Hallo Kunoichi Girl,
das ist schwer und vor allem nicht kurz zu beantworten, weswegen ich das auch gar nicht erst versuche ;-)
Ein erster Ansatz wäre vielleicht, einmal etwas auszumisten und umzuorganisieren.
Da wäre beispielsweise die schlechte Angewohnheit der Ju Jutsuka, immer alles festlegen, wieder aufheben und abtransportieren zu müssen.
Dies ergibt sich aus einem der unnötigsten Punkte des Prüfungsprogrammes, welches sowas schon zur allerersten Prüfung abverlangt.
Das Präsentieren von Techniken in Kombination ist ja ganz nett, findet aber bestimmt (sehr gerne auch als Kata Ersatz) seine Berechtigung in
den höheren Programmen.
Alternativ werden die reinen (spezifischeren) Techniken abgefragt, dies sehr schnell aber auch unter Störeinwirkung und im Rahmen freier Anwendungen
wenn (noch) noch nicht, dann wenigstens in Komplexaufgaben. Dabei sollte wert darauf gelegt werden, dass weniger, dafür einfacherer Aufgaben wesentlich
druckvoller gelöst werden.
Methodischer Ansatz wäre z. B. statt des Abspulens einer boxerisch sauberen Pratzenkombi halt die selbe boxerische Kombi, jedoch unter ständiger Störung.
Weiterhin könnte man Verhaltensweisen wie das Setzen von geraden Faustschlägen zum Gesicht (bestenfalls) negativ bewerten.
Darüber hinaus hat die AG SV schon so einiges Erarbeitet, was aus den unterschiedlichsten Gründen bisher nicht so richtig den Weg in die Vereine, geschweige
denn in die Prüfungsprogramme gefunden hat.
Taktische Aspekte (am Boden was können ist wichtig, auf den Boden zu gehen ist zu vermeiden, ...), psychische Aspekte (im gesunden Maße lernen einzustecken, Rollenspiel Sequenzen mit
plötzlichen Umschalten ins Technik Programm, ...) spielen da auch eine Rolle.
Die Idee des Hebelns sollte komplett anders vermittelt werden (kein Hebel zur Kontrolle oder zum Abtransportieren sondern eher ein kurzer, harter Angriff auf das jeweilige Gelenk), verletzungs-
freier Rückzug oberstes Ziel jeder Aufgabenstellung sein und und und.
Dazu kommt sie Problematik, dass Ju Jutsu halt alles können soll.
Um die Archetypen zu bedienen, müsste also im Rahmen des Globalprogrammes alles klar markiert werden (dies ist Fighting, das ist SV und jenes ist einfach nur schön ...).
Archetypen sollten dabei auch keine Fachidioten sein.
Also sollte eine reine XY Karriere bis maximal zum 1. Dan möglich sein. Spätestens ab dem 2. Dan sollte man zeigen, dass man eine andere Richtung kennt und zum Schluss
(im DJJV halt beim 5. Dan) sollte sich der Kreis dann doch irgendwie schließen.
Dann stellt sich noch die Frage nach den Erfahrungen, die die Leute haben, die solche Sachen erarbeiten und im Anschluss vermitteln.
Theoretisch habe ich bereits eine Menge auf Lehrgängen und in den unterschiedlichsten Trainings lernen dürfen. Bis zu einem gewissen Grad (härtere Spielformen, Sparrings, Turniere) lässt sich das
alles ganz schön abrufen. Meine Erfahrung ist aber leider nach 25 Jahren Dienst auf der Straße, dass von noch mehr Jahren Kampfsport- Kunst Erfahrung nur noch ganz wenig übrig ist, wenn der
andere einem nicht nur Punkte sondern auch das körperliche Wohlbefinden abnehmen möchte. Auf das Thema Reduktion bin ich ja schon eingegangen, dazu käme dann halt noch der (wie auch immer)
abzuprüfende Umgang mit Stress und das vorherige Trainieren und ggf. kompensieren der Fight-Flight-Fright Problematiken. Wer sowas nicht wirklich am eigenen Leib erfahren hat, hats schwer, sowas zu vermitteln,
geschweige denn zu konzeptionieren.
Und jetzt wirds erst richtig hart: Jeder Trainer (vor allem ich) ist ein kleiner Superheld in seinem Dojo, welcher seine ganz eigene Spezialisierung (also unanzweifelbares Wissen zu allen Aspekten des Lebens, der Welt und vor allem des Kämpfens und der Selbstverteidigung) pflegt.
Zu dieser Spezialisierung ist die oben beschriebene Sysiphos Aufgabe (nur aus dem SV Bereich) und dann natürlich noch die nicht viel weniger umfangreichen anderen Archetypen (Kampfkunst, Fighting und die anderen Sachen) zu vermitteln.
Wie lange sollte es also dauern, dass alles aus dem DJJV Elfenbeinturm in die tiefsten Niederungen des täglichen Dorftrainings zu lehren?
Dessen werden sich die Arbeitsgruppenmitglieder sicherlich bewusst sein.
Dazu kommt die mir wenig vertrauenseinflößende Tatsache, dass bei sowas auch immer ganz viel eigene Interessen innerhalb des Sportverbandes mit eine Rolle spielen, weshalb ich ja schon die Ausgewichtung des Teams
eher mit Vorsicht betrachte.
Problematik wird also die Umsetzung und die Wahrung eigener Interessen und Verbandspolitik sein, so dass am Ende vielleicht doch nur ein ganz lahmer Kompromiss dabei rum kommt.
Hubud Lubud (jetzt habe ich tatsächlich Hubud Lubud in einem Ju Jutsu Thread geschrieben) raus, Körperabbiegen ggf. doch eher im dunkleren Farbgurtbereich, kleine Kreativaufgabe und Sparringsaufgaben dürfen Prüflinge,
welche behaupten Wettkämpfer zu sein auch ohne Kopfdeckung durchkämpfen, da im Fighting ja nun mal Geraden zum Kopf weil eben verboten nicht vorkommen.
Ich hoffe, ich irre mich -dabei setzte ich auf den Punkt, dass ich fast viele Einzelpersonen des Teams als sehr kompetent und reflektiert erleben durfte.
Nur ist das Ganze meist mehr als die Summe seiner Teile und im Rahmen des Wunsches, einen maximal harmonischen Gesamtkompromis zu finden, will ich nicht ausschließen, dass der große Wurf so groß nicht wird.
Gruß
Lamiech