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Ich denke über Yi im Training nicht nach ... ebensowenig wie über Acetylcholin oder Membranpotentiale. Ich könnte höchstens auf diese Begriffe zurückgreifen, wenn mich jemand nach einer komplizierten Erklärung fragt ... aber weshalb sollte das jemand tun ;)?
Yi taucht (bei uns ...) wenn überhaupt nur in Erklärungen auf, nicht in Anweisungen :)
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Man muss unterscheiden, was man wissen will:Zitat:
Aus diesem Vergleich heraus, frage ich mich, ob hinter Yi letzten Endes vielleicht nur hohe Aufmerksamkeit steht
Geht es darum, rauszufinden, wie man richtig trainiert, oder was irgendwelche Anleitungstexte wie z.B. irgendwelche Klassiker bedeuten.
Beides erfordert eigene Regeln, und wenn man sich für Texte und Begriffe interessiert, dann muss sich zuerst um die Regeln der Sprache kümmern, weil es sonst passiert, dass man die Lehrinhalte unkontrolliert in die unverstandenen Begriffe reinprojiziert. Dann findet man in den Texten auch nichts, was man nicht ohnehin schon weiß oder glaubt, und wundert sich, warum nicht alle das glauben, was man selbst dabei "versteht".
Nicht alles, was im Training wichtig und richtig ist, steckt in den Begriffen drin.
Was die Konzentration betrifft, ist es so, dass Konzentration nunmal einfach Konzentration ist. Leider kann die Konzentrationsfähigkeit des Menschen fast nur in inhaltlicher Hinsicht geschult werden, aber nicht wirklich quantitativ verbessert werden. D.h. man kann lediglich lernen, dass man sich in möglichst geschickter und effektiver Art auf die richtigen Dinge konzentriert, und dieses auch intensiv übt. Man kann sich dadurch aber nachher nicht wirklich "besser" im Sinne von "mehr" oder "stärker" konzentrieren, es sei denn, man war vorher irgendwie beeinträchtigt durch ungesunde Lebensführung o.ä..
Dementsprechend gibt es auch kein "Yi", was gestärkt oder "angesammelt" werden könnte, sondern Yi ist einfach Yi, d.h. das Bewusstsein, wie es eben ist.
Klassische Anweisungstexte sind nicht die heilige Schrift, können aber die Erläuterungen des Lehrers ergänzen, falls er sich nicht ohnehin darauf bezieht.
Wichtig ist aber die direkte Unterweisung, die praktische Erfahrung in den richtigen Kontext mit den Begriffen stellt. So ändert sich mit dem Fortschreiten das Verständnis der Begrifflichkeiten.
Fehlt der praktische Bezug, kommt es zu den bekannten Stilblüten, wie Schüler die tatsächlich denken, sie könnten sich ohne Muskelkraft bewegen.
Eine gewisse Geistesschulung oder besser Geistesberuhigung ist schon, zumindest im klassisch trainierten Chenstil, vorhanden.
Dadurch erreicht man (allerdings sehr allmählich:p) eine größere geistige Klarheit.
Du kannst jetzt natürlich die Geistestrübung oder die starke sprunghafte Gedankenaktivität unter Beeinträchtigung durch ungesunde Lebensführung einordnen. Allerdings könnte man dann auch Fehlhaltungen und energetische Blockaden (Verspannungen), die das Jin schwächen, so sehen;).
Tatsache ist, das der durchschnittliche Mensch diese Qualitäten durch Training steigern kann.
Für mich ist der Hauptzugang zu den Begrifflichkeiten Yi, Xin, Qi, Jin, Li die inneren drei Zusammenschlüsse (Nei San He) die als Bestandteil der sechs Harmonien ja in den meisten CMA vorkommen.
Die Chen-Version:
Xin Yu Yi He - Das Herz verbindet sich mit der Aufmerksamkeit - Geist
Qi Yu Li He - Die Energie verbindet sich mit der Kraft - Energie
Jin Yu Gu He - Die Sehnen verbinden sich mit den Knochen - Körper
Hier ist auch die Antwort enthalten, ob man mit Yi, Qi, Jin oder Li agiert: Ja, alles arbeitet zusammen!
