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Thema: Religion in der Erziehung

  1. #1246
    Gast Gast

    Standard

    @WT-Herb:

    Du hast als Atheist auch ein Gottesbild, schon in dem Augenblick, in dem Du darüber nachdenkst. Du kommst dabei zu einer Dir logisch erscheinenden Schlussfolgerung, dass er nicht existiert, weil die Wissenschaft ihn ersetzt.
    nein.
    ich hab als atheist überhaupt kein "gottesbild", weil ich nicht an "gott" glaube.
    da ich nicht an "gott" glaube, ist es völlig irrelevant für mich, OB er existiert oder nicht.
    die frage stellt sich für mich einfach nicht!

    und bitte, herb ... nicht dieses "du hast ...", denn das kannst du gar nicht beurteilen, ok?




    nota bene:
    "wissenschaft ist die hinmetzelung einer schönen these durch ein scheußliches faktum!"
    (balthasar matzbach)
    Geändert von Gast (27-04-2017 um 15:20 Uhr)

  2. #1247
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Aruna Beitrag anzeigen
    ... Und nun brauche ich weitere Theologen, die mir die Übersetzungen/Auslegungen von anderen Theologen richtig auslegen?
    So funktionieren sowohl wissenschaftliche Entwicklung -als auch die Weitergabe von spirirituellem Wissen.

    Aha, das Bibel ist also nicht genderkorrekt...
    Nein. Ist sie nicht. Sondern ein Produkt ihres gesellschaftlichen und historischen Kontextes. Darum eben sind ihre Aussagen "nicht einfach so" unmittelbar in den eigenen Kontext hinein übertragbar. Darum eben bedarf es der wissenschaftlichen Erforschung der Texte und der Hermeneutik zum Verstehen ihrer Aussagen.

    Das scheint mir so wesentlich, wie die Frage, ob Jesus eine Geldbörse hatte, oder nicht...
    In der allgemeinen Wahrnehmung wird die Gruppe, die mit Jesus umhergezogen ist, zumeist mit den zwölf Jüngern assoziiert. Diese Assoziation hat bestimmte Folgen für das Bild von Jesus und seine Umgebung.
    Dieses Bild verändert sich, wenn man sich bewußt macht, daß wohl die Mehrzahl der Menschen um Jesus Frauen waren. Daß die wirtschaftlichen Ressourcen zum Fortbestand dieser Gruppe von Frauen bereitgestellt wurden. Daß das Frauen waren aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Und daß es Frauen waren, die dafür die gesellschaftlich anerkannten Rollenmodelle von Frauen verlassen haben.

    Du magst solche Erkenntnisse bespötteln. Für viele Menschen ist diese Veränderung ihres Jesus-Bildes ähnlich verunsichernd und verändernd, wie die Erkenntnis, daß Luther seine Thesen nie an eine Kirchentür genagelt hat.

    Warum denkst Du, dass ich an Ehebruch denke, wenn da "Sünderin" steht?
    Was du denkst, weiß ich nicht. Aber meine persönliche Erfahrung ist, daß Menschen, mit denen ich darüber spreche, fast ausnahmlos Sünde mit Ehebruch assoziieren und dabei die Geschichte der verhinderten Steinigung einer Ehebrecherin im Kopf haben.

    Gibt es schon eine enstprechende Bibelfassung mit Kommentaren, die klar machen, dass Jesus nicht etwa der von einer Jungfrau geborene und vom heiligen Geist gezeugte Sohn Gottes ist, sondern nur ein Wanderprediger unter vielen, über den Dinge erzählt wurden, die man damals über viele erzählte...?
    Äh, ja, natürlich. Es gibt massenhaft Kommentare, in denen man das findet.
    Bibelausgaben selber sind eher spärlich kommentiert, weil sowohl der Text selber, als auch ein ausführlicher Kommentar denn doch zu umfänglich wären.

