse es jedem selbst zu entscheiden ob er das machen möchte, merke aber an dass diese Mischung aus Folklore, Aberglauben und eventuell nicht universell erprobten Praktiken nicht der "wahre" Daoismus ist. Warnung ausgesprochen, jeder selbst schuld der das trotzdem macht. An dem Punkt wäre das Studium der bekannten originalen Schriften möglicherweise wirklich eine Hilfe, weil ich so das Gefühl habe, dass die von ihrer Stoßrichtung her sich von Aberglauben, Flüchen und Selbstmalträtierung irgendwie absetzen. Da kommen glaube ich auch eher keine roten Umschläge oder in irgendwas eingetauchte Ringe vor, von dem man nicht wirklich wissen möchte was es ist.

T. Stoeppler
11-07-2020, 12:26
Für Spirituelle Themen gibt's ein eigenes Subforum. Bitte dort weiter machen. Wenn hier der Bogen zum Threadthema nicht kommt, kann das hier geschlossen werden.

@Panasapiens
Bitte bleib einfach beim Thema. Es wäre für alle Beteiligten einfacher, Wenn du einen Post ohne Haarspaltereien/Zankereien und wall-of-text dafür aber mit wenigen Sätzen eine klare Aussage treffend verfassen würdest.

Gruß Thomas

Pansapiens
11-07-2020, 13:28
@Panasapiens
Bitte bleib einfach beim Thema. Es wäre für alle Beteiligten einfacher, Wenn du einen Post ohne Haarspaltereien/Zankereien und wall-of-text dafür aber mit wenigen Sätzen eine klare Aussage treffend verfassen würdest.


Dein Wunsch ist mir Befehl.
Thema ist die Diplomarbeit.
Fangen wir also vorne an.
Bei dem Titel:


[COLOR="#0000CD"]Zhanzhuang gong:
Stehen zwischen Himmel und Erde in der Kampfkunst
Eine autoethnographische Forschung zur Yiquan Praxis

Es geht in der Diplomarbeit offensichtlich um Zhangzhuan gong, also die Stehenden Säule und das in Bezug auf Kampfkunst.
Das ganze ist ein autoenthnographischer Ansatz, es geht also mehr um das persönliche Erleben, als um "richtig oder falsch".

gast
12-07-2020, 14:40
Eventuell interessant in Bezug auf die Wuji-Diskussion von der in der Signatur von KI-MAN verlinkten Website:


wir müssen im Grunde gar nichts tun. Im Gegenteil. Durch „Nicht-tun“ erreichen wir oft sehr viel mehr, als durch aktives Handeln. Was nicht bedeutet, dass wir nicht mehr handeln sollen! „Nicht-tun“ bedeutet nicht nichts tun. Nicht-tun bedeutet vielmehr, einem Impuls zu folgen, der sich aus dem Nichts heraus ergibt. Durch das Weglassen im „Nicht-Tun“ wird der Raum für unsere natürliche Präsenz geöffnet. Die Präsenz „handelt“ durch uns.

das scheint mir geeignet die vermeintliche Kluft zwischen der Übersetzung "Nichthandeln" und "Die Leere wirken lassen" zu überbrücken, wenn man über den Unterschied zwischen "Nichts" und "Leere" hinwegsieht.

"Durch das Weglassen....."

'wu' ist nicht gleich 'bu'. 'wu' heisst 'ohne' und nicht 'nicht'. Wuwei meint 'ohne tun' und meint damit eine bestimmte Art von tun wegzulassen. Das ist nicht dasselbe wie 'nicht tun'. Über beide Formen von tun schreibt das Daodejing sehr klar und gibt viele Beispiele. Lässt eigentlich keinen Zweifel daran offen was damit gemeint ist.

Pansapiens
12-07-2020, 21:38
"Durch das Weglassen....."

'wu' ist nicht gleich 'bu'. 'wu' heisst 'ohne' und nicht 'nicht'. Wuwei meint 'ohne tun' und meint damit eine bestimmte Art von tun wegzulassen. Das ist nicht dasselbe wie 'nicht tun'. Über beide Formen von tun schreibt das Daodejing sehr klar und gibt viele Beispiele. Lässt eigentlich keinen Zweifel daran offen was damit gemeint ist.

Aha, was willst Du nun damit sagen?
Stimmst Du dem Zitat in der Aussage zu oder siehst Du da in dem, was gemeint ist, einen Unterschied zwischen Deiner Aussage und der Aussage in dem Zitat?
Oder willst Du hier Haare spalten und künstliche Unterschiede aufbauen, wie es mir von anderen Usern inklusive Moderatoren fälschlicherweise unterstellt wird?

Pansapiens
12-07-2020, 22:20
Okay, weiter in der Diplomarbeit.

Auf Seite 38 geht es schließlich los mit dem Thema stehende Säule.
Sie sieht Paralellen zur Sitzmeditation des Zen.
So gibt es wohl in beiden Übungstraditionen einfache Formen ohne Meditationsobjekt:


Es gibt Parallelen zwischen Aspekten der Praxis des Stehens im Yiquan
und dem zazen, dem Sitzen der Zen Traditionen. In der Zen Tradition wird
das einfache Sitzen ohne Meditationsobjekt mit dem Begriff shikantaza
bezeichnet. Hunyuan zhuang ist der Form nach die äquivalente Bezeichnung im zhanzhuang. Es bezeichnet ’einfaches Stehen’ - ohne Ausrichtung auf spezielle Techniken wie bspw. den bereits erwähnten Qualitäten:
Sinken - Steigen, Öffnen - Schließen.

Klaus
12-07-2020, 23:24
Uiuiui, Pansi auf dem Warpath. :)

An sich kann man, bei aller Vieldeutigkeit, dem Zitat zustimmen. Wobei ich die Gemütszustände "nichts tun weil es nichts zu tun gibt", und "nicht agieren weil etwas in einem 'irgendwie' emotional agiert, oder weil man jemanden auf eine Aktion mit der Reaktion 'keine Reaktion' konfrontiert, wobei man fragende Emotion einsetzen könnte" erlebt habe. Das "Nichts" ist aber auch nicht Nichts. Entweder ich appliziere das Nichts, dann kommen die Dinge aus mir. Oder ich appliziere eine mit dem Dao (oder "was anderem") verbundene Absenz von Reaktionen, und spiele Durchreiche, dann kommen diese Aktionen aus dieser "Dunkelheit". Die Dunkelheit ist nicht leer. Man sieht nur nichts.

Pansapiens
13-07-2020, 06:45
An sich kann man, bei aller Vieldeutigkeit, dem Zitat zustimmen. Wobei ich die Gemütszustände "nichts tun weil es nichts zu tun gibt", und "nicht agieren weil etwas in einem 'irgendwie' emotional agiert, oder weil man jemanden auf eine Aktion mit der Reaktion 'keine Reaktion' konfrontiert, wobei man fragende Emotion einsetzen könnte" erlebt habe. Das "Nichts" ist aber auch nicht Nichts. Entweder ich appliziere das Nichts, dann kommen die Dinge aus mir. Oder ich appliziere eine mit dem Dao (oder "was anderem") verbundene Absenz von Reaktionen, und spiele Durchreiche, dann kommen diese Aktionen aus dieser "Dunkelheit". Die Dunkelheit ist nicht leer. Man sieht nur nichts.

Aha.
Kannst Du das noch in Beziehung zu der Darstellung von Wuji in der Diplomarbeit setzen?
Am besten mit nicht zu viel Text und möglichst einfacher Sprache, um niemanden zu überfordern?:)

gast
13-07-2020, 09:55
Aha, was willst Du nun damit sagen?
Stimmst Du dem Zitat in der Aussage zu oder siehst Du da in dem, was gemeint ist, einen Unterschied zwischen Deiner Aussage und der Aussage in dem Zitat?
Oder willst Du hier Haare spalten und künstliche Unterschiede aufbauen, wie es mir von anderen Usern inklusive Moderatoren fälschlicherweise unterstellt wird?

Weder noch. Wollte nur an dem Wort "weglassen" anknüpfen. Weil 'ohne' eben genau das Ausdrückt. Wenn man 'ohne tun' liest ist da keine Kluft mehr die überbrückt werden muss. Weil eine bestimmte Art von Tun im Daodejing eben für nicht sehr förderlich erachtet wird. Da gibt es dann viele Beispiele welches tun förderlich ist und welches nicht. Im Detail muss man es letztendlich offen lassen, denn das Daodejing soll einfach ein Finger sein der zum Mond weist und keine Anleitung mit genauer Flugroute wie man sich eine Rakete baut und zum Mond fliegt. Da hört dann der Sinn der Unterhaltung auf und Haarspalterei fängt an (was ich Dir jetzt nicht spezifisch mit dem letzten Post unterstellt habe möchte).

gast
13-07-2020, 10:05
Das "Nichts" ist aber auch nicht Nichts.

Bleiben wir doch einfach mal der deutschen Sprache treu. Dann müssen wir uns nicht ständig verbiegen. Nichts ist einfach NICHTS. Wenn man da zum Hintertürchen wieder irgendwas reinholen will dann war da vorher eben schon was und kann nicht Nichts sagen. Wenn ich sage es ist 'Ohne', dann habe ich automatisch impliziert, dass da noch was ist. Jetzt kann ich alles durchdeklinieren und jeweils konkret sagen, dass es das nicht ist, dann bleibt zum Schluss eben etwas übrig was sich nicht in Worte fassen lässt, aber jeder weiß und ist sich im klaren, dass da noch etwas ist. Daher ist es wesentlich zwischen Leere und Nichts zu unterscheiden. Hier nicht zu differenzieren führt ja erst zu den ganzen Widersprüchen.

Klaus
13-07-2020, 10:13
Aha.
Kannst Du das noch in Beziehung zu der Darstellung von Wuji in der Diplomarbeit setzen?
Am besten mit nicht zu viel Text und möglichst einfacher Sprache, um niemanden zu überfordern?:)

Ich war immer schlecht in Textdiskussion, da ich mich vermehrt mit tatsächlichen Inhalten auseinandergesetzt habe statt mit Wünschen einzelner Anwesender. :)

Klaus
13-07-2020, 10:33
Bleiben wir doch einfach mal der deutschen Sprache treu. Dann müssen wir uns nicht ständig verbiegen. Nichts ist einfach NICHTS. Wenn man da zum Hintertürchen wieder irgendwas reinholen will dann war da vorher eben schon was und kann nicht Nichts sagen.

Ich entschuldige mich vielmals, gemeint war der Terminus "nothingness", da ich vermehrt Englisch lese. Lustigerweise haben die nur ein anderes Zeichen für "wu" verwendet (无), so dass ich das nicht gesehen habe dass es der gleiche Terminus ist. Ja, das ist nicht "void". "Darkness" 玄 auch nicht.

Mir fällt die Hirnakrobatik, mich 40 Jahre zurück zu erinnern, doch öfter ziemlich schwer. Es irritiert mich, weil die Zeit auch nicht so witzig war. Darkness war übrigens ein zentrales Thema.

Klaus
13-07-2020, 10:55
Im Detail muss man es letztendlich offen lassen, denn das Daodejing soll einfach ein Finger sein der zum Mond weist und keine Anleitung mit genauer Flugroute wie man sich eine Rakete baut und zum Mond fliegt. Da hört dann der Sinn der Unterhaltung auf und Haarspalterei fängt an (was ich Dir jetzt nicht spezifisch mit dem letzten Post unterstellt habe möchte).

In dem Zusammenhang möchte ich ein kurzes Zitat anbringen, wenn auch nicht in Originalsprache. :)


The Tao is teachable, yet understanding my words is not the same as following the Tao.
The guidance is describable, yet knowing the description is not the same as following the guidance.

Non-Being guides to the origin of Heaven and Earth. Being guides to the mother of all particular things.

Thus, through the guidance of Non-Being, you can observe the beginning; through the guidance of Being, you can observe the returning.

Non-Being and Being come out concurrently, but point to different directions; both together can be called the mysterious transforming power.

They constantly transform into each other, and form the gateways for all wonderful things.

gast
13-07-2020, 18:03
In dem Zusammenhang möchte ich ein kurzes Zitat anbringen, wenn auch nicht in Originalsprache. :)

Von wem ist das? Klingt nach dem ersten Vers im Daodejing. Sehr frei übersetzt.

Klaus
13-07-2020, 19:41
Yup. Stammt von jemandem der sich nach eigener Darstellung lange mit den verschiedensten Texten und eigener Praxis beschäftigt hat, und das als Ergebnis mal so frei übersetzt hat. Müsste aber suchen gehen von wem das war, ich würde einfach den Text googeln.

Stelle gerade fest dass der "Täter" oft zitiert wurde, aber immer schön ohne ihn zu benennen. :/

Ich meine mich gerade zu erinnern, dass der Kontext die Bedeutung von "darkness within darkness" war, wo er anzweifelte dass das so wörtlich gemeint war, und das hergeleitet hat. Vielleicht finde ich das noch.

Pansapiens
14-07-2020, 05:13
Ich war immer schlecht in Textdiskussion, da ich mich vermehrt mit tatsächlichen Inhalten auseinandergesetzt habe statt mit Wünschen einzelner Anwesender. :)

da es sich bei den einzelnen Anwesenden um einen Moderator handelt, hab ich für die Diskussion um Leere und Nichts einen eigenen Thread in einem passenden Unterforum eröffnet:

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?190248-Leere-und-Nichts

carstenm
14-07-2020, 12:46
Was versteht ihr unter den 5 Aspekten des Shen?Zu dem Thema wu shen 五 神 empfehle ich - nachdem es gestern eingetroffen ist und ich beim ersten Drüberschauen gleich dauerhaft hängengeblieben bin: "Aspects of Spirit: Hun Po, Jing Shen, Yi Zhi in Classical Chinese Texts" von Elisabeth Rochat de la Vallee.

Da sind dann die textlichen Wurzeln tatsächlich umfassend aufgeschlüsselt. Und man kann den Bezug mindestens bestimmter Aspekte zur CM sehr anschaulich nachvollziehen.

Aiki5O+
14-07-2020, 13:28
Von wem ist das? Klingt nach dem ersten Vers im Daodejing. Sehr frei übersetzt.
Es ist von Yuhui Liang: Tao Te Ching: The New English Version That Makes Good Sense, CreateSpace Independent Publishing Platform 2018.

Gibt es auch als E-Book für unter 3,- €.
Kennt jemand den Autor? Ist die Übersetzung ernst zu nehmen?

DatOlli
15-07-2020, 07:28
Ist ein bisschen spät für meine Frage, da das "wu-wei-Thema" schon "durch ist". Aber dennoch.
In SO-Asien (z.B. im Silat) gibt es, soweit ich weiss, die Vorstellung, dass die Waffe eine eigene Seele und irgendwie auch eine Art von Willen besitzt.
Wenn man nun die Waffe handeln und leiten lässt, so benötigt man dafür einen bestimmten vom "normalen geistigen Zustand" abweichenden Zustand (schließlich hat die Waffe ja nicht wirklich die Möglichkeit mich zu bewegen).

Ist das miteinander vergleichbar, bzw. ein ähnlicher "geistiger Zustand" ?

Liebe Grüße
DatOlli

Bücherwurm
15-07-2020, 07:53
Wenn man nun die Waffe handeln und leiten lässt

...


(schließlich hat die Waffe ja nicht wirklich die Möglichkeit mich zu bewegen).

Eben.

DatOlli
15-07-2020, 09:00
...

Eben.

:confused:

Bücherwurm
15-07-2020, 09:06
:confused:

Na du sagst es doch schon: Die Waffe macht allein gar nix.

Ich wollte noch ergänzen und kam nicht dazu:


so benötigt man dafür einen bestimmten vom "normalen geistigen Zustand" abweichenden Zustand

Würde schon sagen. Man muß an Geister glauben.

DatOlli
15-07-2020, 09:27
Würde schon sagen. Man muß an Geister glauben.

Nö, muss man nicht, animistisches Denken (glauben) macht es aber sicher einfacher.
Ist aber eigentlich nicht das, worum es mir geht.

In beiden Fällen wird eine komplexe Vorstellung umgesetzt und jemand von dieser Vorstellung konkret geleitet oder bewegt.
In beiden Fällen ist das im ursprünglichen "sozio-kulturellen Umfeld" relativ leicht, in unserem Umfeld eher schwierig.
In beiden Fällen ist es eher kein cognitives Handeln.
Beides hat einen konkreten-KK Bezug (wobei mir der von wu-wei eher unklarer / verschwommener erscheint - was vmtl. an mir liegt).

Mich interessiert in dem Zusammenhang eher die Vergleichbarkeit und der dafür nötige Zustand.

So ist es vielleicht deutlicher.

Liebe Grüße
DatOlli

Klaus
15-07-2020, 09:35
Das ist die Verlagerung von Entscheidungen auf eine andere, tiefere Ebene, instinktiv. Was voraussetzt, dass diese andere Ebene a) existiert (tut sie), und b) dass sie entsprechend gefördert wird (tun viele nicht).

DatOlli
15-07-2020, 09:59
Das ist die Verlagerung von Entscheidungen auf eine andere, tiefere Ebene, instinktiv. Was voraussetzt, dass diese andere Ebene a) existiert (tut sie), und b) dass sie entsprechend gefördert wird (tun viele nicht).

Die Frage ist, gilt dies für beide Beispiele? Ich persönlich vermute mal ja.

Falls ja, würde das In beiden Fällen bedeuten, das die Entscheidungsfindung abgegeben wird, an unser Unbewusstes, einmal manifestiert im Schwert, einmal im Tao.
Dann wäre man prinzipiell im gleichen "geistigen Zustand" und verarbeitet nur eine andere Vorstellung.

Die ganze Fragerei kommt auch nur, weil ich keine Ahnung habe wie sich wu-wei anfühlt (das ganze Zeug ist ja erlebbar, fühlbar u.s.w.).
Sollte beides der gleiche "Mechanismus" (blödes Wort dafür) sein, habe ich durchaus eine Ahnung was gemeint sein könnte.
Dann kenne ich wu-wei aus dem Sparring (die Momente wenn man nicht mehr sinnt, sondern mit seinem Gegenüber fließt, wo es keine direkte Trennung zwischen dem anderen und einem selbst gibt und mein Handeln nicht mehr einem bewussten cognitiven Impuls folgt).

Liebe Grüße
DatOlli

carstenm
15-07-2020, 10:37
... die Entscheidungsfindung abgegeben wird, an unser Unbewusstes, ... manifestiert ... im Tao.Das dao, das sich im Unterbewussten manifestiert, ist nicht das wahre dao. (carstens dao dings 1)

Meine psychotherapeutische Ausbildung und die Lehrgespräche im Kontext meines daoistischen Übens sagen mir: Das dao, bzw. wuwei fängt da an, wo Ich aufhört. Und mein "Unbewußtes" ist auch nur ein Aspekt von Ich. Und das funktioniert tatsächlich.

In Bezug auf die Waffenarbeit: In meinem Üben ist das meistens ein Stück Holz, definiert als Schwert. Und es macht einen großen Unterschied, ob ich es als ein Werkzeug anfasse, das Ich benutzen will, gemäß den Vorstellungen von Ich. Darin bin ich nach einem Vierteljahrhundert auch gar nicht mehr ganz so schrecklich schlecht ... vielleicht.
Oder ob ich versuche, daß Stück Holz so zu bewegen, wie es "ihm gemäß ist". (Seele? Abmessungen, Schwerpunkt, Holzart ... der eigene Charakter des Dingens ...) Das gelingt meinem Lehrer. Und das fühlt sich ziemlich abgefahren an.