Nun gibt es durchaus verschiedene Ansichten darüber, ob das Nei San He einfach eine Beschreibung darstellt, wie die Aussteuerung von Bewegung durch den Geist funktioniert, oder ob es eine Trainingsanweisung /-Ziel darstellt.
Für den Blick auf Yi ist die erste, geistige Ebene interessant.
Es gibt mindestens zwei Interpretationsmöglichkeiten:
die profane Beschreibungs-Interpretation:
Emotionen/Triebe (Xin) werden zu Handlungsabsichten (Yi)
Das würde mit der modernen Sicht der Dinge übereinstimmen, dass unsere Handlungen zwar mit dem Verstand oder zumindest motorischen Hirnstrukturen ausgeführt werden, ihre Ursache, ihren Antrieb aber in Emotionen oder eben "Trieben" haben (von Reflexen mal abgesehen).
die Version, wie sie in der WCTAG (als Lernziel) vermittelt wird:
Xin wird ebenfalls als Trieb, Emotion (oder freudsches "ES") gedeutet.
Yi als (kontrollierendes?) Bewusstsein oder auch Handlungsabsicht.
Zwischen dem Herzen und dem "Verstand" kann es zu Konflikten kommen:
Ich werde wütend, möchte jemanden schlagen, aber mein Verstand weiß um die Konsequenzen und ich beherrsche mich.
Oder ich habe die Ansicht, dass ich meine Meinung vertreten sollte, tue es aus Angst aber nicht.
Solche inneren Konflikte sind natürlich dem Kampferfolg abträglich, daher lautet das Ziel:
"Wenn Du handelst (kämpfst), dann mit dem ganzen Herzen, ohne Zweifel (oder Skrupel)!"
Eine Zielsetzung, die auch anderen Methoden der Geistesschulung (z.B. Zen) nicht fremd ist.
Darüberhinaus gibt es die Anweisung, das Yi sollte nicht (zu sehr) auf das Qi gerichtet sein, sonst wird sich das Qi zerstreuen (was man bei manchen esoterischen Sumpfblüten beobachten kann :rolleyes:).
Wie gesagt ergibt sich die (persönliche) Interpretation der Begriffe durch den Praxisbezug und den Austausch mit entsprechenden Lehrern.
Die chinesischen inneren Künste sind angewandte Künste mit einer großen subjektiven Komponente.
Daher sollte man IMO die Begriffe oder Texte nicht als objektive Gebrauchsanweisung oder Fachbegriffe/-Literatur verstehen, die ohne weitere persönliche Unterweisung die Kunst erklären.
Edit: Vielleicht sollt man die Beiträge ab Nr. 12 in ein separates Thema ausgliedern
In vielen Situationen gebe ich Dir da recht, oft wird zu sehr "gewollt" und nachgedacht und man hindert sich so daran, Dinge im Training wirklich zu erfahren.
Jedoch gerade was Yi angeht, bin ich anderer Ansicht. Für mich steht Yi für Intention. Und auf Intention muss ich mich, gerade als Anfänger, konzentrieren. Fehlende Intention ist bei vielen als Ursache für die schlechte Ausführung von Techniken oder schlechte Kampfesfähigkeit zu sehen. Dem Praktizierenden mal zu erklären was Yi also ist und wie man es entwickeln und nutzen kann, ist mehr als sinnvoll. Dafür gibt es auch schöne Qi Gong Übungen ... ;)
So würde ich das auch sehen, und zwar auch als unbewusste Handlungsabsicht. Die Leute haben auch früher schon gemerkt, dass man sich eher weniger bewegt, wenn man schläft oder tot ist, und daraus haben sie wohl geschlossen, dass das Bewusstsein was mit den Bewegungen zu tun hat. Der Geist alleine kann es nicht sein, denn ich kann mir eine Bewegung vorstellen, ohne sie auszuführen. Da fehlt also noch ein Bindeglied. Nennen wir es doch Yi :p
Natürlich erfährt ein derartiger Begriff, ist er erst einmal etabliert, zahlreiche Veränderungen, Verfeinerungen und Korruptionen. Genauso wie Qi, das von einem nahrhaften Luftbestandteil zu einer Art Universalnahrung aufgestiegen ist. Man muss sich also nicht mehr wundern, dass nach mehreren Jahrhunderten vielleicht nicht mehr alle irgendwo auftauchenden Yi-Erwähnungen unter der gleichen Hut zu bringen sind.