    Zitat Zitat von Aruna Beitrag anzeigen
    Was sagt die moderne evangelische Theologie dazu?
    Das "Glaubens ABC auf der website der der EKD sagt dazu Folgendes:

    "Glaubens-ABC
    Jungfrauengeburt
    Kann man an die Jungfrauengeburt glauben? Aus naturwissenschaftlicher Perspektive wohl kaum, doch geht es bei der biblischen Erzählung nicht um ein biologisches Wunder. Die Texte wollen etwas anderes aussagen: Dass Jesus ohne menschliche Zeugung geboren wurde. Matthäus 1 und Lukas 1 erzählen, dass Maria nicht von ihrem Verlobten Josef schwanger wurde, sondern Jesus vom Heiligen Geist empfangen habe. Im griechischen Sprachraum war dies nichts Ungewöhnliches, sich die Geburt eines Herrschers so vorzustellen: direkt aus göttlichem Geist gezeugt. Matthäus l,22f. nimmt auf, was im Alten Testament bei Jesaja 7,14 steht: 'Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel, d. h. >Gott mit uns!<' Der hebräische Urtext spricht aber von einer jungen Frau. " (Herv.v.mir)
    Geändert von carstenm (27-04-2017 um 18:35 Uhr)

  3. #1248
    Gast Gast

    Standard

    @Carsten

    Interessanterweise hast du auf den ersten Teil meines Postes hin dich auf den Studiengang Evangelische Theologie bezogen, während ich ausdrücklich von den Kirchen (und sich als Christen verstehenden Menschen die ich kenne) gesprochen habe :-)
    Und dann schreibst du auch, das Bedford-Strom Leiter eines Tutoriums war. Hattest du nicht an anderer Stelle die Unabhängigkeit und Unverflochtenheit von Theologie als Studiengang und Kirche als Institution betont?
    Aber das wäre jetzt wieder das frühere Thema.

    Wenn ich einen Blick in den Heidelberger Katechismus (oder andere) werfe, scheint es mir nun aber ganz und gar nicht mehr so, dass da eine Beliebigkeit im Glauben vorherrscht.

    Oder anders gesagt:
    Gehört es zumindest nach kirchlich-christlichem Verständnis nicht dazu, speziell die Person Jesus Christus als maßgeblichen Heilsbringer anzusehen und anzuerkennen? (Und eben nicht Buddha, oder die daoistische innere Alchemie, oder den Propheten und den Koran.)
    Gehört es nicht dazu, an den realen Tod und die reale Auferstehung von Jesus zu glauben?
    Gehört es nicht dazu, an die bewusste und gewollte Schöpfung durch Gott und an ein Ende der Zeit zu glauben?
    An eine Seele, die den Tod überdauert? Und und und...
    Und: Jesus ist also nicht unbedingt von einer Jungfrau geboren... Aber ohne menschliche Zeugung geboren???

    Was du schreibst, klingt für mich übertragen auf mein Boxer-Beispiel eher so, dass du dich eins bzw. nicht getrennt von anderen Kampfkünstlern verstehst und fühlst (was ich nachvollziehen kann).

    Insofern vielleicht noch mal die Frage: Bedeutet Christ-Sein im Verständnis der Kirche nicht den Einschluss bestimmter und den Ausschluss gewisser anderer Anschauungen?

  4. #1249
    washi-te Gast

    Cool

    Zitat Zitat von Cam67 Beitrag anzeigen
    ich hab bis jetzt keine Religion gefunden die versucht , Gott zu erklären.
    im Gegenteil , es wurde/wird immer darauf hingewiesen, daß genau dieses Phänomen eben nicht erklärbar ist.

    ..
    Welches Phänomen? Es gibt kein Phänomen.

  5. #1250
    washi-te Gast

    Cool

    Schade, Herb,

    du hattest eigentlich ganz gut angefangen:

    Zitat Zitat von WT-Herb Beitrag anzeigen
    Nun hat michder WT-Treead auch noch hier her gelockt.... mit entsprechender Wirkung:

    ----

    "Wichtig" ist, zu begreifen, das der Mensch keine "Sache" ist, die man wie einen Kuchenteig beliebig anrühren und formen kann. Jeder Mensch hat die Freiheit zur eigenen Lebensenführung - auch für oder gegen eine Religion, für oder gegen einen Glauben, für "seine" Art zu leben - solange er damit nicht in die Rechte Anderer eingreift.
    Das hätte genügt!

  6. #1251
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von washi-te Beitrag anzeigen
    Welches Phänomen? Es gibt kein Phänomen.
    Doch gibt es:

    John Leslie Mackie: "Das Wunder des Theismus"

  7. #1252
    discipula Gast

    Standard

    Zitat Zitat von CeKaVau Beitrag anzeigen
    Natürliche Prozesse ist Abläufe, die ohne Eingreifen einer "ordnenden Macht" ablaufen. Von selbst. Im Prinzip also alles.


