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Thema: Physik des Karate - ein Erklärungsversuch

  1. #31
    Kimi Gast

    Standard

    In dem oben verlinkten Text über den Oi-Tsuki, den ich zugegebenermassen zum grössten Teil nicht gelesen habe, ist mir der Teil mit der kinetischen Energie des ganzen Körpers irgendwie komisch vorgekommen. Ich will aber gar nicht die Richtigkeit des Textes diskutieren, sondern etwas anderes zur Diskussion stellen.
    Physikalisch habe ich den Vorgang spontan nicht völlig durchdenken können. Mir kam allerdings in den Sinn, dass bei einem Stoss ja Impuls und Energieerhaltung erfüllt sein muss, und dachte darüber nach, dass ich mit einem stossenden Objekt beim Zielobjekt nie eine höhere Geschwindigkeit erreichen kann als das stossende Objekt hatte.
    Eine 10 kg (harte) Kugel mit 1 m/s wird eine 100 g (harte) Kugel auch nur auf höchstens 1 m/s bringen, die übertragene Energie ist praktisch dieselbe. Allerdings rollt die 10 kg Kugel dann weiter.

    Rein intuitiv, d.h. aus meiner Körperwahrnehmung und Technikerfahrung, würde ich der Translationsbewegung des ganzen Körpers beim Oi-Tsuki keine grosse Bedeutung für die Wirkung der Armtechnik zumessen. Den Verhältnissen nach sollte die Bewegung meines Körpers auf das Ziel zu auch nur einen entsprechenden Effekt haben können, nämlich ein Ziel vergleichbarer Masse dann von mir wegzubewegen. Da mein Ziel bei der Technikwirkung aber nicht Translation (Gegner wegstossen) sondern Schädigung bzw. Kampfunfähigkeit (Nervenstimulation durch schockartige Stosswelle, Knochenbruch o.ä.) ist, bringt mir der Einsatz der Körperbewegung 'nichts'.
    Oder anders gesagt:
    Wenn mein Tsuki an sich keine Wirkung auf das Ziel hat, erreiche ich mit Einbringen der Körperbewegung auch nur ein Wegstossen, aber nicht plötzlich ein KO oder einen Rippenbruch.
    Alle Energie, die ich nicht an das Ziel übertragen kann, muss ich dann aber selber abfangen.

    Wie ist Eure Erfahrung mit der Technik? Entspricht oder Widerspricht sie diesen Überlegungen?

  2. #32
    Ki. 102 Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Kimi Beitrag anzeigen
    In dem oben verlinkten Text über den Oi-Tsuki,
    Die verlinkte Abhandlung krankt imho daran, dass die schulmäßige Kihon-Ausführung untersucht wurde, die im Real-Kampf keine Rolle spielt (Ausgangs- und Endstellung Tsenkutsu-dachi, Faust von der Hüfte aus ...)

  3. #33
    noppel Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Kimi Beitrag anzeigen
    In dem oben verlinkten Text über den Oi-Tsuki, den ich zugegebenermassen zum grössten Teil nicht gelesen habe, ist mir der Teil mit der kinetischen Energie des ganzen Körpers irgendwie komisch vorgekommen. Ich will aber gar nicht die Richtigkeit des Textes diskutieren, sondern etwas anderes zur Diskussion stellen.
    Physikalisch habe ich den Vorgang spontan nicht völlig durchdenken können. Mir kam allerdings in den Sinn, dass bei einem Stoss ja Impuls und Energieerhaltung erfüllt sein muss, und dachte darüber nach, dass ich mit einem stossenden Objekt beim Zielobjekt nie eine höhere Geschwindigkeit erreichen kann als das stossende Objekt hatte.
    Eine 10 kg (harte) Kugel mit 1 m/s wird eine 100 g (harte) Kugel auch nur auf höchstens 1 m/s bringen, die übertragene Energie ist praktisch dieselbe. Allerdings rollt die 10 kg Kugel dann weiter.
    ich hab das topic noch nicht wirklich gelesen, aber mal zu deiner these....

    ist das so?!


    offenbar nicht

    wobei du insofern recht hast, als das das ziel eines schlages immer eine höhere masse hat und die schläge i.d.r. potentiell eher "unelastisch" sind, wo das tatsächlich nie passiert (ganz ganz ganz grob genähert... sind ja alles deformierbare körper)

