Grundsätzlich geht es vielen, die von den angeblichen, einer jeden japanischen KK inhärenten Werten schafeln, doch vor allem um eins - sie wollen jemanden auf einen Sockel stellen, der da gar nicht hin will.
Wen?
Na den Tßänn Tßai!
:D
Indem sie den Lehrer idealisieren und überhöhen, erwarten sie, daß ein Abglanz seiner Weisheit und seines Könnens auch auf sie selbst fallen möge ...
Und sie erhoffen sich eine ähnlich gelagerte Anbetung, wenn sie dermaleinst selbst ein Tßann Tßai geworden sind ...
Ich erlaube mir, dazu mal wieder Dave Lowry zu zitieren. Ich habe die folgenden Passagen aus seinem Buch "In the Dojo" ins Deutsche übersetzt:
Zitat:
Was erwartet man von einem Sensei?
Der Sensei ist eine Figur, deren Bild Eingang in den westlichen Sprachgebrauch und das westliche Vorstellungsvermögen gefunden hat - auf eine verzerrte, unrealistische Art.
Wir kennen das Wort Sensei durch Filme und Geschichten über Japan, vor allem durch solche über die japanischen Kampfkünste.
Außerdem haben wir von all diesen Dingen eine ganz bestimmte Vorstellung. Wir vermischen Mr. Miyagi aus dem Film Karate Kid mit unserer oberflächlichen Wahrnehmung der unerschütterlichen und schweigsamen Persönlichkeit des Schauspielers Toshiro Mifune.
Dem fügen wir die Schrulligkeit des winzigen Yedi-Meisters Yoda hinzu.
Je nach Bedarf würzen wir das Ganze sodann noch mit den aphoristischen Weisheiten der Shaolin-Meister aus alten Kung Fu-Serien.
Daraus destillieren wir dann den perfekten Sensei - so, wie ihn sich alle vorstellen, die nur einen sehr dürftigen Bezug zur Wirklichkeit haben.
Zitat:
Wie bei so vielen Dingen, die in den Traditionen des alten Japan wurzeln, gibt es auch für den Begriff Sensei kein präzises westliches Äquivalent. Da wir also nichts Vergleichbares im westlichen Sprachgebrauch finden, erliegen wir gern der Versuchung, eigene, wenngleich unangemessene, unsinnige und irreführende Definitionen dafür zu erfinden, wie ein Sensei unserer Meinung nach zu sein hat.
Zitat:
Ebenso groß ist die unvermeidliche Versuchung, den Begriff Sensei zu erklären, indem man definiert, was er nicht ist.
Der Sensei ist kein Trainer.
Das verwirrt manche Leute - vor allem jene, welche die Aspekte der körperlichen Ausbildung im Bûdô für nichts anderes als exotische Formen sportlicher Ertüchtigung und sportlichen Wettkampfs halten. Und was wäre Sport ohne einen Trainer ...?
Der Sensei ist keine Vaterfigur. Er ist auch kein Guru, kein Priester, kein Orakel. Er ist kein allwissender Weiser, umgeben von mystischem Klimbim - und es ist auch nicht seine Aufgabe, uns durch liebenswerte Manierismen ebenso wie durch seine kurzen, prägnanten Sätze zu bezaubern.
Er ist nicht im Besitz jener einfachen und perfekten, doch oft geheimnisvollen Weisheiten, die er seinen Schülern als Lösung all ihrer Probleme offerieren kann.
Zitat:
Viele Menschen fühlen sich aufgrund ihrer geringen Selbstachtung angezogen von den Disziplinen des japanischen Bûdô. Diese Menschen kommen, weil sie nach Halt suchen. Oder weil sie die Notwendigkeit verspüren, sich der Philosophie und den esoterischen Künsten zu widmen, welche sie in ihrer eigenen Kultur vermissen. Daher werden sie magnetisch angezogen vom scheinbaren Mysterium des Dôjô.
Was sie wirklich brauchen, ist aber offenbar jemand, der tatsächlich oder vermeintlich alle Antworten auf die Fragen des Lebens parat hat: Papa.
Unter anderen Umständen mögen solche Menschen dazu neigen, sich dem Maharishi oder Reverend Jim Jones anzuschließen oder einem der vielen anderen Anführer einer Sekte oder auch einem Politiker - Figuren, die es wie Sand am Meer gibt und die stets versprechen, die Wunden in unseren Seelen auf wundersame Weise zu heilen.
Der Sensei ist nicht zwangsläufig ein runzliger Weiser (und auch nicht allwissend), nicht immer geduldig (und auch nicht ), und er ist auch nicht unfehlbar (oder unbesiegbar).
:D