Grüße,
Trinculo
Und wie erklärst Du Deinen Schülern den Unterschied zwischen "Wollen" und "Absicht"? Ich will keinen Fauststoß ausführen, aber ich habe die Absicht, es zu tun :)?
Ich verstehe Intention als weiter gefasst als nur Wollen oder Absicht.
Intention ist auch die Einstellung, der Focus, die Konzentration bei einer Aktion.
Ohne Wollen und Absicht geht natürlich auch nichts, zuviel ist aber schlecht. Da sind wir wohl einer Meinung.
Bei vielen Taiji übenden ist es gerade die fehlende Intention (Focus etc) die das ganze "nur" nach Gymnastik aussehen läßt.
Bei richtig guten Leuten (Wang Chieh, Mike Martello, Zhang Xin Bin) fehlt das Yi nie. Wenn Zhang YiQuan demonstriert, ist es natürlich, weich aber it Intention. Und die Intention liegt deutlich im Martial Arts Bereich ....
Einstellung ist doch etwas sehr allgemeines. Welche unterschiedlichen Einstellungen könntest Du Dir denn bei einer bestimmten Bewegung vorstellen?
Konzentration ... auf was konzentrierst Du Dich genau ;)?
Insgesamt fände ich es verwirrend, all die oben genannten Begriffe unter "Intention" zu subsummieren. Intention ist nun mal Absicht, das würde ich schon von Konzentration (die mit Fokus wohl weitgehend identisch ist) abgrenzen. In jedem Fall sind Konzentration und Fokus sehr "bewusste" Komponenten ;)
Und es ist klar, dass sie bestenfalls im Training, aber sicherlich nicht in einer Selbstverteidigungssituation auftauchen :)
Was mantis schreibt, finde ich sehr richtig. Ich sehe das so, dass sich diese Sauberkeit, Präzision und auch mentale Klarheit, die man dann in den Bewegungen sieht, vor allem daraus ergibt, dass diese Leute ein sehr sauber ausgewogenes Konzept der Bewegungen und aller nötigen Qualitätsmerkmale und Anforderungen haben. Dadurch können sich die Praktiker geistig auf alle Aspekte konzentrieren, und alle Ideen und Intentionen werden auch umgesetzt, und bleiben nicht nur theoretische Wunschträume, wie es irgendwann mal sein soll. Gleichzeitig ist der Weg der Konzentration durch die Übung zusammen mit den Bewegungen eingeschliffen, so dass sich der Geist in Harmonie mit dem Körper im Einklag mitbewegt, weil eben beides und alles zusammengehört. Dsa entsteht natürlich nur durch Übung und immer feineres Basteln an den Bewegungen.
Wo ich aber drauf hinweisen möchte, ist, dass "Yi" nicht erst dann vorliegt, wenn so eine Abstimmung von Geist und Bewegung durch viel Übung erworben wurde, und durch das Üben und Verbessern dieser Abstimmung sich das "Yi" im eigentlichen Sinne auch nicht verbessert, oder "mehr" davon entstehen würde, sondern das Yi ist von Anfang an vorhanden, wird aber durch Übung in die ganzen Zusammenwirkungen mehr und mehr eingebunden.
Yi hat jeder Ungeübte, genauso wie jeder Ungeübte die gleichen Beine oder Arme hat, wie jeder Geübte auch. So wie man durch Üben nicht wirklich bessere oder "mehr" Arme oder Beine bekommt, bekommt man durch Üben nicht mehr oder besseres Yi, sondern man muss mit dem Leben, was man hat.
Aber ebenso wie man lernen kann, seine Arme und Beine besser zu steuern, kann man lernen, sein Yi besser zu kontrollieren.
Deswegen braucht man sich aber auch nicht großartig um ein Verständnis bemühen, was "Yi" denn nun wirklich ist, oder ob es sich von "Absicht", "Konzentration" usw. nun irgendwie unterscheiden würde (was es nicht tut).
Man braucht sich ja auch nicht darum kümmern, wie man "Bein" und "Arm" genau definiert, oder ob das chinesische Wort "tui" für "Bein" was leicht anderes bedeutet als das deutsche Wort. Es reicht, wenn man seine Beine beim Üben richtig bewegt oder stillhält, je nach dem.