    Naturgesetze existieren, sie werden nicht postuliert.


    Die beiden Aussagen finde ich widersprüchlich.

    Entweder sind natürliche Prozesse gesetzeshaft, also ordentlich und somit berechenbar; oder es gibt keine ordnende Macht, was aber auch bedeuten würde, dass es keine Naturgesetze geben kann, wie wir sie kennen, udn von denen wir annehmen, dass sie immer und überall gelten.


    Die Entdeckung der Quantenmechanik führte zu der Erkenntnis, dass die Welt nicht deterministisch sondern probabilistisch funktioniert. Solche grundlegenden Umbrüche sind nichts Neues oder Metaphysisches.
    Solche Umbrüche bringen aber immer viel Neues mit sich, nicht nur in der Spezialität, wo sie geschehen, sondern für ganze Gesellschaften oder sogar für die ganze Welt.

    Dass ein so selbstverständlich scheinender Satz wie "keine Wirkung ohne Ursache" mal offizielle physikalische Lehre sein könnte, ist doch recht überraschend.

    Kernpunkt aller wissenschaftlichen Modelle ist die Abwesenheit einer Macht, die Naturgesetze willkürlich ändern kann.
    Sie muss aber dennoch eine Macht annehmen, die die Naturgesetze selbst geschaffen hat.

    Wissenschaft ist kein Religionsersatz
    Das ist die wunderschöne, hehre und erhebende Theorie, die leider in der Praxis so nicht immer funktioniert.

    Es gibt tatsächlich Leute, und nicht wenige, die der Naturwissenschaftlich einen quasi-religiösen Status geben.


    Die Wissenschaft versucht aus Daten, die wir mit unseren Sinnen (heute i.A. unseren massiv verbesserten Sinnen) aufnehmen, die Welt zu erklären.
    Religion versucht, aus dem was wir fühlen, die Welt zu erklären.
    Sehe ich nicht so.

    Wissenschaft kümmert sich um Mengen - das was man messen und zählen und wägen kann. (und natürlich kann zB ein Wissenschaftler das Gewicht eines Steins in seiner Hand fühlen und eine Schätzung abgeben!)

    Religion kümmert sich um Qualitatives, um die Frage, was wertvoll und wichtig und bedeutsam ist (und kann sich dabei natürlich auch auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse berufen, um ein Argument zu stützen)

  8. #1253
    discipula Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Aruna Beitrag anzeigen
    Für die Veranstaltungen in der Kirche sind doch Leute mit einer theologischen Ausbildung verantwortlich?
    Stammen Bibelübersetzungen nicht von Theologen?
    War Luther nicht promovierter Theologe?
    Und nun brauche ich weitere Theologen, die mir die Übersetzungen/Auslegungen von anderen Theologen richtig auslegen?
    Das ist so ein immer währendes Thema.

    Es wird in den Evangelien erzählt, dass im Augenblick, wo Jesus am Kreuz starb, der Vorhang des Tempels in Jerusalem zerriss, sodass der Blick auf das Allerheiligste frei wurde, das sonst nur der Hohepriester unter sehr bestimmten Umständen besuchen durfte.

    Das lese ich so (inspiriert von, ich glaube, Rudolf Steiner), dass es ab diesem Moment nicht mehr Priester brauchte, die zwischen dem Gläubigen und Gott vermitteln, sondern dass der Gläubige sich direkt an Gott wenden kann und auch soll.

    Priesterkasten etablierten sich aber trotzdem immer wieder, und es gab auch immer wieder Reformbemühungen, die das direkte Verhältnis von Mensch zu Gott suchten.

    Ebenso gibt's in der Theologie Moden, wie überall anders auch, sprich in fünfzig oder hundert Jahren wird die Diskussion auch wieder woanders sein, und es ist nicht gesagt, dass ausgerechnet heute das Klügste und Wesentlichste gesagt wird. Vielleicht wäre es lohnenswerter, den alten Alchemisten Thomas von Aquin zu lesen? oder Meister Eckehart?

    nebst reformieretn Grundsätzen wie "sola scriptura" (nur die Schrift) finde ich auch das aufklärerische "sapere aude", angebracht, wage es, selbst zu denken!

  9. #1254
    discipula Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Aruna Beitrag anzeigen
    Biologen untersuchen meines Wissens tatsächlich lebende Systeme und beschäftigen sich nicht lediglich mit Literatur über "Leben".
    Auch ein "Lebewesen" oder "lebendes System" ist nicht "das Leben".

