Vielen Dank euch beiden.
Ich kann mal versuchen, zu erklären/veranschaulichen, was es für mich bedeutet.
Das hat weder etwas mit Wut noch Intensität zu tun. Es ist eher ein Zustand als ein konkretes Verhalten oder Denkmuster bzw. eine bewusste Überlegung.
Ich lege die Ketten ab und bin bedingungslos, notfalls - sofern das Ziel dadurch schneller/besser erreicht wird - selbstzerstörerisch und reuelos bereit zu tun, was getan werden muss, um ein Ziel zu erreichen. Dabei empfinde ich persönlich beinahe eine reine Leere in mir und denke auch nicht aktiv nach; ich verliere also die Kontrolle über meine Gedanken und dementsprechend auch teilweise das Handeln. (Etwas das ich grundsätzlich nie zulasse und - würde man die „Vorteile“ des Wolfes außenvorlassen - auch meine Kampfkraft erheblich senken würde.) Ich weiß nicht, ob es sich um instinktive Handlungen handelt, dafür unterscheiden sie sich viel zu stark von denen, die ich bewusst als solche wahrnehme. (Um angelehnt an ein Zitat zu arbeiten, ist es ähnlich wie auch ein Vogel kein Selbstmitleid empfindet, bevor er erfroren vom Ast fällt. Deshalb weiß ich auch nicht, ob es an eine Hybris grenzt, man sich unbesiegbar fühlt oder einem die Risiken/Konsequenzen lediglich egal sind bzw. man bereit ist, jeden Preis zu zahlen. Während man - wenn man wütend/emotionsgeladen kämpft - häufig zwar das Gefühl hat, weit mehr/härter zu kämpfen, als es eigentlich ist, geht dieser Zustand ohne derartige Wertungen einher. Wichtig ist nur eines: das Ziel. Jedoch unterscheidet sich der Zustand sehr von einem extremen Fokus auf ein Ziel; in meinem Falle zeichnet es sich dahingehend durch den Kontrollverlust auf Emotionen und Gedanken aus.)
Das erste Mal habe ich diesen Zustand aktiv erlebt und abgerufen, ohne mich auch nur zu bewegen o.Ä. Einfach um eine Situation durchzustehen.
Am extremsten habe ich das, was ich als Intent gespürt habe bzw. mir gezeigt wurde - was ich noch einmal separat vom Wolf betrachten würde und ob das mit dem eigenen Wölfchen überhaupt etwas zu tun hat und auch nur in die Richtung geht, weiß ich nicht, kann und will ich nicht beurteilen - bei einem ehemaligen Kindersoldaten gespürt, der mir im Vertrauen diesen Einblick gewährt hat. Er hat mich weder angegriffen, noch irgendwie berührt oder (sich/mich) bewegt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, gleich von einem Raubtier gefressen zu werden und interessanterweise musste ich Reaktionen, die ich noch am ehesten als Angstbeißer bezeichnen würde, stark unterdrücken. Dieser „Angstbeißer“, den ich unterdrücken musste, hatte/hat jedoch nichts mit dem Wolf zu tun, sondern war tatsächlich noch am ehesten eine unterbewusste Reaktion auf die „Gefahrensituation“ - alles in mir wollte auf diesen gezeigten Intent mit dem sofortigen Angriff/Kampf reagieren und das wurde von mir bewusst verhindert. Ich hatte das Gefühl, regelrecht entmenschlicht, nur noch als Beute/Hindernis betrachtet worden zu sein und es mit einem Menschen zu tun zu haben, der zu jeder denkbaren Handlung fähig wäre. Gleichzeitig waren/wären sowohl die Physis, als auch das kämpferische Können, zu meinen Gunten verteilt gewesen und doch habe ich ihn als mir (weit) überlegen wahrgenommen - diese Überlegung, weit ab von der, die ich in Wettkämpfen kennengelernt habe; dort war es eher die „rationale“ und teilweise schnelle/spontane/punktuelle/verzweifelte Überlegung, dass er mir überlegen ist, die jedoch nie mit dieser Art von Gefühlen einherging...
Das hat auch nichts mit Täter und Opfer, den Erfolgsaussichten oder einem Blutrauch zu tun. Es geht eher um die Bereitschaft, das Ziel zu erreichen. Ich habe Menschen in Gefahrensituationen schon viele Ketten sprengen und das „Nötige“ machen sehen, ohne dass ich es mit dem Wolf verbinden würde. Es kann sich auch um Gewalt gegen sich selbst handeln oder ganz ohne Gewalt oder Sprache im physischen angewandten Sinne auskommen - sonst hätte ich das Zeigen wohl nicht überlebt.
Dieses Freilassen des Wolfs kann mit einer immensen Intensität erfolgen, muss es aber nicht. Gleichzeitig bedeutet Intensität nicht, dass der Wolf von den Ketten gelassen wurde. Kraken ist mir beispielsweise vor vielen Jahren bereits durch seine (enorme) Präsenz und sein Auftreten aufgefallen, ohne ihn gekannt zu haben oder zu wissen, ob da ein Wolf in ihm schlummert. Mein Kampfstil lebt von Intensität, gleichzeitig hat es nicht im entferntesten etwas mit dem Zustand zu tun, wenn das Wölfchen ans Tageslicht kommt. Grenzen, die ich sowohl im Wettkampf als auch in Gefahren- oder absoluten Ausnahmesituationen spüre und immer noch habe, interessieren das Wölfchen nicht.
