Gewalt ist nun einmal Teil unserer Gene. Wir Menschen sind eine extrem gewalttätige Spezies. Gewalt ist sinnvoll zur Durchsetzung unserer Interessen und zum Überleben. Früher musste man jagen und Tiere töten, sich gegen seinen Nachbarn verteidigen etc.
Je „kultivierter“ wir wurden desto mehr verschob sich die Gewalt von der physischen auf die psychischen Ebene. Dominieren, Macht ausüben, die eigenen Interessen durchsetzen wird heutzutage auch noch gemacht, nur halt nicht mit der Keule in der Hand, sondern mit dem Stift. Ist „leiser“, aber nicht minder gefährlich (für die Psyche, nicht den Körper).
Da Gewalt und Gewaltausübung nun einmal ein Teil unserer genetischen Ausstattung ist werden wir uns dieser Ausstattung stellen müssen. Jeder hat da andere Vorrausetzungen mitbekommen und jeder hat in seiner Entwicklung (durch das soziokulturelle Umfeld) gelernt mit diesen Voraussetzungen umzugehen. Die einen wachsen unter „schwierigen“ Bedingungen auf und kommen raus, die anderen nicht. Die einen wachsen unter „geordneten“ Bedingungen auf und stürzen ab, die andern nicht.
Neurobiologisch hat „Gewalt“ seinen Ursprung in unserem limbischen System und der Umgang damit (wie ich sie auslebe) wird u.a. von unserem Frontalhirn gesteuert. Wie z.B. die Rezeptordichte im serotonergen System aussieht und wie dieser Transmitterweg grundsätzlich aufgebaut ist, ist Teil unserer Genetik, aber eben auch der Epigenetik. Jeder wird mehr oder weniger „gewalttätig“ geboren und kann das durch äußere Umstände mehr oder weniger ändern.
„Impulskontrollstörungen“ sind völlig normal im Laufe unserer geistigen Entwicklung. Durch das Feedback unseres sozialen Umfeldes lernen wir diese mehr oder weniger zu kanalisieren. Dadurch lernen wir und mit jedem Feedback formt sich unsere „Persönlichkeit“. Ein Leben lang!
Leute die jetzt eher mit einem (relativen oder absoluten) Serotoninmangel rumlaufen (warum auch immer), gehören, vereinfacht ausgedrückt, zu den „Sensation Seekern“. Sie brauchen den Kick. Wenn sie (warum auch immer) eine relativ geringe frontale Kontrolle über ihr limbisches System haben, dann kann es sein dass sie gerne (und leicht) zuhauen. Jedes Mal wenn sie damit durchkommen springt ihr „Belohnungssystem“ an und sie speichern dieses Verhalten als „richtig“ ab. Serotoninmangel macht aggressiv und impulsiv (und übrigens hungrig…).
Es geht also darum soziale Kontrolle auszuüben um diesen Leuten ein Feedback zu geben, damit sie ihre „Serotoninsucht“ in die richtigen Bahnen lenken. Das kann ein Fußballverein sein, ein Orchester, eine Hockeymannschaft oder eben ein Kampfsportgym. Jeder Ort wo auf ein bestimmtes Verhalten (positiv, wie negativ, wobei beides stark kulturabhängig sein kann) geachtet wird, formt uns.
Aggressivität auszuleben hebt erst einmal den Serotoninspiegel. Die Kerngebiete im Gehirn, in denen Serotonin freigesetzt wird, reagieren auf motorische Aktivität, Schmerz und visuelle Reize. Sie braucht man fürs Kämpfen (Ausblenden nicht wichtiger Informationen, Schmerzmodulation, Aggressivität). Das Resultat, eine gelungene Technik, eine gewonnene Sparringsrunde, ein gewonnener Wettkampf etc., führt dann zu Freisetzung von Dopamin, dem „Glückshormon“. Das hat erst einmal nichts mit Kampfsport zu tun. Passiert in jedem Sportverein.
Jetzt kommt das soziokulturelle Umfeld wieder ins Spiel. Wofür ich belohnt werde. Wenn ich in einem Umfeld groß werde das mich dazu bringt andere dominieren zu wollen (da gibt es sehr, sehr viele, sehr gegensätzliche Möglichkeiten! Das würde hier aber zu weit führen), dann werde ich natürlich etwas ausüben wollen was mich diesem Ziel näher bringt. Volleyball ist da natürlich nicht so attraktiv wie eine Kampfsportart.
Wie ich schon schrieb sind die Gründe andere dominieren zu wollen extrem vielfältig. Auch da spielt wieder Genetik und Epigenetik eine große Rolle. Mit was für einer genetischen Grundausstattung habe ich was in meinem Leben erlebt ist entscheidend, aber auch wie mich mein bisheriges Leben auf die Erlebnisse vorbereitet hat. Ein sehr komplexes Thema.
Man kann im Kampfsport soziale Kompetenzen entwickeln, man kann aber auch soziale Defizite entwickeln. Das hängt vom jeweiligen Gym und dem dort herrschenden Umfeld ab.