    So wie ein religiöses Ritual, oder ein religiöses Amt, mit all dessen sozialen, finanziellen, kulturellen, gesundheitliche, künstlerischen Aspekten nie einen Gottesbeweis schafft.


    Glaubenssätze ganz pragmatisch nach ihrer Wirkung und nicht nach dem angeblichen Wahrheitsgehalt auswählen?
    ja, da die Erkenntnis (absoluter) Wahrheit für uns Menschen doch schwierig zu erreichen, und auch schwierig zu erkennen ist.

    Kinder müssen nützliche Dinge beigebracht kriegen, die ihnen helfen, ein gutes Leben zu führen. Der Umgang mit Glaubenssätzen ist eine Schlüsselfähigkeit.

  10. #1255
    discipula Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Julian Braun Beitrag anzeigen
    Oder anders gesagt:
    Gehört es zumindest nach kirchlich-christlichem Verständnis nicht dazu, speziell die Person Jesus Christus als maßgeblichen Heilsbringer anzusehen und anzuerkennen? (Und eben nicht Buddha, oder die daoistische innere Alchemie, oder den Propheten und den Koran.)
    Nach meinem Verständnis ist es die Christus-Energie, also die Kraft der Liebe, die das Besondere des Christentums ist - nicht die Person Jesus.

    Zu den Lehren Buddhas, der Alchemisten, der Propheten, der Mystiker aller Kulturen gibt es eine Familienähnlichkeit - auch wenn es welche g ibt, die den Fokus anders legen, zB auf Weisheit, oder auf Hingabe, oder auf Frieden - und am Schluss führen alle zum selben Ziel.


    Gehört es nicht dazu, an den realen Tod und die reale Auferstehung von Jesus zu glauben?
    Wenn ich verstünde, was "Auferstehung" genau bedeutet, könnte ich dir auch sagen, ob ich daran glaube.

    Ich gehe durchaus davon aus, dass eine sehr bedeutsame und wahre Aussage darin steckt, aber die habe ich noch nicht gefunden.



    Gehört es nicht dazu, an die bewusste und gewollte Schöpfung durch Gott und an ein Ende der Zeit zu glauben?
    An eine Seele, die den Tod überdauert?
    ja, bestimmt.

    Und: Jesus ist also nicht unbedingt von einer Jungfrau geboren... Aber ohne menschliche Zeugung geboren???
    in einem der Evangelien wird Josef als der Vater von Jesus genannt, und somit die prestigereiche Abstammung vom König David begründet.


    Insofern vielleicht noch mal die Frage: Bedeutet Christ-Sein im Verständnis der Kirche nicht den Einschluss bestimmter und den Ausschluss gewisser anderer Anschauungen?
    sicher. Aber ich bin Christin in erster Linie, und erst in zweiter Linie Kirchenmitglied. Im Zweifelsfall kriegt mein Gewissen den Vorzug.

  11. #1256
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Julian Braun Beitrag anzeigen
    Interessanterweise hast du auf den ersten Teil meines Postes hin dich auf den Studiengang Evangelische Theologie bezogen, während ich ausdrücklich von den Kirchen (und sich als Christen verstehenden Menschen die ich kenne) gesprochen habe.
    Ich habe aus mehreren Gründen ganz bewußt so geantwortet.
    Zunächst, weil du in deinen Nachfragen immer wieder die Unterscheidung von Theologie als Wissenschaft und Spiritualität als Lebensvollzug vermissen läßt. Beide sind aber nicht identisch.
    Übesrpitzt formuliert ist die gelebte Spiritualität eben der Gegenstand wissenschaftlicher Theologie.
    Geisteswissenschaft betet nicht.
    Geisteswissenschaft feiert keine Liturigie, sie tauft nicht und bestattet nicht.
    Geisteswissenschaft erschafft nicht Lebenssinn. Und sie gestaltet nicht Biographie.
    ...

    M.E. ist diese Unterscheidung fundamental.
    Wenn Wissenschaft sich darauf einläßt, daß einer wohl schon irgendwie übers Wasser gelaufen ist. Und zwar ohne Schwimmflügel oder versteckte Trittsteine, dann verliert sie den Boden unter den Füßen und läuft leer.
    Wenn Spiritualität den wissenschaftlichen Beweis braucht, dafür, daß da etwas war an in um bei mit durch Jesus, das die Menschen veranlaßt hat, zu berichten, daß er sogar über Wasser gehen kann - Wenn Spiritualität also nicht auf die ihre je eigene Weise diese Außer-Ordentlichkeit Jesu unmittelbar erfährt, erlebt und lebt, dann hat sie keinen Grund auf dem sie stehen könnte. Dann ist sie leer.