Dann wäre man prinzipiell im gleichen "geistigen Zustand" und verarbeitet nur eine andere Vorstellung.Ich meine, seit ich das nach einem bestimmten Lehrsystem übe, gelernt zu haben, daß wuwei mehr ist als ein geistiger Zustand, und mehr als eine alternative Art der Entscheidungsfindung. In dem Üben, das mir vermittelt wird, ist das durchaus auch ein pyhsisches Phänomen ... das sich dann auch in der Psyche niederschlägt.

Hm ... auf der Ebene des Geistes der Prozeß, alles, was "Ich" ist, immer mehr loszulassen und und zu "Nicht-Ich" zu gelangen. Das bedeutet auch - und zwar ausdrücklich so formuliert - das, was wir als Unbewusstes klassifizieren, loszulassen. also z.B. das Üben von Lojong.
Auf der Ebene des Körpers eine "Natürlichkeit" wiederherzustellen, die üblicherweise verloren geht. Das Üben bei Dan Harden war für mich persönlich ein allererster Schritt in diese Richtung. Das Üben von nei gong führt das jetzt in die Tiefe.
Den energetischen qi Kram lasse ich mal weg, um die Diskussion nicht noch mehr ausufern zu lassen.


Dann kenne ich wu-wei aus dem Sparring (die Momente wenn man nicht mehr sinnt, sondern mit seinem Gegenüber fließt, wo es keine direkte Trennung zwischen dem anderen und einem selbst gibt und mein Handeln nicht mehr einem bewussten cognitiven Impuls folgt).Persönliche Beispiele:
Ich erlebe als Konsequenz von wuwei die Behandlungsunterbrechung einer chronischen entzündlichen Erkrankung. Als Reduzierung der Medikation zur Behandlung von Hypertonie. Als das Aufhören scheinbarer Persönlichkeitsmerkmale wie Wut oder deppressive Episoden. Als die Fähigkeit, mich in Kommunikation - auch in Konflikten oder mit "Autoritäten" - zu begeben, ohne daß der Puls steigt. Oder mich nicht mehr zu ärgern, wenn ein Flug gecancelt wird ...
... eine deutlich veränderte Bewegungsqualität (= Art und Weise, Bewegung zu erzeugen)

wuwei ist - nach meinem derzeitigen persönlichen Verständnis - nicht eine bestimmte Art des Handelns oder nicht-Handelns, sondern eine bestimmte Qualtität. Die man durch geistiges, energetisches und körperliches Üben herstellen kann - und muß.

Ungefährvielleichtinetwaso ... :o

carstenm
15-07-2020, 11:09
Anmerkung:

Wir diskutieren hier stark auf der Ebene, wie man gemäß wu wei agieren kann. Und zwar wir, so, wie wir halt eben sind, jetzt gerade. Also so, als könne man wu wei zu Ausgangspunkt seines Handelns machen ...
M.E. ist aber in den Texten wu wei nicht ein Ausgangspunkt, sondern das Ziel, eine Qualität des Handelns, die dann entsteht, wenn wir in Einheit mit dem dao leben ...

Aus meiner Sicht sind das fundamental verschiedene Dinge ...

DatOlli
15-07-2020, 11:20
Das dao, daß sich im Unterbewussten maniferstiert, ist nicht das wahre dao. (carstens dao dings 1)
...
Ungefährvielleichtinetwaso ... :o Der war gut.:)

Vielen Dank für deine Mühe. Leider, trotz all deiner Mühe, fehlen mir Informationen um deinen Text zu verstehen.
Ich müsste erst einmal wissen bzw. verstehen, wie dein Modell des Geistes aufgebaut ist. Vor allem, wie Unbewusstes und Ich definiert sind und welche Funktionen die beiden einnehmen und was da sonst noch so an Begriffen und Inhalten drin ist.


Meine psychotherapeutische Ausbildung und die Lehrgespräche im Kontext meines daoistischen Übens sagen mir: Das dao, bzw. wuwei fängt da an, wo Ich aufhört. Und mein "Unbewußtes" ist auch nur ein Aspekt von Ich. Und das funktioniert tatsächlich.

Dass Ich ohne Unbewusstes ist nicht möglich, sehe ich genauso. Tao existiert auch unabhängig von mir. Bin ich konform. Allerdings sehe ich es auch in mir verortet, so dass es ebenfalls ein Teil von Ich ist. Ich verstehe "ego-frei" derzeit, als frei von cognitiven Wünschen und Impulsen bzw. emotionalen Wünschen und Impulsen (da wäre wieder das Unbewusste als Teil des Ich). Das es bei dir und in deiner Lehrlinie funktioniert stelle ich absolut und ausdrücklich nicht in Abrede.


In Bezug auf die Waffenarbeit: In meinem Üben ist das meistens ein Stück Holz, definiert als Schwert. Und es macht einen großen Unterschied, ob ich es als ein Werkzeug anfasse, das Ich benutzen will, gemäß den Vorstellungen von Ich. Darin bin ich nach einem Vierteljahrhundert auch gar nicht mehr ganz so schrecklich schlecht ... vielleicht.
Oder ob ich versuche, daß Stück Holz so zu bewegen, wie es "ihm gemäß ist". (Seele? Abmessungen, Schwerpunkt, Holzart ... der eigene Charakter des Dingens ...) Das gelingt meinem Lehrer. Und das fühlt sich ziemlich abgefahren an.

Gehe ich eigentlich auch konform, bis auf das :"... ob ich versuche, daß Stück Holz so zu bewegen, wie es "ihm gemäß ist". (Seele? Abmessungen, Schwerpunkt, Holzart ... der eigene Charakter des Dingens ...)"

Da meinte ich etwas ganz anderes. Es geht mir nicht darum das Schwert dem selben gemäß zu bewegen, sondern sich von diesem bewegen zu lassen.
Verstehe mich nicht falsch, ich finde das "hammer" war nur nicht, was ich gemeint hatte.


Ich meine, seit ich das nach einem bestimmten Lehrsystem übe, gelernt zu haben, daß wuwei mehr ist als ein geistige Zustand, und mehr als eine alternative Art der Entscheidungsfindung. In dem Üben, das mir vermittelt wird, ist das durchaus auch eine pyhsisches Phänomen ... das sich dann auch in der Psyche niederschlägt.


Ich meinte nicht, das wu-wei ein bestimmter geistiger Zustand sei, sondern einen Zustand, der das erleben desgleichen ermöglicht. Es ist gewiss auch mehr als eine alternative Art der Entscheidungsfindung. Naja, rein geistig ist aus meinem bisherigen (er)Leben nicht möglich.
Wenn man so möchte ist aus meiner Sicht der Geist hardcoded. Also unser Denken und Empfinden ist aus meinem erleben her an die Neuro(bio)logie u.s.w. gekoppelt.
Durch wiederholtes Üben, kann ich beides beeinflussen.


Persönliche Beispiel:
Ich erlebe als Konsequenz von wuwei die Behandlungsunterbrechung einer chronischen entzündlichen Erkrankung. Als Reduzierung der Medikation zur Behandlung von Hypertonie. Als das Aufhören scheinbarer Persönlichkeitsmerkmale wie Wut oder deppressive Episoden. Als die Fähigkeit, mich in Kommunikation - auch in Konflikten oder mit "Autoritäten" - zu begeben, ohne daß der Puls steigt. Oder mich nicht mehr zu ärgern, wenn ein Flug gecancelt wird ...

Das ist jetzt der Bereich wo es für mich schwierig wird zu folgen. Wie grenzt sich das zu "normaler" intelligenter Lebensführung / Kultivierung ab und wird zu wu-wei? Grenzt sich das überhaupt (für dich) ab?


wuwei ist - nach meinem derzeitigen persönlichen Verständnis - nicht eine bestimmte Art des Handelns oder nicht-Handelns, sondern eine bestimmte Qualtität. Die man durch geistiges, energetisches und körperliches Üben herstellen kann - und muß.


Hmm, da bin ich wieder komplett dabei und doch keinen Schritt weiter.

Noch mal vielen lieben Dank
DatOlli

Klaus
15-07-2020, 11:25
Auf die Schnelle: das Dao was sich im Unterbewusstsein oder wie auch immer manifestiert, ist durchaus das wahre Dao (wenn es jenes ist). Nur nicht das "ganze". ;)

Also, der einzelne Gedanke ist nicht "das Dao". Aber, wenn man Glück hat, aus dem Dao. Zu diesem Zeitpunkt. Aufgrund der aktuellen Gegebenheiten.

DatOlli
15-07-2020, 11:34
Anmerkung:

Wir diskutieren hier stark auf der Ebene, wie man gemäß wu wei agieren kann. Und zwar wir, so, wie wir halt eben sind, jetzt gerade. Also so, als könne man wu wei zu Ausgangspunkt seines Handelns machen ...
M.E. ist aber in den Texten wu wei nicht ein Ausgangspunkt, sondern das Ziel, eine Qualität des Handelns, die dann entsteht, wenn wir in Einheit mit dem dao leben ...

Aus meiner Sicht sind das fundamental verschiedene Dinge ...

Das ist ja jetzt lustig. Ich komme wieder gut mit dem Text klar. Nicht Ausgangspunkt sondern Ziel, Qualität. In Einheit mit Tao... .

Aber aus meinem Empfinden ist das nicht fundamental verschieden sondern "Prozess".

Wenn ich im Einklang mit Tao leben würde, würde es sich durch mein Handeln ausdrücken. Es würde also durch mich wirken. Ähnlich wie das Schwert.

Aber hey, ich glaube meine Eingangsfrage hat sich beantwortet.
Die Antwort hängt vom Denk- und Glaubensmodell ab.

Liebe Grüße
DatOlli

DatOlli
15-07-2020, 11:42
Auf die Schnelle: das Dao was sich im Unterbewusstsein oder wie auch immer manifestiert, ist durchaus das wahre Dao (wenn es jenes ist). Nur nicht das "ganze". ;)

Also, der einzelne Gedanke ist nicht "das Dao". Aber, wenn man Glück hat, aus dem Dao. Zu diesem Zeitpunkt. Aufgrund der aktuellen Gegebenheiten.

Vielen dank, das war jetzt wohl simpel genug für mich.

Dann ist es, aus meiner Sicht, letzlich nicht wirklich wichtig ob es als "Die Leere wirken lassen" oder als "Nicht-Handeln" (was etwas ganz anderes als "nix machen" meint) bezeichnet wird.

Liebe Grüße
DatOlli

Gast
15-07-2020, 12:21
Dann kenne ich wu-wei aus dem Sparring (die Momente wenn man nicht mehr sinnt, sondern mit seinem Gegenüber fließt, wo es keine direkte Trennung zwischen dem anderen und einem selbst gibt und mein Handeln nicht mehr einem bewussten cognitiven Impuls folgt).

Liebe Grüße
DatOlli

Nein, das ist nicht wuwei. Wuwei setzt bewusstes Handeln voraus, ohne aber Wirken zu wollen.

Gast
15-07-2020, 12:28
Vielen dank, das war jetzt wohl simpel genug für mich.

Dann ist es, aus meiner Sicht, letzlich nicht wirklich wichtig ob es als "Die Leere wirken lassen" oder als "Nicht-Handeln" (was etwas ganz anderes als "nix machen" meint) bezeichnet wird.

Liebe Grüße
DatOlli

Doch sehr wichtig. Weil es schlicht und einfach nicht dasselbe ist. "Die Leere wirken lassen" setzt "Handeln" voraus und ist somit das Gegenteil von "Nicht-Handeln".

DatOlli
15-07-2020, 12:34
Nein, das ist nicht wuwei. Wuwei setzt bewusstes Handeln voraus, ohne aber Wirken zu wollen.

Das ist ein "Wenn-Dann-Ding" gewesen (ein Rückschluss). Keine These.

Ob wu-wei jetzt bewusstes Handeln voraussetzt, oder gerade dessen Abwesenheit oder ob das überhaupt kennzeichnend ist, ist eine der Fragen, die entstanden sind.

Liebe Grüße
DatOlli

DatOlli
15-07-2020, 12:37
Doch sehr wichtig. Weil es schlicht und einfach nicht dasselbe ist. "Die Leere wirken lassen" setzt "Handeln" voraus und ist somit das Gegenteil von "Nicht-Handeln".

Falls Nicht-Handeln meint "nix machen", dann hast du wohl recht.

Liebe Grüße
DatOlli

carstenm
15-07-2020, 12:40
Doch sehr wichtig. ... "Die Leere wirken lassen" setzt "Handeln" voraus und ist somit das Gegenteil von "Nicht-Handeln".sic.
Zumal: Mann kann überhaupt gar nicht nicht Handeln ... sagt zum Beispiel auch Rio Reiser.

Klaus
15-07-2020, 12:40
Ich halte das mit dem "setzte bäwusstäss Handäln vorrausss" für ganz ganz ganz ganz großen Käse. Einnahme auf eigene Verantwortung.

Oder noch konkreter - mir drängt sich der Eindruck auf, dass es um das Verwirren von Leuten geht.

carstenm
15-07-2020, 12:41
Falls Nicht-Handeln meint "nix machen", dann hast du wohl recht.Ich weiß, das dreht sich möglicherweise dann im Kreis jetzt - aaaber: Was denn könnte sonst meinen? :gruebel:

carstenm
15-07-2020, 12:42
Ich halte das mit dem "setzte bäwusstäss Handäln vorrausss" für ganz ganz ganz ganz großen Käse. Einnahme auf eigene Verantwortung.Hmmm ... wei wu wei ... ?!

Gast
15-07-2020, 12:46
Ich halte das mit dem "setzte bäwusstäss Handäln vorrausss" für ganz ganz ganz ganz großen Käse. Einnahme auf eigene Verantwortung.

Oder noch konkreter - mir drängt sich der Eindruck auf, dass es um das Verwirren von Leuten geht.

Dann möchte ich dich nicht weiter verwirren und lasse meinen Input mal so stehen. Kann man aufnehmen oder halt eben auch nicht...

carstenm
15-07-2020, 12:56
Ich halte das mit dem "setzte bäwusstäss Handäln vorrausss" für ganz ganz ganz ganz großen Käse. Einnahme auf eigene Verantwortung.

Oder noch konkreter - mir drängt sich der Eindruck auf, dass es um das Verwirren von Leuten geht.Hm ... ich bin nicht sicher, ob ich euch Langzeitchinesen immer richtig verstehe. Ich bin auch nicht sicher, ob ich meine Lehrerin immer richtig vestehe. Ich bin eigentlich überhaupt selten sicher ... jedoch: Ich würde das ähnlich formulieren. wuwei geschieht nicht, wenn ich mich "willenlos totstelle" (maßlosübertreib) Sondern es geschieht durch mein Handeln hindurch. Wenn denn ich mir - bzw. umso mehr ich mir - durch enstprechendes Üben eine bestimmte Qualität angeeignet habe.

Ist vielleicht das Werfen der Stäbe beim Befragen des I Ging ein anschauliches Beispiel? Auch da bin ich nicht sicher. Aber es gibt klare, komplexe Anleitungen, was ich tun muß. Damit das dao da hindurch zu mir "sprechen" kann.

Oder im aikidô: Ich muß sehr gut üben, was ich tun muß, damit ich nichts tun muß. Dasselbe in der shintô ryû kenjutsu.

DatOlli
15-07-2020, 12:57
Ich weiß, das dreht sich möglicherweise dann im Kreis jetzt - aaaber: Was denn könnte sonst meinen? :gruebel:

Handeln und "Nicht-Handeln" haben für mich ein ähnliches Verhältnis zueinander wie "motion in stillness und stillness in motion". Sorry für die Analogie aber besser kann ich's nicht.

Das ist wieder er(fühl)fahr(leb)bar. Ähnlich wie Ausdehnen und Zusammenziehen keine binären Gegensätze sind sondern wechselseitige Ausprägungen des selben, die sich gegenseitig bedingen und ineinander übergehen.
so wie hier (http://blog.nascif.com/2015/05/yin-yang-animation.html)

Bei dem Zeug kommen meine sprachlichen Fähigkeiten nicht hin, deshalb viele Analogien und Beispiele als Näherung.

Liebe Grüße
DatOlli

DatOlli
15-07-2020, 13:10
Hm ... ich bin nicht sicher, ob ich euch Langzeitchinesen immer richtig verstehe. Ich bin auch nicht sicher, ob ich meine Lehrerin immer richtig vestehe. Ich bin eigentlich überhaupt selten sicher ...

Das finde ich jetzt mal mutig und sehr beruhigend. Je länger ich mich mit sowas beschäftige umso weniger sicher bin ich mir bei irgendwas.


jedoch: Ich würde das ähnlich formulieren. wuwei geschieht nicht, wenn ich mich "willenlos totstelle" (maßlosübertreib) Sondern es geschieht durch mein Handeln hindurch. Wenn denn ich mir - bzw. umso mehr ich mir - durch enstprechendes Üben eine bestimmte Qualität angeeignet habe.

Komplett inert sein, ist wohl kaum gemeint. Obwohl wer weiss. Gehe da wieder konform.


Ist vielleicht das Werfen der Stäbe beim Befragen des I Ging ein anschauliches Beispiel? Auch da bin ich nicht sicher. Aber es gibt klare, komplexe Anleitungen, was ich tun muß. Damit das dao da hindurch zu mir "sprechen" kann.

Oder im aikidô: Ich muß sehr gut üben, was ich tun muß, damit ich nichts tun muß. Dasselbe in der shintô ryû kenjutsu.

Ob das I Ging Beispiel da passt? Keine Ahnung. Das Aikido-Beispiel geht ein wenig in meine Richtung von der ich aber absolut nicht weiss ob ich da in die "richtige" Richtung denke.
Aber der Faden hilft mir da schon ein wenig.

Liebe Grüße
DatOlli

Nachtrag:

Glaube ich weiss jetzt wie ich das ausdrücken kann.

Lasse ich das Schwert handeln, so handle ich selbst nicht. Das Schwert drückt sich durch mich aus. Ich bin ein Werkzeug des Schwertes.

Nicht handeln bzw. die Leere wirken lassen.
Der Mensch handelt nicht, er überlässt dies dem Tao (der Leere), welche(s) sich durch ihn ausdrückt.

Deshalb sehe ich den Widerspruch nicht.

Mario Mikulic
15-07-2020, 13:51
aus dem resümee der arbeit : "Druck wird nicht mit Gegendruck beantwortet"

und dann folgt ein sammelsurium an unsinn ... wu wei usw. hahaha ...

mein resümee: unsinn mit dem promovierter unsinn verbreitet wird ...

Gast
15-07-2020, 13:56
Lasse ich das Schwert handeln, so handle ich selbst nicht. Das Schwert drückt sich durch mich aus. Ich bin ein Werkzeug des Schwertes.

Nicht handeln bzw. die Leere wirken lassen.
Der Mensch handelt nicht, er überlässt dies dem Tao (der Leere), welche(s) sich durch ihn ausdrückt.

Deshalb sehe ich den Widerspruch nicht.

