Kannix, 24.06.2010, 14:17 Uhr: "Also ich hab noch oben ein Luftgewehr, ganz normal. Bei Katzen jedenfalls gibts keine sichtbaren Verletzungen"
Und genau so hätte ich dann auch nichts gesagt.
Das "Problem" bei Fakten ist, dass sie sich meist in beide Richtungen deuten lassen. Ein Beispiel: Du musstest dich verteidigen und stehst vor einem Richter.
Die Fakten:
- Beide haben zugeschlagen
- Beide sind dabei verletzt worden, der Angreifer allerdings schwerer
- Als die Polizei ankam, warst du derjenige, der den anderen am Kragen hatte
Beide argumentieren mit Notwehr und das der jeweils andere angefangen hat. Keine Zeugen außer den Polizeibeamten. Keine stichhaltigen Beweise für den einen oder anderen. Beide sind polizeilich unbekannt, d.h. keine Straftaten.
Was nun? Rein nach Fakten bist du der Schuldige, denn du warst offensichtlich deinem Gegner überlegen und hast ihn schwerer verletzt. Also kann das, trotz meiner Aussage, nicht das Allheilmittel sein, außer in eindeutigen Fällen.
Wenn man nun die Fakten interpretiert, dann sieht die Lage anders aus. Dann deuten sie sowohl auf dich wie auch auf deinen Angreifer. Und hier entscheidet sich dann wie das Verfahren ausgeht. Wenn dein Anwalt und der Richter nicht miteinander können, bekommst wahrscheinlich du das Problem. Wenn der Anwalt deiner Version nicht glaubt, hast du ein Problem.
Glaubt er dir, hast du kein Problem außer evtl. deinem Anwalt.
Handlungs-Alternativen wären:
- Stich in die Hand; wie ebenfalls vom Richter geäußert
- Schnitt über den Arm oder Oberschenkel; die Gefahr etwas wichtiges zu treffen ist dabei geringer als bei einem Halsstich
Bedenke dabei bitte, dass die Richter nicht dabei waren, ergo rein gar nichts über die Gefahreneinschätzung sagen können. Sie denken berufsbedingt in Eskalationsstufen. Zuerst in die Hand, dann in den Arm und erst dann in den Hals. Nicht andersrum.
Noch besser wäre es, gar kein Messer mitzuführen. Was man nicht dabei hat, kann man nicht benutzen. Und so wichtig kann nichts sein, dass man dafür ein Taschenmesser dabei haben müsste.
Aber wenn man unbedingt eins beihaben will, dann lass es da, wo es sonst auch ist.
Ansonsten stimme ich Aruna zu: Lieber die Sani's als die Polizei rufen und bei den Polizisten erstmal gar nix sagen.
tl:dr
Wenn ich jemanden provoziere und der mich dann töten will, werde ich bestraft, sofern ich durch Gewalt meinerseits überlebe?
Wäre ja der Extremfall, der nach dem Richter aber so korrekt wäre. Das kann ich weder glauben noch halte ich das für eine schlaue Regelung.
Geändert von MagetaDerLöwe (28-10-2015 um 23:21 Uhr)
"Alles Geschmackssache!" - sagte der Affe, und biss in die Kernseife
Nein, Du handelst rechtswidrig (und machst Dich damit strafbar), wenn Du ihn zu genau dem Zweck provozierst, Gewalt gegen ihn anwenden zu dürfen und diese anwendest.
Dann wird Dir üblicherweise nur noch Ausweichen zugestanden.
Lernschemata eines (ehemaligen?) Jurastudenten:
Bsp.: Türsteher A und H beschließen einen Gast zu beleidigen, um ihn nach dessen Abwehr verprügeln zu kömmen.
P.: Hat der Absichtsprovokateur ein Abwehrrecht?