    Unterschiedliche Weisen von Weltbetrachtung und Welterfahrung.
    Mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten.
    Darum ist es m.E. wichtig, die Fragen zu sortieren.

    Sodann impliziert deine Frage, es gäbe konsensfähige Antworten der "meisten Kirchen und sich selbst als Christen verstehenden Menschen" in Bezug auf Glaubensfragen. Solche konsensfähigen Antworten gibt es nicht. Das höchste der Gefühle ist eine "versöhnte Verschiedenheit", wie es einmal ein Papier der EKD ausgedrückt hat.
    Ich kenne nicht deine Erfahrungen mit Glauben, Christen oder Kirche. Ich kann aufgrund meiner Erfahrungen und Kenntnisse nur sagen, daß sich die Aussagen christlicher Kirchen und sich als Christen verstehender Menschen z.T. fundamental unterscheiden oder gar widersprechen.
    Der Eindruck einheitlicher Glaubensvorstellungen ensteht lediglich dadurch, daß bestimmte christliche Gruppen zu bestimmten Zeiten eine Deutungshoheit errungen haben und so ihr Anschauungen durchsetzen konnten. Auch wenn die weder repräsentativ noch konsensfähig waren.
    Dieser Prozeß spiegelt sich bereits im Neuen Testament. Die Auswahl gerade der vier Evangelien, die wir im Kanon haben, gibt nur einen ganz bestimmten Ausschnitt der Berichte von Erfahrungen mit Jesus wieder. Wenn man die übrigen Evangelien und Texte hinzunimmt und sich das gesamte Spektrum der Überlieferung anschaut, wird schnell deutlich, wie die Tradition enggeführt wurde.
    Und auch steht die zentrale Bedeutung der Theologie des Paulus für uns heute wohl in keinem Verhältnis, zu seiner tatsächlichen Position im Kontext seiner Zeit. Aber, wie es so schön heißt: "Wer schreibt, der bleibt."
    Ich persönlich finde es wichtig, dieser Hetergenität Rechnung zu tragen. Und zwar ebenso in meiner Eigenschaft als Theologe, wie auch als spirtueller Mensch.


    Wenn ich einen Blick in den Heidelberger Katechismus (oder andere) werfe, scheint es mir nun aber ganz und gar nicht mehr so, dass da eine Beliebigkeit im Glauben vorherrscht.
    Pardon, aber der Gedanke, es herrsche Beliebigkeit, bzw. meine Aussagen würden die Beliebigkeit christlicher Aussagen bedeuten, kam von dir, nicht von mir. Ich bestreite diesen Gedanken.

    Jedoch:
    Es gibt den Heidelberger Katechimus der in bestimmten reformierten Kirchen in Geltung steht.
    Es gibt den Großen Katechismus Dr. Martin Luthers, der im Bereich der lutherischen Kirchen in Geltung steht.
    Es gibt den Katechismus der Katholischen Kirche, der im Bereich der römisch-katholischen Kirche gilt.

    Im je eigenen Geltungsbereich machen diese Katechismen klare, normative Aussagen. Natürlich. Aber für mich als lutherischen Christen haben doch weder der Heidelberger Katechismus, noch der Katechismus der Katholischen Kirche eine normative Bedeutung?

    Dein Beispiel, das du benutzen möchtest, um eine Einheitlichkeit christlicher Anschauungen zu demonstrieren, ist doch nun gerade eines, das die Heterogenität christlicher Lehre zeigt.
    Diese Katechismen haben doch historisch betrachtet gerade die Aufgabe, die je eigene abgrenzend gegen andere Auffassungen darzustellen.

    Gehört es zumindest nach kirchlich-christlichem Verständnis nicht dazu, speziell die Person Jesus Christus als maßgeblichen Heilsbringer anzusehen und anzuerkennen?
    Die Auffassungen darüber, was wie wer Jesus gewesen sei, sind nicht einheitlich.
    So auch die Frage, ob Jesus als ein besonderer Mensch "lediglich" den Weg zum Heil gewiesen habe. Also entweder als Lehrer zu sehen sei. Oder als Typos aller Menschen. Oder als Mystiker.
    Oder ob Jesus selber identisch sei mit dem Heil. indem er nämlich selbst ganz und auschließlich Gott ist, unter dem Schleier menschlicher Gestalt.
    Oder ob er beide Anteile gleichermaßen in sich trägt. Wahrer Gott und wahrer Mensch gleichzeitig ist.