Du kannst deine Verantwortung nicht auf das Schwert übertragen. Du bist immer derjenige, der das Schwert bewegt und für die Konsequenz dessen verantwortlich. Dein Handeln bewegt das Schwert. Wenn du aber dein Wirken-Wollen aufgeben kannst und die Voraussetzungen gegeben sind, kann die Leere durch dich und damit durch das Schwert wirken. Es ist aber zu jeder Zeit deine Entscheidung, wie du das Schwert bewegst und die Konsequenz deines Handelns, welches die Wirkung schlussendlich hervorbringt.

Du kannst das Handeln nicht dem Dao überlassen. Das Dao macht nichts von sich aus. Es gibt vor, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit es wirken kann. Dein Handeln lässt die Leere wirken, wenn du jeglichen Anspruch, selber wirken zu wollen, aufgibst. Tun ohne zu tun.

Klaus
15-07-2020, 14:31
Wenn man definiert, dass man einfach alles weiter völlig bewusst entscheidet und tut wie gelernt, aber "das Dao" da schon "irgendwie" immer richtig "wirkt", kann man sich auch wunderbar bescheissen. Ich gehe in eine Situation (bzw. diese kommt zu mir, unangemeldet, sehr unfein), und entscheide überhaupt gar nichts bewusst. Im richtigen Zustand handelt dann etwas aus mir heraus, oder eben auch nicht. Wenn ich sage, ich bin in einer konfrontativen Situation, dann haue ich den anderen halt um, das ist das Universum was in mir handelt, kann ich das auch alles gleich lassen mit der "Philosophie". Ich zweifle aber auch, an der Zielführung solcher Diskussionen.

Auf das Schwert übertragen, wenn im Wirken lassen der Leere nicht vorgesehen ist, dem anderen nicht mit dem Schwert mit einer vorgefertigten Reaktion den Kopf vom Leib zu trennen, sondern das stets und immer in der gleichen Form die unumstössliche ewig gleiche Reaktion ist, dann ist da keine Leere. Und auch kein Wuwei, oder Dao. Dann ist da Willen, Gewohnheit, und "ich will das so". Erst wenn da jedwede Reaktion zulässig ist, Schwert fallen lassen und Rose überreichen genauso wie eine artistische Ausweichbewegung mit anschliessendem Entfernen wesentlicher Körperteile, dann ist da Dao. Da ist sowohl Entscheidung als auch Handlung enthalten, aber eben nicht "bewusst". Man könnte natürlich sagen, Nicht zu handeln ist auch eine Handlung. Stimmt auch. Entscheidend ist wo die Entscheidung herkommt. Habe ich mir das vorher so vorgenommen ? Kein Dao. Gehe ich leer, ohne vorgefertigte Meinung, ohne Wollen, einfach nur mit dem was ich bin, was ich empfinde, in die Situation, und nehme den inneren Impuls ungefiltert wie er ist, aus dem "Mysteriösen", dann ist es da. Und da kommen eben öfter teils krasse, improvisierte, ungewöhnliche Handlungen bei raus. Manchmal völlig banale. Man weiss es vorher nicht.

DatOlli
15-07-2020, 14:39
Du kannst deine Verantwortung nicht auf das Schwert übertragen. Du bist immer derjenige, der das Schwert bewegt und für die Konsequenz dessen verantwortlich. Dein Handeln bewegt das Schwert. Wenn du aber dein Wirken-Wollen aufgeben kannst und die Voraussetzungen gegeben sind, kann die Leere durch dich und damit durch das Schwert wirken. Es ist aber zu jeder Zeit deine Entscheidung, wie du das Schwert bewegst und die Konsequenz deines Handelns, welches die Wirkung schlussendlich hervorbringt.

Du kannst das Handeln nicht dem Dao überlassen. Das Dao macht nichts von sich aus. Es gibt vor, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit es wirken kann. Dein Handeln lässt die Leere wirken, wenn du jeglichen Anspruch, selber wirken zu wollen, aufgibst. Tun ohne zu tun.

Schönes Beispiel für die Relevanz des sozio-kulturellen Hintergrunds.

In SO-Asien konnten Generationen die Verantwortung an ihre Waffen abgeben. In unserem Umfeld braucht man dafür die Partei, einen Befehl oder ähnliches.

Und nein, wenn dich das Schwert führt hast du de facto nicht zu jedem Zeitpunkt eine Entscheidungsmöglichkeit.
Jedenfalls keine bewusste.

Wie sich das mit Tao verhält versuche ich derzeit, mithilfe dieses Fadens, zu eruieren.
Da haben verschiedene Leute verschiedene Ideen, die mir alle, in sich, schlüssig vorkommen.

So weit scheinen wir aber auch wieder nicht von einander entfernt zu sein:

Dein Handeln lässt die Leere wirken, wenn du jeglichen Anspruch, selber wirken zu wollen, aufgibst. Tun ohne zu tun.

Liebe Grüße
DatOlli

DatOlli
15-07-2020, 14:51
... Ich zweifle aber auch, an der Zielführung solcher Diskussionen.

...Da ist sowohl Entscheidung als auch Handlung enthalten, aber eben nicht "bewusst". Man könnte natürlich sagen, Nicht zu handeln ist auch eine Handlung. Stimmt auch. Entscheidend ist wo die Entscheidung herkommt. Habe ich mir das vorher so vorgenommen ? Kein Dao. Gehe ich leer, ohne vorgefertigte Meinung, ohne Wollen, einfach nur mit dem was ich bin, was ich empfinde, in die Situation, und nehme den inneren Impuls ungefiltert wie er ist, aus dem "Mysteriösen", dann ist es da. Und da kommen eben öfter teils krasse, improvisierte, ungewöhnliche Handlungen bei raus. Manchmal völlig banale. Man weiss es vorher nicht.

Daran zweifelst du nicht allein. Andererseits, wo soll man sich sonst austauschen wenn nicht in solchen Gesprächen. Mir geht es da auch weniger um Philosophie als um das Erlebbare, deshalb ja die ganzen Analogien, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Den Rest kann ich ziemlich gut annehmen, passt zu dem was ich bisher erfahren durfte (jaja, soviel ist das nicht), bzw. kollidiert nicht damit.

Liebe Grüße
DatOlli

PS.: Leider (das ich sowas mal schreiben würde) ist die Arbeitszeit jetzt um und damit auch mein Rechnerzugriff. Meint, ich fahre für heute meine Aktivitäten ziemlich runter. Handy-Tippen ist nicht meins.

Gast
15-07-2020, 15:16
Wenn man definiert, dass man einfach alles weiter völlig bewusst entscheidet und tut wie gelernt, aber "das Dao" da schon "irgendwie" immer richtig "wirkt", kann man sich auch wunderbar bescheissen. Ich gehe in eine Situation (bzw. diese kommt zu mir, unangemeldet, sehr unfein), und entscheide überhaupt gar nichts bewusst. Im richtigen Zustand handelt dann etwas aus mir heraus, oder eben auch nicht. Wenn ich sage, ich bin in einer konfrontativen Situation, dann haue ich den anderen halt um, das ist das Universum was in mir handelt, kann ich das auch alles gleich lassen mit der "Philosophie". Ich zweifle aber auch, an der Zielführung solcher Diskussionen.

Auf das Schwert übertragen, wenn im Wirken lassen der Leere nicht vorgesehen ist, dem anderen nicht mit dem Schwert mit einer vorgefertigten Reaktion den Kopf vom Leib zu trennen, sondern das stets und immer in der gleichen Form die unumstössliche ewig gleiche Reaktion ist, dann ist da keine Leere. Und auch kein Wuwei, oder Dao. Dann ist da Willen, Gewohnheit, und "ich will das so". Erst wenn da jedwede Reaktion zulässig ist, Schwert fallen lassen und Rose überreichen genauso wie eine artistische Ausweichbewegung mit anschliessendem Entfernen wesentlicher Körperteile, dann ist da Dao. Da ist sowohl Entscheidung als auch Handlung enthalten, aber eben nicht "bewusst". Man könnte natürlich sagen, Nicht zu handeln ist auch eine Handlung. Stimmt auch. Entscheidend ist wo die Entscheidung herkommt. Habe ich mir das vorher so vorgenommen ? Kein Dao. Gehe ich leer, ohne vorgefertigte Meinung, ohne Wollen, einfach nur mit dem was ich bin, was ich empfinde, in die Situation, und nehme den inneren Impuls ungefiltert wie er ist, aus dem "Mysteriösen", dann ist es da. Und da kommen eben öfter teils krasse, improvisierte, ungewöhnliche Handlungen bei raus. Manchmal völlig banale. Man weiss es vorher nicht.

Du darfst gerne bei deiner Meinung bleiben. Ich möchte niemandem eine andere Meinung aufdrängen. Ich möchte lediglich meine Erfahrungen weitergeben. In einem stimme ich mit überein, dass die Diskussion hier nicht zielführend ist. Deshalb
ein paar letzte Impulse.

1. Von "das Dao wirkt schon"irgendwie" immer richtig" war nie die Rede. Das Dao gibt ganz klar vor, welche Voraussetzungen geben sein müssen, damit es wirken kann.
2. Wenn dich jemand angreift, dann löst das eine Emotion in dir aus, welche wiederum eine Handlung auslöst. Da wirkt erstmal gar kein Dao mit. Da kann man sich gerne Einreden, dass da das Universum durch einen handelt. Da musst du unabhängig der Emotion bewusst handeln und die Leere wirken lassen, in dem du selber jeglichen Anspruch an der Wirkung aufgibst. Eben, tun ohne zu tun.
3. Wer sagt, dass nicht tausend Möglichkeiten des Handelns zulässig sind? Wer sagt was von unumstösslicher ewig gleichen Reaktion? Du kannst auf tausend verschiedene Arten reagieren und das ganz spontan. Nur ist im Dao klar vorgegeben, was notwendig ist, damit "es" wirken kann. Und wenn man das verstanden hat und die entsprechenden Voraussetzungen in jeder spontanen Bewegung schaffen kann, dann wirkt "es" auch jedes Mal - sofern, und da wiederhole ich mich halt gerne, du es aufgibst, selber wirken zu wollen.
4. Eine Entscheidung ist immer bewusst. Auch wenn sie in einem Bruchteil einer Sekunde getroffen wird. Und man kann ganz viele Entscheidungen treffen innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde. Das Geheimnis hierzu liegt darin, dass man dem Kopf keine Gelegenheit gibt, über die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten zu debattieren. Es wird einfach entschieden. Punkt. Das macht die Entscheidung aber nicht weniger bewusst. Das hat nichts damit zu tun, dass hier das Dao durch einen wirkt.
5. Mit dem Vornehmen einer Aktion gebe ich dir Recht. Wenn du dir von vorneherein eine Aktion vornimmst, kannst du auf Veränderungen nicht reagieren. Wenn du dich unvoreingenommen in eine Situation begibst, kannst du spontan auf das, was kommt, reagieren. Das hat aber immer noch nichts damit zu tun, dass das Dao durch dich wirkt. Das hat damit zu tun, dass du dir nicht schon eine Lösung vorgenommen hast und die Zeit, die du sonst zur Verfügung hättest die Situation zu analysieren und entsprechend zu entscheiden, was zu tun ist, damit verplempert hast, zu realisieren, dass die vorgefertigte Lösung nicht funktioniert. Dann war's das meistens auch schon.
6. Improvisation hat nichts mit dem Wirken des Dao durch dich zu tun. Improvisation ist, wenn du keine Lösung X für Problem 3 brauchst und eine Lösung F für Problem 18 sondern aufgrund deiner Fähigkeiten und deines Verständnisses für die Situation im Moment eine neue Lösung für ein neues Problem konstruieren kannst und eben wie bereits beschrieben, innert Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen treffen kannst. Das hat mit dir und deinem Wissen und deinen Fähigkeiten zu tun. Nichts mit dem Dao. Da bildest du dir etwas ein.

Gast
15-07-2020, 15:20
Schönes Beispiel für die Relevanz des sozio-kulturellen Hintergrunds.

In SO-Asien konnten Generationen die Verantwortung an ihre Waffen abgeben. In unserem Umfeld braucht man dafür die Partei, einen Befehl oder ähnliches.

Und nein, wenn dich das Schwert führt hast du de facto nicht zu jedem Zeitpunkt eine Entscheidungsmöglichkeit.
Jedenfalls keine bewusste.

Wie sich das mit Tao verhält versuche ich derzeit, mithilfe dieses Fadens, zu eruieren.
Da haben verschiedene Leute verschiedene Ideen, die mir alle, in sich, schlüssig vorkommen.

So weit scheinen wir aber auch wieder nicht von einander entfernt zu sein:


Liebe Grüße
DatOlli


Du kannst vielleicht das Schwert führen ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Die Verantwortung für dein Tun liegt aber nach wie vor bei dir.

Das Schwert kann dich nicht führen. Das Schwert hat keinen eigenen Willen. Du bist immer derjenige, der das Schwert führt. Wenn auch nicht zwingend derjenige, der durch das Schwert wirkt.

Gürteltier
15-07-2020, 15:38
Wenn wir uns länger nicht hauen können, merkt man erst, wie schlau wir eigentlich alle sind.


Off topic aber stolz :

Das KKBtier

DatOlli
15-07-2020, 19:24
Du kannst vielleicht das Schwert führen ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Die Verantwortung für dein Tun liegt aber nach wie vor bei dir.

Das Schwert kann dich nicht führen. Das Schwert hat keinen eigenen Willen. Du bist immer derjenige, der das Schwert führt. Wenn auch nicht zwingend derjenige, der durch das Schwert wirkt.Ist vollkommen korrekt, aber was willst du damit zum Ausdruck bringen?
Das hat niemand hier angezweifelt.
Rechtliche Konsequenzen hat man da im allgemeinen aber auch zu fürchten.

Liebe Grüße
DatOlli

Gesendet von meinem Mi MIX 3 mit Tapatalk

kanken
15-07-2020, 21:16
Lassen wir einfach Zhang Boduan (https://de.wikipedia.org/wiki/Zhang_Boduan) in „Understanding Reality“ sprechen (1000 n. Chr.):

45599

Wie man sieht widerlegt er Klaus recht klar und offensichtlich. Aber was weiß Zhang Boduan schon, gilt ja nur als Begründer des Neidan.

Wie ich hier:

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?190141-Diplomarbeit-Yiquan-ZhanZhuang&p=3748335#post3748335

schon schrieb geht es um intrapersonelle Vorgänge und ein Teil unseres Bewusstsein ist unser Werkzeug um das Abbild des Dao zu realisieren. Dieser Teil muss aber erst einmal (wieder) gefunden werden und dann trainiert werden. Aus ihm heraus kann dann das Dao wirken, aber trotzdem sitzt unser Verstand niemals auf der Auswechselbank.

Die Frage nach dem Bewusstsein ist das, was im Mittelpunkt steht. Yiquan (um mal wieder den Bogen zum Thema zu schlagen).

Klaus
16-07-2020, 00:13
Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen, sich dies hier, und die Implikationen, mal kontemplativ zu Gemüte zu führen:
"The Yellow Sprout and the White Snow are not difficult to seek; to attain them, you must rely on deeply virtuous conduct."

Neidan bzw. Golden Elixir ist nicht == Quanzhen und dessen Meditation. Ergebnisse sind faktisch.

Klaus
16-07-2020, 08:27
Jetzt habe ich es verstanden, wir reden aneinander vorbei. Ich habe auch in den letzten drei Tagen ca. 20 Seiten getippt und wieder gelöscht.

Wiederfinden ist genau das richtige Stichwort. Ja, man findet primär etwas in sich wieder, das sind 90% vom Kuchen. Die 10% sind andere Leute, anderes Leben, und "das da draussen". Dem was man wiederfindet muss man aber nicht sagen was es ist, das weiss das. Sogar ganz exakt. Ich verstehe aber wie man auf die Idee kommen kann dass da draussen nichts ist.

DatOlli
16-07-2020, 09:30
Lassen wir einfach Zhang Boduan (https://de.wikipedia.org/wiki/Zhang_Boduan) in „Understanding Reality“ sprechen (1000 n. Chr.):

45599

Wie man sieht widerlegt er Klaus recht klar und offensichtlich. Aber was weiß Zhang Boduan schon, gilt ja nur als Begründer des Neidan.

Wie ich hier:

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?190141-Diplomarbeit-Yiquan-ZhanZhuang&p=3748335#post3748335

schon schrieb geht es um intrapersonelle Vorgänge und ein Teil unseres Bewusstsein ist unser Werkzeug um das Abbild des Dao zu realisieren. Dieser Teil muss aber erst einmal (wieder) gefunden werden und dann trainiert werden. Aus ihm heraus kann dann das Dao wirken, aber trotzdem sitzt unser Verstand niemals auf der Auswechselbank.

Die Frage nach dem Bewusstsein ist das, was im Mittelpunkt steht. Yiquan (um mal wieder den Bogen zum Thema zu schlagen).

Danke dafür.
Jetzt habe ich wenigstens verstanden (glaube ich jedenfalls) was der "Streitpunkt" war.

Liebe Grüsse
DatOlli

gast
16-07-2020, 13:15
Lassen wir einfach Zhang Boduan (https://de.wikipedia.org/wiki/Zhang_Boduan) in „Understanding Reality“ sprechen (1000 n. Chr.):

45599

Wie man sieht widerlegt er Klaus recht klar und offensichtlich. Aber was weiß Zhang Boduan schon, gilt ja nur als Begründer des Neidan.

Wie ich hier:

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?190141-Diplomarbeit-Yiquan-ZhanZhuang&p=3748335#post3748335

schon schrieb geht es um intrapersonelle Vorgänge und ein Teil unseres Bewusstsein ist unser Werkzeug um das Abbild des Dao zu realisieren. Dieser Teil muss aber erst einmal (wieder) gefunden werden und dann trainiert werden. Aus ihm heraus kann dann das Dao wirken, aber trotzdem sitzt unser Verstand niemals auf der Auswechselbank.

Die Frage nach dem Bewusstsein ist das, was im Mittelpunkt steht. Yiquan (um mal wieder den Bogen zum Thema zu schlagen).

Also Zhang Boduan ist erstens Mal nicht der Begründer des Neidan. Zwar ein ziemlich hohes Tier, aber zum Gründer hat es dann doch nicht gereicht.

Zweitens wären seine recht kryptischen Worte ohne den Kommentar von jemand der fast! 1000 Jahre später gelebt hat heute kaum verständlich. Also dort wo du den eigentlichen Inhalt rausziehst sind es nicht die Worte Zhang Boduans sondern es ist ein sehr später Kommentar. Der ist zwar recht gut, aber stammt immerhin aus der nördlichen Schule (Drachentorsekte)

Obwohl sich eigentlich alle Neidan Schulen irgendwie auf das Daodejing und Laozi berufen, widersprechen sie sich doch oft sehr indem was sie für Absichten verfolgen. Mit wuwei hat das oft nicht mehr viel zu tun. Deshalb gibt es auch in deren eigenen Reihen vehemente Gegner die das viele rummachen mit Techniken, Bildern und extra trainieren müssen kritisieren und den ganzen Prozess als prinzipiell einfach beschreiben und das schwere dabei eher sehen nicht von den eigenen verrückten Ideen überrollt zu werden. Siehe erstes Kapitel "Geheimnis d. Goldenen Blüte", am besten in der Übersetzung von Mokusen Miyuki. Übrigens der Kommentator von Zhang Boduan gehört auch zu denen die das eher kritisch sehen. Also alles in allem sind wir da mit Klaus' still sitzen und auf den Horizont schauen vielleicht sogar eher noch näher dran als mit dem ganzen Bilder- und Trainingszeugs. Meistens ist das einfache schon komplex genug dass es reicht sich damit in die Tiefe gehend auseinanderzusetzen. Alles andere lenkt vom Wesentlichen ab. Aber um da einzusteigen ist das Forum nicht geeignet. Da muss man sich sehen und miteinander reden.