Bsp.: Der Beleidigte wehrt sich und wird von A und H verprügelt.
e.A.: Ja, da der Provokateur aufgrund der Rechtswidrigkeit des Angriffs nicht schutzlos gestellt sein darf. Zudem müs-se sich niemand provozieren lassen.
h.M.: Nein, Notwehr ist versagt. Der Provokateur handelt rechtsmißbräuchlich und ist der eigentliche Angreifer.
Folge: Es bleibt nur die Möglichkeit, dem Angriff auszuweichen.
Wenn Du ihn einfach nur so provozierst, ohne die Absicht, seine Reaktion auszunutzen:
Sonstige Provokation
Bsp.: fahrlässige Provokation
h.M.: abgestuftes Notwehrrecht:
-> grds. Angriff ausweiche
-> Schutzwehr
->Trutzwehr (ultima ratio)
Kann natürlich sein, dass Du ihn nur zu einer normalen Prügelei provozieren willst und der zieht unerwartet ein Messer:
Notwehrprovokation, Notwehrrecht, Absichtsprovokation, ProvokationP.: Opfer wehrt sich intersiver als vor-gestellt?
Grds bleibt dem Absichtsprovokateur nur die Möglichkeit, auszuweichen. Gilt dies aber auch noch, wenn sich der Provozierte viel intensiver als vorgestellt ver-teidigt?
Bsp: der Beleidigte zieht gleich ein Messer und geht auf A u. H los. H tötet ihn nun mit einem Baseballschläger.
Teil der Lit.: Wenn die Reaktion des Provozierten über das provozierte Ziel hinausgeht, müsse das Notwehrrecht wieder aufleben.
BGH: Es bleibt bei den Grundsätzen der Absichtsprovokation. Abzustellen ist allein auf das provozierende Verhalten.
Folge: Nur Möglichkeit des Ausweichens.
Geändert von Gast (29-10-2015 um 00:31 Uhr)
das ding ist doch das schon einer seiner kollegen niedergeschlagen wurde.
ob der noch lebt war zu dem zeitpunkt doch keinem klar.
ob der student messer sammelt oder ein naturtalent im messerstechen ist ist absolut irrelevant. es spielt auch absolut keine rolle woher er das messer hatte. es wäre ihm sogar erlaubt gewesen irgendwo ne pistole zu klauen und sich damit zu verteidigen.
das verhalten dieses richters ist durch absolut nichts zu rechtfertigen.
wenn der typ nicht schon vorher jemanden ko geschlagen hätte sähe die situation eventuell anders aus. ist aber halt nicht so.
aber es war wohl wahrscheinlicher, dass der niedergeschlagene noch lebte, als das er tot war. vom niederschlagen sterben die leute ja nur in ausnahmefällen. ansonsten gäbe es ja jedes wochenende dutzende tote.
der student hätte das messer zeigen und den einsatz androhen können. da der andere bis zu diesem zeitpunkt keine waffe zeigte, wäre er mit dem messer sehr wahrscheinlich überlegen gewesen. zumindest hätte er vor gericht besser dagestanden, als bei einem "heimtückischen" einsatz.
eine pistole (woher auch immer) ist gegen einen unbewaffneten wohl nur in absolut ungewöhnlichen fallkonstellationen das mildeste mittel.
Kannix, 24.06.2010, 14:17 Uhr: "Also ich hab noch oben ein Luftgewehr, ganz normal. Bei Katzen jedenfalls gibts keine sichtbaren Verletzungen"
Ja den meinte ich. War wohl ein freudscher Verschreiber.
Schwierig, weil das direkt in die "Falle" führen kann, du dich also unwissentlich selbst belastest. Ich habe immer direkt ausgesagt, aber meine Kloppereien (zumindest die, von denen Akten bestehen), waren dienstlicher Natur. Die meisten sogar mit Video, also brauchte ich nix mit einem Anwalt abstimmen. Zudem habe ich es nie übertrieben. Musste ich auch nie, da ich den Kampf nie gewinnen sondern nur die Kontrolle über die Situation erlangen wollte.