Dementsprechend braucht man ein Konzept, man braucht die Absicht (=Yi), dieses Konzept in jeder Sekunde umzusetzen, und man braucht die Konzentration (=Yi), dass das ganze nicht nur Absicht bleibt, sondern tatsächlich geschieht. Das Werkzeug dafür ist das Yi, nicht das Ergebnis.
Yi wird notorisch ungeeignet übersetzt, damit es für manche Leute immer was mit Wollen und total konzentrieren zu tun hat. Eigentlich ist etwas gemeint, das zwar eine geradezu unheimliche Aufmerksamkeit schafft, aber eben dadurch dass man das "Merken" von Gefahren einem tieferen Bewusstsein überlässt. Das greift dann obwohl man rumdöst ruckartig und heftig, mit überragender Präzision ein.
Das beste Beispiel hat FG schon genannt, AUTO FAHREN. Man stiert nicht wie bekloppt auf die Strasse und konzentriert sich unheimlich, sondern man fährt sogar entspannt und lässt sich mehr oder weniger treiben, nur ohne die Augen von der Umgebung zu nehmen. Die Konzentration ist nach genügend Erfahrung einfach da, und stellt sich auch von alleine beim Einsteigen ein. Und wenn dann was kommt, fahren solche Autofahrer wie von selbst aus der Gefahr.
Das gleiche gilt für Selbstverteidigung. Wenn man ausreichend viel seine Partnerübungen macht, wo man längere Zeit immer wieder die penetrant kommenden Hände ableitet, dann geht das irgendwann von alleine. Auch wenn man Zeitung liest, oder gerade die Treppe putzt. Voraussetzung ist allerdings, dass man das Gefühl sich auch wehren zu wollen zugelassen hat, sonst kommt es immer zu Konflikten zwischen dem was der abwehrende Geist machen will, und was andere Gefühle wollen die sich lieber verstecken oder unterwerfen. Letzteres führt immer dazu dass man in die Fresse bekommt. Auf solche Gefühle wirken Standübungen übrigens ebenfalls, weil das Unterbewusstsein dabei Zeit hat sich darum zu kümmern. Das blosse Vorhaben DASS man die Zeit nimmt mit der losen Intention sich um seine Verteidigungsfähigkeit, Gesundheit und Unversehrtheit zu kümmern führt zu solchen Prozessen.
Wenn man unbedingt wollte, liesse sich, über geeignete Methoden der Hirnforschung, sicher feststellen welcher Teil der normalerweise "schlummert" da plötzlich aktiv wird. Wer das nie erlebt hat, mag jetzt glauben dass er das auch hat, oder vehement streiten es gäbe sowas nicht, letzten Endes kann es einem völlig egal sein was so jemand meint. Wer das mal erlebt hat weiss dass es das gibt, Punkt.
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Meine Vorstellung und Erfahrung von Yi ist folgende.
Ich finde den Begriff Fokus ganz gut, wenn er sicherlich auch nicht alles abdeckt.
Also nehmen wir an ich stehe und bewege meine Arme langsam nach vorne.
Denke ich dabei daran was ich gestern gegessen habe, arbeite ich ohne Yi.
Bin ich aber mit meiner Aufmerksamkeit in den Armen und benutze z.B, Visualisierungen wie das ziehen von Fäden, arbeite ich mit Yi.
Bewege ich meine Arme und bin mit der Aufmerksamkeit in den Beinen(also wirklich in den Beinen und nicht wie ich mir meine Beine vorstelle) dann bin ich auch mit dem Yi in den Beinen.
Ich habe mal den Spruch gehört eine Bewegung ohne Yi ist eine tote Bewegung.
Meiner Erfahrung nach bekommt man mit dem Training mit Yi einen sehr starken Fokus. Also auch bei anderen Aktivitäten, wenn ich mich auf den Punkt konzentriere habe ich automatisch einen wesentlich klareren und stärkeren Fokus als früher.
Gruß Beißer
Dann wären fast alle natürlichen Bewegungen "tot". Man stellt sich nichts vor, man reagiert einfach.