Aber ich weiß ja, ich bin nur ein unbedeutender Internetschreiberling, was kann der schon wissen. :thx:

Klaus
16-07-2020, 14:15
Ich verstehe wie man dahin kommen kann wo man gerade ist, und unterstütze die Ansicht dass man mit Text nicht weiterkommt. Ohne es zu verteufeln. Sondern entweder durch direkte Kommunikation (ohne Hauen und Stechen) oder durch Selbsterfahrung von Übungen. Ich kann die Dinge nicht mal richtig beschreiben die ich erlebt habe. Und ich wage anzuzweifeln, dass man durch das Nachmachen von etwas das man mit "durch ein Tor von XXX gehen in die Dunkelheit" umschreiben kann immer das gleiche macht. Es ist schon ein Wunder dass das funktioniert wenn jemand der weiss was er da macht dabei ist. Das mit dem Tor und XXX hört sich übrigens cool an, ist aber so ziemlich das letzte was man tun sollte, wenn man das überhaupt je tut. Am Anfang sollte man eher die Sache mit dem ins Licht greifen probieren. Das ganze klingt für unsereins mit leicht schwierigen Erlebnissen in der Vergangenheit sehr verführerisch, ist aber nicht "einfach". Einfach ist nur der Anfang mit Rumsitzen oder mit den Fingern spielen. Jetzt wo ich drüber nachdenke, die Sache mit dem ins Licht greifen sollte jeder machen.

DatOlli
16-07-2020, 14:55
Es ist von Yuhui Liang: Tao Te Ching: The New English Version That Makes Good Sense, CreateSpace Independent Publishing Platform 2018.

Gibt es auch als E-Book für unter 3,- €.
Kennt jemand den Autor? Ist die Übersetzung ernst zu nehmen?

Zum Autor kenne ich keine Hintergründe und habe auch keine Ahnung wie ernst zu nehmend die Übersetzung ist.
Ich habe mir die Kindle-Version gegönnt und konnte mit dem Vorwort nicht aufhören.
Die Übersetzung spricht mich ziemlich an.
Ob das nun ein zu empfehlendes Buch ist? Keine Ahnung. Kann ich vielleicht in 10 Jahren was zu sagen.
Bei dem Preis allerdings kann man, aus meiner Sicht, wenig falsch machen.
Besser als die Übersetzung aus dem Reclam-Verlag, aus den 80'ern kommt es mir allemal vor. Aber auch das heißt ja nichts.

Liebe Grüße
DatOlli

Eistee
21-07-2020, 00:43
Übrigens: Jan Silberstorff hat doch einen zweibändigen Kommentar zum Daodejing geschrieben.

Und dazu sogar noch ein weiteres Buch: "Das Dao De Jing im Taijiquan: Die Übungsanleitung des Laozi (https://www.amazon.de/Das-Dao-Jing-Taijiquan-%C3%9Cbungsanleitung/dp/3945430151/ref=sr_1_3?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3 %91&dchild=1&keywords=silberstorff&qid=1595288416&s=books&sr=1-3)"

Da dürfte er doch genau erklärt haben, was Wu Wei ist, und insbesondere wie Wu Wei im Taijiquan umzusetzen ist. Nach dem Titel müßte doch das ganze Buch oben davon handeln.

Ich hab's bisher nicht gelesen, aber vielleicht ja jemand anders. Näher als damit wird man den Begriffen mit vertretbarem Aufwand wohl nicht kommen. Kann ja nicht jeder Sinologie studieren.

carstenm
21-07-2020, 20:34
Ich hab's bisher nicht gelesen, aber vielleicht ja jemand anders. Ich ganz persönlich finde die Ausführungen von Jan Silberstorff an dieser Stelle nicht wirklich tiefgehend. In Bezug auf die Diskussion oben hilft sein Kommentar m.E. nicht wirklich weiter, denn darauf geht er nicht ein.

Ich selber finde Heshang Gong zu DDJ 2 hilfreich.
Und es gibt in der Übersetzung des Dao de jing von Damo Mitchell im Glossar einen kurzen Abschnitt, der trotz aller Kürze - wie ich persönlich finde - wuwei tiefer beleuchtet. In " A comprehensive Guide to Daoist Nei Gong" stellt er
wuwei als eine nur durch Praxis zu erreichende Qualität in Abhängigkeit von der Kultivierung von xing ausführlicher dar.

carstenm
21-07-2020, 20:42
Die arbeiten wie gesagt mit dem Konzept der trad. chin. Medizin. Die klassische Neidan Tradition hat das ein wenig anders strukturiert. Danke für die Hinweise! :-)

Ich habe inzwischen in "Mapping the Daoist Body" von Louis Komjathy, sowie "Nature's medicine" von Seb Smith und "The five Spirits" von Roni Edlund (beide in: "Daoist Reflections from Scholar Sage" hg.v. Damo Mitchell) noch einige weitere Hinweise gefunden, daß und wie dieser Aspekt der CM in der Longmen Linie offenbar systematisch in das neigong und das neidan der Schule integriert ist. Wie auch ansonsten unser Üben - soweit ich es jedenfalls als Anfänger verstehe - eng verwoben ist mit der Gesundheitslehre.
Auch bei Heshang Gong findet sich die Lehre der fünf Geister im Kommentar von DDJ 6. Interessant ist das insofern, als seine Zuordnung zu den Organen abweicht von der in der CM üblichen Ordnung.

Klaus
21-07-2020, 22:11
Was ja nur 2 Dinge bedeuten kann:
- eines von beiden ist falsch, oder beide
- es ist egal, weil es nur von der tatsächlichen Praxis abhängt, dann ist die Lehre irreführend oder nicht nötig

Da ich solche Übungen praktiziert habe, und das LANGE, kann ich natürlich nicht sagen ob eine davon Quatsch war, oder hilfreich. D.h. mein Zustand ist entweder auch davon entstanden, oder trotz. :)

Pansapiens
22-07-2020, 03:41
Was ja nur 2 Dinge bedeuten kann:
- eines von beiden ist falsch, oder beide

https://i.imgflip.com/490kmc.jpg

Pansapiens
22-07-2020, 03:48
Ich hab's bisher nicht gelesen, aber vielleicht ja jemand anders. Näher als damit wird man den Begriffen mit vertretbarem Aufwand wohl nicht kommen. Kann ja nicht jeder Sinologie studieren.

"vertretbar" ist da wohl subjektiv

https://de-de.facebook.com/IDSInstituteofDaodejingStudies/

Klaus
22-07-2020, 09:27
https://i.imgflip.com/490kmc.jpg

Dann braucht man aber auch nichts auswendig zu lernen, mit Stein, Schere, Holz, Luft, Hase, 47 Wandlungsphasen nach dem Mondkalender usw., wenn's beim einen so ist und beim anderen so. Dann ist es weder noch, und man kann sich das sparen und bei den Übungen bleiben. Und jetzt kommt der granatöse Gag - es gibt Kreise die haben das genau so gemacht. Und es funktioniert.

Bücherwurm
22-07-2020, 10:15
Dann braucht man aber auch nichts auswendig zu lernen, mit Stein, Schere, Holz, Luft, Hase, 47 Wandlungsphasen nach dem Mondkalender usw., wenn's beim einen so ist und beim anderen so. Dann ist es weder noch, und man kann sich das sparen und bei den Übungen bleiben. Und jetzt kommt der granatöse Gag - es gibt Kreise die haben das genau so gemacht. Und es funktioniert.

:biglaugh:

Was zählt, ist die Übung.

Gast
22-07-2020, 12:58
Interessant ist das insofern, als seine Zuordnung zu den Organen abweicht von der in der CM üblichen Ordnung.

die "übliche Ordnung" in der CM ist doch standardisiert, genau wie die Lage der Akupunkturpunkte auf den Meridianen, und anderes.
Ich meine, die Standardisierung geht auf Mao Tse Tung zurück, vorher gab es z.B. auch keine dermaßen genauen "Lagepläne" oder Karten der Punkte, wie sie heut in der jeder Heilpraktikerpraxis hängen, und jeder glaubt das wären exakt verortbare Punkte.
In den verschiedenen Überlieferungen ist es doch auch so, dass es manchmal fünf Seelen gibt, die in bestimmten Organen "wohnen", in anderen Überlieferungen wandern sie im Körper umher", sind zu bestimmten Zeiten hier oder dort anzutreffen, und wieder in anderen gibt es viel mehr Seelen als fünf.
Das ganze geht doch auf schamanistische Vorstellungen zurück, und da gab es doch sicher niemals eine "übliche Ordnung".

carstenm
22-07-2020, 17:42
die "übliche Ordnung" in der CM ist doch standardisiert, genau wie die Lage der Akupunkturpunkte auf den Meridianen, und anderes.
Ich meine, die Standardisierung geht auf Mao Tse Tung zurück, ...Seit ich nei gong übe, benutze ich bewußt die Abkürzung "CM" anstelle von "TCM".
Ich hatte ja oben schon mal irgendwo geschrieben, daß in der Longmen-Linie neben u.a. Spiritualität und Selbstkultivierung auch der gesundheitliche Aspekt ein ganz wesentlicher Inhalt des Übens ist. Man kann das nei gong dieser Linie "auch einfach" üben, um gesund zu werden, bzw. zu bleiben. Und eine ausdrückliche Kompetenz der autorisierten Lehrer dieser Schule, ist die Qualifikation, dabei umfassend zu unterstützen. Das ist deshalb wichtig, weil die Heilung und Gesunderhaltung des Körpers als Grundlage und Voraussetzung des weiteren Übens ziemlich am Anfang steht.
Die "CM" dieser Linie ist naturgemäß deutlich älter als Mao und unterscheidet wird in unteschiedlichen Punkten klar von der "TCM" unterschieden. In dem Curriculum des medizinischen College, daß der Lehrer meiner Lehrerin mit leitet, wird gesprochen von "Classical Methods" bzw. "Classical Chinese Medicine" in Abgrenzung zu "TCM".

Im konkreten Fall ging's mir ja um die Lehre der fünf shen. Die findet sich im neijing suwen im 23. Kapitel. Und sie findet sich auch in andern klassischen Texten der CM. (vergl. Rochat de la Vallée: "Aspects of Spirit. hun po, jin shen, yi zhi) Und sie findet sich in der Lehre - und eben auch im konkreten Üben - der Longemen-Linie. Alle diese Zeugnisse liegen also historisch überaus deutlich vor Mao. Und stimmen in der Zuordnung der Organe zu den fünf Aspekten des Geistes überein. Das meitne ich mit: "Die übliche Ordnung der CM".
Einzig der Kommentar von Heshang Gong weicht in der Zuordnung an einer Stelle ab. Ist aber abgesehen davon auch kein Zeugnis der modernen TCM.

Ist so etwas deutlicher, wie ich es meine?

Gast
22-07-2020, 19:38
Ist so etwas deutlicher, wie ich es meine?

Ja, ist klarer, danke.
Wobei ich immer nicht ganz verstehe, was "die Longmen Linie" ist.
Mir scheint, als gäbe es da mehrere.
Zum Beispiel wird in manchen Schulen Wang Li Ping als DER Linienhalter genannt, in der Europäischen Taiji Dao Akademie beruft man sich auf einen Shen Xijing, und Wang Li Ping findet überhaupt keine Erwähnung.

carstenm
22-07-2020, 22:36
Ja. Diese Linie ist in sich in ähnlicher Weise heterogen, wie wir es aus der Welt des aikidô kennen. Aikikai, Yoshinkan, Shodokan, Tendo ryu, ...

Und in ebenfalls ähnlicher Weise, gibt es aber auch die verbindenden Aspekte, die der Linie insgesamt gemeinsam sind und sie charakterisieren.

Ich selber beschäftige mich damit aber fast gar nicht, sondern übe schlicht und einfach.

Ich finde es faszinierend, wie zuverlässig die Didaktik dieses Übens funktioniert. Und wie Veränderungen tatsächlich geschehen.

Eistee
22-07-2020, 23:24
Ich ganz persönlich finde die Ausführungen von Jan Silberstorff an dieser Stelle nicht wirklich tiefgehend. In Bezug auf die Diskussion oben hilft sein Kommentar m.E. nicht wirklich weiter, denn darauf geht er nicht ein.
Also, "Wu wei" dürfte ja ein Begriff aus dem Daodejing sein.
Ich finde z.B. in der klassischen deutschen Übersetzung von Richard Wilhelm (https://web.archive.org/web/20071013214245fw_/http://home.pages.at/onkellotus/TTK/German_Wilhelm_TTK.html) (1873-1930):

43

Das Allerweichste auf Erden
überholt das Allerhärteste auf Erden.
Das Nichtseiende dringt auch noch ein in das,
was keinen Zwischenraum hat.
Daran erkennt man den Wert des Nicht-Handelns.
Die Belehrung ohne Worte, den Wert des Nicht-Handelns
erreichen nur wenige auf Erden.
Da ist von "Nicht-Handeln" die Rede, also von "Wu wei" (wenn schon Wilhelm das so übersetzt, wird der Begriff "Nicht-Handeln" übrigens auch in der Sinologie kaum angreifbar sein). Wenn JS jetzt ein Buch über das Daodejing und seine Umsetzung im Taijiquan schreibt, wird er um diesen Begriff, seine Bedeutung und Umsetzung wohl kaum herumkommen.
Auch in seinem Buch "Chen", 1. Taschenbuchausgabe, 2005, S.65 ff. geht er auf "Wu wei" im Taijiquan ein.
Von "spontanem Handeln" ist da die Rede. Viel kann ich mir darunter zwar nicht vorstellen, aber verschwiegen hat er den Begriff "Wu wei" sicher nicht.

Und mit "vertretbarem Aufwand" meinte ich, daß man sich halt ein, zwei Bücher dazu kauft und liest, und dann eine einfache theoretische Arbeitsgrundlage für das praktische Üben damit hat. Die muß nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Aber man hat dann halt eine gewisse Vorstellung. Die im Idealfall durch das Üben selbst mit Leben gefüllt wird.
Irgendwie muß man sich der Sache ja nähern, und sich in theoretischen Feinheiten zu verheddern, die schon rein sprachlich kaum auflösbar sind (weil auch unter den Experten kaum jemand das antike Chinesisch noch wirklich verstehen kann), hat ja nun auch keinen Sinn.

carstenm
23-07-2020, 08:41
Wenn JS jetzt ein Buch über das Daodejing und seine Umsetzung im Taijiquan schreibt, wird er um diesen Begriff, seine Bedeutung und Umsetzung wohl kaum herumkommen.
... verschwiegen hat er den Begriff "Wu wei" sicher nicht.Nein, natürlich nicht. Da hast du vollkommen recht.

Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, daß das, was er schreibt, mir persönlich nicht tief genug geht, um wu wei besser zu verstehen. Ich beschäftige mich aus religionswissenschaftlicher Sicht schon sehr lange mit daoistischen Themen. Daher reichen mir persönlich dann die einigermaßen kurzen und - wie ich finde -oberflächlichen Äußerungen von Jan Silberstorff an dieser Stelle nicht aus.
Für das eigentliche Verstehen ist m.E. ohnehin das Üben ausschlaggebend. Und dazu gibt es eben in der Schule, in der ich übe, einiges zu tun. Plus eine Übersetzung des Dao de jing durch den Lehrer meiner Lehrerin*, sowie mehrere Bücher von ihm, die das Thema - wie ich finde - sehr viel tiefergehend beleuchten, als die wenigen Sätze dazu von Jan Silberstorff.
So, wie ich es erlebe, hat auch das Studium der daoistischen Lehre einen hohen Stellenwert und den Schulen der Longmen Linie.

Mit "geht nicht darauf ein" meinte ich lediglich die sprachliche Diskussion, die hier weiter oben konkret zwischen beniwitt und kanken geführt wurde. Die sprachlichen Aspekte behandelt Silberstorff nicht, wollte ich sagen.

Er geht allerdings in seinem Kommentar des Dao de jing schon darauf ein, warum er selbst an nicht wenigen Stellen anders übersetzt, als Wilhelm und was das für das Verständnis bedeutet.

* Der übersetzt übrigens wuwei nicht, sondern lässt den Begriff stehen.

carstenm
25-07-2020, 11:00
... ein, zwei Bücher dazu kauft und liest ...Übersetzungen, teilweise mit Kommentaren, die ich schätze. Nicht unter wissenschaftlichen Aspekten, sondern als Ausgaben, "mit denen man üben kann":

- Rainald Simon: Laozi. Daodejing. Das Buch vom Weg und seiner Wirkung - enthält neben kurzen inhaltlichen Komentaren vor allem auch ausführliche textkritische, bzw. sprachliche Anmerkungen

- Red Pine [Bill Porter]: Lao-Tzu's Taoteching. With selected Commentaries from the past 2,000 Years - enthält, wie der Titel sagt, Kommentare unterschiedlicher Quellen zu den einzelnen Abschnitten

- Damo Mitchell: Dao De Jing. The Classic of Way & Virtue - enthält nur ein Glossar, aber keinen Kommentar. Mit dem Anspruch, den Text des dao de jing in die koknkrete Übungspraxis hinein zu übersetzen.

- Dan G. Reid: The Heshang Gong Commentary on Lao Zi's Dao De Jing - Wie der Name sagt die Übersetzung Heshang Gongs und natürlich auch des Dao de jing, jeweils mit einem kurzen Kommentar des Übersetzers versehen.

Alle Ausgaben haben jeweils auch den Originaltext.

Interessant auch vor allem für die sprachlichen Themen:

- Viktor Kalinke: Laozi. Daodejing. Eine Erkundung seines Bedeutungsspekrtums. Band 2: Anmerkungen und Kommentare
Band 1 enthält schlicht die Übersetzung.

Interessant neben alledem aus meiner Sicht noch:
Um zu ergründen, was wu wei meinen mag, lohnt es sich wohl, die vielen Stellen im dao de jing anzuschauen, die davon sprechen weroderwas ansonsten etwas tut (wei). Da wird ja etliches gesagt. Und auch, was Nicht/Leer (wu) an anderen Stellen meinen kann.

Klaus
25-07-2020, 12:50
Man sollte bei aller Begeisterung aber im Hinterkopf behalten, dass Interpretationen von Übersetzungen von Leuten 2600 Jahre nachdem etwas geschrieben wurde nicht identisch sind mit dem ursprünglich Gemeinten. Dafür gibt es tatsächlich Übungen die Leute in die gleiche Richtung orientieren. Gut, die sind ggf. auch 1000-2000 Jahre verändert worden, aber die einfachen davon wirken dann zuverlässig. Ohne Selbsthypnose und Brimborium, Geheimnisse, Riten, Flüche, rote Umschläge mit oder ohne Geld. Vielleicht gefällt dem einen oder anderen nicht, dass diese korrekt ausgeführt einen wieder runterkommen lassen, aber, ich finde das nicht verkehrt. Man kann es einfach tun, und nach ein paar Wochen überlegen ob man das gut findet was so passiert ist.

carstenm
25-07-2020, 13:26
Man sollte bei aller Begeisterung aber im Hinterkopf behalten, dass Interpretationen von Übersetzungen von Leuten 2600 Jahre nachdem etwas geschrieben wurde nicht identisch sind mit dem ursprünglich Gemeinten.Klar. Das ist doch selbstverständlich, oder?
Ist ja in meinem Fachgebiet als Theologe mit der Bibel auch nicht anders. Und ist ja auch schon bei Texten, die scheinbar ganz nah dran sind, ganz genauso. Letztlich doch bei jedem Text, den nicht ich selbst verfaßt habe.
Gerade darum fand und finde ich historisch-kritische Exegese, religionsgeschichtlich vergleichende Arbeit und Hermeneutik so spannend.

