Was mich irritiert an dem Ganzen ist diese unbarmherzige moralische Keule, wie sie auf einmal geschwungen und von vielen mitgetragen wird.
Sobald man das Thema wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen sowie Kollateralschaden der Corona-Verordnungen anspricht, wird man zum asozialen Psychopath. Auf der anderen Seite besteht bei vielen anscheinend überhaupt kein Problem damit, zehntausende (oder Hunderttausende? oder mehr?) in vielleicht länger anhaltende, prekäre Lebensverhältnisse zu zwingen. Frei nach dem Motto: "Wen kümmert schon dein Geschäft, was du dir aufgebaut hast? Hier geht es immerhin um Menschenleben!!!" Natürlich ist es unbequem und unschön, auch einfach in harten Zahlen (wie viel Tote rechtfertigen wie viel wirtschaftlichen und anderen Schaden) über das Thema nachzudenken. Aber, wie gesagt, was mich eben irritiert: Wo waren diese lauten Stimmen, dieser politische Konsens, wenn es um alle Kriege und Hungersnöte in der Zeit davor ging? Um jeden Cent wird bei Hilfen geschachert. Und im Land selbst sterben auch jedes Jahr Menschen, weil die medizinische Versorgung nun mal limitiert ist. In allen Bereichen. Was macht die Corona-Toten weniger anonym, als die 9 Millionen Menschen, die jährlich an Hunger sterben? Als die 1,6 Millionen Menschen, die durch Gewalt sterben? Den 300.000 Menschen die jährlich in Deutschland wegen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sterben? Usw. usw. (Zahlen sind bestimmt nicht hunderprozent exakt, aber die Richtung ist wohl klar...)
Ja, ich halte mich an die Corona-Regeln. Trotzdem finde ich viele davon halbgar und ungerecht. Und wie gesagt: Warum genau jetzt und in diesem Fall so rigoros auf einmal alles andere keine Rolle mehr spielt, verstehe ich nicht. (Und nein: Das heißt nicht, dass ich dafür wäre, gar nichts zu machen und gar nichts zu regeln.)