    Je nachdem, welche Position man hier vertritt, gibt es die Möglichkeit Jesus entweder ohne jede Parallele im sonstigen weltlichen Geschehen zu verstehen. Oder aber ihn zu sehen in einer Reihe mit anderen von Gott ausgesonderten "Söhnen Gottes".

    Ja.
    Aber es besteht keinerlei Einigkeit darüber, was nun exakt das Besondere war an dem Menschen Jesus.

    Gehört es nicht dazu, an den realen Tod und die reale Auferstehung von Jesus zu glauben?
    Es gab und gibt christlich Gruppen, die der Anschauung sind, Jesus sei nicht am Kreuz gestorben und entsprechend auch nicht auferstanden. Es gibt gerade in Asien bis heute Gruppen, die tradieren, Jesus habe dort gelebt und gelehrt, sei dort begraben. Diese Gruppen schicken allerdings keine Kandidaten zur Papstwahl ...
    Rudolf Bultmann, ein führender Neutestamentler des 20. Jahrhhunderts hat die Auffassung populär gemacht, Jesus sei nicht leibhaft, sondern "in das kerygma, die Verkündigung hinein" auferstanden. Es hat lange gedaurt, bis man als evangelischer Theologe in Deutschland wieder offen sagen konnte, daß man "als Mensch" schon glaubt, das Grab sei wohl vielleicht irgendwie leer gewesen ...

    Nein.
    Es gehört für den Mainstream ganz sicher dazu. Aber es ist nicht die einzig mögliche Antwort und ist es nie gewesen.

    Gehört es nicht dazu, an die bewusste und gewollte Schöpfung durch Gott und an ein Ende der Zeit zu glauben?
    Ja. Ich glaube, das ist tatsächlich mal unstrittig.
    Aber auch da: Was genau heißt das denn?
    Ich habe ein naturwissenschaftliches Abi gemacht vor etwa hundert Jahren und ich habe - außer in einer evangelikal-fundamentalistischen Phase der Dummheit - nie einen Widerspruch zwischen Glaube und Naturwissenschaft erlebt.

    Was ich aber inzwischen sehe, sind starke Parallelen ganz unteschiedlicher Kosmologien. Insbesonder zwischen daoistischen Anschauungen und der Darstellung in der Hebräischen Bibel. Inzwischen kann man wohl sogar zeigen, daß diese Parallelen tatsächlich auf einen kulturellen Austausch zurück gehen.
    Und daß wir am Ende der Zeiten in der Sonne verglühen, ist ja nun auch kein spezifisch christlicher Gedanke ...

    Also: Ja. Aber ...

    An eine Seele, die den Tod überdauert?
    Es gibt auch die Auffassung, daß der Mensch ganz stirbt. Leib und Seele enden. Und "am jüngsten Tag" wird der Körper von Gott verwandetl neu beseelt

    Daher: Nein.

    Und: Jesus ist also nicht unbedingt von einer Jungfrau geboren... Aber ohne menschliche Zeugung geboren???
    Touché. Ich persönlich finde diese Formulierung an dieser Stelle etwas "feige".
    Der Gedanke, Jesus sei ganz normal gezeugt worden, ist in der evangelischen Theologie ein völlig unspektakulärer. Eine Auffassung, die mal etwas lapidar "Adoptionstheorie" genannt wurde, geht davon aus, Jesus habe ein stinknormales Leben geführt und sei zu einem gewissen Punkt von Gott erwählt und ausgesondert worden. Gern wird als Zeitpunkt dabei seine Taufe durch Johannes aufgefaßt.

    Insofern vielleicht noch mal die Frage: Bedeutet Christ-Sein im Verständnis der Kirche nicht den Einschluss bestimmter und den Ausschluss gewisser anderer Anschauungen?
    In der römisch-katholischen Kirche gelten der Urkunden der Lehrverkündigung. Nachzulesen im Neuner-Roos.
    Ich bin ordiniert auf die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherichen Kirche.
    In andern Kirchen gelten entsprechende Lehrsätze.