Ich habe mich immer schon für die historischen Textzeugnisse interessiert. Sowohl, was die jüdisch-christliche Spiritualität anbetrifft, ebenso, was den historischen Kontext und das Verstehen des aikidô von Ueshiba Morihei anbelangt. Und nun eben - wenn auch nicht mit derselben wissenschaftlichen Tiefe, weil mir das Handwerkszeug fehlt und ich nach Japanisch nun nicht auch noch mit Chinesisch anfangen möchte in meinem hohen Alter -was das nei gong der Tradition, in der meine Lehrerin steht, anbetrifft. Ich finde es einfach ausgesprochen glückbrigend, mich der Fremdheit dieser historischen Kontexte anzunähern. Das Handwerkszeug dafür zu erarbeiten, bzw. zu verfeinern. Und vor allem aber das heutige, oft so selbstverständlich Scheinende dann von der Fremdheit des ursprünglichen Kontextes her neu zu befragen.
(Und herauszufinden, daß die meisten Jünger Jesu Jüngerinnen waren. Daß "die andere Wange hinhalten" nicht ein Zeichen von Unterwürfigkeit war, sondern im Gegenteil eine Herausforderung dargestellt hat. Daß ein Samariter nicht jemand ist, der dem Judentum fernsteht, sondern einer ist, der umgekehrt als Hüter und Bewahrer der "Wahrheit" zu verstehen ist. Daß "Frieden" und "Harmonie" bei Ueshiba Morihei etwas vollkommen anderes bedeuten können, als wir es heute interpretieren. Daß es Götter des aikidô gibt. ... Daß wu wei nicht eine Handlungsmaxime ist, keine sturkturlle Parallele zum kantischen Imperativ. Sondern eine geistig körperliche Qualität, die man durch konkrete Übungen erreichen kann. ...)


Dafür gibt es tatsächlich Übungen die Leute in die gleiche Richtung orientieren. Ich schrieb ja oben schon, daß ich die klare, lineare Didaktik der Schule, in der ich übe, frappierend finde. Kein Rumgebastel, sondern tun - und erleben. Zuverlässig.
Allerdings gehört zum dem Üben in unserem Kontext eben auch das Studium von und die kontemplative Arbeit mit konkret benannten Texten. Das dao de jing ist einer davon. Cantong qi ein weiterer ...


Ohne Selbsthypnose und Brimborium, Geheimnisse, Riten, Flüche, rote Umschläge mit oder ohne Geld.Äh ... diese Beschreibung haben nichts mit der Art des Übens zu tun, die mir geläufig ist. Ich erlebe das Üben als ausgesprochen unspektakulär und vollkommen unaufgeregt rational.


Vielleicht gefällt dem einen oder anderen nicht, dass diese korrekt ausgeführt einen wieder runterkommen lassen, ...Runterkommen wovon? Woher?
Ich habe - einmal mehr - keine Vorstellung davon, worauf du dich damit beziehst. Diese Aussage scheint mir ein Beispiel für das, was ich neulich meinte, als ich schrieb, deine Gedanken oder deine Aussagen seien mir oft "zu wild", als daß ich mich darin wiederfinden könnte: Mein Üben ist vollkommen unaufgeregt. Da ist keine "Dramatik", auch keine emotionale Dramatik und ebenso kein " Brimborium, Geheimnisse, Riten, Flüche". Ich habe den Eindruck, als würdest du von etwas vollkommen anderem sprechen, als von dem, was ich in meinem Üben und bei meinem Lehrern erlebe.
Meine wildeste Ekstase besteht im Entzünden eines tibetischen Basilikum Räuchertäbchens und im forschenden Blick auf das nei jing tu, das groß in meinem Arbeistzimmer hängt ...

Eistee
25-07-2020, 15:46
Übersetzungen, teilweise mit Kommentaren, die ich schätze. Nicht unter wissenschaftlichen Aspekten, sondern als Ausgaben, "mit denen man üben kann"
Dankeschön für die Auflistung!

JS hat seine Bücher zum Daodejing ja erst relativ spät geschrieben. Vielleicht ist er sich selbst auch nicht sicher, was die daoistische Philosophie zu bedeuten hat. Immerhin sucht er, vielleicht hat er noch nicht gefunden. Es ist auch die Frage, ob die intensive Beschäftigung mit dem Daodejing überhaupt Aufgabe eines Kampfkünstlers ist. War Laotse überhaupt Kampfkünstler? Beziehen sich seine Aussagen überhaupt auf die Kampfkunst? Irgendwie scheint das ja zu passen, aber eindeutig ist es nicht.
Hier scheint mir Vieles unklar, und wenn sich jemand wenigstens bemüht, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, ist das zumindest ehrenwert, finde ich.

P.S.: Klaus verstehe ich auch nicht immer, aber das kann an mir liegen. Er hat halt seinen eigenen Stil.

Pansapiens
25-07-2020, 17:52
Dankeschön für die Auflistung!

JS hat seine Bücher zum Daodejing ja erst relativ spät geschrieben. Vielleicht ist er sich selbst auch nicht sicher, was die daoistische Philosophie zu bedeuten hat. Immerhin sucht er, vielleicht hat er noch nicht gefunden

JS interessiert sich nach meinem Eindruck für Spiritualität im Allgemeinen, insbesondere auch für christliche Mystik, Buddhismus und verlässt sich da nicht nur auf persönliche Interpretationen von angelesenem Bücherwissen.
Er hat schon länger auf der Basis von Erfahrungen eigener Retreats eine Sitzmeditation in das System eingeführt, auf der Grundlage von Chenstil (CXW) und buddhistischer Meditation (Bhikkhu Analayo).
Er bietet oder bot entsprechend Möglichkeiten sich sowohl theoretisch wie auch praktisch tiefer bzw. aufwändiger mit Spiritualiät zu beschäftigen, als Du es wahrscheinlich für vertretbar hältst.

Einführung in den frühen Buddhismus (https://www.wctag.de/archivierte_meldung.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=22&cHash=e7eefb06c098b770ef749eaa10140b69)

Ein intensives Theorie- und Praxis-Studium mit Meister Jan Silberstorff (https://www.wctag.de/meldung.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=83&cHash=fe3b0ae8a2854f8a1b824b86d979416a)


Das Institut [Institute of Daodejing Studies (IDS)] ist ein gemeinsames Projekt zur Erforschung und Vermittlung des Daodejing und durch die Zusammenarbeit von Huizhang Ren Farong, dem Louguantai Tempel, der Chinesischen Wissenschaftsakademie Xian, sowie seinem Begründer Jan Silberstorff entstanden.

(Wie genau und intensiv diese Zusammenarbeit nun aussah oder sieht, kann ich nicht sagen.)
Ist jetzt nicht alles so meins (die Sitzmeditation find ich gut, theoretische Ausführungen zum Daoismus weniger ansprechend), aber wem es gefällt....

Klaus
25-07-2020, 18:18
Äh ... diese Beschreibung haben nichts mit der Art des Übens zu tun, die mir geläufig ist. Ich erlebe das Üben als ausgesprochen unspektakulär und vollkommen unaufgeregt rational.


Ok, dass mein Post hinter deinem stand hat einen rein räumlichen Bezug. ;)

Gast
25-07-2020, 19:31
im forschenden Blick auf das nei jing tu, das groß in meinem Arbeistzimmer hängt ...

Wirklich ein interessantes Bild, das mich schon als Kind faaziniert hat, es hing bei meinen Großeltern im Wohnzimmer.
Die Erklärung war, das sei "der Mensch".
Ich konnte aber keine Ähnlichkeit zu jemandem erkennen den ich kannte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, da steckt mehr dahinter.

carstenm
25-07-2020, 19:56
JS interessiert sich nach meinem Eindruck für Spiritualität im Allgemeinen, insbesondere auch für christliche Mystik, Buddhismus und verlässt sich da nicht nur auf persönliche Interpretationen von angelesenem Bücherwissen. Ja, in der Tat.
Im August wird sein Buch: "Im Anfang war das Dao" erscheinen. Aus dem Klappentext: "Dieses Buch verweist anhand der Bibel und des Daodejing (Tao Te King), dem heiligen Buch des Daoismus, auf auf eine gemeinsame, überweltliche Grundwahrheit, die unabhängig von Kultur überkonfessionell ist und inzwischen auch von der Physik getragen wird."
Und ich meine, dass Jan Silberstorff auch Retreats anbietet, gemeinsam mit David Steindl-Rast.

Da ich gerade schreibend und unterrichtend selber an einem ähnlichen Projekt arbeite, bin ich hoch gespannt auf dieses neue Buch.


JS hat seine Bücher zum Daodejing ja erst relativ spät geschrieben. Vielleicht ist er sich selbst auch nicht sicher, was die daoistische Philosophie zu bedeuten hat.Vielleicht einfach noch mal zur Klarstellung:
Ich kann über Jan Silberstorff wenig sagen. Das ist aber keine Wertung, sondern liegt ganz einfach daran, daß er keiner der Lehrer ist, die in meinem Üben einen Ort haben. Meine neigong Lehrerin lebt in England. Und deren Lehrer inzwischn in Portugal. Und ich selber übe überhaupt kein taijiquan - sondern eben neigong.

Aus dem, was ich von Jan Silberstorff in Videos gesehen und gehört und in Büchern von ihm gelesen habe, meine ich aber ableiten zu können, daß er profunde Kenntnisse besitzt. D.h. ich glaube, daß er durchaus sehr viel darüber weiß, was die daoistische Philosophie, die er lernt und unterrichtet, bedeutet.

Ich möchte mit meiner Äußerung weder seine Kenntnisse in Frage stellen, noch sie werten.
Ich möchte einfach nur sagen, daß meine Auffassungen zu dem Verständnis von wuwei über das hinausgehen, was Jan Silberstorff in seinem Kommentar zum Dao de jing schreibt. Ich bin sehr sicher, daß er sehr viel mehr darüber zu sagen hat, als er in diesem Kommentar geschrieben hat. Ich habe aufgrund dieses kurzen Textes allerdings dennoch auch die Vermutung, daß er unter wuwei tatsächlich etwas anderes verstehen könnte, als ich es - vermittelt durch mein eigenes Üben - tue.

Pansapiens
25-07-2020, 20:53
Es ist auch die Frage, ob die intensive Beschäftigung mit dem Daodejing überhaupt Aufgabe eines Kampfkünstlers ist.


keine Ahnung, was steht denn in Deinem Vertrag?



War Laotse überhaupt Kampfkünstler? Beziehen sich seine Aussagen überhaupt auf die Kampfkunst? Irgendwie scheint das ja zu passen, aber eindeutig ist es nicht.


Seine Aussagen beziehen sich auf eine Beschreibung der Welt. Insofern Kampfkunst Teil der Welt ist, beziehen sie sich auch auf Kampfkunst.
Falls Taijiquan eine Kampfkunst ist, die sich auf daoistische Prinzipien stützt, beziehen sich allgemeine Beschreibungen daoistischer Prinipien auch auf Taijiquan.
Umgekehrt kann die Beschäftigung mti Taijiquan zu Erfahrungen führen, die eventuell mit den Texten des Daoismus beschrieben werden.
In der Spiritualität geht es IMO um Erfahrungen und nicht um den Versuch, Erfahrungen, die man nicht gemacht hat in Beschreibungen wieder zu finden, die unzureichend bleiben müssen, insofern sie sich auf Unsagbares beziehen.


https://www.youtube.com/watch?v=PGxVOsMQHbY&feature=share

kanken
02-08-2020, 13:55
Also alles in allem sind wir da mit Klaus' still sitzen und auf den Horizont schauen vielleicht sogar eher noch näher dran als mit dem ganzen Bilder- und Trainingszeugs.

Eigentlich wollte ich ja nichts mehr schreiben, aber da James Giles, als Professor für Philosophie, gerade ein Buch über den Daoismus veröffentlicht hat passen seine Zitate dazu sehr gut und widerlegen deine und Klaus Meinung dazu vorbildlich:

In seiner Analyse zum Daodejing schreibt er u.a.:


The idea of emptiness and using emptiness is restated in the next two chapters. In chapter 5, Laozi points out that a bellows does not lose its power because it is empty. In chapter 6, he points out that the emptiness of a valley is eternal and relates it to the mysterious female. Reference to the notion of the female is something that comes up in various chapters (for example, in chapters 6, 10, 61). It seems to relate to the idea of female sex organs and the womb being empty spaces: receptive but nevertheless productive. Thus in a way similar to the female reproductive organs, we also have to be empty and receptive. If we can do this, we can experience (and also in a sense produce) the Way. The mysterious female (i. e., the emptiness of the Way) is the root of heaven and earth.


He (Laozi) is firmly planted in the world of experience.


Sense experience is just where one finds the Way, and Laozi has no interest in anything that lies beyond sense experience.

Zum Wuwei schreibt er:


The third central concept in The Way and Its Power is the concept of non- action (wuwei). In a broad sense, non-action refers to actions chosen and performed by a person in a non-intentional state of mind. The idea first ap- pears in the Book of Changes. There it refers to an ability of the ideal person who uses divination to order his or her life in accordance with the processes of being rather than deliberate intention. What Laozi does is to take this con- cept out of the fatalistic context of the Book of Changes and set it within the context of daily life. For Laozi, non-action therefore refers to all chosen ac- tions that are performed without deliberate intention. This use of the con- cept ties in well with his concepts of the Way and return because it is pre- cisely through non-action that we are able to return to the source and thus to be a person of the Way—that is, a sage.
To see how this happens let us consider some chapters where the idea of non-action is put forward. In the second chapter Laozi says, “The sage man- ages affairs without doing anything, and conveys his instructions without the use of speech.” In doing this, the sage is merely following the way of nature. Thus continues Laozi, “all things spring up, and there is not one that declines to show itself; they grow, and there is no claim made for their ownership; they go through their processes, and there is no expectation of reward for the results. The work is accomplished and there is no resting in it as an achieve- ment” (2003b, 48).
Here we see that things seem to work of their own accord. The wise person who knows this manages his affairs in the same way. What does Laozi mean by this? He certainly does not mean that the wise person manages his affairs by sitting down and not moving. Doing so would, if nothing else, end in dying of starvation. Rather, just as things grow and “make no claim for ownership” when going through their courses with “no expectation of re- ward or result,” so too does the sage manage his affairs. It is not that he does nothing. Instead, it is that his affairs are done in such a way that they are not experienced as being owned by or issued from a doer or an “I”


Thus the sage’s actions are not done in a way that focuses on possible results or rewards for the actions. Of course, non-actions, just like normal actions, are done with the idea of achieving a certain goal. The difference, however, is that while normal actions are executed while holding the goal (or reward) more or less in mind, non-actions are not. In this case, the goal, which was decided beforehand, is put aside while the action is being per- formed. The awareness of the goal of the action no longer contaminates, as it were, the awareness of the action in the moment of its execution. This gives the action a sense of purity and spontaneity such that it is not weighed down or hindered by considerations that are external to it.

Alles aus „The way of awareness in Daoist Philosophy“

Na ja, ist ja jetzt nur der dritte Universitätsprofessor der eine andere Meinung hat als du oder Klaus. Werden halt alle Laozi nicht verstanden haben :rolleyes:

Es geht darum die „Leere“ zu fühlen und aus diesen Gefühlen spontan zu handeln um so das Dao (in Form der Leere) wirken zu lassen.

Pansapiens
02-08-2020, 14:11
Der kanken spielt wieder Experten-Quartett.

Ein Professor für Philosophie sticht einen Sinologen...
...zumindest, wenn man die Aussagen nicht versteht....

kanken
02-08-2020, 14:47
Wer ist denn Sinologe? Beni hat jetzt also doch einen Abschluss?

Selbst wenn, dann ist er halt Sinologe. Da sage ich Glückwunsch.

Im Daoismus geht es um Philosophie. Geldsetzers Werk ist ja eindeutig, und Prof. Hong bestätigt ihn.

Ansonsten könnte man auch noch Bill Porter anbringen, der ebenfalls die Meinung von Geldsetzer, Giles etc. stützt. Porter ist ja nur einer der bedeutendsten Übersetzer wenn es um chinesische Philosophie geht und hat 2018 den American Academy of Arts & Letters Thornton Wilder Preis für Übersetzung bekommen.

Ein Sinologiestudium befähigt nicht dazu sich über philosophische Inhalte zu äußern, das tut ein Philosophiestudium.

T. Stoeppler
02-08-2020, 14:53
Also bevor das jetzt wieder durch endlose Haarspaltereien aus dem Ruder läuft (mein Mauszeiger wird irgendwie von "Thema schließen" magnetisch angezogen.. aber noch kann ich dagegen halten...

Was soll gerade diskutiert werden?

a) was hat ein alter Daoist irgendwann mal gemeint? Da ist zwangsläufig ein Problem die Übersetzung sowie Interpretation auf Basis des kulturellen Verständnisses.

b) Welche Übungspraxis erzeugt/verbessert/ermöglicht "Handeln im Einklang mit dem Dao"?

c) Was sind die hilfreichsten Sekundärquellen?

Wenn man das durcheinanderbringt, gibt's nur verschwendete Wortfechtereien - und das ist auf jeden Fall so gar nicht daoistisch.

in anderen Worten: cool bleiben auch bei dem aktuellen Wetter.

Gruss, Thomas

kanken
02-08-2020, 14:57
c) Was sind die hilfreichsten Sekundärquellen?


Auch dazu empfehle ich Giles Werk.

Pansapiens
02-08-2020, 14:59
Wer ist denn Sinologe? Beni hat jetzt doch einen Abschluss?

Darum geht es doch - zumindest in meiner Welt- gerade nicht, was für einen Abschluss einer hat, der etwas sagt, sondern um den Inhalt des Gesagten.
Ich denke nicht, dass sich Klaus hinsetzt und auf den Horizont anschaut, in der Annahme seine "Angelegenheiten zu regeln", sondern darum, dass sich der erworbene Geist beruhigt und er Dinge wahrnehmen kann, die er sonst nicht wahr nimmt, z.B. Impulse aus der "Leere".
Wenn man diesen Zustand dann herstellen kann, kann man ihn vielleicht auch im hektischen Alltag aufrecht erhalten oder zeitweise dazu zurück kehren.

kanken
02-08-2020, 15:03
die er sonst nicht wahr nimmt, z.B. Impulse aus der "Leere".

Und genau darum geht es ja. Man muss die „Leere“ wahrnehmen und das tut man eben durch konkretes üben mit Yi. Ideen und Bilder gehören dazu. Hinsetzen und gucken hat damit nichts zu tun, es sei denn man nutzt Yi und arbeitet damit. Das ist dann auch der Bezug zum Thema, da auch einfach „Stehen“ nix mit ZZ zu tun hat. „Yi“ ist der Schlüssel dazu und wie man das entwickelt und schult.

