Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten
Nochmal etwas zu Draeger und seiner Einteilung von Budo und Koryu.
Jetzt nichts gegen Draeger und seine Arbeit. Der Mann verdient sehr viel Respekt für seine Pionierarbeit. Allerdings finde ich seine Einteilung etwas zu dogmatisch. Besonders was das Budo angeht.
Auf den ersten oberflächlichen Blick ist Budo nämlich nicht immer so friedlich und die Philosophie steht im Vordergrund. Das mag auf das Budo nach dem zweiten Weltkrieg zustimmen, aber vor während und vor dem zweiten Weltkrieg war das anders.
Da war Budo ebenso kriegerisch wie die Koryu. oder vielleicht sogar noch kriegerischer. Das Buch von Bennet über Kendo ist sehr interessant. Da werden während des Krieges die Übungsmethoden beschrieben und die haben nur wenig mit Philosophie zu tun. Auch im Karate findet man immer wieder Berichte dass man zu diesen Zeiten anders trainiert hat. Man hat Dinge vereinfacht und viel mit Kontakt geübt.
Dann haben Leute wie Nakumura Taisaburo eigene Schwertkampfysteme aufgrund ihre Real Life Erfahrungen gegründet. Nakamura hatte auch laut seinem Buch keine gute Meinung über so manche Koryu was die Praxistauglichkeit angeht, abgesehen von der Jigen Ryu.
Im Aikido findet man auch wieder Andeutungen über das berüchtige Pre War Aikido was ja ganz anders und härter gewesen sein soll das was danach kam.
Ob das stimmt kann ich nicht beurteilen Aikido sieht für meine ungeschulten Augen immer wie Aikido aus.
Abgesehen von manchen Waffe wie dem Gewehr mit dem Bajonett sieht das für mich wie modernes Aikido aus. Aber wie gesagt das sagen mir meine ungeschulten Augen und die liegen wohl falsch wenn es um Aikido geht.
Sollten diese Geschichten einen Kern Wahrheit enthalten und nicht nur Kriegspropaganda sein, dann müsste man zwischen Pre War Gendai Budo and dem Nachkriegs Budo unterscheiden. Da sie ja beide von der Zielsetzung doch scheinbar unterschiedlich waren.
Was sagen die Experten zu meiner abenteuerlichen Meinung?
Und apropos Krieg. Gibt es ähnlich wie in den Gendai Budo Stilen auf auch dem Koryu Gebiet Berichte, dass man in den 1930er und den ersten hälfte der 40er anders unterrichtet hat so wie im Kendo z.B oder ist der Große Pazifische Krieg am Unterricht komplett vorbei gegangen und hat man so unterrichtet wie immer? Weiß da jemand vielleicht etwas darüber?
Geändert von karate_Fan (29-03-2021 um 08:54 Uhr)
Erstens muss man sich den Film in Originalgeschwindigkeit angucken, die Version gibt es auch in der Tube. (ich glaube Ueshiba in real speed o.s.ä)
Zweitens sieht man keine Techniken, sondern nur das wss wir heute so unter "kokyu-nage) subsumieren, also das was man gerne beim Randori macht, freies Bewgen im ki no nagare Modus.
Das es das damals schon so gab wundert mich auch immer wieder, ist aber anscheinend Ueshibas persönliche Bewegungsweise, bei anderen Daitoryu-Vorführungen sieht man das so nicht, es gibt aber nichts anderes aus der Zeit.
Wie gesagt sind das keine Kihon-waza, und sicher nicht dss was an den Militärschulen unterrichtet wurde.
@Inryuko Danke für die Info Wusste gar nicht dass es das Video auch in Original Geschwindigkeit gibt. Da werde ich mich gleich auf die Suche machen.
Auch an FireFlea ein Danke für den Hinweis mit Amdur. Vielleicht finde ich den Hinweis ja in den Büchern die ich vom ihm besitze oder auch online.