Diese Vorstellungen sind lediglich Krücken, ein bestimmtes Bewegungsgefühl zu erzeigen. Hat man das Gefühl selbst, sollte man den Ballast loswerden. Es sollte nichts zwischen den Grund für die Bewegung und die Bewegung selbst treten. Wenn ich das Wort tausendmal verwendet habe und es in Fleisch und Blut übergegangen ist, kann ich die Eselsbrücke vergessen. Je eher, desto besser, was für das Kämpfen noch in stärkerem Maße gilt. Im Gespräch ist es nicht tragisch, wenn ich eine halbe Sekunde benötige, um ein Wort "nachzuschlagen" ... im Kampf schlägt der Gegner in der Zeit nach mir :D
Trinculo: ernste Frage, unterrichtest Du selber? Es scheint mir, als wenn Du vieles als selbstverständlich annimmst und danach Begriffe definierst.
Zuerst einmal ist aber nichts selbstverständlich und muss sich entwickeln. Ich erinnere mich an einen Flapsigen Spruch von Dir, das es im YiQuan keine Techniken gäbe, die auf Seminaren, im Training etc unterrichtet werden können. Wenn doch ist es eben kein YiQuan. QUATSCH! Auch im YiQuan stehen Techniken am Anfang und erst später löst man sich mehr und mehr davon. Genauso bei der Arbeit mit Yi. Die Art wie sie Beißer geschildert hat, ist dabei eine von vielen guten Möglichkeiten und eine der möglichen Erklärungen. Schüler die mit CMA beginnen haben aber erstmal keine Ahnung von irgendwas und müssen auf das Verwenden und Übben von und mit Yi gebracht werden. Erst nach laaaanger Zeit wird es zur Selbstverständlichkeit und ist natürlich vorhanden, wie es sein sollte.
Das soll hier kein Angriff sein, nur eine Überlegung.
Es gibt durchaus verschiedene Methoden, das Yi (geist, Konzentration, Absicht) einzusetzen. Das beinhaltet sowohl manchmal sehr starke Fokussierungen, sagen wir mal ähnlich wie beim Jonglieren, Seiltanzen, Skifahren o.ä., wo ein winziges Abweichen von der Aufgabe sofort zum Unfall führt, und man wieder von vorne anfangen kann. Es gbt auch lockerere Formen, seine Aufmerksamkeit (Yi) einzusetzen, dann z.B. ähnlich wie beim Autofahren, wo man zwar einerseits auch ein gewisses Mindestmaß an Konzentration aufbringen muss, aber seine Konzentrationsleistung nicht die ganze Zeit am Maximum halten muss.
Man kann hier nicht sagen, dass eine wäre Yi und das andere nicht, oder das eine wäre "das wahre Yi" und das andere schlechteres Yi, o.ä..
Beides ist Yi, und in gewissem Sinne gleichwertig, abgesehen davon, dass Seiltanzen evtl. schwieriger ist als Autofahren.
Beide Formen, sich zu konzentrieren, können in KKs von Bedeutung sein, und beide (oder noch andere) können verschiedenartig in Übungen eingebettet sein.
Das Problem ist, dass bei vielen Übungen (z.B. Formen) der Zwang, sich richtig zu konzentrieren, von den Umständen nicht so gegeben ist, wie z.B. beim Seiltanzen, wo man ggf. runterfällt, oder beim Autofahren, wo man evtl. einen Crash verursacht. Das muss man beim Formlaufen schon selbst machen. Oder man muss z.B. beim Tuishou ein kleines unkooperatives Element einbauen, dann merkt man, wenn der Partner einen aus der Balance bringen kann.
Meiner Meinung nach hängt das ganze auch mit irgendwelchen neu wachsenden neuronalen Verbindungen zusammen, die sich mit der Zeit beim Üben bilden, und erst wenn man diese neuen Verbindungen durch viel Üben herausgebildet hat, kann die die Übungen wirklich korrekt machen. Das Problem ist, dass man dann, wenn man die Übungen nicht korrekt macht, und insbesonders zu wenig oder die falsche Art der Konzentration einsetzt, dann bilden sich diese neuen Hirnstrukturen nicht heraus, und die Übungen gehen teilweise massiv ins Leere. Meiner Meinung nach muss man deswegen schon "Gas geben" im Gehirn, und die Sache mit der Konzentration nicht auf die leichte Schulter nehmen. Man sollte schon ungefähr so konzentriert üben wie ein Jonglierer, wenn auch ein bisschen anders. Nur Autofahren ist meiner Meinung nach zu luschig.
