Beim göttlichen, bzw. ID-Ansatz geht man nun aber gänzlich unwissenschaftlich in der Beweisführung des eigenen Standpunktes vor,
indem man nicht klare Belege für die Existenz dieser Kraft liefert, sondern sie ableitet aus ungeklärten Fragen, und diese als Beweis wertet.
Tatsächlich sind Fragen schlicht nur deshalb offen, weil die Erkenntnismöglichkeiten eines Menschen nunmal begrenzt sind, nicht weil es keine Antworten gibt.
Mit der Erfindung göttlicher Gestaltung gibt man sich die Erkenntnismöglichkeit selbst, aber um den Preis, nicht mehr fragen zu dürfen. Denn hinterfragen überlebt weder das göttliche Konzept noch das ID.
Z.B. kann man ganz einfach fragen: Wer oder was hat dieses göttliche Wesen geschaffen ?
Wenn es ohne erschaffen worden zu sein existieren soll, losgelöst von den physikalischen Gesetzen von Zeit und Raum, verlagert man die wissenschaftlich gestellten offenen Fragen lediglich auf eine andere Ebene, in ein anderes Erklärungsmodell.
An dem Punkt kommt man aus den Weiten des Alls zurück in den Kopf des Fragenden: Warum kann man nicht akzeptieren, daß wir begrenzt sind in unseren Fähigkeiten, und nie sämtliche Antworten finden werden? Warum ist es so schwer, mit dieser Ungewißheit zu leben? Offenbar so schwer, daß man sich unbedingt Götter und Kräfte erschaffen muß, die scheinbare Erklärungen liefern, aber letztlich nur psychologische Bedürfnisse zum Ausdruck bringen.
Wissenschaftlich gesehen, gibt es keinen Beleg für die Richtigkeit eines bestimmten auf Religion basierenden Erklärungsmodells.
Sie stehen sämtlich gleichbereichtigt nebeneinander und in Konkurrenz. Wenn nun z.B. die biblische Schöpfungsvariante gelehrt wird in US-Schulen in Ergänzung zur Evolutionslehre, so ist das gegenüber anderen religiösen Erklärungskonzepten unlauter.
Es müssten sämtliche religiösen Konzepte erläutert werden, und analytisch hinterfragt, indem man
- sie in den Kontext der Umgebung zur Zeit ihrer Entstehung setzt
- verdeutlicht, daß die göttlichen Wesen ihre Botschaft nie selbst übermittelt haben, sondern immer durch Menschen
- diese Botschaften erst durch die Anerkennung ihrer Mittler in ihrer Gemeinschaft an Bedeutung gewannen
- die verschiedenen Gottesbilder sich in einem kulturevolutiven Prozess entwickelt haben, also letztlich menschengemacht sind.
Und hier schließt sich der Kreis nämlich: Aus psychologischer Bedürftigkeit heraus erschuf sich der Mensch Gott und Götter, und heute, zeitgemäß, das Intelligent-Design-Modell, um sich Antworten zu geben.