    Aus meiner Sicht das Entscheidende an dem Lehrgebäude der lutherischen Kirche ist u.a., daß es weder ein Lehramt gibt, noch Dogmen oder dergleichen. Sondern daß es darum gehen muß, in eingener Verantwortung und Freiheit aus den Texten der Bibel einen persönlichen Zugang zu finden zu dem Gebilde aus Gott und Glauben.
    Insofern bedeutet Christ-Sein aus meiner Sicht, sich in den Fluß dieser Tradition zu stellen, sie zu lernen, zu üben, zu erfahren ...
    Tradition meint dabei die Weitergabe der Erfahrungen von Menschen, die sie an, mit und durch Jesus gemacht haben. Und die Erfahrungen von Menschen, die mit diesen Erfahrugnen umgegangen sind und sie weitergetragen haben.

    soke, shihan, deshi - ryû. Sehr ko ryû. Aber diese ryû wird nicht allein durch kata tradiert, sondern muß sich jeden Tag im Alltag beweisen. Es geht nicht darum, diese Tradition zu kennen und zu wissen, sondern darum, sie zu leben. Das aber bedeutet auch, daß sie selber lebt und sich dadurch verändert. Durch die Zeit. Und auch den Ort.
    Ich meine den Vergleich nicht bildhaft, sondern sehe hier tatsächlich ganz konkret parallele Strukturen.

  12. #1257
    Gast Gast

    Standard

    Hallo Carsten,

    für mein Empfinden drückst du dich da doch ein wenig um klare Zu- oder Absagen herum, die, wie ich finde, aber durchaus möglich wären.

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Zunächst, weil du in deinen Nachfragen immer wieder die Unterscheidung von Theologie als Wissenschaft und Spiritualität als Lebensvollzug vermissen läßt. Beide sind aber nicht identisch.
    Das hier gebe ich eins-zu-eins an dich zurück.

    Für mich liest sich das alles wie der Versuch, einen Spagat zwischen Kirche, Theologie und persönlicher Spiritualität herzustellen, den ich da halt nicht sehen kann.
    Sei´s drum - scheint so, dass unsere Wahrnehmungen wohl doch zu unterschiedlich sind, als das eine Verständigung (zumindest was einen für mich hier vertretbaren Schreibaufwand angeht) möglich wäre.
    Geändert von Gast (28-04-2017 um 09:26 Uhr)

  13. #1258
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    und ich habe - außer in einer evangelikal-fundamentalistischen Phase der Dummheit - nie einen Widerspruch zwischen Glaube und Naturwissenschaft erlebt.

    Wodurch hast du denn diese "Dummheit" überwunden?

  14. #1259
    washi-te Gast

    Cool

    Zitat Zitat von julian braun Beitrag anzeigen
    hallo carsten,

    für mein empfinden drückst du dich da doch ein wenig um klare zu- oder absagen herum, die, wie ich finde, aber durchaus möglich wären.

    Für mich liest sich das alles wie der versuch, einen spagat zwischen kirche, theologie und persönlicher spiritualität herzustellen, den ich da halt nicht sehen kann.
    .
    + 1

  15. #1260
    WT-Herb Gast

    Standard

    Zitat Zitat von rambat Beitrag anzeigen
    @WT-Herb:


    nein.
    ich hab als atheist überhaupt kein "gottesbild", weil ich nicht an "gott" glaube.
    da ich nicht an "gott" glaube, ist es völlig irrelevant für mich, OB er existiert oder nicht.
    die frage stellt sich für mich einfach nicht!

    und bitte, herb ... nicht dieses "du hast ...", denn das kannst du gar nicht beurteilen, ok?

    (balthasar matzbach)
    Das "Du" ist mehr als "man" gemeint....

    Und dennoch: "Man" hat sehr wohl als Atheist ein Gottesbild, denn die Ablehnung einer Gott-Existenz orientiert sich an einer Vorstellung über das, was man ablehnt. Man bezieht diese Ablehnung möglicherweise auf Vorstellungen Anderer, zu denen man dann die persönliche Auffassung hat, das es "das" nicht gibt. Man wird immer einer Vorstellung über eine Sache haben, zu der man konkret nein sagt, weil man an ihre Existenz nicht glaubt. Ob Gott, das Monster von Loch Ness, oder das Edle im Menschen. Es entsteht erst ein Bild, dann der Bezug dazu, nie umgekehrt. Der Mensch denkt in Bildern.

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