So langsam habe ich das Gefühl, Du liest nicht, was Ryoma, shinken shobu und ich hier schreiben. Nochmal:
Wo schreibe ich hier, dass es ein Alleinstellungsmerkmal geben muss?Zitat von Tai_Eule
Nochmal, es gibt nicht "die japanische Tradition und Kultur", so wie es auch nicht "die deutsche Tradition und Kultur" gibt. Die ganzen gesellschaftlichen Änderungen um die Meiji-Restauration herum sollten doch deutlich gemacht haben, dass es um mehr ging als nur "keine Samurai mehr". Kendo vor 1868, zwischen 1868 und WW2 und nach WW2 unterscheidet sich ja nun auch deutlich voneinander. Die Tatsache, dass carstenm deutlich sagen kann, im Aikido wird nicht gekämpft, ist mit den ganzen berichteten kämpferischen Erfolgen von Ueshiba doch auch nur vereinbar, wenn ich eine deutliche Entwicklung des Aikido auch unabhängig von ihm annehme. Aber sei es drum, nochmal zur Wiederholung: Nur, weil es eine Hand voll Gruppen gibt, die noch "wie zu Vorkriegszeiten" trainieren, heißt das doch nicht, dass dies dem Durchschnitt der Übenden entspricht.
Natürlich nicht, hat ja auch niemand behauptet. Es gibt aber Dinge, die in der Kultur einfach verankert sind, die man einem Japaner überhaupt nicht beibringen muss weil er das von Kindheit an mit aufsaugt. Alle Bemühungen sich das anzueignen, sind für einen Nichtjapaner fast aussichtslos, wenn er nicht wirklich sehr gut integriert ist, und das für einen längeren Zeitraum.
Wenn ich eine Gruppe von asiatisch aussehenden Menschen an der Straßenbahnhaltestelle stehen sehe, dann kann ich von weitem sehen, ohne die sprechen zu hören, ob es Japaner sind. Das Verhalten ist einfach speziell.
Deswegen, japanische Kultur hin und her, hier geht es doch um Kampfkunst, und ob die Rituale und Gepflogenheiten noch im Zusammenhang der "alten Zeit" stehen.
Man wird aber durch das Üben einer Kampfkunst nicht zum Japaner, und schon gar nicht zu einem Japaner der Vor-Meiji-Ära.
Mein Lehrer sagt das oft, für ihn ist das tatsächlich "alte Zeit", und er hat als Japaner einen völlig natürlichen Zugang dazu, weil er halt in dieser Kultur "verwurzelt" ist.
Weiter oben hast du geschrieben, dass man im Westen einfach nicht verlangen kann, dass jeder Schüler die japanische Sprache lernen sollte.
Das halte ich persönlich für falsch: Denn verlangen kann man das sehr wohl. Die Frage ist doch nur, ob man es verlangen will. Und da sind heutzutage zu viele Lehrer viel zu lasch.
Ich bin der Meinung, dass man in jedem Budô zentrale Elemente nur über den Zugang durch die jap. Sprache vollständig erfassen kann.
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Zunächst:
Die Bezeichnung "aikidô" wurde 1942 Hisatomi Tatsuo unter Mitwirkung von Hirai Minoru als Titel einer neuen Abteilung des Dai nihon butokukai installiert. "Die Bezeichnung 'Aikido' war ein umfassender Begriff, der alles mögliche gleichermaßen einschließen konnte. Herrn Hisatomis Gedanke war, absichtsvoll ein Bezeichnung zu finden, gegen die vom kendô oder anderen Kampfkünsten keine Einwände kämen, sondern einen unbedenklichen, umfassenden Begriff, um alle yawara-Schulen (!)darunter zu versammeln. ... aikidô würde ein besserer Name für diese Abteilung sein als "aiki budô", da es den Gedanken von michi oder Weg besser herausstreichen würde." (Zitat Hirai Minoru im Interview mit Stan Pranin 1994, deutsche Übersetzung von mir.)
Die Bezeichnung "aikidô" wird bis heute nicht nur als Bezeichnung für die budô von Ueshiba Morihei oder Hirai Minoru (der kein Schüler von Ueshiba war, sondern dessen budô eigenständig war) verwandt, sondern tatsächlich auch als Synonym für das budô der daitô ryû.
1922-1936 benutzte Ueshiba die Bezeichnungen "aiki jujutsu", oder auch "aiki bujutsu".