Dass sich solche neuen neuronalen Verbindungen bilden, ist inzwischen ja auch für Meditationsmethoden, und für andere Tätigkeiten wie Musizieren und Sprachenlernen wissenschaftlich erwiesen. Es gibt insofern wohl keinen Grund, zu bezweifeln, dass das in den IMA nicht auch so sein sollte. Bei den IMA dürfte insbesondere das Zusammenspiel der "energetischen Erwärmung" durch das Üben in Zusammenhang mit der intensivierten Konzentration auf den gegenwärtigen Moment plus die konkrete Aufgabe diese Neubildung von Hirnverdindungen stimulieren.
Was Yi betrifft, ist Yi aber sowohl beim Autofahren, wie auch beim Jonglieren, beim Schreiben, beim Formlaufen usw. vom Wesen das gleiche. Nicht etwa: Autofahrer benutzen das wahre Yi, und Klavierspieler nicht, o.ä.. Das ist Unsinn.
Im Gegenteil: ich sage, diese ganzen Begriffe sind nur für theoretische Diskussionen gut. Ich kann ganz toll Yiquan unterrichten, ohne jemals "Yi", "Qi", "Jin" etc. in den Mund zu nehmen.
Nein, bei uns nicht. Es gibt nur: Körper bewegt Teil X von A nach B.
Ich will überhaupt nicht mit dem "Yi" arbeiten, von dem hier dauernd gesprochen wird. Ich will keine Konzentration, ich will Loslassen und Natürlichkeit. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf meine Umgebung, anstatt Bilder in meinem Kopf zu produzieren. Das ist das genaue Gegenteil. Wie man übt, erzeugt Gewohnheiten.
Ich will keinen Fokus auf meinen Händen, Armen, Beinen, oder auf irgendein Kribbeln in meinem Körper. Ich richte meine Aufmerksamkeit darauf, WAS ich tue, nicht WIE ich es tue.
Auch ich will niemanden angreifen, ich will nur sagen, was ich mache ;) Aber ich bin wohl nicht besonders klar :)
Das ganze ist aber dann doch eine Idee, die du hast, und anhand der du deine allgemeine Konzentrationsfähigkeit sich orientieren lässt. Das ist dann eine Methode, mit Yi zu arbeiten, d.h. es ist eine Form der Konzentration, wenn auch eben keine zwanghaft fixierte Form. Die Art der Reglementierung ist auf subtile Art aber vielleicht konkreter und disziplinierter als es oberflächlich betrachtet vielleicht den Anschein haben könnte!?!Zitat:
Ich will überhaupt nicht mit dem "Yi" arbeiten, von dem hier dauernd gesprochen wird. Ich will keine Konzentration, ich will Loslassen und Natürlichkeit. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf meine Umgebung, anstatt Bilder in meinem Kopf zu produzieren. Das ist das genaue Gegenteil. Wie man übt, erzeugt Gewohnheiten.
Ich will keinen Fokus auf meinen Händen, Armen, Beinen, oder auf irgendein Kribbeln in meinem Körper.
Auch ich will niemanden angreifen, ich will nur sagen, was ich mache ;)
Ich bin einfach ignorant. Ich könnte mit einer Anweisung wie "Streck Deinen Arm mit mehr Yi!" einfach nix anfangen :p
Was kann man denn mit Intent noch anfangen ausser dem was hier schon genannt wurde. Hat jemand sonstige Erfahrungen gemacht?
Das ist meiner Meinung nach eines der großen Probleme in der westlichen IMA-Szene. Sätze wie "Streck deinen Arm mit mehr Absicht" oder "...mehr Konzentration", oder "...mehr Aufmerksamkeit" würde kaum einer wagen zu sagen, weil es in dieser Form einfach zu blöd klingt. Legitim sind natürlich konkrete Angaben, worauf man sich konzentrieren sollte, z.B. auf die Fingerspitzen, oder dass der Ellbogen nach unten zeigt, oder was auch immer.
Aber diese fremdwortmäßigen Phrasen suggerieren dann eine Bedeutung oder ein Spezialwissen, das es in China in diesem speziellen Sinne gar nicht gibt, bzw. niemals so kultiviert werden würde.