Ja, das macht einen Unterschied. Mir reicht es, den Typen rauszuwerfen bzw loszuwerden und die Situation im Club (Zelt, Veranstaltung, Supermarkt) wieder zu beruhigen. Ob ich gegen ihn gewonnen hätte, stand nicht zur Debatte. Mein Motto war und ist: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Die Chance das er noch lebte, war um min. eine 10er-Potenz höher als bei einem Waffeneinsatz.
Korrekt, es geht niemanden was an, was du sammelst. Wohl aber interessiert es, wenn du eine mitgeführte oder gefundene Waffe einsetzt. Vor Gericht musst du beim Argument Notwehr immer beweisen, dass deine Aktion das mildest mögliche Mittel ohne weitere Eigengefährdung war. Und ein Stich in vitale Körperregionen kann niemals das mildeste Mittel darstellen.
100% Zustimmung.
Genau das.
Höchstens bei einem querschnittsgelähmten Rentner, der alleine zu Hause ist. Und nicht mal bei dem sollte man sich sicher sein.
ja, so allgemein kann man das wohl tatsächlich nicht sagen. hier war der stich ins herz anscheinend angemessen:
SCHICKSALE: Der Täter, der ein Opfer war - DER SPIEGEL 44/2013
der vorfall wurde damals ja auch hier im forum viel besprochen. laut artikel wurde der waffeneinsatz aber klar angedroht und den tätern die möglichkeit zum rückzug gegeben. dies hebt der im artikel zitierte oberstaatsanwalt ausdrücklich hervor.
edit: dein leben muss nicht bedroht sein, du kannst z. b. auch einen raub mit tödlicher gewalt abwehren. dann muss der richter dir aber glauben, dass es in diesem fall keine andere (mildere) möglichkeit gab.
Geändert von hand-werker (29-10-2015 um 10:13 Uhr)
Kannix, 24.06.2010, 14:17 Uhr: "Also ich hab noch oben ein Luftgewehr, ganz normal. Bei Katzen jedenfalls gibts keine sichtbaren Verletzungen"
siehe auch:
http://www.kampfkunst-board.info/for...ikampf-125118/
Einvernehmlicher Zweikampf, Verlierer rächen sich mit Gürtelschlägen, Angegriffener verwendet Messer ohne Androhung:
genau, ich kann auch andere Rechtsgüter als mein Leben mit einer Handlung, die den Tod des Angreifers in Kauf nimmt, verteidigen, solange es das mildeste zur Verfügung stehende Mittel ist, kein krasses Missverhältnis zwischen den Rechtsgütern besteht, und der Angreifer zurechnungsfähig ist (mindestens 14, nicht stark besoffen und nicht geisteskrank)
Sicherlich muss ich mich von einem mündigen Bürger nicht verprügeln lassen.
Geändert von Gast (29-10-2015 um 10:56 Uhr)
Genau das krasse Missverhältniss ist aber der Punkt um den wir hier die ganze Zeit herumeiern.
Es muß zwar der Jurae keine Abwägung der Rechtsgüter gemacht werden, aber es muß das mildeste und angemessene Mittel benutzt werden.
D.h. Wenn mir jemand die Brieftasche klauen will obwohl nur 10 Euro darin sind, und ich erdolche, schieße etc den Menschen...
Das ist schon krass und ausserhalb jeglicher Verhältnissmäsigkeit.
Nach dem cowboyrichter aber denkbar.
Materielles Eigentum ist immer höher als ein Menschenleben und Unversehrtheit zu bewerten ?
Nur mal eine Frage in den Raum.
nein, in den letzten beiträgen ging es eigentlich um das "mildeste mittel" und nicht um die abwägung der rechtsgüter (da es für beide um die körperliche unversehrtheit ging).
genau
vermutlich schon
welcher cowboyrichter? verstehe ich jetzt nicht.
hat doch niemand behauptet, oder habe ich da was überlesen?
Kannix, 24.06.2010, 14:17 Uhr: "Also ich hab noch oben ein Luftgewehr, ganz normal. Bei Katzen jedenfalls gibts keine sichtbaren Verletzungen"
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