@Kraken
@Royce
Zu euren Erfahrungen mit Szenariotraining.
Hört sich für mich an als würde man jemand mit Höhenangst direkt in der Halle eine 5er Route mit 20m Höhe klettern lassen. Eventuell nicht die beste Idee?
Vielleicht wäre es besser den Schüler erstmal an der Boulderwand etwas Klettern lernen zu lassen und dann, wenn er langsam sicherer wird und etwas Klettern kann, mit einer 6m Route im 3 Grad anzufangen?
Aus genau dem Grund ist wohl einer der Huberbuben nicht der ideale Lehrer für jemand mit Höhenangst (für den ist das vermutlich gar nicht vorstellbar, dass das für einen Anfänger eine Herausforderung sein könnte).
Mal eine eigene Erfahrung dazu.
Im WT kam irgendwann ja auch Szenariotraining (sehr eingeschränktes ) auf. Wir hatten damals ein paar junge Buben denen es ziemlich an Selbstvertrauen fehlte. Die Jungs durchliefen zum einen ein grundlegendes Kampftraining (Universallösung) mit Pratzenarbeit und viel Sparring, parallel dazu gab es (eher harmlose) Szenarien wie sie in ihrem Lebensumfeld am ehesten zu erwarten waren (also die üblichen "Was guggst Du so blöd" Geschichten). Da ich Assistenztrainer war und auch schon ein paar Jahre Erfahrung mit Boxen und Kyokushin hatte, durfte ich die im Sparring und beim Szenariotraining "füttern".
Am Anfang zuckten die schon zusammen, wenn ich nur böse blickte. Am Ende (nach ein paar Monaten) konnten die sowohl beim Sparring als auch beim Szenariotraining ordentlich zurückgeben - auch wenn es mal ordentlich schepperte. Der Gewinn an Selbstvertrauen war spürbar (auch außerhalb des Trainings) und ich bekam auch die Rückmeldung, dass sie es "draußen" erfolgreich angewandt hatten.
Wären die am Ende immer noch eingefroren wenn ihnen ein "Wolf" gegenüber gestanden hätte? Sehr wahrscheinlich ja, aber für die (für die Jungs in ihrem Lebensumfeld) wesentlich wahrscheinlicheren Auseinandersetzung mit anderen aggressiven Schafen (um Tom und Ralfs Sprechweise zu verwenden) waren sie definitiv besser gerüstet als vorher.
Wie man aus Schafen Wölfe macht, dafür verweise ich dann an Leute wie GongFu und Kanken, unsere WT Szenariotraining war dafür definitiv bei weitem nicht ausreichend, geholfen hat es den Jungs für ihr Leben aber trotzdem.
Auf Grund der oben angeführten Erfahrung finde ich Szenariotraining auch durchaus sinnvoll (kombiniert mit richtigen Kampftraining).
Das Leute die regelmäßig mit realer Gewalt konfrontiert sind, diesen Wert aber nicht sehen ist wenig überraschend. Ich denke vielen fehlt einfach die Empathie um zu verstehen was, für sie völlig normale und vergleichweise harmlose Situationen, bei Leuten ohne diese Erfahrung / ohne ein solche Umfeld bewirken (der Hubber lacht auch über die 20m im 5 Grad).
Aus diesem Grund ist es dann auch schwer zu verstehen, was weniger gewalterfahrene Menschen tatsächlich aus solchen Übungen ziehen können.
Wobei auch für gewalterfahrene Leute sinnvolle Szenarien erstellt werden können - gerade wenn als Handlungsoptionen nicht nur der unbewaffnete Zweikampf steht, man sehe sich nur mal die modernen Schiessausbildung an (USA, Stichwort: ForceOnForce).
Gefährlich wird es dann allerdings wenn Leute wie eine gewisse Dame nicht verstehen, welche Limitierungen ein solches Training hat - den natürlich ist es was anderes, wenn man wirklich um seine Gesundheit / Leben fürchten muss.
Um den Bogen vom OT weg und zurück zum Thema zu bekommen.
Hätten die Jungs damals als Kampfsystem anstelle von WT MMA trainiert, wären sie am Ende zweifellos besser auf richtige, waffenlose Auseinandersetzungen vorbereitet gewesen... und hätten vermutlich auch noch mehr Selbstvertrauen erworben.
Es gibt nämlich durchaus große, relevante Unterschiede zwischen den einzelnen Stilen. Und es gibt auch Stil immanente Unterschiede in der Trainingsweise (Ausnahmen bestätigen die Regel) die sich massiv auf die Kampfweise auswirken (im Boxen gab es immer Sparring, im Kyokushin auch, im WT ist es in den meisten Schulen die Ausnahme)
Auch unterschiedliche Wettkampfregeln können sich sehr deutlich auswirken, wenn ich mir ansehe wie manche Judowettkämpfer sich generell am Boden in die Bauchlage flüchten stellt sich schon die Frage ob sie diese Verhalten nicht auch instinktiv im Ernstfall anwenden würden.