    Zitat Zitat von Kimi Beitrag anzeigen
    Rein intuitiv, d.h. aus meiner Körperwahrnehmung und Technikerfahrung, würde ich der Translationsbewegung des ganzen Körpers beim Oi-Tsuki keine grosse Bedeutung für die Wirkung der Armtechnik zumessen. Den Verhältnissen nach sollte die Bewegung meines Körpers auf das Ziel zu auch nur einen entsprechenden Effekt haben können, nämlich ein Ziel vergleichbarer Masse dann von mir wegzubewegen. Da mein Ziel bei der Technikwirkung aber nicht Translation (Gegner wegstossen) sondern Schädigung bzw. Kampfunfähigkeit (Nervenstimulation durch schockartige Stosswelle, Knochenbruch o.ä.) ist, bringt mir der Einsatz der Körperbewegung 'nichts'.
    Oder anders gesagt:
    Wenn mein Tsuki an sich keine Wirkung auf das Ziel hat, erreiche ich mit Einbringen der Körperbewegung auch nur ein Wegstossen, aber nicht plötzlich ein KO oder einen Rippenbruch.
    Alle Energie, die ich nicht an das Ziel übertragen kann, muss ich dann aber selber abfangen.

    Wie ist Eure Erfahrung mit der Technik? Entspricht oder Widerspricht sie diesen Überlegungen?
    also mal abgesehen davon, dass ich shotokan-karate-zukis zum kotzen finde, dient die körperbewegung einerseits zum distanzüberbrücken, andererseits um die verbindung zwischen trefferzone und erdboden zu schaffen, welche für einen festen schlag nötig ist.

    kannst ja mal am sandsack mit einer beliebigen fausttechnik erst stehend und dann im sprung rumprobieren. letztere werden recht wirkungslos sein.

    weitere bedeutung: es verstärkt die drehung der schulter, was dann doch direkten einfluss auf die schlagkraft hat. vergleiche hierzu die schadens/KO-wirkung von jab und cross bei boxern. von der armbewegung unterschieden die sich nicht... ein gerader schlag, wohl aber durch hüft-,körper und schulterdrehung, was die wirkung verheerend erhöht.

    außerdem ist nur durch den schritt das einsacken richtung des nach dem schritt vorderen beins möglich.

    achte bei diesem themenfremden video mal nur auf den step als einleitung
    der erklärt auch was dazu und du kannst dich am sandsack überzeugen, dass es stimmt.

    die selbe wirkung hat das einsacken auf das nun vordere bein beim oi zuki

    final noch was zum selber wegschieben:

    man muss sich selbst in richtung ziel bewegen, weil das einzige, was verhindert, dass man selbst sich selbst wegschiebt die massenträgheit bzw die hohe translationsenergie ist.

    vielleicht wird dir das auch so gegangen sein, wie mir: wenn man tritte viel in der luft geübt hat, sodass man ne saubere technik hat und sich dann damit am sandsack probiert, tritt man sich potentiell eher selbst weg, weil man eben beim treten in der luft nie diese bewegung richtung gegner drin hatte und nur diese dafür sorgt, dass die trittkraft den sandsack statt einen selbst wegschiebt.

  4. #34
    Kimi Gast

    Standard

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen

    ist das so?!

    offenbar nicht
    Stimmt. Ich hatte nicht an Stösse gedacht, wo vorher beide Körper in Bewegung sind. Und ich war (automatisch) davon ausgegangen, dass der stossende Körper nachher ruhen würde oder seine Bewegungsrichtung beibehält. Zumindest wird der andere Fall ja nie geübt.
    Und unter den Bedingungen trifft meine Annahme, glaube ich, zu.

    Sollen wir daraus jetzt schliessen, dass wir beim Mae-geri mehr erreichen, wenn wir nachher selbst umfallen?

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen
    also mal abgesehen davon, dass ich shotokan-karate-zukis zum kotzen finde, dient die körperbewegung einerseits zum distanzüberbrücken, andererseits um die verbindung zwischen trefferzone und erdboden zu schaffen, welche für einen festen schlag nötig ist.
    Distanzüberbrücken ja, aber festerer Stand?
    Es geht mir auch nicht um das Drehen des Oberkörpers oder solche Anpassungen der Haltung, sondern wirklich um den Schritt vorwärts und die Schwerpunktsbewegung. Dass das Sinn macht, bezweifle ich nicht.

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen
    kannst ja mal am sandsack mit einer beliebigen fausttechnik erst stehend und dann im sprung rumprobieren. letztere werden recht wirkungslos sein.
    Klar. Energie und Impuls werden auf die beiden stossenden Körper verteilt, umgekehrt dem Masseverhältnis. Stehe ich fest, zählt die Erde zu meiner Masse dazu und ich bleibe in Ruhe.

