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Thema: Mechanische Eigenschaften partiell gehärteter Klingen

  1. #1
    captainplanet Gast

    Standard Mechanische Eigenschaften partiell gehärteter Klingen

    Ich beschreibe zunächst die Problematik und den Prozeß wie ich ihn zu verstehen glaube:

    "Normaler" Stahl (also nicht irgendein hochlegierter rostfreier Pipifax) ist weich und biegsam wenn er nach dem Glühen langsam abkühlt, er hält keine Schneide und macht als Schwert eine denkbar schlechte Figur(Zustand 1). Schreckt man den Stahl in Wasser, Öl oder dem Körper eines lebenden Gefangegen () plötzlich ab wird er sehr hart, aber auch sehr spröde(Zustand 2). Erhitzt man aber danach das den Stahl auf ca. 200-300 Grad und hält diese Temperatur eine gewisse Zeit verliert er seine Spröde, behält aber einen guten Teil seiner Härte und erhält eine gewisse Flexibilität(Zustand 3). Man nennt das "Anlassen". So macht man im allgemeinen ein Schwert.

    Nur die Japaner grillen wieder eine Extrawurst: Sie haben "partiell gehärtete" Schwerter. Das funzt meines Wissens etwa so: Die ausgeschmiedete Klinge läßt man langsam abkühlen sodaß sie Zustand 1 erreicht. Dann nimmt man eine Mischung aus Lehm, Holzkohlestaub und
    Wasser und schmiert das Zeug auf die Klinge, nur die eigentliche Schneide bleibt frei. Man läßt es trocknen und erhitzt dann die Klinge und schreckt sie ab. Durch die Dreckschicht (die hoffentlich nicht abgeplatzt ist) erreicht nur der Bereich der Schneide den sehr harten, aber auch spröden Zustand 2. Die Grenzschicht ist das berühmte "Hamon", die Härtelinie. Durch diese Härtung entsteht auch die Krümmung der Waffe: Der heiße Stahl hat ein etwas größeres Volumen (kubisch raumzentriertes Gitter), an der Schneide kühlt er so schnell ab daß diese Gitterstruktur erhalten bleibt. Am Rücken kühlt das Schwert langsamer ab und es kann sich ein kubisch flächenzentriertes Gitter ausbilden das weniger Volumen beansprucht. Die so entstehenden Spannungen zwischen Schneide und Rücken bewirken die Krümmung der Klinge. Und damit ist die Wärmebehandlung eigentlich fertig, nur geschliffen und poliert wird das Schwert noch.

    Man hat also eigenlich nirgendwo in der Klinge den Zustand 3 erreicht. Man erkauft eine außergewöhnlich hohe Schärfe um den Preis der Stabilität. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen daß die Kombination harte Schneide/weicher Rücken wesentlich stabiler ist als ein komplett weichgeglühtes Schwert. Wenn an ich eine rohe Spaghettinudel (spröde) längs ein Gummiband klebe wird sie auch nicht viel stabiler.
    Die Kampfweise die wir im Aikido lernen (keine direkten Blocks mit dem Schwert u.s.w.) bestätigt diese Vorstellung.

    Wenn es traditionelle Katanas gibt die auch flexibel sind dann müßten sie keine Krümmung aufweisen. Hab ich noch nie gesehen.

    Treffen meine Vorstellungen den Kern der Sache oder vereinfache ich die Herstellung eines Katanas zu sehr? Wie verhält sich ein so hergestelltes Schwert bei Belastung? Verbiegt es sich oder bricht es? Oder verbiegt sich der Rücken und die Schneide bricht?
    Und kennt jemand ein flexibles Katana mit sichtbarem Hamon(das würde meine Ansichten ziemlich über den Haufen werfen)?

    Mfg Georg

  2. #2
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    Standard

    Von der Klingengeometrie halte ich es für sehr ungewöhnlich, wenn ein Katana oder auch ein chinesischer Säbel entsprechender Materialstärke flexibel wäre. Bei entsprechender Herstellung und Material ist auch ein gerades chinesisches Schwert ggf. sehr hart und unflexiblel, wenn auch nicht spröde. Und ich würde für Schwerter liebend gerne einen nichtrostenden Höchstleistungsstahl 52CrMoV4 nehmen, wenn es den nicht erst ab 5 Tonnen zu kaufen gäbe (ausser mit Glück als Restposten). Ein Freund von mir hat einen Stahlhandel, der verkauft ab 15 Tonnen ...
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  3. #3
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    Soweit hast du recht mit deiner Annahme, aber es ist nicht unüblich das auch Katana kurz angelassen werden. Ist zwar nicht nötig da sich die Schneide durch die innerer Spannung von selbst stabilisiert.
    Es stimmt schon dass es kaum eine Schule von japanischen Schwertschmieden gibt die ihre Klingen eine gewisse Flexibilität geben, nur eine ist glaub ich bekannt der man etwas Flex zugesprochen hat.

