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Dass gegen Ende des*Ersten Weltkrieges*die Idee eines landesweiten Generalstreiks in der Schweizer Arbeiterbewegung zunehmend populärer wurde, war kein Zufall. Seit dem Kriegsausbruch hatten sich die Lebensbedingungen breiter Massen zunehmend verschlechtert. Hatte sich zu Beginn des Krieges die*Sozialdemokratie*– ohne dass sie allerdings in die Landesregierung eingebunden worden wäre – der Politik des „Burgfriedens“ angeschlossen und waren die Konflikte eher entlang der Grenze der mit unterschiedlichen Kriegsparteien sympathisierenden Sprachgruppen verlaufen, so verschärfte sich die Kluft zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum in den folgenden Jahren mehr und mehr.
Die zunehmende*Inflation*schuf Gewinner und Verlierer. Profiteure waren die*Landwirtschaft, teilweise auch die*Industrie, die nicht selten für beide kriegführenden Blöcke*produzierte. Auf der Verliererseite standen die*Lohnabhängigen, denen der Teuerungsausgleich erst spät und keineswegs vollständig gewährt wurde, die Wehrmänner und ihre Familien, die grosse Einkommensverluste hinnehmen mussten und häufig ihre Arbeitsplätze verloren, sowie die Konsumenten, die unter der zunehmenden Lebensmittel-, Energie- und Kleidungsknappheit und dem massiven Ansteigen der Mieten litten.[3][4]*Die Ernährungskrise schlug sich sogar in Gewicht und Wachstum von Kindern nieder. 1917 erfolgte eine Rationierung der Grundnahrungsmittel. Im letzten Kriegsjahr war mehr als ein Sechstel der Bevölkerung (in den Städten zum Teil sogar ein Viertel) auf Notstandsunterstützungen angewiesen, die, wenn überhaupt, erst nach entwürdigenden behördlichen Prozeduren ausgerichtet wurden. Die Ernährungskrise ging weit über das Kriegsende hinaus. So waren in der Stadt Zürich noch im Oktober 1919 7 Prozent der Bevölkerung von Nahrungsmittelhilfen abhängig.[5]*Die im Schnitt rund 30 Prozent Reallohnverluste, welche Arbeiter und Angestellte während der Kriegszeit erlitten, wurden erst 1919/20 nach einer Streikwelle allmählich ausgeglichen. Die Lebensmittelrationierung hielt bis April 1920 an.