Das I Ging war ja auch so konzipiert. Da sollten die Hexagramme dazu dienen mit Yi zu arbeiten. Giles dazu:


the ideal person must simply read the text and let the meanings appear of their own accord. These meanings will include the relation of the meaning of the hexagram to his or her own situation. He or she does this by not actively trying or using “willful intention” to find a meaning in the text.

Das betrachten der Symbole und die dadurch entstehenden Assoziationen (da man die Gedankenwelt lebt, die den Symbolen eine Bedeutung gibt) lassen einen zu einem Rat kommen.

Wieder Giles dazu:


The word dao is related to another keyword, namely de (te), a word that can mean power, force, or virtue. Here virtue is used in both the ethical sense of a moral quality and the sense of efficacy or inherent power, as in “It was in virtue of her medical treatment that she is still alive.” Again, this is a term that comes to play a role in Daoist philosophy. In the Book of Changes, it means to “realize dao in action; power, virtue, ability to follow the course traced by the ongoing process of the cosmos” (Ritsema and Karcher 1995, 99).

Yiquan ist dann nix anderes als das Üben und Nutzen von Yi in Bezug auf das Kämpfen.



Wenn man diesen Zustand dann herstellen kann, kann man ihn vielleicht auch im hektischen Alltag aufrecht erhalten oder zeitweise dazu zurück kehren.

Exakt! Genau das ist ja das Ziel des Bagua und genau das ist es was mich daran fasziniert. Man kann es immer und überall trainieren. Jederzeit.
Der Körper und der Geist sind das Werkzeug.

Pansapiens
02-08-2020, 15:23
Und genau darum geht es ja. Man muss die „Leere“ wahrnehmen und das tut man eben durch konkretes üben mit Yi. Ideen und Bilder gehören dazu. Hinsetzen und gucken hat damit nichts zu tun, es sei denn man nutzt Yi und arbeitet damit. Das ist dann auch der Bezug zum Thema, da auch einfach „Stehen“ nix mit ZZ zu tun hat. „Yi“ ist der Schlüssel dazu und wie man das entwickelt und schult.


Ah, ja.
Und durch das "Üben mit Yi" ensteht dann wohl die Fähigkeit zum Wuwei, das in dem von Dir Zitierten von normalem Handeln so abgegrenzt wird?:


Der Unterschied besteht jedoch darin, dass normale Handlungen ausgeführt werden, während das Ziel (oder die Belohnung) mehr oder weniger im Auge behalten wird, Nichthandlungen hingegen nicht.In diesem Fall wird das Ziel, das vorher festgelegt wurde, beiseite gelegt, während die Handlung ausgeführt wird. Das Bewusstsein für das Ziel der Handlung kontaminiert nicht mehr gleichsam das Bewusstsein der Handlung im Moment ihrer Ausführung. Dies verleiht der Handlung ein Gefühl der Reinheit und Spontaneität, so dass sie nicht durch äußere Erwägungen belastet oder behindert wird.

Ich kann nun nicht unmittelbar erkennen, wie daraus folgt, dass der klaussche Übungsweg falsch und der von Dir bevorzugte richtig ist.
@beniwitt: kannst Du "Yi" in's Deutsche übersetzen und vielleicht erläutern, wie das mit "dem Bewusstsein für das Ziel der Handlung" in Beziehung steht?

Pansapiens
02-08-2020, 15:37
Da es hier ja eigentlich um eine Diplomarbeit geht, schauen wir mal, was darin über das einfache Stehen steht:


Es gibt Parallelen zwischen Aspekten der Praxis des Stehens im Yiquan
und dem zazen, dem Sitzen der Zen Traditionen. In der Zen Tradition wird
das einfache Sitzen ohne Meditationsobjekt mit dem Begriff shikantaza
bezeichnet. Hunyuan zhuang ist der Form nach die äquivalente Bezeichnung im zhanzhuang. Es bezeichnet ’einfaches Stehen’ - ohne Ausrichtung auf spezielle Techniken wie bspw. den bereits erwähnten Qualitäten:
Sinken - Steigen, Öffnen - Schließen.


„In diesem Zustand von Klarheit, Kraft und innerem Frieden
(chines. Hunyuan) vollzieht sich ein Prozess tiefgreifender Reinigung und Heilung von Körper und Geist.“ (Marek 2012)

Sowohl im zazen wie auch im zhanzhuang gilt die Prämisse des ’einfachen Tuns’. Gedanken an Utilisierung wirken dem Erleben entgegen,
dennoch gilt, je mehr Bereitschaft und Kontinuität darin investiert wird, desto mehr ergibt sich zu lernen. Ein größeres Handlungs- und Erlebensspektrum eröffnet sich.
Die standhafte Verbindung zum Boden, ermöglicht letztlich, dass Erfahrenes für den Praktizierenden fassbar, begreifbar und im Alltag umsetzbar wird.

kanken
02-08-2020, 15:51
@beniwitt: kannst Du "Yi" in's Deutsche übersetzen und vielleicht erläutern, wie das mit "dem Bewusstsein für das Ziel der Handlung" in Beziehung steht?

Ich bin zwar nicht Beniwitt, aber er hat das doch schon hier getan:

https://www.benjamin-witt.com/yiquan/was-ist-yiquan/erklärung-des-namens/


Nach langem Überlegen wie ich das Zeichen für Yi in die deutsche Sprache übertragen soll, bin ich im deutschen auf die zwei Begriffe "Idee" und "Sinn" gestossen, die eigentlich das Bedeutungsspektrum von Yi im chinesischen sehr treffend wiedergeben.
Im Etymologischen Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer) steht über die Bedeutung von Idee u.a.: Urbild, Gedanke, Erscheinung; sehen, erblicken, zu erfahren suchen; Absicht; geistige, gedankliche Vorstellung, Gedanke; nur vorgestellt, gedacht, nicht wirklich.

Das Zusammenspiel von Xin und Yi
Im chinesischen setzt sich das Zeichen für Yi aus zwei Teilen zusammen. Unten ist das Zeichen für Herz (心) und darüber das Zeichen für Ton/Klang (音): Yi (意) ist also die Stimme (Inhalt, Bedeutungsträger), die aus dem Herzen aufsteigt.
Es bezeichnet also das "Sinnen" des Herzens im wahrsten Sinne des Wortes: das Herz ist das Bewusstsein; es ist wie ein Feld; das Sinnen des Herzens ist Yi und durch die Sinne kommt das Sinnen zum Ausdruck. Gleichzeitig wird alles wahrgenommene (sinnhaft erfasste) durch die Sinne vom Herzen wahrgenommen, verarbeitet und verstanden (sinngemäß verarbeitet).
Das Herz als Bewusstsein ist die Gesamtheit der Sinne; durch die Sinnesorgane kommt das Sinnen des Herzens, Yi, zum Ausdruck.

Pansapiens
02-08-2020, 15:53
Das I Ging war ja auch so konzipiert. Da sollten die Hexagramme dazu dienen mit Yi zu arbeiten. Giles dazu:


die ideale Person muss einfach den Text lesen und die Bedeutungen von sich aus erscheinen lassen. Zu diesen Bedeutungen gehört die Beziehung der Bedeutung des Hexagramms zu seiner eigenen Situation. Er oder sie tut dies, indem er oder sie nicht aktiv versucht oder "willentliche Absicht" benutzt, eine Bedeutung im Text zu finden.

Das betrachten der Symbole und die dadurch entstehenden Assoziationen (da man die Gedankenwelt lebt, die den Symbolen eine Bedeutung gibt) lassen einen zu einem Rat kommen.


"Mit Yi arbeiten" bedeutet also 'nicht aktiv zu versuchen oder "willentliche Absicht" zu benutzen'?



Wieder Giles dazu:


Das Wort dao ist mit einem anderen Schlüsselwort verwandt, nämlich de (te), ein Wort, das Macht, Kraft oder Tugend bedeuten kann. Hier wird Tugend sowohl im ethischen Sinne einer moralischen Eigenschaft als auch im Sinne von Wirksamkeit oder innewohnender Macht verwendet, wie in "Dank ihrer medizinischen Behandlung ist sie noch am Leben". Auch dies ist ein Begriff, der in der daoistischen Philosophie eine Rolle spielt. Im Buch der Wandlungen bedeutet es, "das Dao in Aktion zu verwirklichen; Kraft, Tugend, Fähigkeit, dem vom laufenden Prozess des Kosmos vorgezeichneten Kurs zu folgen" (Ritsema und Karcher 1995, 99).

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Yiquan ist dann nix anderes als das Üben und Nutzen von Yi in Bezug auf das Kämpfen.


Da stellt sich mir die Frage, ob "das Nutzen von Yi" nun das Gleiche ist, wie "das Dao in Aktion zu verwirklichen".
Vielleicht entspricht es ja "dem laufenden Prozess des vom laufenden Prozesse des Kosmos vorgezeichneten Kurs", dass ich den Kampf verliere...?

Klaus
02-08-2020, 16:04
Wenn man diesen Zustand dann herstellen kann, kann man ihn vielleicht auch im hektischen Alltag aufrecht erhalten oder zeitweise dazu zurück kehren.

Ach Quatsch. Ich sitze einfach nur so da vor dem PC, und aus unerfindlichen Gründen merkt es keiner und meine Firma bezahlt mich weiter.

Pansapiens
02-08-2020, 16:14
Ich bin zwar nicht Beniwitt, aber er hat das doch schon hier getan:


Nach langem Überlegen wie ich das Zeichen für Yi in die deutsche Sprache übertragen soll, bin ich im deutschen auf die zwei Begriffe "Idee" und "Sinn" gestossen, die eigentlich das Bedeutungsspektrum von Yi im chinesischen sehr treffend wiedergeben.
Im Etymologischen Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer) steht über die Bedeutung von Idee u.a.: Urbild, Gedanke, Erscheinung; sehen, erblicken, zu erfahren suchen; Absicht; geistige, gedankliche Vorstellung, Gedanke; nur vorgestellt, gedacht, nicht wirklich.

Das Zusammenspiel von Xin und Yi
Im chinesischen setzt sich das Zeichen für Yi aus zwei Teilen zusammen. Unten ist das Zeichen für Herz (心) und darüber das Zeichen für Ton/Klang (音): Yi (意) ist also die Stimme (Inhalt, Bedeutungsträger), die aus dem Herzen aufsteigt.
Es bezeichnet also das "Sinnen" des Herzens im wahrsten Sinne des Wortes: das Herz ist das Bewusstsein; es ist wie ein Feld; das Sinnen des Herzens ist Yi und durch die Sinne kommt das Sinnen zum Ausdruck. Gleichzeitig wird alles wahrgenommene (sinnhaft erfasste) durch die Sinne vom Herzen wahrgenommen, verarbeitet und verstanden (sinngemäß verarbeitet).
Das Herz als Bewusstsein ist die Gesamtheit der Sinne; durch die Sinnesorgane kommt das Sinnen des Herzens, Yi, zum Ausdruck.

https://www.benjamin-witt.com/yiquan/was-ist-yiquan/erklärung-des-namens/

Eine Bedeutung von "sinnen" ist, (neben über was nachdenken):


2. planend seine Gedanken auf etwas richten; nach etwas trachten

"das Sinnen des Herzen" wäre also die Absicht des Herzens.
Da müsste man nun wissen, welcher Geistesaspekt in dem Zusammenhang nun mit "Herz" (Xin) beschrieben wird und wie der wieder im Zusammenhang mit der Leere steht.
Eventuell erreicht man ja durch die von Klaus vorgeschlagene Übung, dass man "die Stimme, die aus dem Herzen aufsteigt" und die normalerweise vom geschäftigen Geist übertönt wird, hören und ihr folgen kann.
Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.

Wenn man "Yi" mit "Sinnen des Herzen" übersetzt ist mir übrigens unklar, was mit dem ersten der drei inneren Zusammenschlüsse (Xin (Herz) mit Yi (Vorstellung) verbinden) gemeint ist.
Wenn Yi nur das Sinnen des Herzen meint, dann sind die ja schon automatisch verbunden.
Mir wurde das so erklärt, dass dort Ratio und Emotionen zusammenwirken und man quasi "mit ganzem Herzen" handelt, und nicht "halbherzig", weil irgendwo noch Zweifel, Skrupel oder andere Hinderungsgründe vorhanden sind.
In dieser Lesart, wäre "Yi" etwas, was die Stimme des Herzens umsetzen kann, aber nicht ausschließlich...

kanken
02-08-2020, 16:20
Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.


Es geht immer um das Fühlen, da das „aus dem Herzen“ passiert. Konkret geht es darum die Leere zu erfahren.
Ideen und Bilder werden halt dazu genutzt Gefühle entstehen zu lassen. Man kann seinen Verstand nun einmal nicht „abschalten“ (auch wenn man manchmal meint einige würden das permanent tun). Bei uns Menschen ist bei allem immer „Yi“ vorhanden.
Es geht darum es mit Shen zu harmonisieren. Dazu gibt man Yi etwas zu tun um es zu harmonisieren.

Da sind wir dann wieder beim fühlen was ja Giles auch in das Zentrum der Lehre von Laozi stellt. Man muss die Leere fühlen und erfahren. Das ist auch eine der Kernlehren des Yiquan, des Baguas und des XingYi, das ich kenne und gelehrt bekomme.
All die Aussagen der Philosophieprofessoren bestätigen letztlich nur das, was ich unterrichtet bekomme. Da es natürlich keine Relevanz hat was ein KK-Lehrer zu sagen hat bringe ich halt Beispiele von Hochschullehrern. Im Kern könnte ich auch einfach Paul als Referenz angeben, das würde ja nur noch weniger gelten, wie ich das KKB kenne...

Shen und Yi sind Yin und Yang. Beides ist immer da und sollte harmonisiert werden. Sowohl zu viel Yang (Yi) ist schädlich, aber ebenso zu viel Yin (Shen).

Pansapiens
02-08-2020, 16:22
Ach Quatsch. Ich sitze einfach nur so da vor dem PC, und aus unerfindlichen Gründen merkt es keiner und meine Firma bezahlt mich weiter.

je nach Größe einer Organisation kann es durchaus Jobs geben, bei denen niemand merkt, wenn die keiner macht...



Sechs Jahre lang hat sich der spanische Staatsdiener Joaquin G. vor der Arbeit gedrückt.
Erst als er eine Auszeichnung für seine langjährige Arbeit erhalten sollte, fiel seine Abwesenheit auf.

https://www.spiegel.de/karriere/spanien-beamter-kommt-sechs-jahre-nicht-zur-arbeit-keiner-merkt-s-a-1077034.html


Eventuell kennt sich Joaquin G. auch mit Daoismus und Wuwei aus:


Mittlerweile ist er in Rente.
Vielleicht beschäftigt er sich nun auch legal den ganzen Tag mit dem Lesen philosophischer Schriften.
Nach eigenen Aussagen hat er das nämlich in der Zeit getan, in der er eigentlich am Schreibtisch hätte sitzen sollen.

gast
02-08-2020, 19:12
Eigentlich wollte ich ja nichts mehr schreiben, aber da James Giles, als Professor für Philosophie, gerade ein Buch über den Daoismus veröffentlicht hat passen seine Zitate dazu sehr gut und widerlegen deine und Klaus Meinung dazu vorbildlich:

In seiner Analyse zum Daodejing schreibt er u.a.:







Zum Wuwei schreibt er:





Alles aus „The way of awareness in Daoist Philosophy“

Na ja, ist ja jetzt nur der dritte Universitätsprofessor der eine andere Meinung hat als du oder Klaus. Werden halt alle Laozi nicht verstanden haben :rolleyes:

Es geht darum die „Leere“ zu fühlen und aus diesen Gefühlen spontan zu handeln um so das Dao (in Form der Leere) wirken zu lassen.

Sorry Ralph, aber das ist komplett aus dem Zusammenhang gerissen und völlig verdreht. Inhalte anderer nicht zu verstehen ist das eine, sie nicht verstehen zu wollen ist was anderes. Du hast mich ja richtig zitiert. Ich denke die Aussage war klar. Ausserdem steht sie im Kontext der Goldenen Blüte in der Übersetzung von Miyuki. Mach Dir selber ein Bild davon.

Den Professor den du diesmal zitiert hast redet ja im Prinzip von dem worüber sich die meisten hier ja grundlegend einig sind: dass Wuwei nicht einfach nur plumpes Nichtstun, oder rumsitzen ist. Auch gegen das Konzept Leerheit im Daodejing habe ich nichts gehabt. Im Gegenteil, ich hab geschrieben wenn Geldsetzer, so wie du es am Anfang falsch zitiert hast, wenigsten von "die Leere wirken lassen" geredet hätte, hätte sich die ganze Diskussion hier nicht entzündet. Mein Kritikpunkt ging von der Verwendung von "Nichts" und "Sein" für wu und you aus, sowie deine unkritische Gleichsetzung von Leere und Nichts.

Um vielleicht noch ein wenig Genugtuung auf deine Selbstherrlichkeit hier zu streuen, ich hab bis heute meinen Abschluss in Sinologie nicht zu Ende gebracht, aber ich habe einige Zeit an der Uni verbracht in verschiedenen Fächern, habe 15 Jahre am Stück in China gelebt, auch dort an der Uni gewesen und habe mich vor allem fulltime in Theorie und Praxis mit den verschiedensten Themen dort auseinandergesetzt. Und ich kann unterscheiden wann ich etwas weiss, wann ich etwas für möglich halte und wann es meine Kapazität übersteigt und ich einfach nur so mit diskutiere. Die Art und Weise wie Du hier im Forum diskutierst kann man problemlos als "youwei" bezeichnen: absichtsvolles Handeln, voll von eigenen Emotionen und Ressentiments. Ich würde mich an deiner Stelle mal versuchen mehr in Wuwei-Diskussion zu üben: Leer sein von sich selbst; den anderen erstmal verstehen und dann einfach ruhig und sachlich seine Meinung zur Tastatur zu bringen und wenn man mal ausversehen übers Ziel hinausschießt einfach loslassen zu können und sich einen Fehler einzugestehen. Das ist Wuwei in Aktion. Alles andere als nicht Handeln. Und hier schliesst sich der Kreis wieder: OHNE (absichtsvolles) Handeln.

gast
02-08-2020, 19:18
Ach ja, nur so am Rande kam mir letztens der Gedanke, dass das wuwei/youwei Problem ja nur ein Problem des Menschen ist. Daher immer wieder die Rückbesinnung zur Natur (Himmel und Erde als Vorbild). Denn alles andere in der Schöpfung ist Ziran, es ist einfach so wie es ist, nicht mehr und nicht weniger. Das ist wuwei. Der Mensch ist eben mit seinem Bewusstsein sehr ambivalent veranlagt und kann Chaos in die Schöpfung bringen. Das ist die Grundbeobachtung von der das Daodejing ausgeht. Daher immer wieder die Aufforderung sich an Ziran und Himmel und Erde zu orientieren, sprich ohne "richtendes" tun zu handeln.

T. Stoeppler
02-08-2020, 20:09
wieder eröffnet.

Gruss, Thomas

gast
03-08-2020, 10:44
Wollte das eigentlich gestern Abend noch direkt im Anschluss rausschicken....


Eine Bedeutung von "sinnen" ist, (neben über was nachdenken):


2. planend seine Gedanken auf etwas richten; nach etwas trachten

"das Sinnen des Herzen" wäre also die Absicht des Herzens.
Da müsste man nun wissen, welcher Geistesaspekt in dem Zusammenhang nun mit "Herz" (Xin) beschrieben wird und wie der wieder im Zusammenhang mit der Leere steht.
Eventuell erreicht man ja durch die von Klaus vorgeschlagene Übung, dass man "die Stimme, die aus dem Herzen aufsteigt" und die normalerweise vom geschäftigen Geist übertönt wird, hören und ihr folgen kann.

