Doch, genau darum geht es, denn der liebe Hr. Drosten war da nicht ganz unschuldig dran. Niemand hat ihn gebeten, ständig omnipräsent zu sein und sich in der Gunst der Kanzlerin zu sonnen. Nehmen wir nur ein Beispiel, was hier noch nicht wahr: „Kinder sind genauso ansteckend wie Erwachsene“. Das hat er über Twitter geschrieben und in so ziemlich jeder Gazette platziert. Damit war er stark mit dafür verantwortlich, dass Kindergärten und Schulen geschlossen wurden, mit all den Folgen für die Kinder, die damals schon von anderen angemahnt und von ihm elegant in Talks und Podcasts wegdiskutiert wurden und die letzten Endes genau wie von den Kritikern befürchtet, eingetroffen sind.
Als er es dann zu „Kinder tragen die gleiche Virenlast wie Erwachsene“ korrigieren musste, geschah er das eher leise und unwillig. Aber über die Pressearbeit ist er dann wieder als Moralapostel hergezogen. Wenn auch zu recht, nur halt pharisäerhaft bis zum geht nicht mehr. aber wenn dann Kritik kommt, dann mimimi.
Hat er es besser gewusst? Vermutlich nein. Hat er es gut gemeint? Vermutlich ja. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, und das schrub ich bereits, dass er sich damit von der Wissenschaft in die Politik begeben hat. Und das nicht unschuldig. Man konnte ihm ansehen, dass es ihm gefällt (genauso, wie man sehen konnte, wie beleidigt er auf Kritik reagiert), remember the Streeck, mit dem er, obwohl vorher befreundet, nicht mehr gesprochen hat.
Wie auch immer, ein unschuldiges Lämmchen ist er eben nicht. Wobei auch das egal ist. Politiker stehen in der Öffentlichkeit und ziehen sich bei unpopulären (nicht einmal notwendigerweise falschen) Maßnahmen den Zorn von Bürgern zu. Kohl wurde auch mit Eiern beworfen, Joschka Fischer mit einem Farbbeutel und Jürgen Trittin mit einer Joghurttorte. Kann ich den Zorn dahinter nachvollziehen? Ja. Hätte ich manchmal gut Lust dazu gehabt? Bei Kohl ja. Fand ich das richtig? Nein.
Und jetzt gehe ich Kaffee trinken. Wenn schon Säure, dann wenigstens keine Moralinsäure.