Das Messer als Werkzeug sehe ich persönlich auch als überflüssig an. Es ist in meinem Alltag nicht von Bedeutung.
Aber natürlich ist das subjektiv. Mein Dad nutzt seit Ewigkeiten sein Klappmesser für alle möglichen Dinge. War eigentlich mal ein Geburtstagsgeschenk für´s Angeln, mittlerweile kommt das überall zum Einsatz. Ist eben ein typischer Fall von Sensibilisierung: eigentlich braucht man kein Messer, wenn man aber eins als Werkzeug nutzt, kommt es auch vielfältig zum Einsatz. Nachdem ich mir letztes Jahr nochmal ein neues Moped geholt habe, ist mir auch aufgefallen, wie viele vom gleichen Fabrikat, mit gleicher Farbe unterwegs sind. Achtet man normalerweise nie drauf. Ist mit Werkzeugen ganz ähnlich. Andere Beispiele kennt wahrscheinlich jeder.
Ich finde es daher auch sehr schwierig, diese "Freiheit" durch Verbote zu beschneiden. Mein Dad besitzt z.B. kein feststellbares Einhandmesser und hat sich nie überlegt, das Ding zur SV mitzuführen.
Leider gibt es (fast) immer ähnliche Diskussionspunkte. Das existierende Führverbot von Einhandmessern z.B.: ich denke, ein "Werkzeug" muss nicht in 1 Sek von der Hosentasche aus einsatzbereit sein. Gibt aber genügend Menschen, die sehr nachvollziehbar begründen, warum sie auch beim Ziehen des Messers die andere Hand gerne frei haben, völlig losgelöst von SV. Das kann ich dann genauso verstehen.
Von daher ist es bei Gesetzen eben immer die Frage, wann Grenzen überschritten werden. Und wie man das ganze denn angehen möchte.
Zur SV:
Für das Gros der Mitmenschen spielt das Waffengesetz eine sehr untergeordnete Rolle. Hier lese ich immer wieder, dass es quasi grob fahrlässig sei, in gewissen Gegenden oder ab einem gewissen Alter ohne einen Equalizer das Haus zu verlassen. Sicherlich auch eine Frage der Sensibilisierung, s.o.. Es gibt -ganz ehrlich- Zeitgenossen, die behaupten, dass ein verstecktes Messer selbst im Schwimmbad sinnvoll ist...
Irgendwann wird eine Sichtweise einfach "ungesund", vielleicht paranoid. Die Leute leben irgendwann in ihrer Welt, andere Ansichten werden nicht akzeptiert, im Zweifel hat man "keine Ahnung". Das sind Dinge, auf die ich mich z.B. ganz konkret beziehe. Hier wird doch gerne von den Befürwortern angegeben, dass Messerangriffe eben keine Einzeltfälle mehr sind, obwohl es imho natürlich immer noch der Fall ist. Aber lassen wir das außen vor: Man kann sich darauf einigen, dass Messerangriffe eine sehr seltene Erscheinung sind, oder? Wenn man sich auf diesen Nenner einigt, kann man das ganze auch dahingehend weiterspinnen, dass ein Missbrauch von Messern (Notwehrexzess etc.) durch Menschen, die sich ja nur verteidigen wollen, äußerst selten geschieht. Diese Überlegung ist völlig legitim. Kannix hat vor einigen Seiten ein Beispiel verlinkt, wo genau dies passiert ist. Natürlich gibt es solche Fälle. Die Behauptung, das wäre nicht der Fall, stimmt einfach nicht. Aber Einzelfall oder nicht, es wäre gut, auch vor solchen Gefahren bestmöglich geschützt zu sein.
Die Allermeisten, der ein Messer zur SV tragen, werden behaupten, sie seien sich aller Gefahren sehr genau bewusst und hätten die Kontrolle über einen möglichen Einsatz. Die wirklich ehrlichen Worte habe ich hier bisher nur von Klaus gelesen, der für mich absolut nachvollziehbar begründet hat, warum eine Bewaffnung Sinn ergibt. Waffen wurden nicht "erfunden", damit man diese versteckt in der Hosentasche führt und dann doch nicht nutzt. Sie existieren, weil man durch sie ganz konkret einen Kampf für sich entscheidet. Insbesondere in dem Moment, indem man ohne diese Waffe mutmaßlich den Kürzeren zieht, weil man älter, schwächer etc. pp. ist. Wer eine Waffe mit sich führt, wird diese im Zweifel auch benutzen, ganz klar. Die Behauptung, man könne zuverlässig einschätzen, wann und wo die Grenze für einen Einsatz überschritten wird, halte ich für eine gefährliche Form von sich selbst etwas vormachen. In einer Stresssituation kann man eben nicht immer kontrolliert und rational agieren. Noch nicht einmal überwiegend. Ist das Level hoch genug, wehrt man sich mit allem, was zur Verfügung steht, um heil nach Hause zu kommen. Das ist völlig normal und menschlich.
Natürlich bin ich ein Freund davon, dass jeder, der sich seiner Verantwortung bewusst ist und sein Verhalten sehr genau überlegt hat auch so entscheidungsfrei wie möglich agieren kann. Das ist leider aber oftmals nicht der Fall. Viele Personen, die aus SV ein Messer führen, haben kein Interesse an einem "Werkzeug". Das ist vorgeschoben. Und wenn man mit denen spricht, machen sie genau diesen "problematischen" Eindruck: nämlich zu den Posern zu zählen, die das Feinbild auf der Straße genau kennen. Die das Versagen unseres Rechtsstaates ausgemacht haben und ihre persönlichen Schlüsse ziehen. John Rambo 2019: von der Regierung im Stich gelassen...
Noch vor ein paar Wochen kam auf einem größeren Treffen ein Trainerkollege auf uns zu, der stolz sein verbotenes Messer demonstrierte und genau die Gründe angab, die ich gerade hier genannt habe. Abgeschlossen mit dem Satz "Na und, dann begehe ich eben eine Ordnungswidrigkeit". Soviel zu unseren Gesetzen (möchte das jetzt nicht wieder diskutieren).
Dass man bei einem Messereinsatz immer "all in" geht und damit Menschenleben auf dem Spiel stehen, merkt man in solchen Gesprächen nicht. Und das ist ein Problem.
Warum ein Messer, warum keine Alternativen? Ja, ein Messer hat auch unter verschiedenen Waffen noch einmal Vorteile, ich weiß. Aber ganz ehrlich: wie weit will man denn in seiner Abwägung gehen? Wenn ich in einer so oder so unwahrscheinlichen Situation zu einer Waffe mit lebensgefährlichen Konsequenzen greife, nur weil diese in dieser unwahrscheinlichen Situation den Eigenschutz vielleicht noch einmal ein bisschen erhöht, sollte ich immer beachten, dass auf der Gegenseite ein Menschenleben steht. Gibt genug Alternativen, die eben nicht per se dieses Risiko bedeuten. Selbst wenn diese nicht verdeckt zu tragen sind oder unbequem oder oder - wer sich zwecks SV bewaffnet, sollte solche Dinge vielleicht hinter das Leben des Gegenübers stellen
Ich finde solche Überlegungen elementar. Losgelöst von Verboten. Wer sich diesen Gedanken gestellt hat und immer noch das Messer als die beste Lösung sieht, soll es tragen. Verhindern kann man das wie schon angemerkt sowieso nicht.
It 's not who I'm underneath but what I do that defines me. Bruce Wayne
Dabei würdest Du sogar beim Schattenboxen verlieren. Kannix