In diesem Thread soll es darum gehen, wie im Ving Tsun (Wing Chun) mit Winkeln, Hebeln und Positionierung gearbeitet wird, wo es evtl. Verbindungen zu anderen KKs gibt und welchen Stellenwert soetwas im Stand-Up und im Bodenkampf hat.

Im Ving Tsun ist es ja bekanntlich Ziel, durch Winkelarbeit und Mobilität den Gegner in der Flanke zu attackieren. Dazu soll man mittels der eigenen "Struktur" die des Kontrahenten "brechen", durch geschickte Positionierung des Körpers, sowie der Ellenbogen günstige Hebelverhältnisse schaffen, den Gegner "verdrehen" und somit sicher und (theoretisch) ohne die Möglichkeit der Gegenwehr einen, oder eine Reihe von Fauststößen an den Mann zu bringen können.

Meines Erachtens wird ein ganz entscheidender Faktor hierbei nicht berücksichtigt, nämlich die Mobilität des Kontrahenntens.
Ein Fixieren/Verdrehen des gegnerischen Körpers in einer für mich vorteilhaften Position (und nichts anderes wird im Ving Tsun geübt) bedarf einer möglichst großen Immobilität bei diesem.
Mit anderen Worten mindestens 2 "Fixpunkte" wie z.B. meinen Körper + Wand/Seile oder meinen Körper + Boden, usw., da sonst der Kontrahent immer (und vor allem auch absolut intuitiv) den Raum hat, seine unvorteilhafte Position zu korrigieren.
Ein solches Verhalten darf imho von jedem Kontrahenten vorrausgesetzt werden, eben weil es unserem nätürlichen Verhatensmuster entspricht, aus einer Bedrängnis herraus zu gehen.

Bildlich gesprochen erinnert der Versuch einer Fixierung, resp. Brechung der "Struktur" an das Unterfangen, eine Kugel mit nur einem Finger hochzuheben.
Man braucht immer einen 2. Punkt um die Kugel zu fixieren, damit man sie anheben kann.
Genauso benötige ich zum Brechen der Struktur, zum Flankieren (im Sinne des Ving Tsuns) des Gegners, dem Arbeiten mit Winkeln und Hebeln, neben einer günstigen Ellenbogenpositionierung einen 2. "Fixpunkt" um die Mobilität des Gegners einzuschränken, bzw. auszuschalten.

Das ist m.M.n. auch der Grund, warum derartige Geschichten auf dem Boden viel eher eine Bedeutung haben, als im Stand Up. Auf dem Boden ist der "2. Fixpunkt" jederzeit vorhanden, nämlich der Boden selbst, wohingegen im Stand erst ein passendes Umfeld, bzw. passende Bedingungen geschaffen werden müssen.
Dafür spricht m.M.n. auch die Tatsache, das eine Winkel-/ Hebelarbeit wie im Ving Tsun in keinem anderen Stand-Up Stil praktiziert wird und auch von VT-Praktizierenden im Kampf nicht eingesetzt werden kann.
Darüber hinnaus ist es häufig so, das im Training soetwas viel zu häufig vom Trainingspartner einfach zugelassen wird, das man sich "verdrehen lässt" ohne das dazu die Notwendigkeit bestünde.

Wie seht ihr das? Spinnt der Stefsen jetzt total, oder ist da unter Umständen doch was dran?

MfG,
Stefan