Moin! Ja, das "Hauptquartier der europäischen Wing Tsun Organisation" - ich kann mich noch gut an diese doppelseitige Werbung in den Kampfsportmagazinen erinnern: Das Schluss von oben und die damit verbundene Suggestion war schon ein sehr werbewirksamer Hammer. Aber auch hier Licht und Schatten: Es war natürlich nicht das ganze Schloss und ich will mal so sagen: Der Kreis war damals sehr, sehr eng und geschlossen - eine Bruderschaft, aber eben nicht basierend auf Werten, sondern auf reinem Kommerz und Kalkül. Ich war nur ein kleiner Vasall, der von seinem Häuptling hin und wieder mitgeschleppt wurde und um hier transparent zu sein und keine Erwartungen oder aber falsche Emotionen zu wecken: Ich hatte nie die "Ehre" zum erlauchten Kreis der mit den "Hoheiten" direkt trainierenden Auserwählten zu gehören. Die Flügeltüren gingen zu und wir standen dann wie die (irgendwie treffend) Vasallen davor und warteten auf unseren "Sifu", bis der wieder ein Fragment einer "höheren" Chi-Sao- oder aber Holzpuppen-Sektion erhalten hatte und danach wild fluchend im Auto saß, was das wieder an Weg, Zeit, Geld und Nerven gekostet hätte "für die paar Armbewegungen, die doch kein Mensch braucht". Von daher bitte nicht so hoch hängen. Das muss so um 2000 gewesen sein - eher 2003, denn 2004 war ich nicht mehr in der EWTO.
Das haben die aber vielleicht einfach "nach unten weitergegeben". Auch so um die Jahrtausendwende hat mir ein 1. oder 2. TG vom Privatunterricht beim Höchstgraduierten in Berlin erzählt. Das lief so ab, dass er die ganze Zeit eine Form vorführen musste und ganz zum Schluss mit dem Hinweis abgefertigt wurde, er solle sein Handgelenk bei einer bestimmten Bewegung einen Zentimeter weiter eindrehen.
Das war wohl nicht immer so, aber angeblich auch nicht unüblich - also dass der Chef eigentlich keine Lust hatte. Da sind ja einige Berliner regelmäßig hin, was dem Cheffe die eine oder andere Mark eingebracht haben dürfte. Dafür ist es natürlich super, wenn Du einen Haufen Leute hast, die darauf konditioniert sind, sich "nach oben" zu bücken. Der Typ, der mir das erzählt hat, hat seinen Frust auch heruntergeschluckt und war tatsächlich der Meinung, dass das alles schon seine Richtigkeit haben würde und er es nur noch nicht verstehen würde. Er meinte zwar (wortwörtlich), dass er sich manchmal verarscht vorkommen würde, aber er konnte es sich schön reden und fand es unterm Strich gut.
Geändert von Pflöte (21-05-2024 um 10:31 Uhr)
Ich persönlich brauche es als Thema nicht ständig um mich herum - dazu ist es mir zu unwichtig - aber wundern braucht sich echt niemand, warum die EWTO immer wieder so negativ betrachtet wird. Es gibt einfach ne Menge Stoff zum Erzählen.
Na hör mal! Du deutest an, dass du dort warst, ich frage dich, ob du mal mehr erzählen möchtest [Du warst auf dem Schloss? Wann genau? Erzähl doch mal mehr!], du antwortest mit "ja" [Moin! Ja, das "Hauptquartier der europäischen Wing Tsun Organisation], und dann kommt - nichts. Jedenfalls nichts, was man hier nicht schon gelesen hat, wenn man ein Weilchen dabei ist.
Kann es sein, dass du ein kleiner ******* bist?
Schloss war halt nichts besonderes. 1 oder 2 Räume, die Terrasse mit Sondergenehmigung, trainiert wurde der übliche Kram. Die Massenveranstaltungen in Wiesenbach war auch nur so gut besucht weil Pflicht (Übungsleiter, etc., TG-Scheine abhaken lassen, sonstiger Quatsch). Die einzigen guten LGs dort waren mit Bill Newman. Da waren die Lehrgänge in Hemsbach ergiebiger.
Im Pauschaltraining spielte die Musik.
Ein weiterer Gedanke: Wing Chun und Selbstdarstellung
Geht dies nur mir so oder erlebe ich gerade in der Wing Chun Szene vermehrt Menschen, die sich gerne selbst darstellen? Ich schaue mir die Ausführungen ja auch gerne an und folge den Gedanken der Dozierenden, wenn die in sich geschlossene Wing-Chun-Didaktik seriös erläutert und demonstriert wird. Es klingt ja auch herrlich perfekt! Schaut mal:
1. Form ("Damit du eine eine kleine Idee des Systems bekommst.")
2. Form ("Hier bauen wir die Brücke zum Gegner, du wirst schon sehen.")
3. Form ("Da wirst du aus dem bisherigen Raster geworfen und lernst ganz neue Bewegungsmuster, dich im Notfall schützen werden.")
HP ("An der Holzpuppe entwickelst deine Struktur. Sie korrigiert sich von selbst und ist immer für dich da.")
Langstock ("Ja, die Distanz und so...Kraftübertragung...öhm...da bist du aber noch nicht.")
Doppelmesser ("Die sind geheim für dich. Aber ich zeige dir mal eine Technik - aber Pssst, gell?")