    Es gibt aber doch ein paar Moderne Hersteller die Katana mit Federharten (Bainitisches Gefüge) Körper und harter Schneide herstellen. Eine einfache Methode wäre es erst die Ganze Klinge zu härten und dann den Rücken bis zur gewünschten Härte anzulassen. Das geht ähnlich wie bei den Japanern nur dass man eben erst am Schluss nach dem durch härten Wärmeleitpaste von irgendeiner Art drauf schmiert. die Methode ist bekannt und wird von vielen Messermachern schon seit sehr langer zeit verwendet.
    Übrigens wurde auch in Europa das Selektive Härten verwendet und das schon seit anfang der Eisenzeit. Die Verfahren sind etwas anders aber das Resultat sehr ähnlich. Diese Selektivehärtung ist auf der ganzen Welt bekannt. Auch die Chinesen, Koreaner, Inder usw haben diese oder ähnliche wege gefunden um Stahl dort hart zu machen wo man ihn braucht.

    Wie Klaus schon bemerkte wird von Katana nicht erwartet das sie Federn im Gegenteil eine Klinge die zu stark federt schneidet weniger, was nicht mit vibrieren verwechselt werden sollte

    Nicht zuletzt hat auch der Klingen Aufbau etwas mit der Methode der Härtung zu tun. Und dann natürlich die Kampfkunst die sich um die Waffe herum entwickelt hat, denn zu beginn der Waffenherstellung hat man sich wohl eher an die Gegebenheiten des verwendeten Materials anpassen müssen und mann muss das ja auch heute noch zum großen teil.
    Moral ist ein schmutziger Finger der auf andere zeigt!
    HLDF

  4. #4
    captainplanet Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Hamurra-e Beitrag anzeigen
    Eine einfache Methode wäre es erst die Ganze Klinge zu härten und dann den Rücken bis zur gewünschten Härte anzulassen. Das geht ähnlich wie bei den Japanern nur dass man eben erst am Schluss nach dem durch härten Wärmeleitpaste von irgendeiner Art drauf schmiert. die Methode ist bekannt und wird von vielen Messermachern schon seit sehr langer zeit verwendet.
    Das kann ich mir jetzt nicht so recht vorstellen: Die Temperatur beim Anlassen muß mehrere Stunden aufrechterhalten werden und da Stahl ja ein recht guter Wärmeleiter ist wird es - Wärmeleitpaste hin oder her - kaum möglich sein die Schneide vom Anlassprozeß auszunehmen.

    Beim Härten funktioniert das Selektive imho ja auch nur weil das Abkühlen so schnell erfolgt daß die Wärmeleitung keine Zeit hat da reinzupfuschen.

  5. #5
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    Standard

    Stimmt nicht!

    Nein beim anlassen reichen schon ein paar Minuten!
    Die Methode des Selektiven anlassens ist wirklich weit verbreitet und wurde schon immer für allerlei Werkzeuge, Messer und Schwerter verwendet.
    Man kann sie für unlegierte, niedrig und sogar manche hoch legierte Stähle verwenden. Man kann das auch ohne Leitpasste machen, schneide ins Wasser und mit Brenner anlassen, alles keine Problem und nur Übungssache.
    Ließ dich noch etwas in das Thema ein im Messerforum.net findest du ne Menge Lessenswertes und fragen stellen kannst du auch. Viel spaß!!!
    Moral ist ein schmutziger Finger der auf andere zeigt!
    HLDF

  6. #6
    Sorbus Aucuparia Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Hamurra-e Beitrag anzeigen
    Stimmt nicht!

    Nein beim anlassen reichen schon ein paar Minuten!
    Die Methode des Selektiven anlassens ist wirklich weit verbreitet und wurde schon immer für allerlei Werkzeuge, Messer und Schwerter verwendet.
    Man kann sie für unlegierte, niedrig und sogar manche hoch legierte Stähle verwenden. Man kann das auch ohne Leitpasste machen, schneide ins Wasser und mit Brenner anlassen, alles keine Problem und nur Übungssache.
    Ließ dich noch etwas in das Thema ein im Messerforum.net findest du ne Menge Lessenswertes und fragen stellen kannst du auch. Viel spaß!!!
    Der Thread ist zwar uralt, aber fals es vielleicht einen interessiert.
    Eine sehr alte MEthode des selektiven Anlassens wird mit einem Glühenden Stahlstück gemacht.
    Dabei wird ein großer Klotz Eisen auf Rotglut gebraucht und aus dem Feuer geholt. Die frisch gehärtete und kurz angeschliffene Klinge wird jetzt mit dem Rücken auf das Stahlstück gelegt. Nun kann man sehen wie die Anlassfarben aufkommen und nach oben wandern. Wenn das Strohgelb an der Schneide ankommt muss die Klinge ins Wasser um weiteren Härteverlust und eventuelle Brlauspördigkeit zu verhindern.
    Hat man alles richtig gemacht erhält man einen blauen (weichen) Rücken und eine gelbe (harte) Schneide.
    Hab das selber schon paar mal gemacht und war echt überrascht wie einfach das geht. Man muss nur ein Auge auf die Klingenspitze haben. Diese ist durch ihre geringe Masse am schnellsten gefährted zu heiß zu werden.

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