Als eine Grundbedeutung kann man es hier als Bewusstsein verstehen. Das Bewusstsein kann leer sein, widerspiegeln, selbstbestimmt sein, aber es kann auch voll und fremdbestimmt durch all die Sinneseindrücke von Aussen sein und in mir ständig etwas auslösen. Je nachdem ist die Reaktion, der Ausdruck nach Aussen hin ein anderer. Idealerweise sind Xin und Yi in ihrer Mitte und in Harmonie. Mitte und Harmonie wird dann oft mit Leere in Beziehung gesetzt.

Aber der Begriff ist genauso wie Yi und Shen sehr komplex und es kommt immer auf den Kontext drauf an. Das hängt einfach damit zusammen, dass die "verschiedenen" Geistesaspekte letztendlich eben alles Aspekte einer Sache sind, sich aber konkret unterschiedlich ausdrücken können. Dann kommt im Neidan die ganze Feindifferenzierung mit vor- und nachhimmlisch noch dazu usw. Das ganze kann ziemlich komplex werden wenn man im Verständnis verschiedener Traditionen diskutiert. Daher wollte ich nicht weiter über die verschiedenen Shen und Hun und Po diskutieren, weil sie aus der Perspektive des Vorhimmlischen immer nur der eine Kuchen sind, aus der Perspektive des Nachhimmlischen der Kuchen aber verschieden gestückelt werden kann.


Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.

Alte Diskussion mit Kanken. Unterschied Bild -- Idee. Findet sich noch irgendwo hier in den Weiten des KKB. Letztendlich sind die Begriffe ja auch nur zweitrangig, solange man sich inhaltlich klar ist worüber man redet.

Idee ist etwas was hinter das Bild geht, losgelöst ist von physikalischen Realitäten und versucht eine gewisse Qualität im Körper und im Raum um sich herum zu entwickeln. Z.B. eine Grundübung ist das Stehen im wogenden Meer. Wenn man mit einem visuellen Bild arbeitet haben haben viele Menschen oft das Problem mit der physikalischen Realität. Daher meistens die Anleitung Wasser z.B. nur bis zum Bauchnabel. Mit einer Idee zu arbeiten bedeutet, nachdem man eine Idee davon bekommen hat worum es geht, das Bild fortzuschmeissen, raus aus dem Kopf und mit allen Sinnen versuchen der Qualität mit seinem Körper nachzusinnen. Das ist durchaus eine Form der Leere und des wuwei, weil es ein ständiges "horchen" ist, und der immer wieder der neue Versuch von seinen alten, eckigen Bewegungsmustern loszulassen und die Weichheit und Verbundenheit, die Idee, des Wassers umzusetzen. Die Idee kann von leer sein gehen bis hin zu ziemlich intensiven Ideen. Auch einfach nur rumstehen und entspannen kann eine!!! von vielen Ideen sein. Aber wenn es nicht planlos und sinnlos werden soll, sollte man eben schon eine Idee davon haben was man macht. Auch wenn es vielleicht mal nur entspannt rumstehen ist. Wenn man sich klar darüber ist und es bewusst so macht, dann ist planlos eben nicht sinnlos.


Wenn man "Yi" mit "Sinnen des Herzen" übersetzt ist mir übrigens unklar, was mit dem ersten der drei inneren Zusammenschlüsse (Xin (Herz) mit Yi (Vorstellung) verbinden) gemeint ist.
Wenn Yi nur das Sinnen des Herzen meint, dann sind die ja schon automatisch verbunden.
Mir wurde das so erklärt, dass dort Ratio und Emotionen zusammenwirken und man quasi "mit ganzem Herzen" handelt, und nicht "halbherzig", weil irgendwo noch Zweifel, Skrupel oder andere Hinderungsgründe vorhanden sind.
In dieser Lesart, wäre "Yi" etwas, was die Stimme des Herzens umsetzen kann, aber nicht ausschließlich...

Der Widerspruch löst sich auf, wenn man sich klar wird, dass all die Bezeichnungen wie Herz, Bewusstsein, Verstand, Absicht, Wille usw. letztendlich Funktionsweisen eines "Seins" sind (ein Kuchen). Daher immer die Unterscheidung zwischen Vorhimmlisch und Nachhimmlisch, bzw. durch das tun (youwei) des Nachhimmlischen wieder zum nicht tun (wuwei) des vorhimmlischen zurückzukehren. Das ist die Essenz des Neidan. Aus der Perspektive der Zersplitterung muss etwas getan werden (youwei), es muss eine Anstrengung unternommen werden, um wieder zum natürlichen, Vorhimmlischen Zustand (wuwei) zurückzukehren. Ein wesentlicher Bestandteil dabei ist das leer werden von seinen fixen Vorstellungen und das hinhorchen auf das natürliche, vorhimmlische. Einmal kann ich mit meinem Yi (Absicht) einfach nur etwas übers Knie brechen wollen, dann ist im Sein des Menschen quasi nur noch der Wille (Scheuklappenmässig) aktiv. Oder durch das "leer" werden kann ich lernen offen und frei zu werden. Dann wird Yi quasi zum Bewusstsein und nimmt wahr. Herz und Yi arbeiten dann als eine Eiheit, d.h. sie sind nicht getrennt. Die Trennung ist eine theoretische und beschreibt verschiedene Wirkungsweisen ein und desselben Seins. Aus der Perspektive des Vorhimmlischen ist es Hunyuan, EIN rundes Ganzes; aus der Perspektive des Nachhimmlischen wird es als getrennt und zersplittert wahrgenommen.

Dasselbe ist mit Jing Qi und Shen. Das sind vom Wesen her nicht drei verschiedene Dinge, sondern wie Eis, Wasser und Dampf letztendlich eine Sache. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass es keine wesentliche Trennung zwischen Geist/Bewusstsein und Materie gibt, sondern nur eine auf phänomenaler Ebene.


Es geht immer um das Fühlen, da das „aus dem Herzen“ passiert. Konkret geht es darum die Leere zu erfahren.
Ideen und Bilder werden halt dazu genutzt Gefühle entstehen zu lassen. Man kann seinen Verstand nun einmal nicht „abschalten“ (auch wenn man manchmal meint einige würden das permanent tun). Bei uns Menschen ist bei allem immer „Yi“ vorhanden.
Es geht darum es mit Shen zu harmonisieren. Dazu gibt man Yi etwas zu tun um es zu harmonisieren.

Weiss jetzt nicht ob es einfach unglücklich ausgedrückt ist oder so gemeint ist. Ist mir auch ein wenig zu chaotisch das irgendwie zu ordnen zu versuchen. Ich versuch's mal so rum. Es geht letztendlich darum die Funktionsweise und das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein zu EINEM runden Ganzen (hunyuan) zu harmonisieren (he). Yi als Idee und Wahrnehmung spielt da die zentrale Mittlerrolle. Man gibt Yi nicht einfach nur etwas zu tun um es selbst zu harmonisieren, sondern durch eine zielführende Idee (Idee ist Qualität, nicht Bild, Vorstellung) versucht man mit all seinen Sinnen eine Qualität umzusetzen. Mit einer sinnvollen Idee zu arbeiten führt also das Bewusstsein aus seiner Zersplittertheit und einseitigen Benutzung zurück zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung, in der der Körper mit allen seinen Sinnen involviert ist. Das Ergebnis ist eine Harmonisierung aller Funktionsweisen des gesamten Menschen, wenn man so will von Geist/Bewusstsein und Materie. Von der Peripherie wahrgenommen sind es alles zersplitterte verschiedene Funktionsweisen. Aus dem Brennpunkt der Mitte wahrgenommen ist alles das eine Sein.


Shen und Yi sind Yin und Yang. Beides ist immer da und sollte harmonisiert werden. Sowohl zu viel Yang (Yi) ist schädlich, aber ebenso zu viel Yin (Shen).

Diese Gegenüberstellung ist ziemlich sinnlos und nichtsaussagend. Yin und Yang sind immer relativ aufeinander bezogen. Dann würde ich Shen und Yi nicht als Yin und Yang gegenüberstellen, weil sie gerade in den Kampfkünsten oft synonym gebraucht werden (li - qi - shen zu harmonisieren, bzw. li - qi - yi zu harmonisieren; oder shenyi oft als ein Wort, um eine bestimmte Qualität des Yi (hunyuan) zum Ausdruck zu bringen und es vom herkömmlichen Willen/Absicht abzugrenzen). Wenn man es schon als Yin/Yang gegenüberstellt sollte man es in einen Kontext setzen, dass jeder versteht was du ausdrücken willst. Denn genauso wie Yi ist Shen ein extrem komplexes Wort mit einem sehr weiten Bedeutungsspektrum.
Beispiel: Frau ist Yin und Mann ist Yang. Diese Aussage ist genauso sinnlos und nichtsaussagend wie die von Shen und Yi. Das weibliche ist Yin und das männliche ist Yang, damit ist dann eine bestimmte Qualität gemeint unter der man sich i.d.R was vorstellen kann. Wenn aber die Frau den Mann schlägt dann ist hier die Frau Yang und der Mann Yin. Der Mann kann von Natur aus eher Yang sein und die Frau eher Yin. Das ist aber stark verallgemeinernd und daher nicht richtig, weil es auf den Bezugspunkt, die Relation ankommt. Es gibt genauso viele Beispiele wo Frauen eher Yang sind und die Männer eher Yin. Also ohne konkreten Kontext sind solche Aussagen ziemlich irreführend.

kanken
03-08-2020, 13:00
Weiss jetzt nicht ob es einfach unglücklich ausgedrückt ist oder so gemeint ist.

Man gibt Yi nicht einfach nur etwas zu tun um es selbst zu harmonisieren, sondern durch eine zielführende Idee (Idee ist Qualität, nicht Bild, Vorstellung) versucht man mit all seinen Sinnen eine Qualität umzusetzen. Mit einer sinnvollen Idee zu arbeiten führt also das Bewusstsein aus seiner Zersplittertheit und einseitigen Benutzung zurück zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung, in der der Körper mit allen seinen Sinnen involviert ist.

Es war einfach nur oberflächlich dahingeschieden da Pansapiens eh nur Erbsenzählerei betreiben möchte. Durch die Arbeit mit Yi werden Yi und Shen in der Körperarbeit harmonisiert.




Diese Gegenüberstellung ist ziemlich sinnlos und nichtsaussagend. Yin und Yang sind immer relativ aufeinander bezogen.

Wieso ist sie sinnlos? Sie bezieht sich genau auf diese Gegenüberstellung. Yi ist, bezogen auf Shen, Yang und Shen ist, bezogen auf Yi, Yin. Nicht mehr und nicht weniger.

gast
03-08-2020, 14:44
Es ist in dem Sinne nichtsaussagend und sinnlos, weil Shen und Yi ein ziemlich komplexes Bedeutungsfeld haben und obendrein teilweise noch synonyme Überschneidungen haben. Mit Yin/Yang kann man prinzipiell alles irgendwie in Relation bringen, aber man muss es konkretisieren. Shen und Yi kann erstmal eine Menge bedeuten, aber im konkreten Kontext ist das nicht mehr so beliebig.

Nimmt man jing qi shen (精气神), dann wird jing dem Wasser zugeordnet und shen dem Feuer, während qi der Erde zugeordnet wird. Feuer/Shen ist in der Relation eindeutig Yang, während jing/Wasser eindeutig Yin ist.
Im selben Kontext wird im Neidan Yi auch der Erde, der Mitte zugeordnet. Auch das Herz wird der Erde, der Mitte zugeordnet. Alles in sich überlagernden Schaubildern von Vorhimmlischen und Nachhimmlischen Beziehungen der gesamten Geistesfunktionen des Menschen. Aber das sollte Dir ja nicht fremd sein von der Arbeit von Martina Darga über das Xingming Guizhi.

Wang hat im Yiquan immer wieder davon geredet li qi shen (力气神) und yi qi li (意气力) zu harmonisieren und zu einer Einheit zu verschmelzen. Wie grenzt du hier jetzt yi von shen ab? Was ist hier Yin und was Yang?

Im Yiquan sagt man 神要逼人 shen yao bi ren: shen soll Druck auf jemanden ausüben (oder soll jemanden bedrängen, einschüchtern). Ist das jetzt eher Yin oder Yang? Hier könnte man genauso shen durch yi ersetzen und wüsste was gemeint ist.

神在手前,力透敌背 shen zai shou qian, li tou di bei: Wenn shen vor der Hand ist (der Hand vorrausgeht), dann penetriert die Kraft den Rücken des Gegners. Da gibt es dieselben Aussagen mit Yi. (意在手前 Oder 意在天边 yi geht bis zum Horizont/Himmel) Würde sagen das ist eher eine yang Qualität, da shen/yi führt.

Dann wiederum gibt es Aussagen, auch im Yiquan, dass shen dem yi folgt. Hier könnte man sagen yi wäre yang während shen yin ist.

Dann wird shenyi oft als ein Wort benutzt, wo man wieder sehr genau hinschauen muss, ob das jetzt wirklich ein Wort ist, oder ob hier von zwei Sachen die Rede ist die einfach nur zusammen gesagt werden.

kanken
03-08-2020, 15:21
Ich denke wir müssen jetzt unterscheiden ob wir vom „wahren Yin“ und dem „wahren Yang“ reden, oder was wir betrachten wollen.
Wollen wir die phänomenale, oder die numenale Ebene betrachten? Wenn ich Yi ist Yang und Shen ist Yin schreibe, dann gehe ich von der phänomenalen Ebne aus, in der wir uns befinden und leben.

Betrachten wir die numenale Ebene, dann enthält Shen „den göttlichen Funken“ und steht für die Verbindung zum Dao, diesbezüglich wäre es in der Tat Yang. Was im Dao potentiell angelegt ist wird, wenn es in Erscheinung tritt, jedoch Yin.

Im phänomenale Alltag (also der „nachhimmlischen Realität“, in der wir ja leben) gilt aber Yi ist Yang und Shen ist Yin.

Diese Betrachtung hatte ich stillschweigend vorausgesetzt, da hast du Recht. Ich lebe in der phänomenalen Welt und das ist der Standpunkt von dem aus ich alles betrachte.

Auf Xing und Ming betrachtet steht Xing für den geistigen Aspekt (Yang) und in diesem steht Shen für den Körper, bzw. die geistliche Körperwahrnehmung. Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Geist und ist damit, auf den Geist bezogen, Yin.
Yi wiederum ist der Verstand, der das Phänomenale nur verarbeitet und abstrakt darüber nachdenkt. Yi steht, wiederum auf den Geist bezogen, für das numenale, abstrakte, und ist damit Yang.

Shen, wiederum beinhaltet das „Wahre Yang“, das es (wieder-) zu entdecken gilt.
Mit dem Körper kann ich die kontinuierlichen Wechsel wahrnehmen kann und dadurch die Ruhe in der Bewegung. Die bringt mich in Kontakt mit dem Dao.

Giles dazu:


First, although the process of return can go both ways, it seems that Laozi’s main concern is with a return to stillness and clarity. But why is this his main concern? It is because in the state of stillness, clarity, and rest we are able to free ourselves from distraction and thereby achieve what is im- portant to us.


Secondly, although the movement of awareness goes back and forth between stillness and activity, the stillness is something that exists in the midst of the activity.

Damit bewegen wir uns dann auf die Verbindung zum Buddhismus zu. Wieder Giles:


It is thought-provoking to note that this idea is quite similar to the Mahāyāna Buddhist idea that samsāra or the everyday world is nirvāna or the world of enlightenment (Nāgārjuna 2013). According to the Mahāyāna view, we exist in nirvāna all the time. The problem is we simply fail to recognize it. This failure gives rise to samsāra. Or, to put it another way, samsāra is merely the delusive perception of nirvāna. When seen in this way, one could say that the similarity of these views is also probably one of the reasons why Buddhism was adopted without difficulty by the Chinese and so easily blend- ed with Daoism.

Mit anderen Worten im Phänomenalen können wir das Numenale entdecken.

Wenn wir in der Körperarbeit auf Shen hören, dann arbeiten wir an unserem Dharmakaya. Dazu bedienen wir uns auch der Hilfe von Yi, da wir sonst auf die Stimme aus dem Herzen nicht hören können.
Auch dazu hat Giles ein sehr schönes Beispiel:


It is much like being at a loud and noisy gathering and nevertheless vaguely being able to hear, be- hind all the clamor, peaceful and gentle music being played in the back- ground. If one could focus on this music and bring it to the fore in one’s awareness, while nevertheless being aware of the clamor, then this would be analogous to returning to the source. When one loses or gives up this focus and becomes immersed in the noise, while nevertheless continuing barely to make out the music in the background, then this would be analogous to re- turning to the constant flow.

Dazu dienen die Ideen des Yiquan und auch die des Bagua.

Na ja, das ist jetzt alles recht abstrakt und philosophisch. Am Ende ist wichtig dass es um die Arbeit mit den Wechseln geht um die Ruhe in der Bewegung zu finden und die Bewegung in der Ruhe zu realisieren.

gast
03-08-2020, 16:55
Ich denke wir müssen jetzt unterscheiden ob wir vom „wahren Yin“ und dem „wahren Yang“ reden, oder was wir betrachten wollen.

Wenn wir jetzt auf die Ebene des "wahren" springen, dann ist da nur noch Taiji, dort ist Yin Yang und Yang Yin. Dort ist keine Differenzierung. Dort ist nur noch das eine Sein. Dort wird nicht mehr zwischen Geist und Materie unterschieden, denn Materie ist Geist und Geist ist Materie. Materie und Geist sind nur zwei Krücken um eine lebendige Wahrheit zu beschreiben, die sich nicht mehr in Worte fassen lässt. Das ist jetzt Neidan Theorie nach Liu Yiming. Das ist der wo du den Kommentar zum Wuzhen Pian von Zhang Boduan zitiert hast. Eine Differenzierung ist hier nur noch von theoretischer Art, da potentiell das ganze Spektrum von Geist bis Materie beinhaltet ist.


Wollen wir die phänomenale, oder die numenale Ebene betrachten? Wenn ich Yi ist Yang und Shen ist Yin schreibe, dann gehe ich von der phänomenalen Ebne aus, in der wir uns befinden und leben.

Im phänomenale Alltag (also der „nachhimmlischen Realität“, in der wir ja leben) gilt aber Yi ist Yang und Shen ist Yin.

Diese Betrachtung hatte ich stillschweigend vorausgesetzt, da hast du Recht. Ich lebe in der phänomenalen Welt und das ist der Standpunkt von dem aus ich alles betrachte.

Nachdem von dir zitierten Liu Yiming, im Wuzhen Pian und unter Vorbehalt auch im Xingming Guizhi (selbe Tradition), taucht Yi sowohl vorhimmlisch als auch nachhimmlisch in Verbindung mit Erde auf. Nur wird mit Attributen genauer differenziert zwischen Zhenyi und Wangyi (wahrem/echten Yi und ungezügeltem Yi). Genauso ist Shen immer auf dem Feuerplatz nur dass zwischen Yuanshen und shishen (ursprünglicher Geist und differenzierender Geist) unterschieden wird.