In dieser Zeit, in der er ja noch ganz und gar im Kontext der daitô ryû unterrichtet hat, gibt es aber auch die Bezeichnungen: "Ueshbia ryû aiki bujutsu" (also nach seinem Namen, wie schon ganz zu Beginn, als er unter sein dôjô "Ueshiba juku" nannte) oder "Asahi ryû jujutsu" (nach dem dôjô in Osaka, in dem er unterrichtet hat und in dem er mit Takuma Hisa geübt hat, der dann den Takumakai begründet hat, einer der Hauptlinien der daitô ryû).
Genannt wird auch "aiki no michi". Aber dafür gibt e soweit ich weiß, keine Belege.
1936-1942, also in der Zeit des kobukan, in der Ueshiba immer noch ganz unbestritten in die daito ryû integriert war, wenn auch seine Verbindung zu Takeda Sokaka bereits weniger eng war, benutzte Ueshiba die Bezeichnung "aiki budô".
Dazu ist zu wissen, daß diese selbe Bezeichnug ebenso auch Sagawa Yukioshi, später der designierte Nachfolger Takedas als Oberhaupt (soke ?) der daitô ryû, für seine Linie der daitô ryû benutzt hat.
Die Bezeichnung des Einschreibebuchs unter der sich die Schüler Ueshibas bei Eintritt in sein dôjô - zunächst das kobukan, dann das aikikai honbu - eintrugen, lautete nachweislich bis in die frühen 1950er Jahre] "Daitô ryû aiki jujutsu".
Von 1925 bis in die 1960er Jahre hinein hat Ueshiba die identischen Schriftrollen des hiden mokuroku der daitô ryû ausgegeben. Sie sind gleichlautend, wie er sie 1925 als Schüler von Takeda sensei gesiegelt hat, wie er sie 1932 als Schüler von Takeda sensei gesiegelt hat und für Minoru Mochizuki ausgestellt hat, und wie er sie bis in die 60er Jahre augegeben hat. Verändert hat sich lediglich die Überschrift von "aiki jujutsu hiden mokuroku" zu "aikidô hiden mokuroku". Und Ueshiba hat irgendwann nicht mehr als "Schüler Takedas" gesiegelt, sondern als "aikidô dôshu Tsunemori Ueshiba". Veröffentlicht ist eine solche Schriftrolle datiert März 1960. Andere gleich lautenden hiden mokuroku sind in privater Hand und nicht öffentlich einsehbar.
Aber auch dieser Vorgang verläuft in anderen Linien der daitô ryû, wie z.B. dem Takumakai oder dem Kodokai, ganz parallel.
Ich bin inzwischen der Ansicht, daß der Bruch zwischen daitô ryû aiki budô und aikidô, wie wir ihn heute wahrnehmen, zurückgeht auf nidai dôshu und die Abgrenzungspolitik der Generation nach Ueshiba Morihei. Wie wir heute wissen, wurden Photos retuschiert, es wurden Texte von Ueshiba redigiert, mit dem Ziel, alles Verbindungen zur daitô ryû zu löschen. Ganz ähnlich, wie man es Ende der 70er Jahre mit Tohei sensei getan hat. Der war auch auf einmal einfach verschwunden auf manchen Bildern. So wie auf dem berühmten Photo von Ueshiba, das man wahlweise mit den Kanji für "Daitô Ryû" an shomen oder ohne diese Schriftzeichen findet ...
... erst die Arbeit von Stan Pranin und später Christ Li und jetzt Guillaume Erard holt diese Verbindung wieder hervor. Und je länger, desto deutlicher.
Ouchhhh .... das tut richtig weh ...
In dem gendai budô, das ich übe, wird rei unterrichtet. Auch von mir selber ... so gut ich es kann ...
Das bezieht sich nicht allein nur auf das Verbeugen - das es in unteschiedlichen Formen je nach Situation gibt - sondern auf vieles mehr ...
Ich habe mehrfach erlebt, daß Prüfungen unterbrochen wurden, weil das rei eines Prüflings - oder eines uke - schlecht war.