... und meiner Erfahrung nach haben nur die wenigsten Menschen die Kontrolle oder auch nur dieses Tier in sich. Wie rambat so schön geschrieben hat: Wenn ein Schaf das innere Tier freilässt, ist es eben ein Schaf. Gleichzeitig können auch Schafe echte und gute Kämpfer sein, in Gefahren- und Ausnahmesituationen ungeahnte Kräfte entwickeln und zu bestialischem Verhalten fähig sein - während ein Wolf evtl. (tatsächlich) nie solches Verhalten angewandt hat. Es gibt regelrechte Alphaschafe, die mit enormer Intensität, jedoch ohne Intent, arbeiten. Gleichzeitig würde ich allerdings auch nie behaupten, das abschließend beurteilen zu können, denn auch bei mir liegen Welten zwischen dem Verhalten und der Einstellung im Wettkampf, im Leben und dem Freilassen des Wölfchens. Letzteres auf Auslauf haben auch nur wenige Personen je gesehen. Zu meinem Glück handelt es sich um ein kleines niedliches Wölfchen - sofern es überhaupt vorhanden und es nicht doch nur ein tollwütiges Schaf ist, das ich falsch einschätze, da es sich von der Herde abhebt - und es hat noch nie ein unschuldiges Lämmchen gerissen oder ungerechtfertigten Schaden angerichtet; gleichzeitig halte ich den Käfig geschlossen und die Ketten halten sehr gut. Ich wurde im Ring schon ziemlich übel vermöbelt und habe leider Situationen erlebt, die in mir eine unbändige (Todes-) Angst geweckt haben, trotzdem blieb der Käfig verschlossen und bei der „Entscheidung“, den Käfig zu öffnen, spielt es bei mir keinerlei Rolle, ob ich mir überhaupt Chancen auf Erfolg zuschreibe, es um ein Opfer, mich selbst oder einen mir weit überlegenen Täter geht. Im Kampf - sofern der andere Kämpfer mit den begleitenden (und Rand-) Umständen zurecht kommt - würde mir auch das Freilassen des Wölfchens nicht zu einem magischen und unmöglichen Sieg verhelfen. Ich kenne viele - sehr gute - Kämpfer, die ganz ohne diesen Wolf zu zeigen/freizulassen immense Dominanz, Druck und Intensität ausüben, das Ding unter extremer Gewaltanwendung beenden und trotzdem nie diesen (mentalen) Zustand erreicht oder mit ihm gearbeitet haben. Gleichzeitig habe ich auch schon einen „Wolf“ chancenlos zugrunde gehen sehen.
Ich habe auch einen Menschen erlebt, dessen (glücklicherweise kleiner und in seinem Falle nicht durch eine gute Physis gesegneter) Wolf die ganze Zeit frei rumlief und nie eingesperrt bzw. an die Kette genommen wurde. Das „Ziel“ kannte er selbst nicht, ggf. ging es darum, sich irgendwem oder sich selbst zu beweisen; die Welt zu unterwerfen etc. Diese Person hat bedingungslos Gewalt angewendet oder die eigene Gesundheit (grundlos) geopfert und das gegen jeden, den man für stärker und ihr überlegen halten konnte oder generell jeden, der ihr im Weg zu diesem Ziel stand oder diesen auch nur kurz (zufällig) betreten hatte. Er hat irgendwann begonnen, den „Wolf“ in gesellschaftlich akzeptieren Zweigen (beruflich) auszuleben...
(Ich weiß nicht, ob das auch nur im entferntesten mit dem Verständnis der Metapher von rambat einhergeht und versuche auch nicht zu erklären, was Gong Fu oder kanken mit Intent meinen, das weiß ich nicht und es wäre anmaßend, würde ich behaupten, dass ich auch nur verstehen würde, was sie damit meinen, ohne es je von ihnen erfahren oder sogar gezeigt zu bekommen zu haben.
Das ist ein Einblick in meine Sicht der Dinge, mein Erlebnis und mein Empfinden des Wölfchens. Gleichzeitig muss/sollte ich auch kurz erwähnen, dass ich wirklich keine Gefahr darstelle, weit von einem tatsächlichen Wolf entfernt bin, mich gesellschaftlich doch ganz gut integriert, ihr nie geschadet habe und weder auf das Wölfchen stolz bin, noch es präsentiere oder auch nur Luft schnappen lasse. Es ist ein Teil, den man nicht ablegen kann und der wohl auch bei mir durch diverse Erfahrungen stark geprägt wurde, ohne es würde es mich - zumindest in dieser Form - nicht mehr geben.)
(/e: Da schreibt man den Text über mehrere Tage und kommt viel zu spät.)
LG
Vom Tablet gesendet.





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