
Zitat von
amasbaal
ich hoffe, du bist nicht sauer, wenn hier kritische fragen aufkommen. keiner von denen, die nachhaken, wollen dir was. es ist nur so, dass es hier im forum ein paar leute gibt, die sich mit dem thema messer sehr intensiv befasst haben. nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch. und deren skepsis, was messer und sv und vor allem messer FÜR die sv, geführt von einem ungeübten angeht, ist sehr berechtigt.
Vor 36 habe ich begonnen, systeme zu trainieren und später auch zu unterrichten, in denen messer eine sehr wichtige und zt. sogar zentrale rolle spielen/spielten. es hat mehrere jahre gedauert, bis die ganzen vorstellungen, die ich zuvor hatte, endgültig zerstört und über bord geworfen waren. solange ich mit dem rein kampfkünstlerischen aspekt zu tun hatte, fühlte ich micht mit so einem gerät in der hand fast unbesiegbar, konnte tolle sachen damit im training zaubern und hatte dadurch tatsächlich ein super gefühl für die waffe und deren handling bekommen, auch ne ganze menge wissen. je mehr allerdings sparrings und "sv-szenarien" ins spiel kamen und es mehr des soliden, stressresistenten handwerks denn der kunst bedurfte, desto mehr wurden mir die probleme klar.
ES IST SAUSCHWIERIG sich mit einem messer gegen einen anderen mit messer zu verteidigen, wenn es darum geht, möglichst unbeschadet zu überstehen - egal was und wie lange du trainierst: das ergebnis solcher "treffen" ist (vorausgesetzt beide kämpfen bedingungslos, was ja meist der fall ist, wenn es wirklich um leben und tod bei beiden geht): beide tot (der eine früher, der andere verblutet später), einer tot und einer schwer verletzt oder, wenn der "Gute" es tatsächlich schaffen sollte, kontrolle über den anderen zu bekommen, zwei mehr oder weniger schwer verletzte. mit dem, was sv leisten soll, hat das wenig zu tun.
messerangriffe abzuwehren (egal womit, außer mit einer bereits gezogenen schusswaffe auf mehr als 10 meter abstand), ist so ziemlich die königsdisziplin in der sv-olympiade.
weiter: ja, es gibt diese situationen, in denen jemand drohend mit dem messer auf einen zukommt, um seinen überfall besser durchzusetzen. ja, manchmal kommen die auch mit mordabsicht schon von weitem an, aber das ist eher die ausnahme. ein messerstecher, der erfolgreich messerstechen will, fängt damit erst an, wenn er ganz nah dran ist und trägt das messer verdeckt. selbst, wenn er es erst ziehen müsste, würdest du in den meisten fällen erst kapieren, was passiert, wenn du bereits (mehrfach) getroffen wirst. opfer berichten, dass sie selbst stiche in den bauchraum nicht als solche wahrgenommen hätten. fühlte sich eher wie stöße an. es kam zum kampf und wenn sie überlebt hatten und davon gekommen sind, ist ihnen erst aufgefallen, dass sie im bauchbereich bluten und das evtl. innere organe beschädigt sind. wie willst du das verhindern? indem du mit dem messer bereits in der hand drch die gegend läufst? zum ziehen kommst du wahrscheinlich gar nicht, wenn du so attackiert wirst. erst währenddessen, falls du gemerkt haben solltest, dass dich da einer nicht nur boxt. dann sind 2 messer auf engster distanz im spiel. einen verletzten und möglicherweise bald toten haben wir schon: dich. also wieder: 2 tote, ein toter, ein schwerverletzter, 2 schwerverletzte.
dann der nächste punkt: nach all den jahren, glaube ich, dass ich ein bisschen was kann mit den messern, auch in einer "SV-situation", aber erstens ist das "bisschen" zu betonen und 2. kann ich mir nicht sicher sein, dass ich mental so funktioniere, wie ich mir das idealerweise vorstelle. zu viele haben schon gesagt: "na klar, ziehe ich erst, wenn mein leben ernsthaft in gefahr ist." die realität sah dann anders aus. stress, hektik, adrenalin, angst... und schon ist die hand an der waffe. je nach mentalem zustand, ist das empfinden, wie sehr man denn nun "objektiv" in lebensgefahr ist, alles andere als der tatsache entsprechend. ich halte es inzwischen für das a und o einer ausbildung im umgang mit messern als waffen, schülern irgendwie beizubringen in extremen situationen immer noch nach klaren, vorher verinnerlichten, ja verkörperlichten regeln und prinzipien vorzugehen und jede emotion abzulegen, dass "realistische" szenarios im training (für SV) weit wichtiger sind, als technischer feinschliff von bestimmten "techniken" im rahmen der klassischen "partnerübungen", dass jeder, der mit messern als waffe zu tun hat über einen längeren zeitraum tief in sich hineinhört, wenn er sich die frage stellt "kann ich das" (jemanden den körper und seine gliedmaßen so zu zerteilen und zu zerstechen, dass dadurch der tod oder zumindest aber eine dauerhafte, schwerwiegende körperliche beeinträchtigung verursacht wird). Was kommt da als ehrliche und durchdachte antwort?
der hinweis, sich doch mal intensiv mit dem thema zu befassen (theoretisch aber auch praktisch durch training in entsprechend "messer-ausgerichteten" gruppen), bevor man ein messer als sv-tool mit sich trägt, ist ein sehr wichtiger!
davon abgesehen: hast du fragen zu der sache? dann frag. es wird antworten geben.
ich finds gut, dass du hier nachgefragt hast.