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen
    weitere bedeutung: es verstärkt die drehung der schulter, was dann doch direkten einfluss auf die schlagkraft hat. vergleiche hierzu die schadens/KO-wirkung von jab und cross bei boxern. von der armbewegung unterschieden die sich nicht... ein gerader schlag, wohl aber durch hüft-,körper und schulterdrehung, was die wirkung verheerend erhöht.
    siehe oben (Schwerpunktsbewegung bzw. Rotation)

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen
    man muss sich selbst in richtung ziel bewegen, weil das einzige, was verhindert, dass man selbst sich selbst wegschiebt die massenträgheit bzw die hohe translationsenergie ist.
    Nein, nicht nur.
    Du stellst einen Hebel mit Drehpunkt Fuss des Standbeins dar. Über den Tritt wirkt beim Auftreffen ein Drehmoment auf diesen Hebel. Hast Du ein entgegen wirkendes Drehmoment, heben sich beide auf. Das erreichst Du, wenn Du mit dem Schwerpunkt vor der Standfläche stehst (das ist dasselbe wie beim Zenkutsu-dachi: hinteres Bein stützt ab).
    Mit der Bewegung, die dann zur Ruhe kommt, lässt Du das Drehmoment wirken, aber nur zum Abbremsen.
    Du merkst, was ich meine, wenn Du Dir Deine Haltung vergegenwärtigst, wenn Du jemanden aus dem Stand mit Mae-geri langsam wegdrücken willst. Auch da bremst Dich keine Eigentranslation. Du musst das wirkende Drehmoment mit der Gewichtskraft und mit Körperspannung und Bodenhaftung ausgleichen.

    Zitat Zitat von noppel Beitrag anzeigen
    vielleicht wird dir das auch so gegangen sein, wie mir: wenn man tritte viel in der luft geübt hat, sodass man ne saubere technik hat und sich dann damit am sandsack probiert, tritt man sich potentiell eher selbst weg, weil man eben beim treten in der luft nie diese bewegung richtung gegner drin hatte und nur diese dafür sorgt, dass die trittkraft den sandsack statt einen selbst wegschiebt.
    Ja, kenne ich. Das liegt genau an dem beschriebenen Ausgleich des Drehmomentes, das im Kihon nicht gemacht werden kann.
    Ein bisschen kann man es reinbringen, indem man schaut, ob man in der Endpunkthaltung nach vorne fällt. Wenn nicht, wird es mit einem gestossenen Tritt nichts werden.
    Zum Glück gibt es aber auch den geschnappten Tritt, bei dem das nicht gilt.

  5. #35
    joebaer Gast

    Standard Mal anders betrachtet

    Hallo zusammen

    interessiere mich zur Zeit besonders für das Thema "Physik und Karate"

    Habe die Beiträge alle mit grossem Interesse gelesen. Ich kann insbesondere die schon empfohlene Homepage von ArsMartialis empfehlen. Den allermeisten Ausführungen dort kann ich absolut folgen.

    Die Theorie zur Schlagwirkung ist mir aber immer etwas suspekt. Hab mal in grauer Vorzeit Physik studiert und die Analogie zum elastischen Stoß ist mir aus dem Bauch heraus nicht OK.

    Der Unterschied ist einfach, dass die Kugel (in dem Fall die Faust) hoffentlich noch am Körper hängt und nicht wie eine Kugel über den Billardtisch rollt.

    Was haltet Ihr von folgendem Ansatz :

    Nach dem Auftreffen verdichtet sich das getroffene Gewebe (Kompression), nach dem schnellen Zurückziehen gibt es eine Dekompression. Die Höhe der Kompression hängt vom Druck ab (entscheidende Grössen :eingebrachte Energie, Fläche + Kraft des Nachschiebens).

    Gemäß dem eingebrachten Impuls läuft die Kompressions- Dekompressionswelle in den Körper und kann dort sehr unangenehm werden, insbesondere an Übergängen verschiedener Dicht (Gewebe/Knochen/Organe).

    Ihr kennt doch sicher den Nierensteinzertrümmerer, der nach dem Prinzip arbeitet. Dort ist die Wirkung auf den Stein teilweise bei der Dekompression grösser als bei der Kompression.

    Bin schon mal auf Eure Kommentare gespannt.

    JoeBaer

  6. #36
    Michael1 Gast

    Standard

    Im Prinzip ist das doch der Ansatz der auf arsmartialis gemacht wird - Druck (Kraft/Fläche) als Bezugsgröße für Schlagwirkung.

    Was die Wirkung betrifft sind die meisten körpereigenen Strukturen deutlich elastischer als das bei den verhältnismäßig starren Nierensteinen der Fall ist. Die Auswirkungen von dürften kaum in vergleichbarer Weise auftreten.

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