Aber wieder aufgepasst, im vorhimmlischen ist die Yin/Yang Unterscheidung von theoretischer Natur und eigentlich nicht vorhanden, sondern es wird nur noch von Taiji, dem einen Herz oder dem einen ursprünglichen Geist geredet. Yin Yang taucht eigentlich erst überhaupt im Nachhimmlischen auf.


Betrachten wir die numenale Ebene, dann enthält Shen „den göttlichen Funken“ und steht für die Verbindung zum Dao, diesbezüglich wäre es in der Tat Yang. Was im Dao potentiell angelegt ist wird, wenn es in Erscheinung tritt, jedoch Yin.

Auf noumenaler Ebene (vorhimmlisch) ist nur noch Yuanshen, oder Taiji, oder Yuanqi oder Zhenyi. Da hat das Neidan einige Namen parat, die aber letztendlich auf das eine ursprüngliche Sein hinweisen, wo es mit den Wörtern problematisch wird. Da gibt es dann keine Unterscheidung mehr zwischen Yin und Yang. Daher war mir schon klar dass es nur die nachhimmlische Ebene sein.

Es stimmt wenn du sagst, dass das vorhimmlische, das was potentiell angelegt ist, Yang ist, und wenn es in Erscheinung tritt als Yin bezeichnet wird. Dann wird aber Yuanshen und Shishen in Bezug gesetzt und nicht Yuanshen und Zhenyi oder Shishen und Wangyi, oder Yuanshen und Wangyi etc.


Auf Xing und Ming betrachtet steht Xing für den geistigen Aspekt (Yang) und in diesem steht Shen für den Körper, bzw. die geistliche Körperwahrnehmung. Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Geist und ist damit, auf den Geist bezogen, Yin.
Yi wiederum ist der Verstand, der das Phänomenale nur verarbeitet und abstrakt darüber nachdenkt. Yi steht, wiederum auf den Geist bezogen, für das numenale, abstrakte, und ist damit Yang.

Hier kann ich Dir nicht mehr folgen... Xing Ming ist im klassischen Neidan einfach eine Analogie für die geistige und die körperliche Seite im Menschen. Beide müssen kultiviert werden. Daher Xingming Shuangxiu: die doppelte Kultivierung von Xing und Ming.
Warum steht jetzt Shen mit dem Körper in Bezug?
Shen wird mit Geist übersetzt (was immer das jetzt auch heissen mag). Da macht der Satz für mich irgendwie überhaupt keinen Sinn: Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Shen (Geist) und ist damit, auf den Shen (Geist) bezogen, Yin.????
Verstand ist meinem Verständnis nach der Teil der geistigen Kräfte im Menschen der diskursiv/differenzierend denkt. Damit ist nicht Yi gemeint sondern Shishen. Ich weiss, Yi wird oft mit mind übersetzt, aber wenn wir jetzt hier bei den Neidan Begriffen und den Kampfkünsten bleiben, ist Yi nicht der Verstand, sondern Wahrnehmung, Idee, Absicht, "sinnen". Das ist ein anderes Bedeutungsspektrum als Verstand (shishen 识神).


Den unteren Teil habe ich leider nicht mehr gesehen bevor du ihn angehängt hast. Muss da auch leider ausssteigen weil mir da jetzt zuviel andere Sachen mitreinkommen. Giles Zitate für sich find ich ansprechend und wär spannend über das eine oder andere zu diskutieren. Aber das würde hier den Rahmen sprengen.

kanken
03-08-2020, 17:25
Hier kann ich Dir nicht mehr folgen... Xing Ming ist im klassischen Neidan einfach eine Analogie für die geistige und die körperliche Seite im Menschen. Beide müssen kultiviert werden. Daher Xingming Shuangxiu: die doppelte Kultivierung von Xing und Ming.
Warum steht jetzt Shen mit dem Körper in Bezug?
Shen wird mit Geist übersetzt (was immer das jetzt auch heissen mag). Da macht der Satz für mich irgendwie überhaupt keinen Sinn: Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Shen (Geist) und ist damit, auf den Shen (Geist) bezogen, Yin.????
Verstand ist meinem Verständnis nach der Teil der geistigen Kräfte im Menschen der diskursiv/differenzierend denkt. Damit ist nicht Yi gemeint sondern Shishen. Ich weiss, Yi wird oft mit mind übersetzt, aber wenn wir jetzt hier bei den Neidan Begriffen und den Kampfkünsten bleiben, ist Yi nicht der Verstand, sondern Wahrnehmung, Idee, Absicht, "sinnen". Das ist ein anderes Bedeutungsspektrum als Verstand (shishen 识神).

Sorry, da habe ich dich durcheinander gebracht, da ich zwei unterschiedliche „Geist“ Definitionen parallel benutzt habe. Normalerweise nutze ich die chinesischen Begriffe mit ihrer Definition und das deutsche Wort „Geist“ um die Gesamtheit der im Gehirn ablaufenden Prozesse zu bezeichnen. Man könnte an Stelle von „Geist“ auch „Bewusstsein“ sagen, wobei Bewusstsein mehr ausdrückt als mit „Geist“ gemeint ist.

Yi und Shen sind also beides Teile des Geistes. Diese Betrachtung folgt aus der neurobiologischen Betrachtung des Gehirns, da kann man nämlich Yi und Shen sehr schön unterscheiden wenn wir von der Wahrnehmung des Bewusstseins reden.

Yi ist der Verstand und Shen die „Emotionen“ (bzw.verstanden als Instanz, die die Gefühle an den Verstand meldet). Ich habe das hier:

https://bagua-zhang.eu/?page_id=472

mal versucht ein wenig zu erklären.

Darga legt ja sehr schön dar dass Shen die höchste energetische Form ist und mit dem Denken in Beziehung gesetzt wird, daher ja die Übersetzung mit Geist. Weiter schreibt sie ja auch das Shen wörtlich Körper bedeutet, es aber weit mehr als die Leiblichkeit umfasst. Es setzt sich aus physischen, psychischen und geistigen Energien zusammen.
Das ist eine Bezeichnung die exakt auf das neurobiologische Korrelat der emotionalen Wahrnehmung und unbewussten Sinnesverarbeitung zutrifft (die ja eng mit den Emotionen verbunden ist). Aus diesen Zentren heraus wird ja auch dann die unwillkürliche Motorik gesteuert, was ich wiederum durch die willkürliche Motorik, die durch den Verstand gesteuert wird, beeinflussen kann.

Meine Betrachtung von Yi und Shen erfolgt also auch vor dem Hintergrund meines neurobiologischen Verständnisses. Da sind Yi und Shen beides geistige Komponenten und die Arbeit damit dient der Wesensnatur (Xing), während die Arbeit mit Qi und Li die Lebensenergie (Ming) pflegen, wobei man beides nicht voneinander trennen darf und kann.

Ich habe es mal so formuliert:

„Yi ist das Werkzeug von Shen. Yi befehligt Qi. Li ist die Manifestation von Qi.“

Shen ist ein geniales Konstrukt um bestimmte Dinge des Denkens, Fühlens und Handelns zu beschreiben, ebenso Yi. Es ist erstaunlich wie viel die damals durch Nachdenken und Beobachten herausgefunden haben.
Deswegen mag ich ja auch die Idee von Giles so sehr, da er sich dem Daoismus von der Warte des „universellen Bewusstsein“, bzw. „Bewusstseins“ nähert.
Das führt uns jetzt aber sehr weit weg...

Passend dazu dieses Bild:

https://bagua-zhang.eu/wp-content/uploads/2019/01/DABCCF13-FFC1-443E-8D30-5ACB57E62E53.jpeg

Ob und wie man „Bewusstsein“ dann noch unterteilen will/muss/sollte kann man dann drüber streiten und mit Sicherheit auch wie Buddhismus und Daoismus sich ergänzen/überschneiden. Aber auch da gibt es ja nicht „den Buddhismus“ und „den Daoismus“.

Aber du hast Recht, das würde hier mehr als den Rahmen sprengen und schreiben ist da einfach nicht die richtige Kommunikationsform um das zu diskutieren.

gast
03-08-2020, 19:56
Sorry, da habe ich dich durcheinander gebracht, da ich zwei unterschiedliche „Geist“ Definitionen parallel benutzt habe. Normalerweise nutze ich die chinesischen Begriffe mit ihrer Definition und das deutsche Wort „Geist“ um die Gesamtheit der im Gehirn ablaufenden Prozesse zu bezeichnen. Man könnte an Stelle von „Geist“ auch „Bewusstsein“ sagen, wobei Bewusstsein mehr ausdrückt als mit „Geist“ gemeint ist.

Hier wird's eben ein bisschen komplex. Und da sind wir wieder bei meiner Ausgangsaussage. Einfach nur so von Yin Yang und Shen und Yi zu reden ist problematisch. Da kann man alles mit meinen und nichts. Da kann Dir kein Profi folgen und schon gar niemand der mit der Materie gar nicht vertraut ist. Oder man kann versuchen es intuitiv zu verstehen. Aber das geht meistens nur so lange gut, bis man dieselben Worte in einem anderen Kontext hört. Dann ist Chaos vorprogrammiert.


Yi und Shen sind also beides Teile des Geistes. Diese Betrachtung folgt aus der neurobiologischen Betrachtung des Gehirns, da kann man nämlich Yi und Shen sehr schön unterscheiden wenn wir von der Wahrnehmung des Bewusstseins reden.

Muss da leider passen.


Yi ist der Verstand und Shen die „Emotionen“ (bzw.verstanden als Instanz, die die Gefühle an den Verstand meldet). Ich habe das hier:

https://bagua-zhang.eu/?page_id=472

mal versucht ein wenig zu erklären.

Die Problematik der Bedeutung von Yi habe ich ja schon angerissen. Verstehe jetzt nicht wo Shen = Emotionen herkommt? Emotionen werden im chinesischen und im Kontext des Neidan mit qing (情) übersetzt.


Darga legt ja sehr schön dar dass Shen die höchste energetische Form ist und mit dem Denken in Beziehung gesetzt wird, daher ja die Übersetzung mit Geist. Weiter schreibt sie ja auch das Shen wörtlich Körper bedeutet, es aber weit mehr als die Leiblichkeit umfasst. Es setzt sich aus physischen, psychischen und geistigen Energien zusammen.
Das ist eine Bezeichnung die exakt auf das neurobiologische Korrelat der emotionalen Wahrnehmung und unbewussten Sinnesverarbeitung zutrifft (die ja eng mit den Emotionen verbunden ist). Aus diesen Zentren heraus wird ja auch dann die unwillkürliche Motorik gesteuert, was ich wiederum durch die willkürliche Motorik, die durch den Verstand gesteuert wird, beeinflussen kann.

Shen Körper (身) und Shen Geist (神)sind zwei verschiedene Zeichen/Wörter, die phonetisch gleich ausgesprochen werden, aber einen anderen Ton haben.


Meine Betrachtung von Yi und Shen erfolgt also auch vor dem Hintergrund meines neurobiologischen Verständnisses. Da sind Yi und Shen beides geistige Komponenten und die Arbeit damit dient der Wesensnatur (Xing), während die Arbeit mit Qi und Li die Lebensenergie (Ming) pflegen, wobei man beides nicht voneinander trennen darf und kann.

Ich habe es mal so formuliert:

„Yi ist das Werkzeug von Shen. Yi befehligt Qi. Li ist die Manifestation von Qi.“

Shen ist ein geniales Konstrukt um bestimmte Dinge des Denkens, Fühlens und Handelns zu beschreiben, ebenso Yi. Es ist erstaunlich wie viel die damals durch Nachdenken und Beobachten herausgefunden haben.
Deswegen mag ich ja auch die Idee von Giles so sehr, da er sich dem Daoismus von der Warte des „universellen Bewusstsein“, bzw. „Bewusstseins“ nähert.
Das führt uns jetzt aber sehr weit weg...

Finde ich spannend das von Neurobiologischer Seite her aufzuschlüsseln zu versuchen und ich bin mir sicher, dass das was neurobiologisch analysierst in sich stimmig ist. Aber die Übertragung auf die klassische Neidan Terminologie ist noch ein wenig holprig würde ich sagen ;)

Aber es ist wirklich sehr komplex das aufzuschlüsseln weil die Worte einfach wahnsinnig komplexe Bedeutungsspektren haben. Da muss man sich erstmal klar machen in welcher Weise man ein Wort benutzt. Meistens ist Chaos vorprogrammiert....

Rein von der Etymologischen Zeichenzusammensetzung her kann man Shen einfach als das verstehen, was sich im Raum ausbreitet. Das Herz als Bewusstsein ist das, was den Menschen in seinem Sein bewusst sein lässt. Das Bewusstsein was nach aussen getragen wird, was sich im aussen ausbreitet ist der Geist. Bewusstes Handeln, wahrnehmen, sinnen ist dabei Yi. Der Geist ist aber auch Träger aller Reize die nach innen geleitet werden und vom Bewusstsein aufgenommen werden, was wiederum zu Reaktionen führt. Dabei kann man von äusseren Reizen und Inneren Mustern getrieben sein, oder alles was eindringt oder aus dem Unterbewussten aufsteigt wird vom Bewusstsein einfach nur widergespiegelt ohne davon gleich fortgetragen zu werden...... Müsste man wirklich mal versuchen die ganzen Bedeutungspektren unter einem Hut zusammenzubringen.

kanken
03-08-2020, 20:04
Shen Körper (身) und Shen Geist (神)sind zwei verschiedene Zeichen/Wörter, die phonetisch gleich ausgesprochen werden, aber einen anderen Ton haben.


Bin ich voll bei Dir.
Das mit dem Geist und dem Körper steht so in Dargas Dissertation.
Da bin ich sofort drüber gestolpert und plötzlich machte es aus neurobiologischer Sicht absolut Sinn.

Vorher hätte ich Geist (Shen) auch immer vom Körper getrennt, eben weil es ja zwei unterschiedliche Wörter sind.

Wenn Du jedoch Shen (Geist) in Kontrast zu Yi stellst und dann Shen (Körper) in Relation dazu stellst dann macht es auf einmal „klickt“.
Shen (Körper) ist dann natürlich nicht Shen (Geist).

Das jetzt aber schriftlich auseinander zu klamüsern ist mir aber auch zu langwierig. Das geht bei einem Tee wesentlich unkomplizierter.

DatOlli
04-08-2020, 08:25
...
Das jetzt aber schriftlich auseinander zu klamüsern ist mir aber auch zu langwierig. Das geht bei einem Tee wesentlich unkomplizierter.

Schade, das ist so ein Faden, den ich im halbjährlichem Abstand wiederholt lesen werde. - Da werde ich vmtl. jedesmal was neues entdecken.
Jedenfalls vielen Dank an euch.

Liebe Grüße
DatOlli

kanken
04-08-2020, 08:51
Rein von der Etymologischen Zeichenzusammensetzung her kann man Shen einfach als das verstehen, was sich im Raum ausbreitet. Das Herz als Bewusstsein ist das, was den Menschen in seinem Sein bewusst sein lässt. Das Bewusstsein was nach aussen getragen wird, was sich im aussen ausbreitet ist der Geist. Bewusstes Handeln, wahrnehmen, sinnen ist dabei Yi. Der Geist ist aber auch Träger aller Reize die nach innen geleitet werden und vom Bewusstsein aufgenommen werden, was wiederum zu Reaktionen führt. Dabei kann man von äusseren Reizen und Inneren Mustern getrieben sein, oder alles was eindringt oder aus dem Unterbewussten aufsteigt wird vom Bewusstsein einfach nur widergespiegelt ohne davon gleich fortgetragen zu werden...... Müsste man wirklich mal versuchen die ganzen Bedeutungspektren unter einem Hut zusammenzubringen.

Dein Text, den ich hier zitiert habe, trifft exakt auf die Funktionsweise des Gehirns zu. Sowohl “Shen” kann man neurobiologische Korrelate zuordnen, als auch Yi. Nichts, was du schreibst, widerspricht in irgendeiner Weise der Funktionsweise des Gehirns.
Die beschreibende Herangehensweise der östlichen Denkwelt ist natürlich sehr viel intuitiver zu verstehen als das analytische westliche Modell bei dem man tief in die Physiologie, Neuroanatomie, Psychologie und Bewegungslehre einsteigen muss. Aus diesem Grund versuche ich auch immer wieder Auf der Homepage komplexe neurobiologische Sachverhalte möglichst einfach darzustellen.

“Holprig” stimmt dabei natürlich auch. Ich habe das Ganze ja auch nicht für ein wissenschaftliches Fachpublikum ausgearbeitet, weder neurobiologisch, noch sinologisch, noch philosophisch. Den Anspruch habe ich da schriftlich in einem Forum, oder auf einer kleinen Vereinshomepage, nicht.

Wenn man so etwas “professioneller” aufzieht und noch Sinologen und Philosophen mit an den Tisch holt, dann kann das natürlich sehr interessant werden, da man bei solch einem Austausch sehr viel tiefer in das Verständnis eintauchen kann und Wissen so sehr viel schneller austauschen kann.

Man sollte da mal über einen “runden Tisch” zum “Menschenbild im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und (östlicher) Philosophie” nachdenken :cool:

marasmusmeisterin
05-08-2020, 15:07
Wenn man so etwas “professioneller” aufzieht und noch Sinologen und Philosophen mit an den Tisch holt, dann kann das natürlich sehr interessant werden, da man bei solch einem Austausch sehr viel tiefer in das Verständnis eintauchen kann und Wissen so sehr viel schneller austauschen kann.
Man sollte da mal über einen “runden Tisch” zum “Menschenbild im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und (östlicher) Philosophie” nachdenken :cool:

Ja, gute Idee! Schick das doch mal an KK_Baghira. Wenn der sich - übernächstes Jahr - von seinem aktuellen Mega-Vorhaben erholt hat, und keine blutenden Magengeschwüre zurückbehalten hat, hat er gleich eine neue aufgabe. Da könnten auch ein paar philosophische oder sinologische Arbeiten dran geschrieben werden.

Denn: genau das ist m.M.n. der Knackpunkt in diesem Faden. Natürlich kann man sich seine Begriffe selber definieren, aber der andere muß das auch 1. wissen und 2. verstehen können. Das ist nicht nur die Diskrepanz zwischen "westlicher Wissenschaft" (- es gibt nur eine, westlich oder sonstwie-) und allem anderen, sondern einfach ein Verständnisproblem. Gerade da, wo es auch um Übersetzungen geht.
Ich empfehle zum Verständnis des kulturellen Hintergrunds Paul U. Unschuld, Traditionelle Chinesische Medizin, C.H. Beck Verlag, Beck Wissen. Da geht kurz und knackig ganz schön viel Lack ab.
Für philosphisch-religiöse Begrifflichkeiten kann man das dann potenzieren.

KK-Baghira
05-08-2020, 19:17
Ja, gute Idee! Schick das doch mal an KK_Baghira. Wenn der sich - übernächstes Jahr - von seinem aktuellen Mega-Vorhaben erholt hat, und keine blutenden Magengeschwüre zurückbehalten hat, hat er gleich eine neue aufgabe.

:ups: Aber ich wollte danach doch in Rente?...
Soll ich nun panisch vor diesem Neu-Projekt weglaufen oder drauf zu? Klingt faszinierend ... aber wie sagte schon der große Bodhidharma - zumindest in einem fiktiven Interview von Graham Priest in den Mund gelgt: "Ah... Fascination. Another attachment to an illusory world"

Ich warte erstmal ab, wie sich das aktuelle Mega-Projekt entwickelt :D