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Titel: Re: Unterschiede Shito-Ryu - Shitokai und Goju-Ryu - Gojukai
Beitrag von: Gibukai am Juli 24, 2007, 07:30:18
Hallo,
obwohl ich selbst kein Anhänger des Shitō-Ryū bin, muß ich hier doch einmal einhaken. Shitō-Ryū lehrt sicher nicht „im wesentlichen“ abfälschende Abwehrbewegungen (wenn damit ein weiches, ableitendes Annehmen gemeint ist). Von den „Fünf Grundsätzen für Annahmen“ (Uke no Go-Gensoku 受の五原則) aus dieser Richtung ist mindestens einer harter Natur. Der Grundsatz Rakka 落花 (Niederfallende Blüten), der erste der fünf, beschreibt harte, gegen die Angriffsgliedmaßen geschlagene Blöcke. Auch der Grundsatz Hangeki 反撃 (Gegenangriff) dürfte in vielen Fällen hart ausfallen. Unter Umständen kann auch der Grundsatz Kusshin 屈伸 (Beugen & Strecken), wo man wie eine Feder das hintere Bein beugt, um so für den Konter Energie bereitzustellen, in harter Weise ausgeführt werden. Typisch weiche Annahmen werden mit den Grundsätzen Ryūsui 流水 (Fließendes Wasser) und Ten’i 転位 (Umstellen) in Verbindung gebracht. Diese Grundsätze werden/wurden von beiden Söhnen K. Mabunis (1889-1952) gelehrt. [...]
Grüße,
Henning Wittwer
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Titel: Re: Neu bei Mc Donald´s: Hikite-Wochen!
Beitrag von: Gibukai am Februar 13, 2007, 11:18:01
Hallo,
ich rate einmal, daß nicht das sofortige Zurückziehen der zustoßenden Hand beim Tsuki in der Art des Tsuki-Banashi (loslassender Stoß), sondern das Zurückziehen der Hand, die nicht zustößt gemeint ist.
G. Funakoshi beschreibt eine Technik, die er als „ziehende Hand“ (also Hiki-Te) bezeichnet. Dabei wird das Handgelenk des gegnerischen Angriffarms direkt nach der Annahme gepackt, verdreht und herangezogen. Gleichzeitig stößt man selber zu. Das ist eine äußerliche Bedeutung von Hiki-Te.
Dann gibt es den Gedanken der Verstärkung der Technik. Hier muß aber strikt zwischen den einzelnen Strömungen unterschieden werden. Im JKA-Karate ist es sicherlich ein Hilfsmittel, um die Hüfte schneller einzudrehen. Allerdings ist diese Hüftdrehung nicht unbedingt das, was im Shōtōkan ursprünglich ausgeübt wurde (auch wenn das immer mal behauptet wird). Der Zusammenhang Hiki-Te und Hüftdrehung wird aber auch innerhalb des JKA-Shōtōkan spätestens bei der Tekki-Serie in Frage gestellt.
Leider kann ich hier nicht wirklich erklären, wie das Hiki-Te auf andere Weise die Kraft verstärken kann, da es fast nicht möglich ist, dies ohne Mißverständnisse in schriftlicher Form zu veranschaulichen. Es ist aber das, was wir üben, also durchaus etwas greifbares.
Meine Theorie ist, daß es sich bei dieser Idee um einen Einfluß aus dem Jigen-Ryū Ken-Jutsu handelt. Die äußere Form des Hiki-Te stammt natürlich aus China, aber der innere Gehalt wurde aus dem Jigen-Ryū übernommen.
Der Grund, daß früher eine einzelne Kata viele Jahre lang geübt wurde (K. Yabu übte beispielsweise über zehn Jahre nur die Gojūshiho) ist nicht der, daß dem Schüler dabei unzählige „Bunkai-Variationen“ gelehrt wurden, sondern diese Art der Übung war als Bedingung für den Erwerb der technischen Prinzipien der Lehrers notwendig. G. Funakoshi hat im Alter von über 80 Jahren erklärt, daß er nun langsam Jōdan Age-Uke begriffen hat. Er meinte sicher nicht das „Bunkai“ und mit Philosophie hat das auch nichts zu tun. Er hat es nur geschafft, daß technische Prinzip, für das auch das Hiki-Te erforderlich ist, auf diese Bewegung zu übertragen.
Da es aber im Karate nie so etwas wie eine festgelegte Lehrmethode gab, war ein langes Üben unter einem Lehrer notwendig, um so zu verstehen, worum es ihm ging. Umgekehrt wird heute die Oberflächlichkeit hochgeschätzt, wenn etwas langweilig wird, muß schnell etwas neues her, ganz gleich ob neue Bewegung oder neuer Karate-Stil...
Ein Punkt vielleicht noch, im Shōtōkan ist das Hiki-Te zumeist weit unten an der Hüfte, in anderen Strömungen (mit anderen Beweggründen) ist es im Bereich des Brustkastens. Auch das sollte beachtet werden, denn es hat eben mit den unterschiedlichen Prinzipien zu tun, auf denen sich eine Richtung gründet.
Grüße,
Henning Wittwer
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