Ich habe zwar nicht einen ganzen Tag lang Verbeugen geübt. Aber sehr wohl eine Unterrichtseinheit lang. Auch das mehrfach.
Ich habe erlebt, das jemand aufgrund seines rei von der Matte geschickt wurde und zuschauen mußte.
(Und ich selber habe auch schon Menschen von der Matte geschickt, sie gebeten, etwas zu verändern und dann wieder zu kommen.)
...
Ich hatte oben ein Video gepostet von einer shintô - Zeremonie am aiki-Schrein. Und ich wollte auch geschrieben haben, daß der shihan, bei dem ich jetzt seit einiger Zeit übe, dort in der zweiten Reihe sitzend zu sehen ist.
Endô sensei ist in diesen Dingen ausgsprochen konservativ und unterrichtet rei intensiv. Er ist der Ansicht, daß rei einer der wesentlichen tieferen Inhalte des aikidô ist ...
kyudô fällt mir spontan ein als ein gendai budô ein, in dem rei von großer Bedeutung ist. Zuerst soger fast das einzige, was ein Neuling übt.
Ich bin der Meinung dass man die zentralen Elemente nur durch das Üben dieser Elemente erfassen kann.
Ich habe oft das Gefühl, dass was wir machen ist eine Sprache für sich, die wird, je tiefer man da eintaucht, immer verständlicher. Man kann das natürlich auch in gesprochener Sprache ausdrücken, aber dann hat man es noch nicht mit dem Körper verstanden. Ein Japaner versteht das nicht unbedingt schneller als ein Europäer, der kein Wort japanisch spricht.
Japaner haben aber eine andere Einstellung zum üben, die ist nicht so vom "ich weiß es besser" denken geprägt wie bei uns hier.
Was jemand meint wenn er "bewegen" sagt, hängt davon ab ob man den Kontext kennt, und denjenigen kennt der das Wort gebraucht, und wenn man weiß wie er sich bewegt.
Das wird nicht besser wenn man das Wort in einer anderen Sprache sagt. Sprache ist da natürlich auch ein wichtiges Transportmittel für kulturspezifische Dinge, keine Frage, und die Sprache zu können ist sicher ein großer Vorteil.
Oh, das ist gar keine abenteuerliche Meinung. Dazu habe ich auch mal was auf meinem Blog geschrieben.
Ja, das Ende des WKII war ein massiver Umbruch. Viele sind der Meinung, der Umbruch war grösser als die Meiji-Restauration.
Zuerst wurden die Anpassungen bei den modernen KK erzwungen. D.h. die Verbände (über die Politik) haben sich nun u.a. auf Weltfrieden und Völkerverständigung eingeschworen. Dies hatte auch auf die Praxis an sich teils massive Auswirkungen.
Bei den klassischen Schulen waren die (politischen) Einflussmöglichkeiten beschränkt, ganz einfach weil es kaum übergreifende Strukturen gab. Hier wirkte dann meist der subtile oder auch nicht so subtile soziale Druck (ganz beliebt in Japan!). So haben sich, um nicht als "zurückgebliebene Kriegsgurgeln" zu gelten, auch viele Lehrer aus klassischen Ryûha gebeugt um innerhalb der Budô-Community noch ein gewisses Ansehen zu geniessen.
Somit fielen dann zahlreiche wichtige Elemente aus diesen Schulen diesem Anpassungsdruck zum Opfer. Sei es, dass plötzlich das schuleigene Gekiken zugunsten des modernen Kendô entfernt wurde, oder dass es sich einbürgerte, ganz selbstverständlich mit den neu erfundenen Iaitô zu trainieren.
Auch die übliche Duellpraxis zwischen Mitgliedern verschiedener Schulen wurde als verpönt angesehen (man hatte ja nun Kendô, nicht wahr...?). Noch ein Wort zur Duellpraxis, da dies oftmals, manchmal auch aus bösem Willen, völlig falsch und verzerrt dargestellt wird. Duelle waren in Japan seit dem 16. Jhd. oft sog. "Tame-shiai", also ein Sich-Messen um zu sehen, welche Strategien unterschiedlicher Schulen erfolgreicher waren als andere.
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