So ein Lehrer spielt sich als Kenner auf, und ein Schüler bekommt den Eindruck, keine Ahnung zu haben. Das Ergebnis ist dann die endlose und sinnlose Sucherei nach Definitionen und Übersetzungen, und weil hier nichts zu finden ist, wird die Sache immer mysteriöser.
Dabei ist das alles nur aufgeblasenes Nicht-Wissen, was dahinter steckt.
Ich finde, dass es die Hauptaufgabe der Aufmerksamkeit und Lenkung der Konzentration ist, in der Balance zu bleiben und die Struktur zu bewahren, es sei denn, man will was anderes. Außerdem sollte man flexibel bleiben, und sich seine Aufmerksamkeit nicht von Handlungen des Gegners fixieren und manipulieren lassen, d.h. man sollte immer sein eigenes Konzept im Auge behalten, und sich daran entlang hangeln. Zu diesem Zweck sollte man fähig sein, seine Konzentration die ganze Zeit auf sehr feine Unterschiede gerichtet zu halten, und keine Lücken in der Konzentration aufkommen zu lassen.
Alles, was Leute hier und da an "spektakulären" Skills vorführen können, basiert fast immer auf diesen Grundlagen. Deswegen bin ich auch dafür, sich im Training auf diese Grundlagen zu konzentrieren, und sich nicht zu viel mit bestimmten Vorführ-Skills zu beschäftigen, die manche Leute entwickelt haben.
Yi auch noch mit Visualisierungen zu erklären ist die Krönung, das ist so ziemlich das komplette Gegenteil. In der englischen Übersetzung von Ma Yueliangs Buch wird erklärt dass es was mit WAHRNEHMUNG zu tun hat. Der Körper (und der Geist ebenso) nimmt etwas wahr, und reagiert. Ich denke mal dass der Geist verantwortlich zeichnet wenn komplexe Aktionen kommen.
Ist eigentlich irgendjemandem mal der Gedanke gekommen, dass dieses Wuwei, "Zen" und so weiter WICHTIG ist ? Dass das eine Ebene eröffnet in der später ALLES als Reflex kommt, ohne Überlegen ?
Karl-Heinz kann ja mal was dazu sagen, als er mir erklären wollte wie das mit dem Schlagen in der bruchlosen Schiene funktioniert. Er konnte mir hundertmal sagen "ich zeige nur was, nicht abwehren", aber meine Hand hat immer abgewehrt, auch wenn ich versucht habe nicht abzuwehren.
Hallo,
klar, jeder kann den Arm strecken.
Aber zwischen
ist ein himmelweiter Unterschied.
- "ich streck' mal gerade eben den Arm" und
- "ich zeige auf etwas, ich will, daß Du dahinguckst oder dahingehst, wohin ich zeige"
Genauso ist es mit allen Bewegungen, die ich "ohne" Objekt übe, so wie es z.B. in der Taiji-Handform üblich ist.
Ich kann die Hände übereinander halten, oder ich kann einen Ball oder eine Kugel halten. Ich kann beide Hände mit den Handkanten nach vorne bewegen, oder ich halte einen Klotz fest und bewege ihn gegen irgendwas.
Man kann den Unterschied förmlich sehen.
Yang Cheng Fu soll mal zu jemandem, der völlig "lasch" mit ihm Pushhands gemacht hat, gesagt haben: "Lehn Dein totes Fleisch nicht an mich".
Genauso ist es. Wenn man bloß denkt: 'Ich hebe mal gerade die Hände hoch' ist es irgendwie ohne Leben. Wenn jemand denkt: 'Ich halte ein Instrument' dann kriegt das Ganze Form und Struktur.
Ob dann später in der Richtung noch ein Gegner oder Partner im Wege steht, wird für die geübte Techik immer unwichtiger.
Gruß
BanYan
Schon, aber für das alles brauche ich kein "Yi" und auch sonst kein mysteriöses Vokabular. Schon gar nicht, wenn dieses Vokabular auch noch völlig mehrdeutig ist. Oder ;)?
Da gibt es auch keinen Platz für "mehr" oder "weniger" Yi. Ich halte meine Hand hin, und sage dem Schüler, er soll seinen Körper danach ausstrecken. Entweder tut er es, oder nicht. Wie sollte er es mit mehr oder weniger Yi tun?
Jeder Lehrer benutzt hin und wieder solche Bilder, selbst Ski- oder Golflehrer. Muss man darum so ein großes Brimborium machen?
