
Zitat von
carstenm
1. Für eine Erhöhung der Tarife in der Pflege ist ganz ausdrücklich nicht die Politik zuständig. Und ebensowenig die Kostenträger.
Sondern zuständig sind die Träger der Einrichtungen. Zumeist in Verhandlung mit den Gewerkschaften. (Ich selber - Diakonie, Eingliederungshilfe nach SGB XII - habe in den letzten zwanzig Jahren zwei von den Gewerkschaften erzwungene Tarifwechsel mitvollzogen. Dabei wurde mein Brutto-Gehalt jedesmal deutlich abgesenkt. Und entsprechend sank das ausgezahlte Gehalt.)
Vorschläge, wie Pflege- und Betreuungspersonla besser bezahlt werden könnten, müssten also von Arbeitgebern und Gewerkschaften kommen. (Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß die Gewerkschaft in unserem Bereich nicht so verhandelt, daß Beschäftigte höher Nettolöhne erhält, sondern so, daß ihr Einfluß gestärkt wird, bzw. sie überhaupt einen Fuß in die Tür bekommen. Das sind interessanterweise zwei vollkommen unterschiedliche Zielrichtungen ...)
2. Nach meiner persönlichen - und darum natürlich begrenzten Erfahrung - hat der Personalmangel gar nicht vorwiegend mit der Gehaltsfrage zu tun, sondern zum einen mit der Art der Arbeit, zum anderen mit der Arbeitsbelastung. Ich erlebe dieses Arbeistfeld begleitend als Seelsorger, ich habe es lange erlebt aus der Sicht eines Unterrichtenden in einer Fachschule für Altenpflege, ich habe es als Ehemann einer Altenpflegerin und PDL im Altenpflegebereich mitbekommen udn icih kenne es durch intensive Erfahrungen in der Klinikseelsorge ... vor diesem persönlichen Hintegrund scheint mir, daß die pflegende und betreuende Arbeit an alten, kranken, behinderten Menschen inzwischen deutlich weniger attraktiv scheint, als das in früheren Generationen der Fall war.
Zum anderen sind die Arbeitsbedingungen wenig attraktiv: Schichtdienste, geteilte Dienste, 12 Tage Dienstphasen, Dienstplanung von Tag zu Tag spontane Krankheitsvertretung (Och nööö, wir wollten doch endlich mal mit Familie ...) und so weiter und so fort ...
Das will einfach niemand machen. Auch nicht bei besserer Bezahlung.
3. und selbst wenn ... die Qualifizierung entsprechender Arbeitskräfte dauert deutlich länger, als die Zeiträume, mit denen wir es bisher zu tun hatten.
Und dann: Wenn diese Krisen-Situation vorbei ist ... wohin dann mit den Hochqualifiierten, die nicht mehr eingesetzt werden können? Entlassen? Niedriger Eingruppieren? ...
4. Wir haben eine eigene Abteilung "Personalentwicklung". Die beschäftigt sich mit genau diesen Themen. Die Kollegin hat von uns allen den bescheidensten Job in der gesamten Einrichtung. Menschen, die bei uns anfangen würden, würden inzwischen geldwerte Prämien erhalten, von denen die freie Mitgliedschaft in einem der angesagtesten Fitnessstudios in der Stadt noch das piefigste (und inzwischen ja auch übliche) ist ...
... wir bekommen keine Bewerbungen ...
... und wenn, dann tauchen die Leute nach einmal Probearbeiten nicht wieder auf ...
Wenn es man so einfach wäre ...