Hallo Enpi,
Ist das Boxen also vor 350 vom Baum gefallen? Gab es etwas Vergleichbares nicht vorher? Und kann das Boxen von heute nicht in der Line dessen betrachtet werden?Also laut deutscher Wikipedia hat das heutige Boxen mit gutem Willen so in etwa eine 300, maximal 350 Jahre alte Tradition.
Nope.Insgesamt also ein sehr schlechtes Argument um die Notwendigkeit einer authentischen Linie in einer Kampfkunst zu hinterfragen.
Es ging um zwei Sportarten, die in einer Tradition stehen. Was das mit der Notwendigkeit einer "authentischen Linie" für Karate zu tun hat, erschließt sich mir nicht.
Ist es möglich, das Wort "authentisch" hier im Sinne von "unverfälscht" zu übersetzen?Der Begriff "traditionell" ist tatsächlich sehr schwierig, "authentisch" beschreibt wesentlich besser, worum es eigentlich geht.
Du hast keine Chance zu wissen, wie die Originalform vor ein paar Jahrhunderten aussah und wie die Originalanwendung damals war. Du musst Dich hier voll auf Hörensagen verlassen, was nie ein guter Deal ist.Wenn ich eine Form laufe, die eventuell mehrere Jahrhunderte alt, so sollte ich auch die Anwendungen und Anweisungen zu dieser Form kennen, die im übrigen mindestens genauso alt sein werden. Das ist dann eine authentische Übertragung.
Woher weißt Du denn, dass das, was Dir gelehrt wird, und was Du vielleicht aus selbst lehrst, die exakt gleiche Form wie damals war? Es wurde Dir gesagt, von jemandem. Dieser hat es auch wieder, von jemandem, und dieser ...
Ich denke, wir verstehen uns. Es existiert keinerlei objektive und damit zielsicher unverfälschte Übertragung von damals zu heute. Weil die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt, und Menschen subjektiv sind, ergibt sich immer eine Entwicklung.
Bei der korrekten Übertragung der Interpretation der Form dürfte sich dieses Problem noch einmal potenzieren, da Menschen unterschiedlich körperliche und geistige Konstitutionen besitzen und darum gezwungen sind, die gleiche Information für sich selbst zu interpretieren, um sie wirksam im Kampf einsetzen zu können.
Aber um des Argumentieren willens, lass uns mal folgendes Annehmen. Du übst eine Form und deren Anwendung, die von einem Stilgründer vor etlichen Jahrhunderten entwickelt wurde. (Was im Übrigen nebenbei heißt, das dieser Stilgründer sich außerhalb einer Tradition gestellt hat, aber lassen wir das mal.)
Die Form und die Applikation wurde tatsächlich ohne die geringste Änderung von Generation zu Generation übertragen. Bis heute. Zu Dir.
Und daran ist wirklich etwas Gutes? Ganz sicher?
Wenn ich mir das traditionelle Lehrstystem des Shu-Ha-Ri (oder von mir auch aus Li, ich kann kein japanisch) ansehe, so besteht es aus den drei Schritten:
1.) Das System lernen
2.) Das System beherrschen
3.) Das System zerreißen. Sprich: Seinen eigenen Stiefel machen.
Falls Dein System, Deine Form, über die traditionelle Lehrmethoden überdauert hat, heißt das im Umkehrschluss, dass nie ein Meister die Ri-Stufe erreicht hat. Falls doch, hat er seinen eigenen Laden aufgemacht und ist aus der Übertragungslinie des Systems verschwunden.
Ist er aus Loyalität beim System geblieben, hat er dann nicht um der Loyalität willen seinen Schülern wider besseren Wissens ein in seinen Augen veraltetes System gelehrt.
Und falls nicht, heißt das dann nicht, dass das System von Ha-Meistern weitergetragen wurden, die das System nie einer sich ständig veränderten Realität angepasst haben?
Ist es wirklich gut, mit einem Messer zur Schießerei zu kommen, nur weil mein Stil schon seit Jahrunderten mit Messern hantieren? Selbst wenn es im Umgang mit Messern wirklich wirklich gut ist?
Dein vor Jahrhunderten lebender Stilgründer, war auch mal ein Karatepionier, ist Dir das klar? Kann ich aus Deiner Äußerung schlussfolgern, dass er nichts konnte?Damit ist dann auch klar, warum diese ganzen Karate Pioniere nichts können.
Grüße
Ich freue mich auf eine Antwort
SVen