Wie schnell ich das herunterspule und ich kann auch ganz toll die Prinzipien erklären. Mit Tai Ji Quan und Karate geht das ebenso zügig. Wenn ich anfange die "Ideen" und Konzepte der Naihanchi zu erläutern - das ist Ambrosia für die Ohren. Die Krux an der Sache: Unserem Ziel (exemplarisch einmal "Konzepte zur SV") sind wir damit jedoch keinen Schritt näher gekommen, allerdings sind nun die Nebelkerzen gezündet und geworfen. Und genau hier driftet die Szene mehr und mehr ab. Es wird erklärt und erläutert...blablabla...dann gehen wir gesättigt und erfreut nach Hause.
Was bleibt am Ende hängen? Mein Gedankengang geht (und dies sei gerne über den Tellerrand hinaus zu verstehen) dahin, WARUM mache ich das und bekomme ich gewissermaßen auch das, WONACH ich gefragt habe? Was ist es, was das Wing Chun so "faszinierend" macht? Ist es diese so in sich geschlossene und aufeinander aufbauende Didaktik, die lockt und verführt? Am Ende jedoch recht zügig in sich zusammenfällt, wenn der Ringer (um einmal bei diesem Beispiel zu bleiben) abtaucht und dich einfach rumrennt oder aber du den Schwinger noch hast kommen sehen, bevor die Lichter ausgegangen sind? Weil am Ende doch nur wieder die "Kämpfernaturen" dominieren, die eben nur zufällig in das Wing Chun gestolpert sind?
Um meinem ersten Eintrag zu kommen und den Kreis zu schließen:
Meine Ferien gehen morgen wieder zu Ende und ich habe mich mal wieder auf das Wing Chun gedanklich eingelassen. Licht und Schatten. Die Faszination weicht erneut schnell den oben genannten Inhalten und Impulsen - bleibt aber irgendwie erhalten. Scheinbar werde ich das WC nicht los. Sei es nun über KRK suggestiv über Jahrzehnte ins Gehirn gepflanzt oder aber weil doch was dran ist an dieser Diva aus China. Ich weiß nicht. Was ich aber weíß und dies bei aller Kritik und den mad/bad/maniac thougts:
Das Wing Chun macht einfach Spaß - vielleicht ist das ein gemeinsamer Nenner und vielleicht sollte man sich nicht zu tiefsinnig in die Tiefen ziehen lassen - laisser faire an erster Stelle und einmal den kommerziellen Gedanken weg. Nicht jede Bewegung der 1. Form hat eine tiefgehende Bedeutung und öffnet gänzlich neue Perspektiven oder aber Konzepte und auch die Doppelmessertechniken (mir wurde nie die Ehre zuteil, in deren Geheimnisse eingeführt zu werden) werden sich jetzt nicht soooooooo stark von FMA-Bewegungen unterscheiden.
Dankeschön für eure Beiträge und Gedanken!
Was du beschreibst ist eine Möglichkeit , aber nicht die Einzige .
Für mich gibt es da zwei Wege
A) ich mache das was für mich funktioniert hat und funktioniert und auf Frage erkläre ich es bis ins Detail anhand meines derzeitigen Wissens , meines Verständnisses und wenn möglich mit Beachtung der Aufnahmefähigkeit meines Gegenübers anhand seines Wissen und Verständnisses wie es sich mir darbietet. Dazu können dann auch Mottos , Anweisungen , Formendetails , Stiltaktiken usw. herangezogen werden , wenn es sich anbietet.
B) man erklärt es ebenfalls anhand seines technischen Wissen und Verständnisses , ebenso mit Bezug zur Form , Mottos , Biomechanik usw. und HOFFT das es so funktioniert , aber man weiss es nicht wirklich , weil nie in den Situationen benutzt wo es funktionieren muss.
A ) kann zwar auch etwas bis in Kleinste für sich und den anderen Aufdröseln , wird aber in den technischen Ausführungen sehr viel kulanter , toleranter sein , da er weiss das keine Schablone eine reale Scene widerspiegeln kann und wie wichtig das Anpassen , das Improvisieren ist , TROTZ fester eigener Strategie und Technik.
A Ist fähig die jeweiligen Eigenheiten eines Schülers mit zu beachten , und darauf zu reagieren , ja sie sogar mit einzubauen . . Er kann auch mal Fünfe grade sein lasen , wenn es dem Schüler hilft es zum funktionieren zu bringen und Dinge einbauen lassen , die ev dem Stil sogar "scheinbar" widersprechen.
B) wird für gewöhnlich sehr akribibisch auf exakte Ausführung ohne Abweichungen bestehen . Ist auch verständlich , da es an Rückkopplung zur realen Umsetzung fehlt , bietet nur das Festhalten an einer starren Sicht auf Form , Technik , Abläufe ,.eine gewissse Sicherheit ..für sich selbst als Lehrender , wie auch für den Schüler , wenn konkrete Rückfragen seinerseits kommen . Und mag es garnicht wenn Schüler aus Konzepte , und damit aus seinem Sicherheitsbereich ausbrechen .
Ein Runterspulen können allein , ist für mich noch kein Anzeichen für Selbstdarstellung , sondern der konkrete Umgang mit den Schülern zeigt es erst. Auf deutsch , seine komplette Art zu lehren .
Geändert von Cam67 (28-05-2024 um 12:27 Uhr)
Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)
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