Das ist die Frage, die man sich nach lesen des Buches stellen sollte.
Ich habe vorhin von Grundannahmen/Kernaussagen geschrieben, die man beim lesen auf Richtigkeit prüfen muss (wenn man dem Autor nicht blind vertraut).
Da möchte ich die, nach meinem Verständnis, wichtigste Aussage kurz erwähnen.
"Die Muskeln als größtes Wahrnehmungsorgan."
Eine Aussage die sich seit vielen Jahren von Tiwald kommend durch die Kernspecht-Literatur zieht und im Buch "ChiSao Kuen" als bekannt (ich meine sogar "als verstanden") vorausgesetzt wird.
Einigermaßen verständlich erklärt wird der sogenannte Muskelsinn in "Die Erklärung der Bewegungsempfindungen durch den Muskelsinn" aus dem Jahr 1889 (Achtzehnhundertneunundachtzig). Bevor die Frage kommt. Nein. Ich habe es nicht so gut verstanden, dass ich es hier erklären könnte.
Was mir beim lesen auffiel war, dass Kernspecht (vielleicht habe ich es überlesen) in "ChiSao Kuen" nicht auf den Begriff Tastschwindel eingeht.
Ganz im Gegenteil er schreibt sogar, dass Muskeln kaum "falsch-nehmen" können.
Dieses Problem scheint ihm bekannt zu sein, darum schreibt er wahrscheinlich auch, dass die hohe Bedeutung des Tastsinns für das Chi Sau es ein weit verbreitetes Missverständnis ist. Um Tastsinn geht es beim Chi Sau weniger (Kernspecht).
Zu vernachlässigen ist der Tastschwindel keinesfalls, da es auch Tastschwindel gibt, der sich nicht auf äußere (zu ertastende Objekte) sondern auf den eigenen Körper/Körperteile bezieht. Ich vermute, dass dieses Problem mit der Entwicklung der Balance in Verbindung mit der Achtsamkeit (Buch "Die großen Sieben") abgedeckt werden soll.
Da vor über 200 Jahren in einem medizinischen Jahrbuch (neuere gegenteilige Aussagen habe ich nicht gefunden) bereits die Aussage getroffen wurde, dass sich der Muskelsinn (oder wie immer man ihn nennt) bei näherer Betrachtung immer auf den "alten" Tast- oder Gefühlssinn zurückführen lässt, scheint mir das Thema Tastschwindel nicht so einfach abzuwickeln zu sein.
Vielleicht kann jemand der praktische Kenntnisse im ChiSao Kuen hat das kurz erläutern.
Also nochmal kurz zusammengefasst:
Grundannahme ist: Muskelsinn kann kaum "falsch-nehmen" (verstehe ich als "kann kaum getäuscht werden" im Sinne von weniger fintenanfällig).
Meine Bedenken dabei sind der Tastschwindel wie er schon vor über 200 Jahren beschrieben wurde.
Kernspecht verarbeitet alte wissenschaftlich Erkenntnisse in seinem "ChiSao Kuen". Es ist, auch wenn viele das vielleicht denken wollen, aus meiner Sicht kein Quatsch was er da schreibt. Ob ein Nutzen für die Selbstverteidigung gegeben ist, will ich nicht beurteilen. Fraglich ist für mich, wie der "ChiSao Kuen - Muskelsinn" bei heftigen schnellen Bewegungen oder bei Drehungen des Körpers reagiert bzw. ein-/umgesetzt werden soll.
Diskussionswürdig ist das Thema auf jeden Fall. Da er es leider nicht als wissenschaftliche Arbeit verfasst hat, wird es wohl bei der Diskussion durch Laien bleiben müssen.
Ansonsten bin ich mit diesem Thema erstmal durch.
Grüße
Alexa