Was ich meine, ist: man kann am Anfang mit einem Bild, oder ohne ein Bild arbeiten. Aber wie soll man mit 30%, 50% oder 80% Bild arbeiten? Es gibt kein "viel Yi" oder "wenig Yi", wenn ich alleine bildliche Vorstellungen als Yi ausgebe.
Verschiedene Bilder erzeugen verschieden große Bewegungsaufmerksamkeit.
Das Bild kann mir helfen, mehr von dem zu tun, was nötig ist, weil es meine Aufmerksamkeit in die richtige Richtung lenkt.
Wenn jemand Pushhandsroutinen macht und sich dabei mit dem Partner unterhält, hat das sicherlich eine andere Qualität, als wenn er dabei versucht, das Zentrum des Partners zu spüren, sein eigenes zu verbergen, und beim Vordringen oder Zurückweichen auf die Kraftpfade und die Grenzen seiner Struktur achtet.
In der Anwendung muss dieses Können dann natürlich im Unterbewusstsein installiert sein.
Dann würde das Yi ein Grobziel (z.B. nicht umgehauen zu werden:D) darstellen innerhalb dessen Rahmens absichtslos und situationsgerecht agiert werden kann. Diese Reaktionen sind aber wiederum konsequent und nicht halbarschig.
Ich glaube nicht, dass das viel mit Aufmerksamkeit zu tun hat. Viele Kampfkunstbewegungen sind ungewohnt, und man hilft dem Körper einfach, wenn man mittels Bildern auf Bewegungen zurückgreift, die er schon kennt. Jedes Kind kann seine Hand nach einem Apfel strecken. Der Körper "kann" die Bewegung schon ... man muss ihm nur verständlich sagen, welche ;)
Es hilft auch sich von anderen Umständen zu lösen:
Wenn man sich nach einem tatsächlichen Apfel streckt, und jemand hält den Arm fest, dann wird das schwierig, weil man im Moment des Festgehaltenwerdes sich mit der Aufmerksamkeit vom Apfel löst und sich dem Festgehaltenwerden zuwendet.
Wenn jemand den Arm fest hält, und man löst sich von der Vorstellung, dass jemand den Arm festhält und streckt stattdessen den Arm, als würde man einen Apfel pflücken, kann das plötzlich sehr leicht sein.
Gleiche Umstände, gleiche Bewegung, aber die Art, wie der Geist mit der Situation umgeht, macht den Unterschied.
Die Aufmerksamkeit alleine wird das Problem nicht lösen. Angenommen, Du hättest jemanden, der nicht in der Lage ist, die Arme richtig zum Punch zu strecken. Sperr ihn in einen weißen Raum mit weißen Wänden und male einen leuchtend roten Punkt auf den gepolsterten Wandsack. Glaubst Du, dann könnte er wegen mangelnder Aufmerksamkeit den Punkt immer noch nicht schlagen, oder wegen etwas anderem ;)?
Wenn er nicht blind ist, würde ich nach einer anderen Ursache suchen:)
Die richtige geistige Ausrichtung kann nicht alles lösen, aber manches.
Wenn einer in der Lage ist, normal zu sprechen, aber wenn er eine Rede halten soll, kein Wort mehr herausbringt, könnte es an der Bewertung der Situation liegen.
Wenn er stumm ist, dann bringt es nichts, ihm zu sagen, "stell Dir vor, Du könntest sprechen"
Allheilmittel gibt's nicht, aber hilfreiche Konzepte.
Wie sind wir jetzt eigentlich von "Yi" darauf gekommen :)? Yi war doch nicht Aufmerksamkeit ...
Yi als "Imagination" zur Erzeugung von Aufmerksamkeit?
Nö, Imagination zur Erzeugung von Yi, was immer das ist:D
Yi ist ein Teilaspekt des Geistes, der wahrscheinlich unterschiedlich, eventuell gegensätzlich gebraucht wird.
Daher sollte man ihn immer im Kontext sehen, bzw. wer ihn benutzt.
Energie ist ja auch nicht Energie.
Oder allein der Begriff Geist, wer weiß schon, was das ist?
Hier eine lustige Darstellung der Dreinheit:
http://upload.wikimedia.org/wikipedi...9c/Trinity.png