Hallo Freunde, zu einigen Punkten ist mir noch was eingefallen:
1 WT Schrittarbeit:
Die Schrittarbeit, welche man typischerweise mit dem WT- System verbindet ist eine Nahkampfschrittarbeit; soweit ich zurückdenken kann wurde das auch nie anders gelehrt; zu keinem Zeitpunkt wurde gelehrt, diese auf die weite Distanz zu übertragen; ganz im Gegenteil, wurde eigentlich immer davor gewarnt dies zu versuchen! Nebenbei finde ich aber interessant, dass der Muy Thai- Stand der 80'er eigentlich dem WT "Stand" sehr ähnlich war; das Hauptproblem ist dass man in dieser "Position" Unterlaufen und Takedowns nicht zurechtkommt, und dass die Nahkampfschritte nicht geeignet sind mit einem taktierenden Gegner zurechtzukommen, wie ja auch schon öfters gesagt wurde. Übrigens vermute ich - aber das ist wirklich nur eine Vermutung - dass die Zeit auf der roten Dschunke die Schrittarbeit (sowie auch die Waffen) sehr stark mitgeprägt hat. ... Kulturen die auf Pfahlbauten und schmalen Bambusstegen leben brachten ja auch eine Schrittarbeit hervor welche unsereins heute höchst merkwürdig erscheint (wie würde Eure Schrittarbeit auf engem Raum, und dem wackligem Boden eines kleinen Bootes aussehen, wenn Tritte in die Genitalien nicht nur erlaubt, sondern zu erwarten sind?)
2 Freikampf:
Ich wollte mal nur so einwerfen dass es in der EWTO lange relevante Strömungen gab die sich intensiv mit der Frage beschäftigten wie man WT unter Druck im Sparring oder Freikampf trainieren kann. Leider ist die Lösung keineswegs trivial. WT geht halt von bestimmten Prämissen aus wie sich ein "totaler Kampf" (all in) gestaltet. Wenn man von den gleichen Prämissen ausgeht dann ist ein System wie WT die Antwort. Im Freikampf sind einige dieser Prämissen nicht mehr gegeben: Tritt in die Genitalien, Fingersicht in die Augen und Fauststoss auf Kehlkopf sind einige Beispiele: der WT Fausststoss ist einfach so gestaltet dass er adäquat ist "verletzliche" Ziele auf kurze Distanz anzugreifen. Naja, es gab allerlei Experimente bezüglich des Freikampftrainings mit diversen Schutzmassnahmen: Fullprotection mit Helm und Gitter, weniger Schutzausrüstung und Leichtkontakt, Vollkontakt, Vollkontakt ohne Tritt zu den Genitalien; mit- mit und ohne Takedown usw. Das Problem war immer dass egal wie man die Regeln gestaltet, diese jeweils einen relevanten Einfluss darauf hatten, wie sich die Kämpfe entwickelten. Ich persönlich glaube ja - nur so am Rande - dass der Aufstieg des sportlichen Duellkampfs im Westen in einer ganz bestimmten Form auch darin begründet liegt, dass SV und "echte" Kämpfe halt keine relevante Rolle mehr in unserer Gesellschaft spielen. Damit wäre die modern- martial- arts in meinen Augen also keineswegs eine Weiterentwicklung oder Verbesserung, sondern auch nur ein Ast der Evolution der halt ein einem ganz bestimmten gesellschaftlichen Kontext adäquat ist.
Letzten Endes glaube ich persönlich, dass es für das WT- Training durchaus adäquat ist, ohne Regeln, mit leichtem Kontakt in gegenseitiger Freundschaft und mit gegenseitiger Rücksichtsnahme zu trainieren. Das funktioniert allerdings erst ab einem gewissen Nivea und wenn beide sagen wir mal auf einer ähnlichen Wellenlänge schwingen und das Ego zuhause lassen. Natürlich ist das auch nicht der Weisheit letzter Schluss; Nehmerqualitäten werden so halt nicht geschult, man trainiert in einer "Inzuchtblase" und da ich WT (für sich alleine genommen) eh für relativ schwach halte, macht es da Sinn, wenn man sich denn für WT entscheided, noch andere Stile zu trainieren, die als Ergänzung passen (Wenn denn das Ziel ist Kämpfen zu lernen).
Wenn ich da nicht ganz falsch informiert bin, war die Trainingslehre und das Problem mit dem Freikampf für Bruce Lee durchaus auch ein relevantes Thema. Sein JKD entstand ja in einer Kultur in welcher vor allem Karate, Boxen, Judo, Ringen und natürlich Sportfechten verbreitet waren. Er war ja anscheinend der Meinung dass man Kampfkünste eher wie Boxen - fliessender trainieren sollte. Und ich glaube, was die Adaptation für das Sparring anging, war das auch nicht trivial; Dan Inostanto berichtet doch, dass man alle möglichen Varianten von Schutzausrüstungen ausprobiert hat. Leztendlich hat der Fingerjab ja auch im JKD eine relevante Rolle, aber wie will man diesen "kickboxerisch" trainieren?
Des einen Geheimnis ist des anderen Fundament